mehr
mit einem gotischen
Turm
[* 2] aus
dem 14. Jahrh., davor das Standbild
Crillons, des tapfern
Feldherrn
Heinrichs IV.,
Crillons
Haus und
das
Museum Calvet, nach seinem
Stifter genannt, mit
Bibliothek von 85,000
Bänden, 2500
Manuskripten, Gemälden,
Münzen,
[* 3]
Skulpturen,
Altertümern etc. Avignon zählt (1881) 32,440 Einw.,
welche sich seit den
Bekehrungen des 13. Jahrh. durch Bigotterie (die
Frauen zugleich durch
Schönheit und
Anmut) au
szeichnen. Die industrielle Thätigkeit derselben erstreckt sich vorzugsweise auf Seidenmanufaktur, nachdem
die Krappindustrie, deren Hau
ptsitz im
Abendland Avignon war, zurückgegangen ist.
Jene beschäftigt bei der Spinnerei und
Weberei
[* 4] 12-14,000
Arbeiter, die jährlich für
ca. 1½ Mill.
Frank
Ware erzeugen.
Au
ßerdem treibt man Fabrikation von Bijouteriewaren,
Papier,
Teigwaren,
Seife, chemischen
Produkten, Buchdruckerei und Maschinenbau
und
Handel mit
Getreide,
[* 5]
Öl,
Wein und
Seide.
[* 6] Avignon hat ein
Lyceum, die Académie de
Vaucluse (an der
Stelle der 1303 gestifteten, 1794 au
fgehobenen
Universität), einen botanischen
Garten
[* 7] und ist der Sitz eines
Erzbischofs. Es ist Geburtsort von
Petrarcas
Laura und des Malers J.
^[Joseph]
Vernet.
Petrarca wurde 1874 in Avignon ein Denkmal errichtet.
Avignon hieß zur Zeit der Römer [* 8] Avenio (Avignon Cavarum, Avenicorum civitas) und war die Stadt der Kavaren, eines gallischen Volks; 48 v. Chr. gründeten die Römer hier eine Kolonie. Vom 1. Jahrh. n. Chr. an besaß Avignon alle Rechte einer italischen Stadt. Unter den Thronstreitigkeiten der spätern Kaiser hatte es schwer zu leiden. Nach dem Untergang des weströmischen Reichs kam es unter die Herrschaft der Burgunder, dann der Westgoten und endlich der Franken und ward 730 und 737 von den Sarazenen zerstört.
Nach dem Zerfall des fränkischen Reichs gehörte Avignon mit seinem Gebiet zum Königreich Burgund und zur Grafschaft Venaissin, kam jedoch bald in den gemeinschaftlichen Besitz der Grafen von Toulouse [* 9] und Provence und der Grafen von Forcalquier. Der letzte Graf von Forcalquier schenkte seinen Anteil der Stadt Avignon, welche dadurch fast selbständig wurde. In Avignon und Umgegend fand die Lehre [* 10] der Albigenser große Verbreitung. Deshalb ward es von Ludwig VIII. von Frankreich 1226 nach dreimonatlicher Belagerung zum größten Teil zerstört.
Nach dem
Tode des letzten
Grafen von
Toulouse (1249) brachte der Gemahl von dessen Tochter
Johanna,
Alfons,
Graf von
Poitiers,
Bruder
Ludwigs IX. von
Frankreich, Avignon unter seine
Oberhoheit. Nach
Alfons'
Tod fiel ein Teil der
Grafschaft Avignon 1271 an
Frankreich, den König
Philipp der
Schöne jedoch 1290 an
Karl von
Anjou, König beider
Sizilien
[* 11] und
Grafen von
Provence, abtrat.
Darauf
war Avignon 1309-76 Sitz der
Päpste, welche schon die
Grafschaft
Venaissin besaßen und 1348 auch die
Stadt Avignon durch
Kauf von der
Königin
Johanna von
Neapel
[* 12] erwarben.
