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allen Kolonien inkl. Neuseeland 1,236,779 Pferde, [* 2] 8,617,012 Rinder, [* 3] 77,220,170 Schafe [* 4] und 822,432 Schweine [* 5] zählte. Im nördlichen Australien [* 6] ist Schafzucht weniger vorteilhaft, Rindvieh und Pferde gedeihen aber dort sehr gut. Die vor vielen Jahren in das Nordterritorium aus Java importierten Büffel haben sich dort ebenso schnell vermehrt wie die Timor-Ponies. Die Schafzucht ist aber weitaus am wichtigsten; Wolle, wovon 1807 zuerst 2½ Ztr. ausgeführt wurden, bildet jetzt den Hauptexportartikel; 1883 wurden aus den fünf Kolonien des Festlandes nach London [* 7] 1016 Ballen (zu 400 Pfd.) gebracht, kleine Posten gehen direkt nach den Vereinigten Staaten, [* 8] Deutschland [* 9] u. a. Das Rindvieh liefert Häute und Talg für den Export.
Konserviertes Fleisch in Büchsen ging früher in größern Quantitäten nach England, neuerdings hat man mit gutem Erfolg den Versuch gemacht, Fleisch in gefrornem Zustand zu exportieren. Pferde werden in steigenden Zahlen nach Indien für die dortige Kavallerie ausgeführt. Die Viehweiden, sogen. Runs, befinden sich meist im Innern hinter den Ansiedelungen der Ackerbauer auf großen, durch die Herdenbesitzer, Squatters, von der Regierung gepachteten Strecken, wo die Herden jetzt großenteils ohne Hirten in weiten Umzäunungen von Draht [* 10] umherschweifen; sie erstrecken sich schon über den ganzen östlichen Teil des Kontinents und werden auch in Westaustralien nach der letzten Reise von Al. Forrest an der Nordküste an Ausdehnung [* 11] gewinnen.
Der Bergbau [* 12] ist die nächstwichtige Erwerbsquelle, und zwar ist vor allem von Bedeutung die Gewinnung des Goldes, dessen Entdeckung in großen Lagern 1851 vornehmlich den außerordentlichen Aufschwung der australischen Kolonien bewirkt hat. Es wurde zuerst in Neusüdwales bei Bathurst, kurz darauf in Victoria, [* 13] später in Neuseeland und Queensland, in geringer Menge auch in Südaustralien und in Tasmania gefunden. Nach Soetbeer und Neumann-Spallart darf man die gesamte Goldgewinnung [* 14] von Australien für 1851-82 auf 2,162,700 kg im Wert von 6030 Mill. Mk veranschlagen, wovon auf Neuseeland 800 Mill. Mk. entfallen mögen.
Die Golderträge haben sich nach starkem Rückgang in neuester Zeit durch Erschließung neuer Lagerstätten und verbesserte Methoden wiederum gehoben. Kupfererze finden sich in allen Kolonien, die reichsten in Neusüdwales und Südaustralien, wo sie schon seit 1844 abgebaut werden; Zinn gewinnt man in größerer Menge seit 1870 in Queensland und Neusüdwales, weniger in Victoria und Tasmania. Silber scheint überall vorhanden zu sein, mit Erfolg abgebaut wurde es bisher nur in Victoria und Neusüdwales; doch hat man reiche Lager [* 15] Anfang 1884 in der öden Barrierkette an der Grenze von Neusüdwales und Südaustralien entdeckt.
Eisen [* 16] wird bisher nur in Neusüdwales abgebaut und verhüttet, obwohl es in ungeheuern Massen oft nahezu rein zu Tage steht; auch an Blei, [* 17] Antimon, Wismut etc. ist Australien reich, doch ist die Ausbeute bisher unbedeutend. Von hoher Wichtigkeit sind aber die ausgedehnten Kohlenlager im O. des Kontinents. In Neusüdwales gewann man Steinkohlen bei Newcastle [* 18] schon 1829, jetzt sind auch Bergwerken Queensland und Tasmania erschlossen, während in Victoria nur kleine und weiter westlich gar keine Lager gefunden wurden. Australische Kohle wird schon nach Süd- und Ostasien sowie nach Süd- und Nordamerika [* 19] ausgeführt. Die neuseeländische Braunkohle dient nur dem heimischen Bedarf. Petroleum gewinnt man in Neusüdwales aus Brandschiefer, so daß das Produkt in Asien [* 20] schon erfolgreich mit dem Amerikas konkurriert; in Neuseeland gibt es zahlreiche Ölquellen.
