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Wolfgang Menzel seiner litterarischen Fehde mit dem sogen. Jungen Deutschland [* 2] beimengte, mit einer Flugschrift: »Das Judentum und die neueste Litteratur« (Stuttg. 1836),
als Schriftsteller auf, eine Laufbahn, die er in seinen
Romanen:
»Spinoza« (das. 1837, 2 Bde.;
neueste Aufl. mit dem Beisatz: »Ein Denkerleben«,
1880) und »Dichter und
Kaufmann« (das. 1839 f., 2 Bde.; 4. Aufl.
1860), von denen der erstere das
Leben des
Philosophen, der zweite das
Leben des Epigrammendichters
Moses
Ephraim
Kuh zum Vorwurf
hat, mit
Glück verfolgte. Seit dem
Frühling 1838 lebte er in
Frankfurt
[* 3] a. M., begann und vollendete die Übersetzung der Werke
Spinozas, welcher eine kritische Lebensgeschichte dieses
Denkers vorangeht (Stuttg. 1841, 5 Bde.;
neue Ausg., das. 1871, 2 Bde.).
Aus diesen rein wissenschaftlichen Bestrebungen öffnete sich Auerbach
[* 4] die Rückkehr auf das belletristische Gebiet
mit einem
Versuch der Vermittelung zwischen der abstrakten
Philosophie und der
Poesie in den
Erzählungen:
»Liebe
Menschen« und
»Was ist
Glücke«, die später in die Sammlung »Deutsche
[* 5] Abende« (1850, 4. Aufl. 1855) aufgenommen wurden, während er in dem Werk »Der
gebildete
Bürger,
Buch für den denkenden Mittelstand« (Karlsr. 1842) die höchsten
Resultate der
Philosophie dem schlichten
Verstand anzunähern versuchte.
Den allgemeinsten Beifall aber fand Auerbach
mit der Sammlung seiner zuerst in
Zeitschriften erschienenen
»Schwarzwälder
Dorfgeschichten« (Mannh. 1843), die ein ganzes
Heer von Nachahmern hervorriefen und in fast sämtliche
Sprachen
Europas übersetzt
wurden. Zwar hatte Auerbach
das Gebiet des dörflichen und vorwiegend des bäurischen
Lebens für die
Dichtung nicht entdeckt, aber
die von
Ulrich
Hegner,
Immermann und
Jeremias Gotthelf begonnene
Eroberung desselben mit
Bewußtsein und entschiedenstem
Talent fortgesetzt.
Die Fülle, Freiheit und Schärfe in der Beobachtung und Wiedergabe der bäuerlichen Lebenskreise seiner Heimat, die tiefe Mitempfindung für die eigenartigsten Menschengestalten und Entwickelungen, der Reiz einer stimmungsvollen und dabei klar eindringlichen Darstellung ließen das gelegentliche Übergewicht der Reflexion, [* 6] ja schulmäßiger Weisheit leicht übersehen. Die Verwandtschaft der Tendenz einzelner Dorfgeschichten mit den politischen Tagestendenzen wurde nebenbei sehr beifällig begrüßt.
In den spätern Folgen der »Dorfgeschichten« (Mannh. 1848-53) traten die idyllischen und heiter anekdotischen Geschichten der ersten Sammlung, in denen eine köstliche Frische herrschte, hinter größer angelegten, schärfere und tiefere Konflikte darstellenden Erzählungen zurück. Einzelne, wie: »Die Frau Professorin«, »Luzifer«, »Diethelm von Buchenberg«, »Der Lehnhold«, erhoben sich sogar zu wirklich tragischer Wirkung, während die köstliche Geschichte von »Brosi und Moni« die Vorzüge der ersten Erzählungen verstärkt aufwies. Es war nun natürlich, daß der Autor auf dem Boden zu verharren suchte, der ihm so reiche Früchte getragen. Er gründete den »Gevattersmann«, einen Volkskalender, der in vier Jahrgängen erschien (1845-48) und große Verbreitung fand, und veröffentlichte das Buch »Schrift und Volk, Grundzüge der volkstümlichen Litteratur« (Leipz. 1846), worin er, anschließend an eine Charakteristik Hebels, gewissermaßen von seinem eignen Produzieren Rechenschaft gab.
