Das im laufenden Alphabet nicht Verzeichnete ist im Register des Schlußbandes aufzusuchen.
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ein fabelhafter Inselkontinent, welcher früher einen großen Raumteil des jetzigen Atlantischen Ozeans eingenommen haben soll. Die einzige Nachricht darüber finden wir bei Platon (im »Timäos« und »Kritias«),
der sich auf Solon und die Jahrbücher der ägyptischen Priester beruft. Nach Platons Erzählung soll die Insel nicht weit von den Säulen des [* 2] Herkules gelegen haben; sie war größer als Asien [* 3] und Libyen zusammengenommen, von Königen beherrscht, die mit Ägypten [* 4] und Griechenland [* 5] Kriege führten, und soll schließlich in einem Tag und einer Nacht versunken sein. Über die politische Verfassung und die Reichtümer der atlantischen Länder gibt Platon ziemlich ausführliche Berichte.
Aber kein einziger der mehr realistischen ältern Schriftsteller hat uns eine andre ursprüngliche Nachricht darüber hinterlassen, und von Strabon und Plinius wird die Wahrheit der Erzählung Platons bereits bezweifelt. Spekulationen der neuern Zeit, welche die Platonische Atlantis mit dem Midgard (s. d.) der nordischen Mythologie in Zusammenhang bringen (Rudbeck) oder jenes mächtige Reich im Norden [* 6] von Asien suchen (Bailly), verdienen nur insofern Erwähnung, als wir darin vielleicht interessante Wiederholungen des Platonischen Gedankengangs finden können. So viel ist sicher, daß schon in sehr früher Zeit die Mythen vom Atlas, [* 7] nach welchem die Insel benannt ist, vorzüglich an Vorstellungen über Völker und Länder im äußersten Westen anknüpften, und die Vorstellung, daß nach jener Richtung trotz des schroffen Abschlusses an den Säulen des Herkules die Welt wohl nicht zu Ende sei, konnte leicht in denkenden Köpfen entstehen.
Später mag die übertriebene Kunde von irgend einem Naturereignis mit jenen Spekulationen in Verbindung getreten sein, und Platon faßte diese Sage auf, um sie für seine ethischen und politischen Ideen zu verwerten. In derselben Weise hat seine Erzählung neuern Philosophen Dienste [* 8] geleistet, wenn es galt, spekulativen Gedanken, deren Ursprung und Begründung eigentlich aus anderm Gebiet zu suchen ist, einen realistischen Hintergrund zu geben. In neuerer Zeit ist die Hypothese von der zur Erklärung paläontologischer Verhältnisse benutzt worden.
Die große Anzahl von amerikanischen Pflanzentypen in der Miocänflora der Schweiz [* 9] veranlaßte Unger zur Aufstellung der Ansicht, daß der jetzige Atlantische Ozean früher festes Land gewesen sei, über welches hin die miocänen Pflanzen sich verbreitet haben. Heer hat diese Hypothese erweitert. Der ideale Umriß der den er in seiner »Flora tertiaria Helvetiae« gibt, stellt einen Kontinent dar so breit wie Europa [* 10] gerade in dem Teil des Atlantischen Ozeans, welcher jetzt der weiteste und tiefste ist.
Soll derselbe nun, wie die Hypothese fordert, bis ans Ende der Miocänperiode existiert haben, so muß er in verhältnismäßig kurzer Zeit außerordentlich schnell versunken sein. Dies spricht aber offenbar gegen die Hypothese, und außerdem haben Asa Grey und Oliver zu zeigen gesucht, daß die betreffenden Pflanzen viel wahrscheinlicher auf dem viermal längern Weg quer durch Amerika [* 11] und ganz Asien nach Europa gelangt seien. Sehr allgemein hat man die Sage von der Atlantis, wie schon Bircherod in seiner Abhandlung »De orbe novo non novo« (Altdorf 1685), in der Weise zu erklären versucht, daß man annahm, phönikische oder karthagische Handelsschiffe seien, durch Stürme und Strömungen verschlagen, an die amerikanische Küste gelangt und glücklich heimgekehrt.
Über den Versuch, die zur Erklärung der Eiszeit [* 12] zu benutzen, s. d.
Vgl. Rudbeck, Atlantica sive Mannheim [* 13] ^[richtig: Manheim], vera Japheti posterorum sedes ac patria (Ups. 1675-78, 3 Bde.);
Bailly, Lettres sur l'Atlantide de Platon (Par. 1779);
v. Hoff, Geschichte der durch Überlieferung nachgewiesenen natürlichen Veränderungen der Erdoberfläche, Bd. 1 (Gotha [* 14] 1822);
Th. H. Martin, Études sur le Timée de Platon, Bd. 1 (Par. 1841);
[* 15] Ozean (hierzu Karte »Tiefenverhältnisse des [* 16] Atlant. Ozeans«),
derjenige Teil des Weltmeers zwischen dem nördlichen und südlichen Polarkreis, welcher zwischen den Festländern von Amerika, Europa und Afrika [* 17] liegt und südlich vom Kap Horn durch den Meridian dieses Kaps gegen den Stillen Ozean, südlich vom Kap der Guten Hoffnung durch den Meridian des letztern Kaps gegen den Indischen Ozean abgegrenzt wird. Danach bedeckt der Atlantische Ozean einen Flächenraum von 79,721,274 qkm (1,447,820 QM.), wobei die zahlreichen Mittelmeere und Randmeere (Nordsee etc.) nicht eingerechnet sind. Humboldt hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, daß der Atlantische Ozean wesentlich die Gestalt eines großen Längenthals habe und zwar, wie er bemerkt, eines solchen, welches durch einen Strom aus SW. gebildet worden sein könnte. Die aus- und einspringenden Winkel [* 18] der Thalwände (Kap San Roque und der Meerbusen von Guinea, Kap Verde und der Meerbusen von Mexiko) [* 19] und die einander parallele Richtung der Küsten, welche die ¶
vorzugsweise nach den Lotungen der Gazelle und des Challenger, 1873-1876.
