Sohn Vittorio Emanuele Taparelli, Marchese d'A., geboren um 1815, widmete sich ebenfalls Kunststudien, ergriff dann die diplomatische
Laufbahn und war 1850-69 sardinischer Gesandter sowie später Vertreter des Königreichs Italien in London.
2) Massimo Taparelli, Marchese d', hervorragender ital. Publizist und Staatsmann, auch Dichter und Künstler, Bruder des vorigen,
geb. zu Turin, folgte in seinem 15. Jahr seinem Vater, einem hochgestellten Militär, nach Rom,
wo er sich dem Studium der Malerei und Musik widmete, mußte gegen seine Neigung als Offizier in ein piemontesisches Kavallerieregiment
eintreten, erkrankte aber infolge allzu eifrig betriebenen Studiums und nahm den Abschied. Er widmete sich
nun, von dem Vater karg unterstützt, ganz der Malerei. Bald hatte er sich einen geachteten Künstlernamen erworben; namentlich
brachte er es in der Landschaftsmalerei rasch zur Meisterschaft. Nach achtjährigem Aufenthalt in Rom kehrte er nach Turin zurück
und ging nach dem Tod seines Vaters 1830 nach Mailand. Alessandro Manzoni, dessen Tochter er 1831 heiratete,
führte ihn auch der Litteratur zu. Seine Romane: »Ettore Fieramosca« (1833) und »Nicolò
de' Lapi« (1841; beide deutsch von Langenn, Leipz. 1842) trugen wesentlich zur Belebung des italienischen Nationalgefühls
bei, und bald nahmen die politischen Angelegenheiten Italiens Azeglios ganze Thätigkeit in Anspruch. Er bereiste mit
seinen Freunden Balbo und Gioberti das Land, um den patriotischen Sinn zu stärken, trat dem Unwesen der Konspirationen entgegen
und mahnte die Ungeduldigen zur Mäßigung, wie er auch den König für zeitgemäße Reformen geneigt zu machen suchte. In
seiner Schrift »Degli ultimi casi di Romagna« geißelte er die traurige päpstliche Regierung und that den
italienischen Fürsten die Notwendigkeit einer nationalen Politik dar.
Nach der Thronbesteigung Pius' IX. (1846) kehrte er nach Rom zurück und wirkte hier bei den Reformen mit, mit welchen Pius'
Regierung begann. Im J. 1848 schloß er sich den päpstlichen Truppen an, die zur Unterstützung des italienischen
Kampfes bestimmt waren, befehligte bei Vicenza eine Legion und wurde schwer verwundet. Zum Mitglied der sardinischen Deputiertenkammer
erwählt, ward er nach der Schlacht bei Novara von König Viktor Emanuel II. im Mai 1849 zum Präsidenten des Kabinetts und Minister
des Auswärtigen berufen.
Trotz aller äußern und innern Schwierigkeiten wußte er Sardinien seine freien Institutionen von 1848 zu
bewahren und auch den industriellen Verhältnissen einen mächtigen Aufschwung zu geben. Im Oktober 1852 legte er aber wegen
einer Meinungsverschiedenheit mit Cavour sein Amt nieder. Die Ereignisse von 1859 riefen ihn wieder in das öffentliche Leben
zurück. Im März d. J. ging er als Gesandter nach Paris, und im Juli wurde er als Bevollmächtigter in
die Romagna gesandt, wo er eine geordnete Regierung einsetzte und der herrschenden Anarchie ein Ende machte. In einer Flugschrift
befürwortete er die Einverleibung der Herzogtümer und der Romagna in den in der Bildung begriffenen italienischen Staat und
die Beschränkung der weltlichen Herrschaft des Papstes auf die Stadt Rom.
Nachdem er vom Februar bis September 1860 Gouverneur von Mailand gewesen, trat er für immer in das Privatleben zurück, blieb
indes dem König fortwährend eng befreundet und ein freimütiger Ratgeber. In der Frage der Hauptstadt wich er von seinen
Gesinnungsgenossen ab, indem er sich dafür aussprach, Rom als Residenz dem Papst zu belassen, aber zur
freien
italienischen Stadt zu machen und zugleich den Sitz des neuen Königreichs Italien nach Florenz zu verlegen. Die Verhandlungen
im Senat über die Konvention vom gaben Azeglio Gelegenheit, sein Programm von 1861, das Florenz anstatt
Rom als Hauptstadt Italiens in Vorschlag brachte, vor der Versammlung in glänzender Weise zu entwickeln. Er starb Azeglio schrieb
interessante Denkwürdigkeiten, welche von seiner Tochter unter dem Titel: »I miei ricordi« (2. Aufl., Flor. 1867, 2 Bde.; deutsch,
Frankf. a. M. 1869) herausgegeben wurden. Ergänzungen dazu bilden:
»Lettere a Giuseppe Torelli con frammenti in continuazione dei miei ricordi« (hrsg. von Paoli, Mail. 1870);
»Lettere a sua moglie
Luisa Blondel«, seine zweite Gattin (hrsg. von Carcano, das. 1870);
»Massimo d'A. L'italie de 1847 à 1865; correspondance politique«
(hrsg. von Rendu, Par. 1866);
»Lettere a Carlo di Persano« (Tur. 1878) und »Lettere inediti al marchese Emanuele
d'A.« (das. 1883).