Nachdem er abwechselnd in
Weimar,
[* 7]
Leipzig,
[* 8]
Dresden
[* 9] und
Berlin
[* 10] gelebt, verheiratete er sich 1847 in
Breslau
[* 11] und besuchte nun mit seiner
Frau den
Süden, längere Zeit in
Heidelberg
[* 12] verweilend, kehrte aber in der Revolutionszeit nach
Breslau zurück. Häusliche
Leiden,
[* 13]
Krankheit und
Tod seiner
Frau ließen ihn in der bewegtesten Zeit ein einsiedlerisches
Leben
führen. Im
Herbst suchte er durch eine
Reise nach
Wien
[* 14]
Zerstreuung und hatte hier die Oktoberrevolution
zu durchleben, deren
Eindrücke sein
»Tagebuch aus
Wien« (Bresl. 1849) schilderte. Im J. 1850 ließ sich Auerbach
, zum zweitenmal
verheiratet, in
Dresden, 1859 in
Berlin nieder, zum
Zweck größerer
Produktionen von Zeit zu Zeit in eine ländliche oder
kleinstädtische
Einsamkeit flüchtend, auch sonst zahlreiche
Reisen unternehmend. Die
Versuche, zum
Drama überzugehen, welche
mit dem
Trauerspiel
»Andree
Hofer« (Leipz. 1850) begonnen und später mit dem
Schauspiel »Der
Wahrspruch« (das. 1860) fortgesetzt
wurden, fielen nicht glücklich aus; die strenge Geschlossenheit und
Objektivität sowie die rasche, leidenschaftliche
Steigerung
der dramatischen
Handlung widerstrebten
Auerbachs ganzem
Naturell. Mit dem
Roman
»Neues
Leben« (Mannh. 1851, 3 Bde.)
begann die
Reihe der größern
Romane
Auerbachs. Die ungünstige
Aufnahme dieses
Buches ließ ihn zunächst noch einigemal nach
den kleinern
Formen greifen, welche er mit so sicherer und anerkannter Meisterschaft beherrschte. So wurden die kleinern
Geschichten
und
Aufsätze aus dem »Gevattersmann« im »Schatzkästlein
des Gevattersmanns« (Stuttg. 1856) gesammelt; so entstanden die größern
Erzählungen: »Barfüßele« (das. 1856),
das in
alle lebenden
Sprachen übersetzt, durch
Vautier auch illustriert ward,
»Joseph im
Schnee«
[* 15] (das. 1861) und
»Edelweiß« (das. 1861),
mit denen Auerbach
auf das Gebiet der Dorfgeschichten zurückkehrte, ohne jedoch die objektive
Unbefangenheit und frisch anmutende Naturstimmung der ersten zu erreichen. Auch gab er von 1858 bis 1869 jährlich einen
neuen »Volkskalender« heraus. Mit den großen
Romanen: »Auf der
Höhe« (Stuttg. 1865, 3 Bde.; 9. Aufl.
1873),
»Das Landhaus am Rhein« (das. 1868, 3 Bde.; 4. Aufl. 1874) und »Waldfried. Eine vaterländische Familiengeschichte« (das. 1874, 3 Bde.),
denen »Landolin von Reutershöfen« (Berl. 1878),
»Der Forstmeister« (das. 1879, 2 Bde.) und die Erzählung »Brigitta« (Stuttg. 1880) folgten, begann darauf eine zweite Periode von Auerbachs Schaffen, in welcher die dem Schriftsteller eigentümlichen glänzenden Vorzüge und seine charakteristischen Mängel in einer schwer zu definierenden Mischung auftraten. Die reiche Erfindung, der tiefe und scharfe Blick für Welt und Leben, die sichere Gestaltenzeichnung, das poetische Stimmungsleben wurden in diesen Werken von der mosaikartigen Darstellung der Handlung, von der Einwirkung einer optimistischen Schönfärberei unsrer öffentlichen und häuslichen Lebenszustände, von der immer stärker überwuchernden Reflexion, welche Nachdruck auf die nichtigsten Vorkommnisse und Aussprüche zu legen sucht, durchkreuzt und in ihren vollen Wirkungen gehemmt. Am stärksten machten sich die angedeuteten Mängel in dem Versuch geltend, in den »Nach dreißig Jahren« (Stuttg. 1876) betitelten neuen Dorfgeschichten die Gestalten der frühern Novellen wieder auftreten zu lassen.
Von Auerbach
erschienen außer den genannten
Produktionen noch die
»Deutschen
Abende« (neue
Folge, Stuttg. 1866),
eine Sammlung von Reden und Vorträgen über Goethe, Uhland, Fichte [* 16] u. a.;
das Buch »Wieder unser« (2. Aufl., das. 1871),
Wahrnehmungen und Beobachtungen, die er während des deutsch-französischen Kriegs im Hauptquartier des Großherzogs von Baden [* 17] gemacht hatte;
»Zur guten Stunde« (das. 1872, 2 Bde.),
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Richter, Meyerheim illustrierte frühere Erzählungen; »Tausend Gedanken des Kollaborators« (Berl. 1876); »Nikolaus Lenau«, Vortrag (Wien 1876). Er starb in Cannes. Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien Stuttgart [* 19] 1863-64, 22 Bde., eine Volksausgabe der »Schwarzwälder Dorfgeschichten« und Romane daselbst 1871, 20 Bde.
Vgl. »Berthold Auerbach
, ein Gedenkblatt« (Berl. 1882);
»Auerbachs Briefe an seinen Freund Jakob Auerbach« (Frankf. 1884, 2 Bde.).