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aufgenommen und auch das geistige und wissenschaftliche Element der Bildung des Offizierkorps nicht außer Augen gelassen. Von 1816 ab inspizierte der Prinz 27 Jahre lang alljährlich die verschiedenen Brigaden, und auf einer solchen Reise ereilte ihn in Bromberg [* 2] der Tod. Er war zuletzt General der Infanterie, Generalinspekteur und Chef der Artillerie, erster Kommandeur des 1. Bataillons im 3. Gardelandwehrregiment, Präses der Kommission zur Prüfung militärwissenschaftlicher und technischer Gegenstände, Kurator der Artillerie- und Ingenieurschule.
Der Prinz war der reichste Grundbesitzer des preußischen Staates. Der größte Teil seiner Besitzungen fiel an die königliche Familie zurück, da er nur illegitime Kinder hinterließ; ein kleiner Teil kam an das fürstlich Radziwillsche Haus, da des Prinzen Schwester Luise den Fürsten Anton von Radziwill geheiratet hatte.
Vgl. v. Puttkamer und v. Höpfner, Erinnerungsblätter aus dem Leben des Prinzen von Preußen [* 3] (Gotha [* 4] 1869);
»Aus dem kriegsgeschichtlichen Nachlaß des Prinzen von Preußen« (in den »Kriegsgeschichtlichen Einzelschriften« des preußischen Generalstabs, Heft 2, Berl. 1883).
[Sachsen, bez. Polen.]
6) August, Kurfürst von Sachsen, zweiter Sohn Herzog Heinrichs des Frommen und Katharinas von Mecklenburg, [* 5] jüngerer Bruder des Kurfürsten Moritz, geb. zu Freiberg, [* 6] schloß an König Ferdinands Hof [* 7] in Prag, [* 8] wo er eine Zeitlang verweilte, mit dem nachherigen Kaiser Maximilian II. Freundschaft. Von dem gelehrten Johann Rivius unterrichtet, studierte er zu Leipzig. [* 9] Durch des Vaters Testament zu gleichem Anteil an dem väterlichen Erbe bestimmt, ließ er sich doch von seinem Bruder Moritz mit einigen Besitzungen und Nutzungen bis zum Ertrag von jährlich 40,000 Fl. abfinden und erhielt 1544 die Administration des Hochstifts Merseburg, [* 10] die er bei seiner Vermählung mit Anna, Christians III. von Dänemark [* 11] Tochter, 1548 niederlegte. Er lebte meist in Weißenfels, [* 12] bis ihn Moritz' Tod 1553, nachdem er schon 1548 zu Augsburg [* 13] die Mitbelehnung mit der Kurwürde erhalten hatte, zu einem größern Wirkungskreis berief. Er bewirkte zu Augsburg 1555 den definitiven Friedensschluß (s. Augsburger Religionsfriede). Der Streit mit dem ehemals Moritz verbündeten Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach, welcher trotz der Niederlage bei Sievershausen die Waffen [* 14] nicht niederlegte, wurde durch dänische und kurbrandenburgische Vermittelung beendet.
Die Ansprüche des ehemaligen Kurfürsten Johann Friedrich auf die Kur und seine Länder wurden durch den Naumburger Vertrag erledigt und später bei Gelegenheit der Grumbachschen Händel die Irrungen zwischen beiden sächsischen Linien durch den Zeitzer Rezeß vom vollends ausgeglichen. Trotzdem war die Sorge vor den Ernestinern ein Hauptgrund, der ihn zum engen Anschluß an das Kaiserhaus veranlaßte. Die Stände des obersächsischen Kreises erhoben August 1555 zum Kreisobersten.
Bald darauf setzte er das lange beanstandete Privilegium de non appellando durch, womit die Gründung eines beständigen Appellationsgerichts (1559) zusammenhing. Auch auf die allgemeinen politischen Angelegenheiten Deutschlands [* 15] war von Einfluß. Leider aber verkannte er über dem Wunsch, den Friedensstand von 1555 unbedingt aufrecht zu erhalten, die Notwendigkeit, den von allen Seiten sich erhebenden Angriffen der katholischen Mächte gegen den Protestantismus rechtzeitig und nachdrücklich zu begegnen.