Der Landbau ist gerade durch die Eigenschaft des australischen Klimas, welche die Viehzucht [* 21] begünstigt, die Trockenheit, beschränkt; indessen macht er fortwährend Fortschritte. Der Lage des Kontinents durch ca. 28 Breitengrade gemäß sind die Bedingungen für die Kulturen sehr verschieden. Im S.: in Südaustralien, Victoria, Westaustralien Tasmania, baut man vorwiegend Weizen, in Neusüdwales und Queensland dagegen Mais;
sonst werden noch überall Hafer, [* 22] Gerste, [* 23] Kartoffeln, letztere namentlich in Victoria, kultiviert. Im nördlichen Neusüdwales, noch mehr in Queensland pflanzt man Zuckerrohr, die Baumwollkultur ist dort aber im Abnehmen. Da das Land keine natürlichen Wiesen besitzt, so säet man Mischkorn (Weizen und Hafer) und mäht es vor dem Reifwerden. Am ausgedehntesten wird der Ackerbau in Südaustralien betrieben, nächstdem in Neuseeland und Victoria;
in Queensland ist er noch sehr unbedeutend.
Neuseeland, Victoria und Südaustralien versorgen nicht nur viele der australischen Kolonien mit Weizen, sie exportieren auch in günstigen Jahren bedeutend nach London und der Kapkolonie. Von Früchten zieht man an einigen Stellen der Küste Orangen, Zitronen, Feigen, Pfirsiche u. a.; doch bezieht der Kontinent viel Obst aus Tasmania u. den Fidschiinseln. [* 24] Im N. reifen Bananen, Papaus, Granadillas. Ausgedehnter ist der Weinbau, 1837 in Neusüdwales durch Winzer aus dem Rheingau [* 25] eingeführt, jetzt namentlich in Neusüdwales, Victoria und Südaustralien gepflegt. Der Export von Wein ist vorläufig gering, doch wird er zweifelsohne in der Zukunft von Bedeutung werden. Im J. 1882 waren auf dem Festland 5256 Hektar mit Wein bepflanzt und über 1,459,000 Hektar unter dem Pflug. [* 26] - Die Fischerei [* 27] war in frühern Jahren von nicht geringer Bedeutung, ist aber jetzt kaum erwähnenswert.
Der früher ergiebige Wal- und Robbenfang, welcher besonders an der Südküste (auf der Känguruhinsel und den Inseln der Baßstraße) betrieben wurde, hat ganz aufgehört. An den Küsten von Westaustralien wird derselbe durch Amerikaner betrieben, nur Tasmania besitzt noch eine kleine Walfängerflotte von 13 Schiffen. Indessen ist die Perlenfischerei an der Nordküste beim Kap York und an der Nordwestküste bei Roeburne sowie an der Küste des Nordterritoriums um Port Darwin von Wichtigkeit. Auch Trepangfischerei wird an der Nordküste erfolgreich betrieben. Dagegen wird die Süßwasserfischerei bei weitem noch nicht in der Art betrieben, daß sie dem Bedürfnis der Bevölkerung [* 28] genügte.
