Auch war er radikales Mitglied des italienischen Abgeordnetenhauses. Unaufhörlich agitierend und konspirierend, trat er 1878 an
die Spitze des Vereins Italia irredenta zur Befreiung der italienischen Brüder unter österreichischer Herrschaft. Er starb in
Rom. Bei seinem Leichenbegängnis (28. Dez.) kam es zu großen Demonstrationen der Italia irredenta.
Kreishauptstadt in der ital. Provinz Aquila degli Abruzzi, hat Ringmauern, eine Sammlung von antiken, in der
Umgebung aufgefundenen Inschriften, Weinbau und (1881) 6166 Einw. Südöstlich von Avezzano das
berühmte Emissar des Lago Fucino (s. Celano).
röm. Fabeldichter, verfaßte vermutlich im 4. Jahrh.
n. Chr. eine Sammlung von 42 äsopischen Fabeln im elegischen Versmaß nach dem Vorbild des Babrios und
Phädrus.
Als beliebtes Schulbuch wurden sie im Mittelalter vielfach erweitert, paraphrasiert und nachgebildet, wie in dem
»Novus Avianus« des Alex. Neckam aus dem 13. Jahrh.
Ausgaben von Lachmann (Berl. 1845) und Fröhner (Leipz. 1862);
Übersetzung von Rabenlechner (Wien 1884).
Vgl.
L. Müller, De Phaedri et Aviani fabulis (Leipz. 1875).
(eigentlich Ibn Sina), berühmter arab. Arzt und Philosoph, geb. 980 zu Afsenna in dem jetzigen Chanat Bochara,
erhielt hier seine gelehrte Bildung, wurde Leibarzt bei mehreren samanidischen und dilemitischen Sultanen, auch eine
Zeitlang Wesir in Hamadan, lehrte zu Ispahan Medizin und Philosophie; starb 1037 in Hamadan. Sein medizinischer Kanon diente jahrhundertelang
als Grundlage des Unterrichts. In der Philosophie ging er zwar von der dem Neuplatonismus verwandten Richtung seines Vorgängers
unter den Arabern, Alfarabi, aus, näherte sich aber der Lehre des Aristoteles.
Alle Dinge gehen von Gott als dem einzigen Unveränderlichen aus, aber nicht unmittelbar, da das Unveränderliche
nichts Veränderliches unmittelbar hervorzubringen vermag. Sein erstes und allein unmittelbares Produkt ist die Intelligenz
(die Weltseele); von da reicht durch die Kette der verschiedenen Himmelssphären hindurch die Kette der Ausflüsse bis auf
unsre Erde herab. Aber dieselbe Ursache, welche die Dinge erzeugt, muß sie auch erhalten; Ursache und Wirkung
sind gleichzeitig, die Welt daher ebensogut von Ewigkeit wie Gott. Avicennas Schriften, die schon im 12. Jahrh. ins Lateinische
übersetzt wurden, erschienen teilweise (die Metaphysik) schon 1493, die Logik und einige andre 1495 zu Venedig und
seitdem öfter (Vened. 1523, 5 Bde.;
Bas. 1556).
L. (Salzbaum), Gattung aus der Familie der Verbenaceen, immergrüne Bäume mit gegenständigen, verwachsenen,
ganzrandigen Blättern, gestielten, achsel- und endständigen Blüten und lederartigen, zusammengedrückten, einsamigen, vom
Kelch und den Deckblättern umgebenen Früchten.
VonAvicennia tomentosaL., in den Tropenländern, besonders in Arabien,
Abessinien und Nubien, mit länglichen, stumpfen, unten filzigen Blättern und gelben Blüten, hielten die arabischen Ärzte
die rote, geruchlose, schleimige, etwas salzige Wurzel für ein Aphrodisiakum. Aus dem Holz macht man Boote, welche vom Wurm
nicht angefressen werden, und Zahnstocher, welche für Zähne und Zahnfleisch heilsam sein sollen und in
Mekka verkauft werden. Die Blätter liefern Futter für Kamele, Esel und Schafe. Die Fruchtkerne werden
gegessen, nachdem man ihnen
die Bitterkeit durch Kochen genommen hat.