Azeglios nachgelassene Schriften gab M. Ricci (Flor. 1871), eine Sammlung seiner kleinern Schriften Tabarrini
(das. 1873, 2 Bde.) heraus.
Vgl. die Biographien von Giuliani (Flor. 1866), Massari (Tur. 1867), Pavesio (Flor. 1871) und Bianchi,
La politica di Massimo d'A. dal 1848 al 1859 (Briefe, Aktenstücke etc., Tur. 1884).
(arab.), der Winkel, welchen ein Vertikal- oder Höhenkreis mit dem Meridian einschließt.
Die Astronomen rechnen
dasselbe meist von S. über W., N. und O., die Geodäten (in einzelnen Fällen auch die Astronomen) von N. über O., S. und
W., beide von 0 bis 360°. Gemessen wird das Azimut durch den Bogen des Horizonts oder eines Almukantarats
zwischen dem Meridian und dem Vertikalkreis. Vgl. Himmel.
(Agincourt, spr. asängkuhr, aschäng-), Dorf im franz. Departement Pas de Calais, nordwestlich von St.-Pol,
historisch denkwürdig durch die blutige Schlacht zwischen den Engländern und Franzosen König
Heinrich V. von England, auf seinem Marsch von Harfleur nach Calais von dem Dauphin mit großer Übermacht (50,000 gegen 14,000
Mann) angegriffen, schlug die Franzosen aufs Haupt. Gegen 10,000 Franzosen fielen, darunter der Connetable d'Albret mit sechs
Herzögen und Prinzen; fünf Prinzen wurden gefangen.
Die Engländer verloren nur 1500 Mann, darunter den Herzog Richard von York, den Vetter des Königs. Obwohl Heinrich V. sich vorderhand
mit dem Ruhm des erkämpften Siegs begnügte und sich in Calais einschiffte, so war doch die Kraft Frankreichs durch die unglückliche
Schlacht gebrochen, und es begann jener verhängnisvolle Kampf, welcher das Reich seinem Untergang nahebrachte,
und dem erst Jeanne d'Arc eine für Frankreich günstigere Wendung geben sollte.
Teerfarbstoffe, welche ihrer Mannigfaltigkeit, Leichtigkeit der Darstellung und Farbenpracht halber
eine hohe, noch immer wachsende Bedeutung gewonnen haben. Sie wurden von Grieß entdeckt, welchem man auch die Kenntnis der
Diazoverbindungen verdankt, aus denen die neuen Farben bereitet werden. Die Diazokörper entstehen bei
der Einwirkung von salpetriger Säure auf die Salze der Amidoprodukte der Benzolreihe. Man löst die Amidokörper in zwei Äquivalenten
verdünnter Salpetersäure oder Schwefelsäure und setzt die äquivalente Menge von salpetrigsaurem Kali hinzu. Aus Amidobenzol
(Anilin) C6H5.NH2 ^[C6H5.NH2] entsteht dann salpetersaures Diazobenzol C6H5.N2.NO3
^[C6H5.N2.NO3]. Die Salze der
mehr
Diazoverbindungen sind meist kristallinische farblose Körper, die sich an der Luft leicht bräunen. Sie lösen sich leicht
in Wasser, wenig in Alkohol, sind meist sehr unbeständig und zersetzen sich beim Erhitzen oder durch Schlag unter heftiger
Explosion. Diese Körper sind außerordentlich reaktionsfähig und liefern ganz allgemein bei der Einwirkung auf
Amine und Phenole Farbstoffe. Läßt man die salpetrige Säure nicht auf Salze der Amidokörper, sondern auf die freien Amidokörper
in alkoholischer oder ätherischer Lösung einwirken, so entstehen die Diazoamidoverbindungen, z. B. aus Anilin das Diazoamidobenzol
C6.H5.N2.NH.C6H5 ^[C6H5.N2.NH.C6H5].
Die Diazoamidokörper sind meist gelb, neutral, löslich in Alkohol und Äther, nicht in Wasser und viel
beständiger als die Diazokörper. Sie verbinden sich nicht mit Säuren, erleiden aber ganz ähnliche Reaktionen wie die Diazokörper.
Den Diazokörpern stehen die Azokörper nahe. Reduziert man Nitrokörper in saurer Lösung, so entstehen Amidokörper, aus Nitrobenzol
erhält man z. B. Amidobenzol (Anilin); wenn man aber reduzierende Körper in alkalischer Lösung auf Nitrokörper
einwirken läßt, so entstehen Azokörper: Nitrobenzol C6H5NO2 liefert Azobenzol C6.H5.N2.C6H5
^[C6H5.N2.C6H5].
