gebracht zu werden pflegt, ihre Schranke jedoch, wenigstens in einzelnen Staaten, an den Kosten findet, welche dafür an die
zur Außerkurssetzung ermächtigte Behörde zu zahlen sind. Die Außerkurssetzung verändert indes den Charakter des Papiers nicht endgültig; vielmehr kann
der letztere jederzeit durch die Wiederinkurssetzung (Freimachung, Devinkulierung) wiederhergestellt werden. Die Zulässigkeit
der Außerkurssetzung hat jedoch in neuerer Zeit viel Anfechtung erfahren, weil der Inhaber damit einseitig dem Aussteller die von demselben
im voraus abgelehnte Verbindlichkeit aufbürdet, die Legitimation des Präsentanten zu prüfen, und hierdurch, zumal bei den
vielfachen Abweichungen im Verfahren der verschiedenen Staaten und Behörden und den Streitfragen, wozu dasselbe
im einzelnen Veranlassung gibt, der Verkehr mit den Inhaberpapieren erschwert und der durch Emission derselben beabsichtigte
Zweck zum großen Teil wieder vereitelt wird. Dazu kommt, daß im Fall des Verlustes des außer Kurs gesetzten Papiers doch nur
durch ein kostspieliges und langwieriges Aufgebotsverfahren Hilfe geschafft werden kann. Aus diesen Gründen
hat man sich in Preußen zu der Einführung des Instituts des Staatsschuldbuchs (s. d.) entschlossen.
das Verbrechen, welches derjenige begeht, der eine wegen jugendlichen Alters, Gebrechlichkeit oder Krankheit
hilflose Person an einen Ort versetzt, woselbst Gesundheit oder Leben derselben gefährdet ist (Aussetzung im engern
Sinn), oder der eine solche Person in hilfloser Lage vorsätzlich verläßt, obgleich dieselbe seiner Obhut anvertraut war oder
die Sorge für ihre Unterbringung, Fortschaffung oder Aufnahme ihm oblag. Der barbarische Gebrauchter von Kindern war und ist
noch bei nicht wenigen Völkern wenn auch nicht durch das Gesetz, so doch durch Sitte und Herkommen gestattet.
Bei den meisten Völkern des Altertums war das Aussetzen von Kindern gebräuchlich, wenigstens nicht verboten; so bei den Chinesen,
Japanern, Hindu und andern asiatischen Völkern, aber auch bei den Griechen und Römern. Ausdrücklich verboten oder wenigstens
nicht gebräuchlich war es nur bei den Juden, Ägyptern, Thebanern und den Germanen. Da bei den Spartanern
der Mensch nur insofern berücksichtigt wurde, als er dem Staat nützte, so wurden von den neugebornen Kindern die schwächlichen
und krüppelhaften in einen Abgrund am Berg Taygetos ausgesetzt.
Derselbe Gebrauch wie bei den Spartanern fand sich auch bei den Doriern auf Kreta. Auch in Athen stand es
dem Vater frei, ein Kind, das er nicht aufziehen wollte, gleich nach der Geburt auszusetzen. Ebenso scheint dieser Gebrauch bei
den altitalischen Völkern geherrscht zu haben, wie schon die Sage von Romulus und Remus lehrt; daß der
Fall auch bei den Römern nicht selten vorkam, zeigen viele Stellen bei den römischen Schriftstellern; erst im 2. Jahrh. der
Kaiserzeit wurde Strafe darauf gesetzt.
Gleicherweise war auch bei den alten Kelten, Skandinaviern und den slawischen Völkerschaften bis zu ihrer Christianisierung
die väterliche Gewalt über das neugeborne Kind unbeschränkt und ist es noch jetzt bei den Insulanern
der Südsee und andern heidnischen Völkern. In dem übervölkerten China werden noch heutzutage jährlich Tausende von Kindern
getötet oder ausgesetzt, ebenso in Ostindien und Japan. Das Christentum trat der Unsitte des Aussetzens der Kinder entgegen.
Weil aber dieselbe bei den
bekehrten Heiden nicht sogleich ausgerottet werden konnte, so verordnete man
hier und da, daß die Kinder wenigstens vor den Kirchenthüren, nicht aber an entlegenen Orten niedergelegt werden sollten,
und es war zu diesem Zweck vor den Kirchenthüren zuweilen ein Becken angebracht. Für die Aufnahme solcher Kinder wurden vielfach
Findelhäuser (s. d.) eingerichtet. Seitdem brach sich
die Ansicht in immer weitern Kreisen Bahn, daß das Kinderaussetzen ein Verbrechen sei, welches nicht nur durch Kirchenbuße gesühnt,
sondern auch von der weltlichen Obrigkeit geahndet werden müsse.