VonAvicennia nitidaL., im tropischen Amerika, wird die Rinde zum Gerben gebraucht, auch wird
diese Art nebst einigen andern in Warmhäusern kultiviert. Aresinosa L., auf Neuseeland, läßt aus dem
Stamm Gummi fließen, welches daselbst genossen wird.
Cassius, röm. Feldherr zur Zeit des Kaisers Mark Aurel, zeichnete sich im Partherkrieg 162-165 n. Chr. aus,
wo er über den Tigris vordrang, Seleukia und Ktesiphon eroberte. Er wurde darauf zum Statthalter von Syrien
und zum Oberbefehlshaber der Truppen des Orients ernannt, als welcher er einen gefährlichen Aufstand in Ägypten unterdrückte.
Im J. 175 jedoch empörte er sich und ließ sich, während Mark Aurel am Rhein und an der Donau focht, zum Kaiser ausrufen, wurde
aber, noch bevor Mark Aurel in Asien ankam, drei Monate nach seiner Erhebung von zwei Hauptleuten ermordet.
Rufus Festus, röm. Dichter gegen Ende des 4. Jahrh. n. Chr., aus Volsinii (Bolsena) gebürtig, bearbeitete des
Dionysios Erdbeschreibung in Hexametern (abgedruckt in den »Geographi graeci minores«, Bd. 1) und schrieb außerdem
eine »Ora maritima« betitelte Schilderung der Küsten des Mittelmeers, von der nur ein Bruchstück erhalten
ist (geographisch durch sonst verloren gegangene Nachrichten aus ältern Autoren, wie Pytheas und Eratosthenes, schätzbar),
eine »Metaphrasis Arati« (freie, rhetorisch gehaltene Bearbeitung der »Phaenomena«
des Aratos) u. a. Ein Auszug der Äneide und eine Bearbeitung der römischen Geschichte nach Livius sind
ganz verloren. Eine Gesamtausgabe der Schriften besorgte Giles (Oxf. 1835); die »Aratea« gab Breysig
heraus (Leipz. 1882). Vgl. Christ, Avienus (Münch. 1866).
(spr. awiljāno), Stadt in der ital. Provinz Potenza, auf einem Bergrücken gelegen, mit (1881) 12,949 Einw.,
die Viehzucht und Viehhandel betreiben und sich durch eigentümliche Tracht auszeichnen.
(spr. awinjóng), Hauptstadt des franz. Departements Vaucluse, am linken Ufer des Rhône, 55 m ü. M., unweit
der Mündung der Durance und an der Lyon-Marseiller Eisenbahn, liegt um einen 60 m hohen Kalkfelsen, der oben in eine schöne,
aussichtsreiche Anlage verwandelt ist, und an dessen Abhang das mächtige Schloß der Päpste und die Kathedrale
sich erheben. Aus dem 14. Jahrh. rühren die wohlerhaltenen Zinnenmauern und Türme her, welche die eiförmige Stadt mit dem
Gewirr ihrer engen und krummen Straßen umschließen. Um diese Mauern herum wurden in jüngster Zeit schöne Boulevards und
Promenaden angelegt.
