Rheumatismus,
Katarrhen etc. leiden. Im Beginn rötet sich die
Bindehaut (d. h. die innere
Fläche der Augenlider und das
Weiße
im
Auge),
[* 2] sie verliert ihren
Glanz und ihre
Durchsichtigkeit und schwillt an. Die
Röte breitet sich allmählich aus und wird
immer lebhafter. Das
Auge fühlt sich je nach dem
Grade der
Entzündung wärmer an als im normalen Zustand.
Stets ist es empfindlicher gegen helles
Licht,
[* 3] oft selbst in hohem
Grad lichtscheu und in der
Regel schmerzhaft, häufig beobachtet
man kleine Eiterpusteln
(Phlyktänen) auf der
Bindehaut (s. Tafel
»Augenkrankheiten«,
[* 4] Fig. 1). Die
Empfindung ist in geringen
Graden bloß juckend oder schabend, als ob ein Sandkorn im
Auge wäre, in höhern
Graden drückend und spannend
oder stechend und klopfend.
Fast stets findet eine reichlichere Abänderung von teils wässeriger
(Thränen), teils schleimiger
Feuchtigkeit auf der
Bindehaut
statt.
Beim Erwachen aus dem
Schlaf pflegen die Augenlider solcher
Patienten durch die eingetrocknete
Feuchtigkeit zusammengeklebt
zu sein. Zweifellos ansteckend und wohl immer durch
Ansteckung hervorgerufen sind die schweren, sogen.
blennorrhöischen
Formen der Augenentzündung, welche mit starker Schwellung und Eiterbildung einhergehen und sich in höchsten
Graden zu kruppösen oder diphtheritischen
Formen steigern können. Im letztern
Fall erfolgt Geschwürbildung und nicht selten
Verlust des ganzen
Auges.
Dauert der Entzündungsreiz fort, was namentlich bei der durch
Ansteckung entstandenen ägyptischen Augenentzündung stattfindet,
bei welcher unter Vermittelung niederster Organismen der
Eiter immer von neuem als
Reizmittel wirkt, so kommt es im chronischen
Stadium der
Blennorrhöe zur
Bildung sogen.
Granulationen aus der Konjunktiva. Solange
Eiter gebildet wird, besteht die
Gefahr
der
Ansteckung. Ist die abgeänderte
Flüssigkeit aber klar und wässerig geworden, so ist sie in der
Regel
nicht mehr ansteckend, auch wenn die
Bindehaut noch gerötet und etwas aufgelockert sein sollte.
Tritt die blennorrhöische in ein chronisches
Stadium, so wird die
Bindehaut gewulstet
(Trachom), die stark erweiterten kleinen
Gefäße verleihen demAuge ein blutrotes Aussehen; der
Schmerz nimmt allmählich ab, während die Thränenabsonderung
fortbesteht. Es kann dann Trübung der
Hornhaut, Geschwürbildung in derselben, ja völlige
Blindheit den
Ausgang der Augenentzündung bilden.
Zu den granulierenden ansteckenden
Ophthalmien gehören die sogen.
ÄgyptischeAugenentzündung (s. d. und Tafel
»Augenkrankheiten«, Fig.
2, 3), der
Augentripper (Ophthalmia gonorrhoica), welcher durch
Ansteckung mit Trippereiter bei unreinlichen
Personen hervorgerufen wird und sehr heftig aufzutreten pflegt, und die der Neugebornen (O. neonatorum), welche einzig
durch
Ansteckung mit unreinem
Sekret während des Geburtsaktes entsteht.
Alle diese
Ophthalmien sind, wenn sie nicht rechtzeitig in die Behandlung eines tüchtigen
Arztes kommen, äußerst gefährlich.
Die Behandlung der Augenentzündung besteht bei frischem
Katarrh in anhaltenden eiskalten
Umschlägen von dünnem
Bleiwasser,
Ruhe des
Auges
und des ganzen
Körpers bei mäßiger
Diät und kühlenden Abführmitteln
(Glaubersalz). Vor allem ist zur Vermeidung weiterer
Ansteckung äußerste Reinlichkeit in
Schwämmen, Handtüchern,
Händen und Wäsche geboten. Die schweren
Formen erfordern möglichst
frühzeitige ärztliche
Hilfe. Über Augenentzündung bei
Tieren s.
Augenkrankheiten; periodische Augenentzündung, s. v. w.
Mondblindheit.
(Flügelfell,
Pterygium), eine Verdickung der
Bindehaut des
Auges in Form eines
Dreieckes, das mit seiner
Basis
gegen den
innern Augenwinkel gerichtet zu sein pflegt, mit seiner
Spitze aber der
Hornhaut aufliegt. Die
Spitze des Augenfells wächst stets vom
Rande der
Hornhaut nach deren
Zentrum hin, erreicht dasselbe aber nur sehr selten. Das
Augenfell kommt am häufigsten bei bejahrten Leuten vor, welche sich in einer mit
Staub und scharfen
Dünsten erfüllten
Atmosphäre
aufhalten müssen. Es sind gewöhnlich keine besondern
Beschwerden damit verbunden; in den seltenen
Fällen, wo
das Sehvermögen darunter leidet, muß seine
Heilung auf operativem Weg angestrebt werden.
Die
Netzhaut produziert weniger schlimme
Sarkome und
Gliome, eine weiche, zellenreiche, relativ gutartige Geschwulstart von
dem
Bau des Nervenzwischengewebes. Die Behandlung aller dieser Augengeschwülste ist nur durch
Operation möglich, es
ist aber besonders bei den melanotischen Augengeschwülsten zu beherzigen, daß jeder
TagAufschub die
Gefahr vergrößert,
da es nicht selten beobachtet worden ist, daß zur Zeit, als das kranke und stets für immer verlorne
Auge entfernt
wurde, die Ausbreitung schon stattgefunden hatte, so daß der
Tod nicht mehr verhütet werden konnte.