Anfangs ließ er die Anhänger Melanchthons, die Philippisten oder Kryptocalvinisten, gewähren, bis er 1574 plötzlich, von seiner Gemahlin Anna angespornt, sie stürzte und über ihre Häupter eine grausame Verfolgung verhing, worauf mit der Konkordienformel die lutherische Orthodoxie in Kursachsen zur Herrschaft gelangte. Trefflich verstand sich August auf die Benutzung der Verhältnisse, um auch mit unlautern Mitteln seine landeshoheitlichen Rechte und sein Besitztum zu vermehren.
Die Vormundschaft über die Söhne Johann Wilhelms von Sachsen-Weimar mißbrauchte er, um sich auf ihre Kosten an der hennebergischen Erbschaft zu bereichern; für die Kosten der Achtsvollstreckung an Johann Friedrich dem Mittlern drang er den Ernestinern die sogen. vier assekurierten Ämter ab, den Reußen von Plauen [* 16] das Amt Voigtsberg und die Städte Plauen, Ölsnitz und Adorf, der Familie von Berbisdorf 1559 für 107,784 Fl. einen Teil ihrer für Bergbau [* 17] und Forstnutzung wichtigen Besitzungen, die nachher das Amt Lauenstein bildeten, dem Bischof Johann IX. gegen Überlassung des Amtes Mügeln das Stift Meißen; [* 18] durch die Sequestration der überschuldeten Grafschaft Mansfeld wurde der Heimfall derselben an Sachsen [* 19] eingeleitet, von den Herren von Schönburg kaufte er die obere Herrschaft und einen Teil der niedern Herrschaft Hartenstein für 145,000 Fl. Bedeutendes hat August als Staatswirt geleistet, wenn schon auch in dieser Beziehung ihn kein höherer Gesichtspunkt als der der Bereicherung seines Schatzes leitete.
Durch die Aufnahme flüchtiger Niederländer, Verbesserung der Straßen und des Münzwesens, Begünstigung der Leipziger Messen hoben sich Gewerbfleiß und Handel Sachsens;
die treffliche Bewirtschaftung der fürstlichen Kammergüter, bei der ihn seine Gemahlin Anna eifrig unterstützte, gaben Beispiel und Anregung zur Förderung des Ackerbaus, der Viehzucht und [* 20] des Obstbaus;
August schrieb selbst ein »Künstlich Obst- und Gartenbüchlein«;
auch die Waldwirtschaft und den Gartenbau hob er, nicht minder wurden durch ihn die ersten Posten in Sachsen eingerichtet.
Für die Bildung des Volks dagegen geschah wenig, und die Universitäten gingen seit dem kirchlichen Umschwung von 1574 sichtlich zurück.
Von Augusts Gesetzen erwähnen wir: die sächsischen Konstitutionen vom
die Bergordnung von 1554, ergänzt 1571 und 1573;
die Polizeiordnung von 1555;
die Münzordnung von 1558;
die Kirchenordnung von 1580, mit welcher er eine besondere Ordnung für Universitäten verband. Er gründete das Appellationsgericht, das Obersteuerkollegium, das geheime Konsilium, das Oberkonsistorium, das Kammerkollegium etc. Die Steuern wurden von den Kammereinkünften geschieden und der ständischen Verwaltung überlassen.
Die Anfänge der meisten Dresdener Sammlungen für Wissenschaft und Kunst stammen aus Augusts Zeit. Im Umgang war August zuvorkommend, gegen Untergebene leutselig, gegen den Bürger, an dessen Schießfesten er fleißig Anteil nahm, zutraulich, in seinen Festen glänzend. Er liebte die Turniere und die Jagd. Seine Lieblingsbeschäftigungen waren außerdem Drechseln, mechanische Künste und Alchimie, so empfindlich er auch in letzterer Beziehung von Betrügern getäuscht wurde. Nachdem er seine Gemahlin Anna, die ihm in 37jähriger Ehe 15 Kinder (von denen ihn jedoch nur 4 überlebten) geboren und stets großen Einfluß auf ihren Gemahl ausgeübt hatte, durch eine Seuche verloren, vermählte er sich schon mit Agnes ¶
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Hedwig, der kaum 13jährigen Tochter Joachim Ernsts von Anhalt. [* 22] Aber schon ward er in Moritzburg vom Schlage gerührt und starb in Dresden [* 23] an demselben Tag.