Diese Azokörper erhält man auch durch Oxydation von Amidokörpern in alkalischer Lösung und durch mehrere andre Reaktionen.
Sie sind viel beständiger als die Diazokörper, meist gelb bis braun gefärbt und verbinden sich nicht mit Säuren. Aus
den Azokörpern kann man auf gewöhnliche Weise Nitroazokörper darstellen, und wenn man diese reduziert, so erhält man Amidoazokörper,
wie z. B. aus Nitroazobenzol C6.H5.N2.C6H4.NO2 ^[C6H5.N2.C6H4.NO2]
das Amidoazobenzol C6H5.N2.C6H4.NH2 ^[C6H5.N2.C6H4.NH2].
Diese Amidoazokörper sind gelb bis braun, schwach basisch und bilden mit Säuren rote Salze. Das Amidoazobenzol bildet gelbe
rhombische Kristalle und löst sich schwer in heißem Wasser. Seine kristallinischen Salze sind gelb oder
violett und zeigen einen stahlblauen Schimmer. Das käufliche Anilingelb (Echtgelb) besteht im wesentlichen aus Amidoazobenzol
oder in neuerer Zeit aus dem Natriumsalz der Sulfosäure dieses Körpers und wird dargestellt, indem man salpetrigsaures Natron
auf eine stark saure Lösung von salzsaurem Anilin oder Anilin auf Diazobenzolchlorid wirken läßt.
Läßt man Diazobenzolsulfosäure auf Diphenylamin einwirken, so entsteht die Sulfosäure des Phenylamindiazobenzols, deren
Kalisalz als Tropäolin 00 oder oder Orange Nr. 4 in den Handel kommt und goldgelb färbt. Läßt man eine Mischung von Salpetersäure
und Schwefelsäure in Nitrobenzol einfließen, so entsteht Dinitrobenzol, welches, mit Eisen und Salzsäure
reduziert, Phenylendiamin liefert. Dieses gibt mit Diazobenzolsalzen Chrysoidin, dessen Chlorwasserstoffsalz in den Handel
kommt und orange färbt.
Eine Mischung von salpetrigsaurem Natron und Salzsäure gibt mit salzsaurem Phenylendiamin Phenylenbraun (Vesuvin, Bismarckbraun).
Dies ist Triamidoazobenzol und wird in der Wollfärberei und in der mikroskopischen Anatomie benutzt.
Aus dem bei der Fuchsinfabrikation (s. Anilin) abfallenden Destillat, welches aus Toluidin und Anilin besteht, bereitet man
das Safranin. Das Öl wird mit salpetriger Säure in Diazoamidokörper verwandelt, diese gehen in die Amidoazoverbindungen
über, und diese werden nach dem Abpressen mit überschüssiger Anilin und Toluidinmischung behandelt.
Dann oxydiert man mit Arsensäure oder chromsaurem Kali. Das Safranin ist das salzsaure Salz einer Base C21H20O4
,
bildet ein braunrotes Pulver, löst sich mit prachtvoll hellroter Farbe in Wasser und hat in der Woll-
und Seidenfärberei den Safflor vollständig verdrängt. Der in Wasser und Salzsäure unlösliche Teil der Fuchsinschmelze gibt
beim Erhitzen mit Anilin Violanilin, welches, mit Anilin und Essigsäure erhitzt, bis kein Ammoniak mehr entweicht,
dann mit Natron neutralisiert und gereinigt, Indulin liefert.
Dies ist in Alkohol löslich, kann aber in eine wasserlösliche Sulfosäure übergeführt werden und färbt Tier- und Pflanzenfaser
grau bis schwarz. Sehr ähnlich ist das Nigrosin, welches ebenfalls durch Oxydation von Anilin, z. B. mit
Hilfe von Arsensäure, bei 220° gewonnen wird; es färbt tierische und pflanzliche Farbstoffe blau und bei Anwendung eines
toluidinhaltigen Anilins blauschwarz. Was den Azofarbstoffen eine besonders großartige Bedeutung verleiht, ist der Umstand,
daß dieselben einen Ersatz für die natürliche Kochenille bieten und diese ebenso sicher wie das künstliche
Alizarin den Krapp aus dem Feld schlagen werden.
Unter den zahllosen Azofarbstoffen, welche in der letzten Zeit dargestellt wurden, sind nämlich zwei, welche sich durch
ihre prächtige Ponceau-, bez. Scharlachfarbe auszeichnen. Sie sind prozentisch gleich zusammengesetzt
(isomer) und entstehen bei der Einwirkung von Diazoxylolchlorid auf die beiden Disulfosäuren des Naphthols.
Die Kali- und Natronsalze dieser Azoxylolnaphtholdisulfosäuren werden als Xylidinponceau und Xylidinscharlach in den Handel
gebracht und als Surrogat der Kochenille benutzt.