Hippokrates,
Celsus und
Galen hatten eine eingehende Kenntnis von den
Augenkrankheiten und ihrer Behandlung. Unter den spätern
griechischenÄrzten haben
Aetius und
Paul von Ägina die
Augenkrankheiten vortrefflich in ihren Werken abgehandelt.
Unter den arabischen
Ärzten sind
Avicenna, Avenzoar und
Abulkasem als Augenärzte ausgezeichnet, und ihre
Schriften über
Augenkrankheiten
sind besonders beachtenswert. Mit dem
Verfall der arabischen
Medizin beginnt für die Augenheilkunde ein langer und trauriger Zeitraum,
welcher bis in das 18. Jahrh. sich erstreckt und dadurch charakterisiert
ist, daß die in die
Hände unwissender Routiniers geriet, welche, in den Barbierstuben erzogen, gleich chirurgischen Handlangern
ihr
Fach behandelten. Die
Ärzte betrachteten die Augenheilkunde als ein ihrer unwürdiges
Studium. Marktschreier durchzogen das Land und
boten den
¶
mehr
Blinden und Gläubigen ihre Dienste
[* 10] an. Dies Unwesen der Starstecherkunst herrschte während des 16.-17. Jahrh. fast
durch ganz Europa.
[* 11] Erst im 18. Jahrh. begann man, wieder einige Aufmerksamkeit auf die Augenheilkunde zu verwenden; hier und da fingen
Ärzte von neuem an, den Krankheiten des Auges eine besondere Berücksichtigung zu schenken. Maître-Jean
in Frankreich war einer der ersten, welche manchen glücklichen Kunstgriff in der Kur derAugenkrankheiten ausübten. Boerhave
erwarb sich das große Verdienst, die Augenkrankheiten systematisch geordnet und beschrieben und auf eine rationellere Weise
abgehandelt zu haben. In Frankreich machte die Augenheilkunde erfreulichere Fortschritte, erhielt aber bald eine zu mechanische
Tendenz, und es waren vorzüglich die Augenoperationen, welche später die französischen Ärzte beschäftigten. In Deutschland
[* 12] blieb die Augenheilkunde lange zurück; Bartisch, Schurig, Widemann waren mehr Augenoperateure als Augenärzte; auch wurde Deutschland
bis gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts von italienischen und französischen Ärzten durchzogen, welche im Lande den Star
stachen.
A. ^[JohannAdam] Schmidt, Himly und Beer, welche zum
Aufblühen der in Deutschland thätig und erfolgreich wirkten. In Göttingen wurde unter Richters Leitung
eine Augenklinik errichtet, nach deren Vorbild ähnliche Anstalten fast aus allen wichtigern UniversitätenDeutschlands ins
Leben traten. Indes ward in diesen Anstalten die Augenheilkunde als ein der Chirurgie untergeordneter Zweig betrachtet und behandelt. Die
erste ausschließlich für Augenheilkunde bestimmte Klinik entstand durch Beers Bemühungen in Wien.
Später erhielt Wien eine zweite Augenklinik unter Jägers Leitung. Gegenwärtig fehlt es in keiner der größern StädteDeutschlands
an einer besondern Heilanstalt für Augenkranke, und namentlich bestehen an allen, auch den kleinern deutschen Universitäten
Lehrstühle und klinische Anstalten, in welchen die Studierenden der Medizin mit der praktischen Augenheilkunde vertraut
gemacht werden. Auch in das Regulativ von 1872 für die Staatsprüfung ist die Augenheilkunde als Prüfungsgegenstand aufgenommen worden.
Ähnliches gilt, wenn auch nicht ganz in dem gleichen Umfang, von England, Frankreich und Italien.
[* 16] Die staunenswerten Fortschritte,
welche die in den beiden letzten Jahrzehnten gemacht hat, verdankt sie hauptsächlich den Physiologen,
welche sich eingehender mit der Physik des Auges beschäftigten. Denn die Kenntnis einer Reihe innerer Augenkrankheiten war bis
auf einen Punkt angekommen, wo für längere Zeit hinaus eine Grenze für deren weitere Ausbildung gesteckt zu sein schien.
Da machte Helmholtz 1851 die hochwichtige Erfindung des Augenspiegels (s. d.), und damit war das Mittel gefunden,
die bis jetzt so dunkeln krankhaften Veränderungen der tiefern Augengebilde (der brechenden Medien und der Netzhaut) genau
zu erkennen und diejenigen Heilwege zu finden, welche dem jeweiligen, nun viel strenger unterscheidbaren Leiden
[* 17] entsprechen.
Mit der Ausbildung des
physiologischen Teils der Augenheilkunde, an welcher neben Helmholtz namentlich noch Donders
in Utrecht
[* 18] den rühmlichsten und fruchtbarsten Anteil genommen hat, ist auch die Forschung auf dem Gebiet der mikroskopischen
und pathologischen Anatomie des AugesHand
[* 19] in Hand gegangen und wesentlich gefördert worden. Nicht geringere Fortschritte hat
der eigentlich kurative, zumal der operative, Teil der Augenheilkunde gemacht. Die Technik der Augenoperation hat
eine hohe Vollendung erreicht, zahlreiche neue Operationsweisen und mehrere neue wertvolle Arzneimittel sind in die Praxis
der Augenheilkunde eingeführt worden.