Eine Kettenbrücke führt zum rechten Stromufer nach Villeneuve-les-Avignon (s. d.) hinüber und ersetzt die 1177 erbaute,
aber 1669 bis auf drei noch heute stehende Bogen vom Hochwasser zerstörte St.-Bénézetbrücke. Am Rhôneufer ziehen sich
schöne Kais hin. Noch heute ist Avignon reich an Kirchen, Klöstern und Mönchen; die größte unter erstern ist die Kathedrale Notre Dame
des Doms aus dem 11. Jahrh., vielfach restauriert, mit prächtigem Mausoleum Papst Johannes' XXII.; andre
nennenswerte sind St.-Pierre und St.-Didier. Von Profanbauten ragt vor allen hervor der Palast der Päpste neben dem Dom, eine
aus gewaltigen Steinblöcken aufgetürmte Festung, finster und drohend dann das Stadthaus
mehr
mit einem gotischen Turm aus dem 14. Jahrh., davor das Standbild Crillons, des tapfern Feldherrn Heinrichs IV., Crillons Haus und
das Museum Calvet, nach seinem Stifter genannt, mit Bibliothek von 85,000 Bänden, 2500 Manuskripten, Gemälden, Münzen, Skulpturen,
Altertümern etc. Avignon zählt (1881) 32,440 Einw.,
welche sich seit den Bekehrungen des 13. Jahrh. durch Bigotterie (die Frauen zugleich durch Schönheit und
Anmut) auszeichnen. Die industrielle Thätigkeit derselben erstreckt sich vorzugsweise auf Seidenmanufaktur, nachdem
die Krappindustrie, deren Hauptsitz im Abendland Avignon war, zurückgegangen ist.
Jene beschäftigt bei der Spinnerei und Weberei 12-14,000 Arbeiter, die jährlich für ca. 1½ Mill. Frank Ware erzeugen.
Außerdem treibt man Fabrikation von Bijouteriewaren, Papier, Teigwaren, Seife, chemischen Produkten, Buchdruckerei und Maschinenbau
und Handel mit Getreide, Öl, Wein und Seide. Avignon hat ein Lyceum, die Académie de Vaucluse (an der Stelle der 1303 gestifteten, 1794 aufgehobenen
Universität), einen botanischen Garten und ist der Sitz eines Erzbischofs. Es ist Geburtsort von Petrarcas
Laura und des Malers J. ^[Joseph] Vernet. Petrarca wurde 1874 in Avignon ein Denkmal errichtet.
Avignon hieß zur Zeit der Römer Avenio (Avignon Cavarum, Avenicorum civitas) und war die Stadt der Kavaren, eines gallischen Volks; 48 v. Chr.
gründeten die Römer hier eine Kolonie. Vom 1. Jahrh. n. Chr. an besaß Avignon alle Rechte einer italischen
Stadt. Unter den Thronstreitigkeiten der spätern Kaiser hatte es schwer zu leiden. Nach dem Untergang des weströmischen Reichs
kam es unter die Herrschaft der Burgunder, dann der Westgoten und endlich der Franken und ward 730 und 737 von den Sarazenen
zerstört.
Nach dem Zerfall des fränkischen Reichs gehörte Avignon mit seinem Gebiet zum Königreich Burgund und zur Grafschaft
Venaissin, kam jedoch bald in den gemeinschaftlichen Besitz der Grafen von Toulouse und Provence und der Grafen von Forcalquier.
Der letzte Graf von Forcalquier schenkte seinen Anteil der Stadt Avignon, welche dadurch fast selbständig wurde.
In Avignon und Umgegend fand die Lehre der Albigenser große Verbreitung. Deshalb ward es von Ludwig VIII. von Frankreich 1226 nach
dreimonatlicher Belagerung zum größten Teil zerstört.
Nach dem Tode des letzten Grafen von Toulouse (1249) brachte der Gemahl von dessen Tochter Johanna, Alfons, Graf von Poitiers, Bruder
Ludwigs IX. von Frankreich, Avignon unter seine Oberhoheit. Nach Alfons' Tod fiel ein Teil der Grafschaft Avignon 1271 an
Frankreich, den König Philipp der Schöne jedoch 1290 an Karl von Anjou, König beider Sizilien und Grafen von Provence, abtrat.
Darauf war Avignon 1309-76 Sitz der Päpste, welche schon die Grafschaft Venaissin besaßen und 1348 auch die
Stadt Avignon durch Kauf von der Königin Johanna von Neapel erwarben.