Die moderne Strafgesetzgebung erklärte nicht bloß die von Kindern, sondern auch die von hilflosen Personen überhaupt für
strafbar. Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch insbesondere bestraft die Aussetzung (§ 221) mit Gefängnis nicht
unter 3 und, wenn sie von leiblichen Eltern gegen ihr Kind begangen wird, nicht unter 6 Monaten bis zu 5 Jahren. Ist aber durch
die Aussetzung eine schwere Körperverletzung der ausgesetzten oder verlassenen Person herbeigeführt, so tritt Zuchthausstrafe bis
zu 10 Jahren und, wurde der Tod derselben dadurch veranlaßt, Zuchthausstrafe bis zu 15 und nicht unter 3 Jahren ein.
Vgl. Platz,
Geschichte des Verbrechens der Aussetzung (Stuttg. 1876).
Aussetzung des Verfahrens im Zivilprozeß (deutsche Zivilprozeßordnung, § 223 ff.), im Gegensatz zu dem durch den Parteiwillen
veranlaßten Ruhen (s. d.) und zu der mit dem Moment des bezüglichen Ereignisses von selbst eintretenden
Unterbrechung (s. d.) des Verfahrens, wird vom Gericht verfügt:
1) wenn im Fall des Verlustes der Prozeßfähigkeit einer Partei oder des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters eine Vertretung
durch einen Prozeßbevollmächigten stattfindet und dieser die Aussetzung beantragt;
2) wenn im Fall des Todes einer Partei Vertretung durch einen Prozeßbevollmächtigten stattfindet und dieser
oder der Prozeßgegner die Aussetzung beantragt;
3) wenn sich eine Partei zu Kriegszeiten im Militärdienst, oder wenn sie sich an einem Ort befindet, welcher durch obrigkeitliche
Anordnung oder durch Krieg oder durch andre Zufälle von dem Verkehr mit dem Prozeßgericht abgeschnitten
ist. Im Fall 3) kann das Gericht von Amts wegen die Aussetzung bis zur Beseitigung des Hindernisses anordnen. Bei Aussetzung hört der Lauf jeder
Frist auf; nach Beendigung der Aussetzung beginnt die volle Frist von neuem zu laufen (s. Aufnahme des Verfahrens). Gegen die Anordnung
oder Ablehnung der Aussetzung findet Beschwerde statt. - Landesrechtlich kann gemäß § 15, Nr. 1 des Einführungsgesetzes
zur Zivilprozeßordnung eine Aussetzung auch bei Kompetenzkonflikten stattfinden.
Bezirkshauptstadt im nördlichen Böhmen, links an der Elbe, in welche hier die Biela mündet, in romantischer,
fruchtbarer Gegend gelegen, hat ein neues Rathaus, eine Stadtkirche mit Madonnenbild von Carlo Dolce, Dominikanerkloster,
eine Webschule, gewerbliche Fortbildungsschule, Handelsschule, Gas- und Wasserleitung und (1880) 16,524 Einw. Handel und Industrie
von Aussig haben in neuerer Zeit einen außergewöhnlichen Aufschwung genommen. In erster Linie ist hier die chemische. Fabrik
zu nennen, welche ca. 1000 Arbeiter beschäftigt, das größte derartige Etablissement Österreichs. Außerdem
besitzt Aussig ansehnliche Fabriken für Damenkleiderstoffe und Bänder, Maschinen, Siderolithwaren, Glas, Paraffin- und Mineralöl,
Wagenfett, Lacke, Zuckerraffinerie, Gerbereien, Schiffbauanstalten wie auch wichtigen Braunkohlenbergbau (das Aussig-Teplitz-Duxer
Becken ergab 1883: 61 Mill. metr. Ztr. Braunkohle, wovon
mehr
31 Mill. ins Ausland gingen). Aussig ist ein wichtiger Zentralpunkt des nordböhmischen Verkehrs geworden; es ist Station der Elbdampfschiffahrt
und der Prag-Dresdener Bahn, Ausgangspunkt der Aussig-Teplitzer und Bielathalbahn und steht mit der Elbthalbahn durch eine Zweiglinie
mit Gitterbrücke über die Elbe in Verbindung. Neben dem Kohlenhandel ist auch der Obsthandel von großer
Bedeutung. Aussig ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichts und Hauptzollamts. Am rechten Ufer der Elbe, 3 km
oberhalb Aussig, liegt die Ruine Schreckenstein auf steilem, 90 m hohem, in den Strom vorspringendem Felsen mit schöner Aussicht.
Die Stadt, seit Ottokar II. königliche Stadt, 1282 an Brandenburg verpfändet, aber bald zurückerworben,
in der Hussitenepoche an Meißen verpfändet, früher stark befestigt, wurde 1426 von den Hussiten zerstört, welche 18. Jan. d. J.
die Meißener bei dem nahen Dorf Predlitz und 15. Juni bei der eine Stunde entfernten Anhöhe Biehanj schlugen. Im J. 1538 eingeäschert,
erhielt Aussig als »allzeit getreue Stadt« 1547 Sitz
und Stimme in den Landtagen. Im J. 1639 ward von den Schweden unter Baner erobert. Aussig ist der Geburtsort des Malers Raphael Mengs.
Vgl. Feistner, Geschichte der königlichen Stadt Aussig (Reichenberg 1883).