Die Industrie ist in einigen Zweigen schon recht ansehnlich. Dies gilt namentlich von der Mühlenindustrie, von Bierbrauereien, Ziegeleien u. a.; in Sydney [* 29] und Melbourne [* 30] bestehen großartige Schuhzeug- u. Kleiderfabriken, ferner Schiffswerften, Wollzeug-, Seife-, Lichte-, Tabaksfabriken, Gerbereien u. a. Doch muß immer noch weitaus der größte Teil aller Industrieprodukte aus Europa [* 31] zugeführt werden. - Der Handel der Kolonien hat in den letzten 30 Jahren einen ganz erstaunlichen Aufschwung genommen, wozu der erste Impuls von der Auffindung der reichen Goldlager ausging; die gesamte Einfuhr der sieben Kolonien betrug 1873: 44,4 Mill. Pfd. Sterl., 1883: 61,9 Mill. Pfd. Sterl., die Ausfuhr 1873: 39,1 Mill. Pfd. Sterl., 1883: 53,5 Mill. Pfd. Sterl., Summen, welche dem Handel Indiens nicht weit nachstehen. Der Verkehr der Kolonien untereinander ist zur See ein sehr reger, ¶
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sie führen sich teils Gegenstände der eignen Produktion, teils europäische und andre Waren als Wiederausfuhr zu. Der Binnenhandel wird durch den Mangel an schiffbaren Flüssen und guten Straßen erschwert, ist aber trotzdem sehr belebt, da die Schaf- und Rindviehstationen außer dem Fleisch nichts für ihren Konsum erzeugen und dafür völlig vom Küstenland abhängig sind, wohin sie ihre eignen Produkte zur Verschiffung bringen. Jede Kolonie hat ihren besondern Zolltarif, Neusüdwales ist freihändlerisch, Victoria dagegen streng schutzzöllnerisch; alle Waren, die des Auslandes wie Großbritanniens und der übrigen australischen Kolonien, werden in gleicher Weise besteuert.
Zollgrenzen bestehen auf den kaum bewohnten Landgrenzen nicht, nur Victoria hat am Murray Zollstationen errichtet. Die Einfuhr nichtkolonialer Produkte kommt zum größten Teil aus England und besteht in Fabrik- und Manufakturgegenständen, Spirituosen, Bier, Eisen, Bauholz u. a.; Zucker [* 33] wird aus Mauritius, Thee aus China [* 34] zugeführt etc. Die Ausfuhr begreift die schon aufgeführten Produkte der Kolonie: Wolle, Talg, Häute und Felle, Fleisch, Gold, [* 35] Zinn, Kupfer, [* 36] Kohle, Weizen und Mehl, [* 37] Pferde nach Indien, Harz, Gerberrinde, Holz, [* 38] Perlen.
Den Schiffsverkehr mit Europa vermitteln fünf Postdampferlinien, vier durch den Suezkanal, davon drei um die Südküste und zwar eine über Kolombo, eine zweite direkt, eine dritte (französische) über Mauritius, die vierte geht durch die Torresstraße, eine fünfte über Neuseeland, die Sandwichinseln und San Francisco, außerdem andre zahlreiche Dampferlinien (auch eine deutsche) durch den Suezkanal, um das Kap der Guten Hoffnung und Kap Horn. Zwischen den Haupthäfen der Kolonien bestehen gleichfalls zahlreiche Dampferlinien. Die Handelsflotte der fünf Kolonien zählte 1883: 1874 Segelschiffe von 228,376 Ton. und 680 Dampfschiffe von 94,279 T. Auf dem Murray besitzt Victoria 38, Südaustralien 40 Dampfer und eine große Anzahl von Schleppschiffen. - Eisenbahnen bestehen seit 1850, jetzt beträgt das sich stets ausbreitende Netz 10,688 km;
doch sind erst die Linien von Victoria und Neusüdwales miteinander vereinigt.
Durch Telegraphen [* 39] sind aber alle Kolonien verbunden; die Länge der dem Verkehr geöffneten Linien war 1883: 50,459 km. Die bedeutendsten Linien sind der große Überlandtelearaph von Adelaide [* 40] nach Port Darwin am Indischen Ozean quer durch den Kontinent und die Verbindung mit Westaustralien von Südaustralien aus, der Großen Australischen Bucht folgend. Die Überlandtelegraphenlinie schließt sich an die Kabel von Java an und führt so nach Europa;
ein Kabel geht von Victoria nach Tasmania, ein andres von Neusüdwales nach Neuseeland. - Der Postverkehr mit Europa wird alle 14 Tage, mit Amerika [* 41] alle 4 Wochen durch regelmäßige Dampferlinien vermittelt;
im Innern des Landes besteht ein solcher überall, selbst bis zu den entlegensten Stationen. - Bankinstitute sind in allen Hauptstädten in großer Zahl mit englischem Kapital, einige wenige auch mit kolonialem Kapital errichtet worden;
in ganz Australien und Neuseeland gibt es jetzt 34 Bankkorporationen, von denen 19 ihren Sitz in Melbourne haben, 11 in Sydney, 8 in Adelaide, 6 in Brisbane, 5 in Hobart, 6 in Neuseeland (Auckland, [* 42] Dunedin, Wellington).
