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und die Brust. Je nachdem die Thätigkeit des Zwerchfells oder der Brustmuskeln beim Atmen überwiegt, unterscheidet man das sogen. Bauchatmen oder das Brustatmen. Bei diesem wird mehr die Brust, bei jenem mehr der Bauch [* 2] herausgewölbt und ausgedehnt. Das Bauchatmen herrscht beim Mann, das Brustatmen beim Weib vor. Bei tiefer Einatmung, namentlich bei der Atemnot und angstvoller Atembehinderung, nehmen freilich noch zahlreiche andre Muskelgruppen an der Erweiterung der Brusthöhle Anteil. Im Gegensatz zum Einatmen erfolgt das gewöhnliche ruhige Ausatmen in der Regel nur dadurch, daß die bei der Inspiration aus ihrer Gleichgewichtslage gebrachten Brustwandungen nach der Erschlaffung der Inspirationsmuskeln durch Schwere und Elastizität wieder in jene zurückkehren.
Die Schwere bringt die gehobenen Rippen wieder herab, die Elastizität der Lungen zieht das Zwerchfell wieder in die Höhe; die Elastizität der Rippenknorpel bringt die Rippen wieder in ihre Gleichgewichtslage. Hierdurch wird der Brustraum und mit ihm auch der Raum der Lunge [* 3] verkleinert und so ein Teil der in ihr enthaltenen Luft ausgetrieben. Die Erweiterung der Lungen bei der Einatmung, welche alle Hohlräume derselben, besonders aber die nachgiebigsten, die Lungenbläschen, betrifft, bewirkt bei ruhigem Atmen eine Zunahme des Luftgehalts, welche etwa ein Sechstel des Gesamtinhalts beträgt.
Durch tiefere Atmung ist ein weit bedeutenderer Luftwechsel möglich. Die Luftmenge, welche nach einer möglichst tiefen Inspiration ausgeatmet werden kann, nennt man die vitale Kapazität der Lunge; sie beträgt nach Hutchinson für den Erwachsenen etwa 3770 ccm. Aber auch nach der tiefsten Ausatmung bleibt noch ziemlich viel Luft in der Lunge zurück, nämlich etwa 1200-1600, nach einer gewöhnlichen ruhigen Ausatmung sogar noch etwa 3000 ccm. Die Menge der durch einen gewöhnlichen ruhigen Atemzug ein- und ausgeatmeten Luft beträgt etwa nur 500 ccm. Es wechseln diese Größen bei verschiedenen Individuen und Körperzuständen, namentlich bei Ruhe und Bewegung des Körpers, sehr bedeutend. Zur Bestimmung der geatmeten Luftmengen dient ein von Hutchinson angegebener, nach dem Prinzip des einfachen Gasometers konstruierter Apparat, der als Spirometer bezeichnet wird.
Die Bewegung der Luft in den Respirationsorganen erzeugt eigentümliche Geräusche, Respirationsgeräusche. Legt man das Ohr [* 4] an eine Stelle der Brustwand, unter welcher sich normales Lungengewebe befindet, so vernimmt man an verschiedenen Stellen der Brustwand Geräusche von wechselnder Beschaffenheit. Sie entstehen überall, wo die Luft aus einem weitern in ein engeres Rohr strömt oder umgekehrt, besonders also an der Übergangsstelle der Lungenbläschen in die feinsten Ästchen der Luftröhre und an der Eintrittsstelle des Kehlkopfs in die Rachenhöhle.
Der bei der Inspiration durch den Kehlkopf [* 5] streichende Luftstrom erzeugt ein Geräusch von scharfem, blasendem Charakter, das annähernd durch die Aussprache von ch wiedergegeben werden kann (bronchiales Respirationsgeräusch). Da es durch die starren Wandungen der Luftröhre und ihrer Verzweigungen fortgeleitet wird, so ist es auch an den Brustwandungen, besonders in der Rückengegend, hörbar und hier um so mehr, je weiter nach oben man das Ohr anlegt. Beim Übertritt der Luft aus den feinsten Luftröhrenstämmchen in die Lungenbläschen entsteht das vesikuläre Respirationsgeräusch.
