gewaltige Stadt, die
Alexander d. Gr. (der hier starb) größer machen wollte, als sie je gewesen, geriet
nach der
Gründung von Seleukeia und
Ktesiphon in raschen
Verfall und
war in der Mitte des 2. Jahrh.
n. Chr. bereits
Ruine.
Ihre
Trümmer liegen in der
Wüste, bei dem heutigen Hillah am
Euphrat, südlich von
Bagdad, und bilden drei
Haufen ungeheurer Schuttberge. Sie wurden seit dem 16. Jahrh. öfters besucht und sind
namentlich in neuester Zeit von
Rich,
Loftus,
Fresnel,
Oppert,
Rawlinson,
Layard u. a. gründlich durchforscht worden.
Die bedeutendsten dieser
Ruinen, die durch kolossale
Größe, nicht durch
Schönheit imponieren, sind: der sogen.
»Kasr«
(Burg),
der für den
PalastNebukadnezars
(Akropolis)
[* 2] gilt, mit dem besterhaltenen
Mauerwerk; südlich davon der
Hügel »Amran«, den man
für den Rest der hängenden
Gärten ansieht; nördlich vom
Kasr der
ca. 40 m hohe, 180 m lange
Hügel »Babil«, in welchem man
mit
Bestimmtheit den
»Turm
[* 3] zu
Babel«, den
Tempel
[* 4] des Himmelsgottes, erkannt hat, und isoliert im
SW. der
»Birs Nimrud«
(Nimrodsturm) genannte
Hügel. Dies und die noch wohlerhaltene innerste Stadtmauer ist im wesentlichen, was vom gewaltigen
Babylon übriggeblieben.
Die Trümmer bestehen aus teils gebrannten und mit Namensstempeln versehenen, teils ungebrannten Lehmbatzen, die durch
Kalk,
Mörtel oder
Erdharz verkittet sind.Platten mit Bildwerk, wie in
Ninive, oder
Kolosse von
Stein finden sich
hier nicht. Als Erbauer der Stadt wird Belos genannt, doch ist das Vorhandensein von Babylon als
Residenz der babylonischen
Könige
erst seit dem 16. Jahrh.
v. Chr. bezeugt. Seit der Unterwerfung
Babyloniens unter assyrische Herrschaft (s.
Babylonien, Geschichte)
war es der Sitz assyrischer Unterkönige und ward 683 bei einem
Aufstand gänzlich zerstört.
Erst
Nabopolassar und
Nebukadnezar bauten die Stadt nach Wiederherstellung der Unabhängigkeit
Babyloniens von neuem aufs prächtigste
auf.
Letzterer vollendete den großartigen von seinem
Vater begonnenen
Palast, errichtete den
Göttern Marduk (Belos) und Nabu
hohe, turmartige
Tempel und baute die gewaltigen
Mauern, welche die ganze Stadt umgaben. Babylon soll damals 2 Mill.
Einw. gehabt haben. Im J. 538, unter dem babylonischen König
Nabonetos, ward die Stadt von
Kyros erobert, jedoch geschont
und zur dritten Hauptstadt der medisch-persischen
Monarchie erhoben.
Nach der Empörung der Babylonier gegen
Dareios Hystaspis (518) wurden
Mauern und
Thore niedergerissen,
viele Einwohner verjagt oder getötet.
Xerxes raubte aus dem Belostempel die goldene
Statue des
Gottes und beschädigte den
Tempel selbst, der seitdem verfiel.
Alexander d. Gr. beabsichtigte seine Wiederherstellung, starb aber vor Ausführung
dieses
Plans in dem
Palast des
Nebukadnezar. Den härtesten
Stoß erlitt unter der Herrschaft der
Seleukiden
durch die
Erbauung der Stadt Seleukeia und die derselben verliehenen Privilegien.
Handel und Einwohner wandten sich jetzt von Babylon weg, und schon um 130 wurde auf dem größten Teil des von
den
Mauern eingeschlossenen Stadtraums
Getreide
[* 5] gebaut. Unter den noch übrigen Einwohnern waren sehr viele
Juden. Zur
Zeit des
Hieronymus (gest. 420
n. Chr.) benutzten die Partherkönige die
Ruinen von Babylon mit den noch stehenden
Mauern als Wildgehege
zur
Jagd. Seit der Herrschaft der Araber verschwand der
Name Babylon ganz aus der Geschichte, und im 10. Jahrh. wußte man von der
Stadt nur, daß an ihrer
Stelle ein kleines Dorf,
NamensBabel, stehe.