Zum Artikel »Atlantischer Ozean«. ¶
Verbindungslinien dieser Punkte bilden, entsprechen auch wirklich in auffallendem Maß diesem Bilde. Trotzdem kann uns dasselbe doch als nichts weiter gelten als eine anziehende Art, sich die allgemeine Küstengestaltung dieses Ozeans einzuprägen. Hierzu wird noch weiter die Angabe förderlich sein, daß die kürzeste Entfernung der beiden gegenüberliegenden Küsten sich nahe dem Äquator befindet (etwa Sierra Leone nach Kap San Roque) und dort von NO. nach SW. 943 km beträgt, eine Entfernung, welche mit der von Havre [* 22] nach Moskau [* 23] übereinstimmt.
Die Tiefenverhältnisse des Atlantischen Ozeans sind in jüngster Zeit so weit erforscht, daß es möglich geworden ist, ziemlich anschauliche Tiefenkarten danach zu entwerfen (s. Karte). Aus denselben ergibt sich die Existenz eines im allgemeinen dem Verlauf des Längenthals folgenden Rückens in der Mitte, welcher das Nördliche mit dem Südlichen Eismeer verbindet, und auf welchem kaum irgendwo mehr als 3000 m Tiefe angetroffen wird. Die vulkanischen Inseln der Azoren, St. Paul, Ascension, Tristan da Cunha gehören dieser Bodenerhebung an. Zwischen derselben und dem alten Kontinent zieht sich eine Rinne hin, welche ihre größte Tiefe im nördlichen Atlantischen Ozean mit über 6000 m westlich von den Kanarischen Inseln, im südlichen Atlantischen Ozean mit über 5000 m östlich von St. Helena erreicht (vgl. die Tabellen der größten Tiefen im Art. »Meer«). An flachen Stellen ist auf dieser östlichen Seite (außer der Großbritannien [* 24] und Irland tragenden Nordseebank, welche als nordwesteuropäischer Kontinent in posttertiärer Zeit gelten darf) als besonders merkwürdig die Bodenerhebung im SW. von Kap Vincent zu nennen.
Auf derselben wurde 1876 durch das amerikanische Schiff [* 25] Gettysburg in 36° 30° nördl. Br. und 11° 37' westl. L. v. Gr. eine Untiefe von 55 m entdeckt und nach dem Kommandanten des Schiffs Gorringebank benannt. Eine andre flache Bank von 90-150 m Tiefe wurde Ende 1883 nördlich der Kanarischen Inseln in 31° 10' nördl. Br. und 13° 30' westl. L. bei den behufs Kabellegung gemachten Auslotungen des Dampfers Dacia gefunden und nach diesem Daciabank genannt. Die westliche Seite des nördlichen Atlantischen Ozeans weist zwischen den Bermudas und St. Thomas Tiefen über 7000 m auf, in nahe derselben Breite, [* 26] in welcher sich weiter östlich ein breites Plateau und die schon 1854 von Bergmann gefundene Bodenerhebung Dolphin Rise oder Azorenrücken (1-3000 m) befinden.
Auch im N. von den Bermudas finden sich große Tiefen über 6000 m und bemerkenswerte schroffe Übergänge in den Tiefenverhältnissen. Die größten bis jetzt im Atlantischen Ozean gefundenen Tiefen wurden nördlich von Puerto Rico von dem amerikanischen Schiff Blake gelotet, nämlich 8341 m in 19° 39' nördl. Br. und 66° 26' westl. L. und 7723 m in 19° 30' nördl. Br. und 66° 12' westl. L. Die Vlämische Kappe am Ostabhang der Neufundlandbank mit Böschungswinkeln bis zu 29° scheint ihre Entstehung erratischen Anhäufungen zu verdanken, welche hier von den schmelzenden Eisbergen niederfallen.
Ebenso wird auf der Ostseite des Ozeans der von Schottland nach den Faröern sich erstreckende Rücken (400-500 m Tiefe) als die Endmoräne einer ausgebreiteten Vergletscherung angesehen. Eine auffällig steile Bodenerhebung, welche aber 1145 m unter Wasser bleibt, ist inmitten dieses Teils des Atlantischen Ozeans aufgefunden, die Faradayhügel in 49° 40' nördl. Br. und 29° 10' westl. L. Die steilen Böschungen dieser Bodenerhebung (bis zu 35°) deuten auf eine gewaltsame unterseeische Hebung [* 27] an jener Stelle. Auch der südliche Atlantische Ozean hat ein
[* 15] ^[Abb.: Fig. 1. Durchschnitt durch den Nordatlantischen Ozean von Gibraltar [* 28] über Madeira, [* 29] Azoren, Bermudas bis New York. Nach Messungen des Challenger vom Januar bis Juli 1873. Länge und Tiefe 1308:1.]
[* 15] ^[Abb.: Fig. 2. Durchschnitt durch den Südatlantischen Ozean von der La Plata-Mündung über Tristan da Cunha bis zum Kap der Guten Hoffnung. Nach Messungen des Challenger im Oktober 1873 und März 1876. Länge und Tiefe 1200:1.] ¶