Dieses hat bei oberflächlicher Atmung einen unbestimmten Charakter, während es bei tiefer Atmung weich und schlürfend ist und der Aussprache eines w bei verengerter Mundöffnung gleicht. Das vesikuläre Atmen ist an den vordern und untern Lungenabschnitten am reinsten zu hören. Bei der Exspiration ist ein Vesikuläratmen in der Regel nicht hörbar, während ein im Kehlkopf entstehendes und durch die Luftröhrenwandung fortgeleitetes Bronchialgeräusch sehr deutlich zu vernehmen ist. Bei den verschiedenen Krankheiten der Respirationsorgane werden die Atmungsgeräusche in der mannigfachsten Weise abgeändert und gewähren dadurch ein wertvolles Hilfsmittel für die Erkennung und Unterscheidung der einzelnen Krankheiten.
Können auch die Respirationsbewegungen bis zu einem gewissen Grad willkürlich hervorgebracht werden, so geschehen sie doch gewöhnlich unwillkürlich und rhythmisch. Die durchschnittliche Frequenz der Atemzüge beträgt beim Erwachsenen 16-20 in der Minute. Um die Anregung zu diesen unwillkürlichen und rhythmischen Atembewegungen zu verstehen, ist es erforderlich, den Chemismus der Lungenatmung kennen zu lernen. Eingeatmet wird atmosphärische Luft, die bis auf geringe Schwankungen besteht aus:
Sauerstoff | 20.96 Volumprozent |
Stickstoff | 79.00 " |
Kohlensäure | 0.04 " |
Dagegen enthält Exspirationsluft im Mittel:
Sauerstoff | 16.03 Volumprozent |
Stickstoff | 79.56 " |
Kohlensäure | 4.38 " |
und ergibt sich, daß letztere etwa ein Fünftel Sauerstoff weniger enthält als die erstere, und daß ihr Kohlensäuregehalt denjenigen der eingeatmeten Luft um mehr als das Hundertfache übersteigt. Von dem sehr reichen Gehalt an Kohlensäure in der Exspirationsluft kann man sich leicht überzeugen durch den sehr bedeutenden Niederschlag von kohlensaurem Kalk oder Baryt, den diese Luft beim Durchleiten durch Kalk- oder Barytwasser erzeugt. Der Gehalt an Stickstoff ist in der eingeatmeten wie ausgeatmeten Luft der gleiche, denn dieses Gas dient bloß zur Verdünnung des Sauerstoffs.
Die ausgeatmete Luft ist nahezu auf die Körpertemperatur erhöht. Ferner enthält dieselbe eine Menge Wasser, welches von den feuchten Wandungen der gesamten Atmungsfläche in der Lunge herrührt. Beim ruhigen Atmen ist die Atmungsluft nahezu vollständig mit Wasserdampf gesättigt. Der oben geschilderte Gasaustausch in den Lungen besteht nun ununterbrochen das ganze Leben hindurch; sistiert man ihn, so tritt schon nach kurzer Zeit Erstickungstod ein.
Was die Triebkräfte für den Lungengaswechsel betrifft, so lehrte Lavoisier, daß in den Lungen eine hauptsächlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehende Flüssigkeit ausgehaucht werde, welche beim Zusammentreffen mit dem eingeatmeten Sauerstoff in Kohlensäure und Wasser umgewandelt würde. Als Magnus zeigte, daß sowohl arterielles als venöses Blut erhebliche Mengen von auspumpbarem Sauerstoff und von auspumpbarer Kohlensäure enthielten, wurde die Lavoisiersche Hypothese völlig unhaltbar, und man glaubte jetzt den Gaswechsel mit Hilfe des Dalton-Bunsenschen Gesetzes erklären zu können. Indessen ist der Lungengaswechsel durch Anwendung der bloßen Gesetze über das Verhalten einfach absorbierter Gase [* 6] nicht zu verstehen, und man muß daher annehmen, daß sowohl die Kohlensäureausscheidung als auch die Sauerstoffaufnahme auf ¶
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Dissociationsprozesse zurückzuführen sei. Die Kohlensäure des Bluts wird in den Lungen durch Dissociation aus dem gebundenen in den freien Zustand übergeführt und kann jetzt nach den Gesetzen der Diffusion [* 8] mit Leichtigkeit in die kohlensäurearme Respirationsluft übertreten. Begünstigt wird die Dissociation der Kohlensäureverbindungen des Bluts durch die Aufnahme von Sauerstoff. Für den Sauerstoff ist das Oxyhämoglobin (s. Blut) der in Dissociation verkehrende Körper; das Hämoglobin nimmt in den Lungen den Sauerstoff auf, bindet ihn chemisch und läßt ihn infolge verminderten Drucks, erhöhter Temperatur oder infolge der austreibenden Wirkung andrer Gase, z. B. der Kohlensäure, wieder in Freiheit treten.