Vgl.
Rich, Memoirs on the ruins of
Babylon (4. Aufl., Lond. 1839);
Layard, Discoveries in
the ruins of Niniveh and Babylon (das. 1853; deutsch, Leipz.
1856);
(in derBibel
[* 6] Schinear und
Babel, seit dem 9. Jahrh.
v. Chr. auch
Chaldäa genannt), im
AltertumName des von
Semiten (vorher von
Sumeriern) bewohnten Tieflandes am untern
Euphrat und
Tigris, dem heutigen
Irak Arabi
entsprechend. Es zeichnete sich durch große
Fruchtbarkeit aus, doch konnte seine allseitige Anbaufähigkeit nur durch viele
vor den
Überschwemmungen des
Euphrat schützende
Kanäle und
Dämme ermöglicht werden. Dergleichen waren
der Naarsares oder Naharmalcha (Königsfluß), von
Nebukadnezar (604-561) angelegt, und drei andre ihm parallele
Kanäle, alle
noch in arabischer Zeit schiffbar, doch jetzt versandet; ferner ein
Kanal,
[* 7] der nördlich von
Babylon vom
Euphrat abzweigte und
in den
See Strophas (jetzt
BahrNedschef) mündete; der Pallakopaskanal, der südlich von
Babylon bis in
das
Meer führte.
Die
Fruchtbarkeit und die geographische
Lage Babyloniens an zwei mächtigen
Strömen, welche die bequemste Verbindungsstraße
zwischen
Ost- und Westasien darbieten, forderte von selbst die Bewohner zu regsamer Thätigkeit und Betriebsamkeit
auf. So kam es, daß hier frühzeitig eine künstliche
Agrikultur,
Architektur,
Schiffahrt,
Handel und
Wissenschaft erblühten.
Die babylonische
Industrie war mannigfach und blühend, besonders behaupteten die
Webereien einen hohen
Rang.
Die wollenen, leinenen und baumwollenen Gewänder der Babylonier waren auch im
Ausland beliebt; namentlich
wurden die
Teppiche, einer der Hauptgegenstände des orientalischen
Luxus, nirgends so prächtig gewebt wie in
Babylon. Außer
Webereien lieferte Babylonien namentlich wohlriechende
Wasser, Goldschmiedearbeiten, zierlich geschnitzte Handstöcke und vorzüglich
geschnittene Steine zu
Siegelringen. Den Landhandel betrieben die Babylonier durch
Karawanen, östlich nach
Indien undBaktrien,
westlich nach
Vorderasien und
Phönikien. Nach den zuletzt genannten
Ländern brachten die Babylonier teils eigne
Fabrikate,
teils arabische und indische
Waren und zwar den
Euphrat hinauf bis
Thapsakos und von da durch
Karawanen weiter. Der
Handel auf
dem
Euphrat geschah durch sogen. lederne
Schiffe.
[* 10]
¶
Die Sterndeutekunst fand in Babylonien schon ihre vollkommene Ausbildung und Anwendung. Ein ganzes Priesterkollegium lag der Beobachtung
des gestirnten Himmels ob, wobei wohl der weitschauende, genau orientierte Belosturm als Sternwarte
[* 15] diente. Die Babylonier
verstanden bereits, eine Mittagslinie zu ziehen und den Sonnenstand oder die Tagesstunde zu bestimmen.
Im »Almagest« des Ptolemäos sind uns Angaben über mehrere Mondfinsternisse nach babylonischer Berechnungsart erhalten, die
von den neuern Berechnungen nur 9 Minuten abweichen.