Vgl. Joh. Falke, Geschichte des Kurfürsten von Sachsen in volkswirtschaftlicher Beziehung (Leipz. 1868).
7) Friedrich August I., Kurfürst von Sachsen, als König von Polen August II. (während August I. sonst Siegmund [s. d. 2] genannt wird), wegen seiner Körperkraft der Starke genannt, zweiter Sohn Johann Georgs III., Kurfürsten von Sachsen, und der dänischen Prinzessin Anna Sophia, geb. zu Dresden, machte nach längern Reisen 1689-91 den Krieg am Rhein gegen Frankreich mit, wo sein Vater mit dem Kurfürsten von Bayern [* 24] die Reichsarmee kommandierte. Nach seines Vaters Tod 1691 begab sich August nach Wien, [* 25] wo er sich mit dem nachherigen Kaiser Joseph I. befreundete, der später seine Politik beeinflußte. Im J. 1693 vermählte er sich mit Christine Eberhardine, Prinzessin von Brandenburg-Kulmbach, und 1694 gelangte er nach seines Bruders Johann Georg IV. Tod zur Kurwürde. Er trat der großen Allianz gegen Frankreich bei und befehligte ein kaiserliches Heer in Ungarn [* 26] gegen die Türken, aber mit so wenig Geschick und Erfolg, daß er 1696 den Oberbefehl niederlegte.
Seine Eitelkeit trieb ihn, nach Sobieskis Tod als Bewerber um den polnischen Thron [* 27] aufzutreten und zu diesem Zweck in Baden [* 28] bei Wien zur katholischen Kirche überzutreten. Zwar wählte die Majorität des polnischen Reichstags den Prinzen von Conti, indes die von Flemming bestochene Minorität proklamierte ihn dennoch als König, und August ward 15. Sept. mit großer Pracht in Krakau [* 29] gekrönt. Schweden [* 30] und Frankreich aber erkannten August nicht als König von Polen an. In Sachsen suchte August trotz seiner feierlichen Erklärungen, daß sein Glaubenswechsel ein rein persönlicher sei und die Gewissensfreiheit nicht angetastet werden solle, den Katholizismus wieder zur Herrschaft zu bringen, was aber an der protestantischen Gesinnung der Bevölkerung [* 31] scheiterte.
Augusts Gemahlin Christine Eberhardine wies alle Bekehrungsversuche ab und zog sich nach Pretzsch bei Wittenberg [* 32] zurück, wo sie starb. Die unseligste Folge der Erwerbung Polens war Augusts Beteiligung an dem Nordischen Krieg im Bund mit Rußland und Dänemark. Trotz der Weigerung der Polen, an Schweden den Krieg zu erklären, schloß August als Kurfürst von Sachsen 1699 mit Rußland ein Bündnis und fiel in Livland [* 33] ein. Doch wurden seine Truppen bei Kliszow geschlagen und August durch eine polnische General-Konföderation des Throns entsetzt.
Der Einbruch Karls XII. in Sachsen nötigte ihn, im Frieden von Altranstädt auf die polnische Krone zu verzichten und Patkul auszuliefern. Trotz des unglücklichen Ausgangs dieses Kriegs, welcher Sachsen einen Verlust von 80,000 Menschen und 90 Mill. Thlr. zufügte, stürzte sich August dennoch in neue, weitaussehende Unternehmungen. Er schickte dem Kaiser 9000 Mann unter Schulenburg nach den Niederlanden zu Hilfe (1708), nahm selbst als Volontär unter dem Prinzen Eugen an der Eroberung von Lille [* 34] teil und dachte, während Karl XII. in Rußland kämpfte, an die Wiedergewinnung der polnischen Krone. Er verband sich zu diesem Zweck mit dem dänischen König Friedrich IV. und erließ auf die Nachricht von Karls Niederlage bei Poltawa ein Manifest worin er die Erneuerung des Kriegs zu rechtfertigen suchte, zugleich aber versicherte, die deutschen Provinzen Schwedens nicht beunruhigen zu wollen.