Mittelzahlen für die Größe des Gaswechsels haben nur einen geringen Wert, denn diese läßt sich durch die verschiedensten Momente sehr beeinflussen. So ist z. B. die Kohlensäureausscheidung in der erheblichsten Weise von der Beschaffenheit der Nahrung abhängig, und es wächst die Menge der durch die Lungen ausgeschiedenen Kohlensäure mit der Menge des mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenstoffs. Ein 32 kg schwerer Hund Voits schied bei reichlicher Fütterung in 24 Stunden 840,4 g Kohlensäure aus, während im Hungerzustand die Ausscheidung auf 289,4 g herabsank.
Weiter wird die Kohlensäureausscheidung erheblich gesteigert durch Muskelarbeit, niedere Temperatur der Umgebung und zahlreiche andre Einflüsse. Die Sauerstoffaufnahme braucht nicht notwendig der Kohlensäureausscheidung genau parallel zu gehen, da einerseits die Bildung von Kohlensäure durch Spaltungsvorgänge ohne direkten Sauerstoffverbrauch aus dem Blut möglich ist, anderseits aber ein Teil des bei der Atmung aufgenommenen Sauerstoffs zur Bildung von unvollständigen Oxydationsprodukten, welche vorläufig im Körper aufgespeichert werden, benutzt werden kann. Nach Vierordt nimmt ein erwachsener Mensch in 24 Stunden etwa 746 g (520,601 ccm) Sauerstoff auf und scheidet etwa 867 g (443,409 ccm) Kohlensäure aus.
Wie die übrigen Körpermuskeln, so geraten auch die Respirationsmuskeln nicht von selbst in den Zustand der Thätigkeit, sondern es bedarf hierzu bestimmter, vom Zentralnervensystem ausgehender Reize, die ihnen mittels peripherischer Nervenfasern zugeführt werden. Es hat sich nun ergeben, daß die Atembewegungen von einer ganz bestimmten Stelle des verlängerten Marks aus angeregt werden. Diese Stelle ist deshalb als das Atmungszentrum (es entspricht dem sogen. Lebensknoten [s. d.]) bezeichnet worden, und nach Rosenthals Forschungen ist dasselbe doppelter Erregbarkeit fähig, nämlich 1) direkt vom Blut aus, 2) indirekt oder reflektorisch vermittelst sensibler Nerven. [* 9]
Solange der Fötus in der Gebärmutter [* 10] verweilt, findet zwischen seinem und dem mütterlichen Blut, vermittelt durch die Gefäße des Mutterkuchens, ein lebhafter Diffusionsverkehr statt. Das mütterliche Blut nimmt bei der Atmung fortwährend Sauerstoff auf, und es muß deshalb aus demselben Sauerstoff in das fötale Blut übertreten, sobald letzteres daran ärmer ist als jenes. Dieser Gasaustausch wird bei der Geburt unterbrochen, und infolgedessen verarmt das Blut des Fötus an Sauerstoff, während der Kohlensäuregehalt steigt.