Der Lauf desMondes scheint die babylonischen Priester überhaupt viel beschäftigt zu haben: sie entdeckten,
daß 223 Monderneuerungen ungefähr 19 Sonnenjahre ausmachen, fanden aber auch den übrigbleibenden Unterschied und kamen
so auf eine genauere Periode von 600 Jahren, wie sie auch schon wußten, daß die tägliche mittlere Bewegung des Mondes 13°
10' 35'' beträgt, was mit unsern Tafeln bis auf die Sekunden übereinstimmt. Sogar eine rückgängige
Bewegung der Sonne
[* 16] von W. nach O. und die ungefähre Peripherie der Erde waren ihnen nicht unbekannt, obgleich sie sich die Erde
hohl und von der Gestalt eines halben Eies dachten. Der Höhepunkt babylonischer Kunst und Wissenschaft fällt in die Zeit der
Unabhängigkeit (seit 626 v. Chr.). Die Regierung war nach asiatischer Weise despotisch. Der König thronte,
unsichtbar für das Volk, von einem glänzenden Hofstaat umgeben, in seinem Palast; Satrapen herrschten mehr oder minder unabhängig
in den Provinzen.
Geschichte. Über die älteste Geschichte Babyloniens berichtet der Geschichtschreiber Berosos,
daß die Babylonier die Anfänge
ihrer Kultur: Sprache
[* 17] und Wissen, Künste und Schrift, Ackerbau und Baukunst,
[* 18] durch Oannes erhielten, ein Wundergeschöpf,
halb Fisch, halb Mensch, das dem PersischenMeer entstieg, den Tag über auf dem Land verweilte und des Nachts ins Meer zurückkehrte.
ZehnKönige, deren erster Aloros und deren letzter Isuthros geheißen, herrschten nun 120 Saren oder 432,000 Jahre lang
über das Land, bis Bel die Menschen durch eine große Flut vernichtete.
Isuthros rettete sich vor derSündflut mit Tieren aller Art auf ein Schiff,
[* 19] ward an das armenische Hochgebirge getrieben und
nach Gründung eines neuen Reichs zu den Göttern erhoben, worauf zahlreiche Könige aus verschiedenen Dynastien, einer medischen,
chaldäischen, arabischen und assyrischen, 36,000 Jahre bis auf Nabopolassar regierten. Obgleich die erhaltenen
babylonischen Inschriften nicht so zahlreich und belehrend sind wie die assyrischen, namentlich keine chronologischen Anhaltspunkte
gewähren, erfahren wir, nachdem ihre Entzifferung gelungen ist, aus ihnen doch so viel, daß in ältester Zeit von dem Volk
der Sumerier (s. d.) bewohnt wurde, welche die Grundlagen der babylonischen Kultur geschaffen haben.
Als ein König von Ur wird Likbagas genannt. Dann fielen, 1635 Jahre vor dem assyrischen König Assurbanipal,
wie derselbe in einer Inschrift von etwa 650 v. Chr. berichtet, also um 2280, die Elamiten in ein, und elamitische Könige,
wie Kudur-Nanchundi, Kudur-Mabuk u. a., herrschten etwa 300 Jahre über Babylonien, bis
bei Beginn des 2. Jahrtausends, um 1980, Sargon I. von Agani (Sippara) in Nordbabylonien die Herrschaft
an sich riß, auch Syrien eroberte und dem Semitismus zum Übergewicht verhalf; er ließ die religiösen Gesänge und die astronomischen
Tafeln der Sumerier ins Semitische übersetzen und in Arku aufbewahren.
Später folgte die von Hammurabi gegründete Dynastie der Kassi (Kassier), welche Babylon zur Hauptstadt
und Residenz machte und die Anlegung des Kanalsystems begann.
VonBabylonien aus wurde Assyrien bevölkert, das sich aber 1500 unabhängig
machte und im 9. Jahrh. das Übergewicht über Babylonien erlangte, ja es um 700 sich
auf 70-80 Jahre gänzlich unterwarf. Erst nach dem Tode des assyrischen Königs Assurbanipal (626) erlangte
unter Nabopolassar wieder Selbständigkeit. Derselbe verband sich 609 mit Kyaxares von Medien zum Kampf gegen Assyrien und ward
nach dem UntergangNinives der Gründer des neubabylonischen Reichs, welches außer auch Mesopotamien und Syrien umfaßte und den
höchsten Glanz unter seinem Sohn und Nachfolger Nebukadnezar (604-561) erreichte. Dieser, der noch während
der Regierung seines Vaters die Ägypter bei Karchemis (605) besiegt hatte, unterjochte Phönikien und zerstörte das ReichJuda,
dessen König Zedekia (586) mit dem größten Teil seines Volks nach Babylonien (s. Babylonische Gefangenschaft) geschleppt ward. Nebukadnezar
stellte das Kanalsystem wieder her und erweiterte es, vergrößerte
¶