Den Gegnern in Polen wurden drei Monate Frist gewährt. Der Papst sprach von seinem Eid los und entband die Polen von ihrem Stanislaus Leszczynski geschwornen Eide der Treue. Am zog in Thorn [* 35] ein, wo er mit Peter d. Gr. eine Unterredung hatte; dann ging er nach Marienburg, [* 36] um sich mit dem König von Preußen zu verständigen. Karls XII. Weigerung, das zwischen Joseph I. und den Seemächten geschlossene Haager Konzert anzuerkennen, dehnte den Krieg auch auf Schwedens deutsche Länder aus. August griff mit 20,000 Sachsen, Russen und Polen Pommern [* 37] an und belagerte mit den Dänen Stralsund, [* 38] mußte sich jedoch 1712 vor General Steenbock nach Mecklenburg zurückziehen. Stettin [* 39] wurde von den Sachsen und Russen erobert. Der brandenburgische Sequestrationsvertrag zu Schwedt [* 40] schien die Ruhe in Norddeutschland wiederhergestellt zu haben, und August glaubte sich schon sicher im Besitz Polens, als Karl XII. unerwartet zu Stralsund erschien und der Krieg wieder begann.
Inzwischen hatte sich in Polen die Partei Stanislaus' sehr verstärkt und zu Tarnogrod eine neue Konföderation geschlossen, der sogar die Kronarmee beitrat, da man August im begründeten Verdacht hatte, daß er nach einer absoluten Herrschaft in Polen strebe. Der nun in Polen ausbrechende Bürgerkrieg (Oktober 1715) wurde endlich dadurch beendet, daß August 1717 versprach, in Polen nie mehr als 17,000 Mann Truppen zu halten, über welche überdies nicht er, sondern der Reichstag die Verfügung haben sollte.
Mit Schweden wurde im Dezember 1719 zu Stockholm [* 41] ein Waffenstillstand geschlossen, wonach beide Teile ihren Ansprüchen entsagten, den Frieden von Oliva bestätigten, Schweden August als König von Polen anerkannte, wogegen Stanislaus den Königstitel fortführen und August ihm 1 Mill. Thlr. zahlen sollte, endlich beide Teile zusammen der immer drohender anwachsenden russischen Macht Schranken setzen sollten; derselbe wurde erst nach zehn Jahren in einen förmlichen Frieden umgewandelt.
Die innige Verbindung Augusts mit Österreich [* 42] beunruhigte jedoch Rußland, und die Polen fürchteten, August wolle den Thron in seinem Haus erblich machen. Wirklich knüpfte August zu diesem Zweck mit allen Nachbarmächten Verhandlungen an; Österreich und Preußen bot er sogar eine Teilung Polens an. Um den Klerus zu gewinnen, ließ er den Jesuiten gegen die Dissidenten völlig freie Hand. August mußte indes das Wahlrecht der Polen förmlich anerkennen; ja, 1732 verlangten sie vom Kaiser als Garanten der polnischen Verfassung zu ihrem Schutz kaiserliche Hilfsvölker.
Ebenso mißlang Augusts Plan, seinem Sohn Moritz, dem Marschall von Sachsen, das Herzogtum Kurland zu verschaffen; er selbst mußte 1726 zu Grodno dessen einstimmig erfolgte Wahl vernichten und Moritz förmlich ächten. Die trotz solcher Demütigungen glänzende Stellung, die in den europäischen Verhältnissen einnahm, kostete Sachsen schwere Opfer. Dazu verschlangen Augusts Günstlinge und Mätressen, ein Flemming, Vitzthum, eine Aurora v. Königsmark, die Gräfin Esterle, die Türkin Fatime (Frau Spiegel), [* 43] die Fürstin Lubomirska u. v. august, sowie deren Kinder (man hat August 352 Kinder zugeschrieben, darunter den Grafen Moritz von Sachsen, den Chevalier Georg von Sachsen, den Grafen Rutowski, die Gräfin Orselska), ungeheure Summen. Wenn die Gräfin Cosel [* 44] allein dem König ¶