Der Fötus würde ersticken, wenn nun nicht die Lungenatmung einträte, die durch die Veränderungen im Gasgehalt des Bluts ausgelöst wird. Daß der erste Atemzug in der That eine Folge dieser Veränderungen ist, beweist zunächst die Thatsache, daß alle Einflüsse, welche den Placentarkreislauf in ähnlicher Weise unterbrechen oder verändern wie der Geburtsakt (z. B. Kompression der Nabelschnur, Ablösung der Placenta, Tod der Mutter), in gleicher Weise den ersten Atemzug der Frucht herbeiführen; sodann die Erfahrung, daß Schwankungen im Gasgehalt des Bluts während des Lebens in ganz ähnlicher Weise einwirken: Verminderung des normalen Gasaustausches in den Lungen verstärkt die Atmung, Vermehrung des Gaswechsels vermindert sie.
Weiter ist festgestellt worden, daß man die Atmung ohne jede Gefahr für das Leben vollständig aufheben kann, sobald man durch Einblasen von Sauerstoff oder auch atmosphärischer Luft in die Lungen das Blut mit Sauerstoff sättigt und die Kohlensäure fortschafft. Diesen Zustand, in welchem die Atmungsbewegungen wegen Sättigung des Bluts mit Sauerstoff stillstehen, hat Rosenthal Apnoe genannt, und es ist bemerkenswert, daß sich der Fötus bis zum Eintritt des ersten Atemzugs in einem dauernden Zustand der Apnoe befindet.
Anderseits werden die Atmungsbewegungen um so stärker, je ärmer an Sauerstoff oder je reicher an Kohlensäure das Blut ist, ein Zustand, den man als Dyspnoe bezeichnet hat. Die Dyspnoe ist als ein regulatorischer Vorgang aufzufassen, der entweder eine Sauerstoffvermehrung oder eine Kohlensäureverminderung bezweckt, und man unterscheidet dem entsprechend auch zwischen einer Dyspnoe aus Sauerstoffmangel und einer Dyspnoe wegen Kohlensäureüberladung. Man hat ermittelt, daß kohlensäurereiche Gasgemische selbst dann Dyspnoe erzeugen, wenn in ihnen der Sauerstoff reichlicher vorhanden ist als in der atmosphärischen Luft, und man fand, daß unter diesen Umständen selbst dann Dyspnoe vorhanden ist, wenn das Blut mehr Sauerstoff enthält als unter normalen Verhältnissen. Hat aber Sauerstoffmangel oder Kohlensäureüberladung eine bestimmte Grenze überschritten, so büßt das Zentrum durch übermäßige Reizung seine Erregbarkeit vollständig ein, und es tritt jetzt Erstickung (Asphyxie) auf.
Über die Art und Weise, wie die Einwirkung der Gase des Bluts auf das Zentrum zu stande kommt, lassen sich kaum Vermutungen aussprechen. Wir müssen uns mit der Vorstellung begnügen, daß innerhalb des Zentrums fortwährend chemische Prozesse verlaufen, von deren Intensität der jeweilige Erregungszustand des Zentrums abhängig ist, und daß diese Prozesse anders verlaufen, wenn ein reicher Strom von Sauerstoff durch die Kapillaren tritt, als unter entgegengesetzten Verhältnissen.
Es wurde bereits oben bemerkt, daß das Atmungszentrum auch durch sensible Nerven reflektorisch erregt werden kann. Die wichtigsten dieser Nerven sind die an die Lungen tretenden Zweige des Lungen-Magennervs oder Nervus vagus. Durchschneidung oder Reizung der Vagi machen sich in höchst bemerkenswerter Weise geltend. Wenn man nur einen Vagus am Hals durchschneidet, so ist dieser Eingriff in der Regel von keinem nennenswerten Einfluß auf die Respiration; durchschneidet man aber auch den andern Vagus, so nimmt die Zahl der Atemzüge ganz erheblich ab; hierbei nehmen aber die einzelnen Atemzüge zunächst derartig an Tiefe zu, daß die Gesamtleistung des Atmungsapparats, speziell die Größe des Gaswechsels, nicht nennenswert verringert wird. Hat man einen Vagus am Hals durchschnitten, so ist man durch Reizung des untern, den Lungen zugekehrten Endes dieses Nervs nicht im stande, eine sichtbare Einwirkung auf die Atmung auszuüben. Schickt ¶