Die avignonischen Päpste waren Clemens V. (bis 1314), Johann XXII. (bis 1334), Benedikt XII. (bis 1342), Clemens VI. (bis 1352),
Innocenz VI. (bis 1362), Urban V. (bis 1370) und Gregor XI. (bis 1378), der im September 1376 wieder nach
Rom übersiedelte. Diese Zeit des Papsttums heißt die babylonische Gefangenschaft der Kirche.
Vgl. Höfler, Die avignonesischen
Päpste, ihre Machtfülle und ihr Untergang (Wien 1871).
Petrarca schildert zur Zeit Clemens' VI. als eine stinkende, schlecht gebaute, wütenden Winden ausgesetzte Stadt und als Sitz
jeglichen Lasters. Der große von den Päpsten erbaute Palast hatte ein düsteres Aussehen. In Rom folgte
auf Gregor XI. Urban VI. (1378-89). Die französischen Kardinäle aber wählten zu Fondi Clemens VII. (1378-94) zum Papst,
der
seit 1379 in Avignon residierte. So entstand das große Schisma der abendländischen Kirche. Als Clemens VII. 1394 zu Avignon starb,
wählten seine Kardinäle Benedikt XIII. (1394-1415). Benedikt, in Avignon belagert, floh nach Spanien.
Seit der Wiederherstellung der Alleinherrschaft des römischen Papstes (1417) residierten in Avignon nur Legaten als päpstliche
Statthalter. Der finanzielle Gewinn der Kurie aus dem Besitz Avignons war gering, da die Stadt infolge innerer Wirren ihre
frühere Blüte verlor. Die Einkünfte, die sich auf höchstens 300,000 Livres beliefen, wurden auf öffentliche Gebäude und
Straßen, zur Besoldung der Truppen und bürgerlichen Beamten verwendet; dagegen mußte für alle ins französische Gebiet ausgeführten
Landesprodukte eine starke Abgabe entrichtet werden, so daß der französischen Staatskasse mehr einbrachte, als wenn
es mit Frankreich vereinigt gewesen wäre. Im J. 1791 empörte sich die von der Revolutionspartei aufgereizte Volksmenge gegen
die päpstliche Herrschaft, zerstörte Schlösser und Klöster und bat die Konstituierende Versammlung um die Vereinigung Avignons
mit Frankreich, welche auch ebenso wie die von Venaissin beschlossen wurde. Avignon wurde die Hauptstadt des
neuen Departements Vaucluse.
Infolge davon entbrannte in Avignon ein blutiger Bürgerkrieg zwischen Papisten und Demokraten. Die letztern bildeten einen Gemeinderat,
riefen wilde Banden aus dem Gebirge nach der Stadt, und als einer der Bandenführer, Lescuyier, von der Volksmenge
ermordet wurde, schlachteten die Banden 53 Gefangene und warfen die Leichen in das Verlies des Schlosses,
die Eisgrube (Glacière). Im J. 1792 wütete ein Volkshauptmann, Jourdan, in Avignon mit blutiger Grausamkeit gegen die Anhänger
der alten Zustände. Im Frieden von Tolentino mußte der Papst Avignon und Venaissin an Frankreich förmlich abtreten.
Erst das Kaisertum stellte die Ruhe in Avignon her, mit der Restauration aber brach der alte Parteihaß wieder
hervor, und in Avignon wütete besonders der »weiße Schrecken«. Hier ward der Marschall Brune (s. d.) ermordet. In Avignon sind
mehrere Kirchenversammlungen gehalten worden: 1209 wider die Albigenser, 1210 über Exkommunikation der Toulouser und ihres
Grafen wegen Weigerung der Ketzervertreibung, 1326 überkirchliche Sitte und Verfassung, 1327 über klerikale Zucht, 1328 wider
den kaiserlichen Gegenpapst u. a.