Dabei sind Nebenstellen selbst in kleinen Ortschaften zu finden. Sparkassen bestehen ebenfalls in allen Kolonien; auch Postsparkassen sind in den meisten errichtet.
Soziale und staatliche Verhältnisse.
Das Religionsbekenntnis der weitaus größten Zahl der Bewohner ist das protestantische, das sich in außerordentlich viele Sekten teilt. Überwiegend ist die Zahl der Mitglieder der anglikanischen Kirche, nächstdem schottische Presbyterianer, Katholiken, Wesleyaner, Independenten, Baptisten, deutsche Lutheraner, Unitarier u. a. Außerdem gibt es Juden, Mohammedaner und Heiden (Chinesen und Polynesier). Nach dem Zensus von 1881 waren von 2,501,332 Einw. 1,905,494 Protestanten, 585,487 Katholiken und 10,351 Israeliten. Keine Religionsgemeinschaft wird heute durch die Regierungen unterstützt.
Für Volksbildung ist in neuerer Zeit durch umfassendere Gesetzgebung und den Aufwand bedeutender Mittel gesorgt worden. Zwar können noch immer Schulen, welche sich aller staatlichen Beaufsichtigung entziehen, weil sie keine Staatshilfe beanspruchen, von jedem, der sich dazu berufen fühlt, eröffnet werden, ohne daß der Staat irgend welche Kontrolle ausübt, auch ist Schulzwang erst in jüngster Zeit eingeführt worden; aber der Staat ist doch in den meisten Kolonien aus seiner Passivität herausgetreten und fängt an, Schulen selbständig zu errichten.
Früher basierten alle Volksschulen auf dem irischen System, das auch jetzt teilweise beibehalten ist. Danach muß der Unterricht konfessionslos sein, wenn die Schule, welche in der Hauptsache von den Eltern zu erhalten ist, Anspruch auf die Zuschüsse erheben will, welche der Staat nach Maßgabe der Schülerzahl gewährt. Überall bestehen aber, freilich in mehr und mehr abnehmender Zahl, konfessionelle Schulen; namentlich unterhalten die Katholiken solche. Die höhern sogen. Grammar Schools, Collegiate Schools oder Colleges, etwa unsern Realschulen entsprechend, sind fast ausschließlich von Privaten oder religiösen Gemeinschaften errichtet, ohne aber den Angehörigen andrer Konfessionen [* 43] den Zutritt zu verwehren.
Die Universitäten in Sydney, Melbourne, Adelaide und Christchurch entsprechen etwa ihren englischen Vorbildern, auch stehen die von ihnen verliehenen akademischen Grade denen englischer Universitäten gleich; sie sind aber schwach besucht und entfalten eine größere Thätigkeit nur als Examinationsbehörden. Öffentliche Bibliotheken und Museen besitzen alle Hauptstädte, in Sydney, Melbourne, Adelaide ist mit denselben gewerblicher und künstlerischer Unterricht verbunden.
Jede, auch die kleinste, Stadt hat ihr Handwerkerinstitut mit Bibliothek. Gelehrte Gesellschaften bestehen schon seit längerer Zeit in Sydney, Melbourne, Hobart, Adelaide und Wellington. Die Zahl der Zeitungen und Zeitschriften, welche teils täglich, teils wöchentlich, teils monatlich erscheinen, beträgt gegenwärtig 684. Auch der Verlag von Werken australischer Schriftsteller, bisher noch sehr unbedeutend, nimmt zu. Theater [* 44] und Konzerthallen besitzen außer den Hauptstädten der größten Kolonien in Victoria noch mehrere andre Städte, und schon finden Künstler bedeutendern Ranges ihren Weg nach Australien.
Die staatliche Organisation der australischen Kolonien ist der des Mutterlandes getreu nachgebildet. Die ursprüngliche Deportationskolonie wurde von den Gouverneuren, welche mit völlig unumschränkter Macht betraut waren, rein autokratisch regiert. Aber mit dem Anwachsen der freien Bevölkerung wurde den Kolonisten anfänglich eine beratende Stimme, später eine der britischen analoge Verfassung zugestanden, welche jetzt alle australischen Kolonien, mit Ausnahme Westaustraliens, besitzen. ¶