Die avignonischen Päpste waren Clemens V. (bis 1314), Johann XXII. (bis 1334), Benedikt XII. (bis 1342), Clemens VI. (bis 1352), Innocenz VI. (bis 1362), Urban V. (bis 1370) und Gregor XI. (bis 1378), der im September 1376 wieder nach Rom [* 13] übersiedelte. Diese Zeit des Papsttums heißt die babylonische Gefangenschaft der Kirche.
Vgl. Höfler, Die avignonesischen Päpste, ihre Machtfülle und ihr Untergang (Wien [* 14] 1871).
Petrarca schildert zur Zeit Clemens' VI. als eine stinkende, schlecht gebaute, wütenden Winden [* 15] ausgesetzte Stadt und als Sitz jeglichen Lasters. Der große von den Päpsten erbaute Palast hatte ein düsteres Aussehen. In Rom folgte auf Gregor XI. Urban VI. (1378-89). Die französischen Kardinäle aber wählten zu Fondi Clemens VII. (1378-94) zum Papst, der seit 1379 in Avignon residierte. So entstand das große Schisma der abendländischen Kirche. Als Clemens VII. 1394 zu Avignon starb, wählten seine Kardinäle Benedikt XIII. (1394-1415). Benedikt, in Avignon belagert, floh nach Spanien. [* 16]
Seit der Wiederherstellung der Alleinherrschaft des römischen Papstes (1417) residierten in Avignon nur Legaten als päpstliche Statthalter. Der finanzielle Gewinn der Kurie aus dem Besitz Avignons war gering, da die Stadt infolge innerer Wirren ihre frühere Blüte [* 17] verlor. Die Einkünfte, die sich auf höchstens 300,000 Livres beliefen, wurden auf öffentliche Gebäude und Straßen, zur Besoldung der Truppen und bürgerlichen Beamten verwendet; dagegen mußte für alle ins französische Gebiet ausgeführten Landesprodukte eine starke Abgabe entrichtet werden, so daß der französischen Staatskasse mehr einbrachte, als wenn es mit Frankreich vereinigt gewesen wäre. Im J. 1791 empörte sich die von der Revolutionspartei aufgereizte Volksmenge gegen die päpstliche Herrschaft, zerstörte Schlösser und Klöster und bat die Konstituierende Versammlung um die Vereinigung Avignons mit Frankreich, welche auch ebenso wie die von Venaissin beschlossen wurde. Avignon wurde die Hauptstadt des neuen Departements Vaucluse.
Infolge davon entbrannte in Avignon ein blutiger Bürgerkrieg zwischen Papisten und Demokraten. Die letztern bildeten einen Gemeinderat, riefen wilde Banden aus dem Gebirge nach der Stadt, und als einer der Bandenführer, Lescuyier, von der Volksmenge ermordet wurde, schlachteten die Banden 53 Gefangene und warfen die Leichen in das Verlies des Schlosses, die Eisgrube (Glacière). Im J. 1792 wütete ein Volkshauptmann, Jourdan, in Avignon mit blutiger Grausamkeit gegen die Anhänger der alten Zustände. Im Frieden von Tolentino mußte der Papst Avignon und Venaissin an Frankreich förmlich abtreten.
Erst das Kaisertum stellte die Ruhe in Avignon her, mit der Restauration aber brach der alte Parteihaß wieder hervor, und in Avignon wütete besonders der »weiße Schrecken«. Hier ward der Marschall Brune (s. d.) ermordet. In Avignon sind mehrere Kirchenversammlungen gehalten worden: 1209 wider die Albigenser, 1210 über Exkommunikation der Toulouser und ihres Grafen wegen Weigerung der Ketzervertreibung, 1326 überkirchliche Sitte und Verfassung, 1327 über klerikale Zucht, 1328 wider den kaiserlichen Gegenpapst u. a.