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Messenier in Naupaktos am Korinthischen Meerbusen ein fester Punkt gewonnen und Achaia zum Anschluß an den Athenischen Bund bewogen, der nun schon einen beträchtlichen Teil des griechischen Festlandes umfaßte. Gleichzeitig ward der Friede im Innern hergestellt, indem Kimon, 457 zurückberufen, die öffentlichen Angelegenheiten in Gemeinschaft mit Perikles leitete. Um für den Untergang des athenischen Heers in Ägypten Rache nehmen zu können, brachte Kimon 450 einen fünfjährigen Waffenstillstand mit Sparta zu stande und unternahm 449 mit 200 Schiffen einen Zug nach Kypros, auf dem er vor Kition seinen Tod fand; noch nach seinem Tod errangen die Athener einen Seesieg über die Perser bei Salamis, und obwohl sie die Eroberung von Kypros aufgeben mußten, trat doch jetzt eine längere Waffenruhe zwischen Griechenland und Persien ein, welche die Freiheit der griechischen Städte in Asien und die Sicherheit von Handel und Verkehr verbürgte.
Blüte Athens im Perikleischen Zeitalter.
Athen stand auf dem Höhepunkt seiner Macht. Perikles trat jetzt allein an die Spitze des Staates, welchen er 20 Jahre lang mit fast monarchischer Gewalt leitete. Allerdings erlitt Athen durch den Wiederausbruch der Feindseligkeiten mit seinen Gegnern in Griechenland erhebliche Verluste. Durch die Niederlage des Tolmides bei Koroneia 447 ging die Hegemonie über Böotien verloren, 445 fielen Euböa und Megara vom athenischen Bündnis ab, ein gleichzeitiger Einfall der Spartaner in Attika brachte den Staat in höchste Gefahr. Indes Perikles wußte die Spartaner zu einem 30jährigen Frieden zu bewegen, indem Athen auf die Hegemonie zu Lande verzichtete, und beobachtete fortan, besonders Sparta gegenüber, eine friedliche Politik. Auf das letzte Ziel der athenischen Wünsche und Hoffnungen, die Herrschaft über ganz Griechenland, verzichtete er keineswegs, und es war ihm klar, daß es um diesen Preis noch zu einem großen Entscheidungskampf kommen müsse; aber er wollte denselben nicht provozieren und in der Friedenszeit Athen stark für die Entscheidung machen. Zu diesem Zweck mußte die Seeherrschaft Athens erweitert und verstärkt werden, daher der Abfall von Bundesgenossen, wie der von Euböa und 440 der von Samos und Byzantion, energisch bestraft wurde. Durch Anlegung von Kolonien (wie Thurii in Unteritalien, Amphipolis an der Mündung des Strymon) wurde diese Herrschaft noch erweitert, attische Bürger wurden als Kleruchen auf Naxos, Andros, in der Chersones, an den Küsten des Schwarzen Meers angesiedelt; das aus inschriftlichen Urkunden zu ersehende Verzeichnis der zinspflichtigen Orte enthält über 260 Gemeinden, deren es im ganzen über 300 sein mochten. Über alle diese kleinern Städte und Staaten gebot Athen unbeschränkt. Ein besonderes Augenmerk richtete Perikles auf die Finanzen, auf Anlegung eines großen Staatsschatzes. Der jährliche Tribut bestand in 600 Talenten (2,700,000 Mk.), konnte aber noch höher, möglicherweise aufs Doppelte, gesteigert werden. Andre beträchtliche Summen gingen ein durch die Zölle und Hafengelder, durch die Kopfsteuer der Metöken, durch die Erträge der Gold- und Silberbergwerke, namentlich an der thrakischen Küste, durch Pachtgelder etc., so daß zu Perikles' Zeit die Gesamteinnahme sich auf fast 5 Mill. Mk. belief, und daß trotz der kolossalen Ausgaben für Zwecke der Kunst und für die Besoldungen zu Anfang des Peloponnesischen Kriegs ein Staatsschatz von 6000 Talenten (ca. 30 Mill. Mk.) zur Verfügung stand. Eine Flotte von 300 Trieren war stets kriegsbereit; die Landmacht bestand aus 13,000 Hopliten, wozu 16,000 Hopliten Landwehr kamen. Und diese Macht war in den Händen einer Bürgerschaft, welche verhältnismäßig klein genannt werden kann. Ganz Attika zählte ca. 100,000 Seelen bürgerlicher Bevölkerung, wozu noch ca. 40,000 Metöken und ca. 400,000 Sklaven kamen.
Aber nicht bloß für politische und militärische Zwecke wurden Summen gesammelt und verwendet: was die Periode des Perikles so großartig, ja einzig in der Geschichte macht, ist der bewundernswürdige Aufschwung der Kunst in den verschiedensten Beziehungen. Vor allem ward die Burg Athens, die Akropolis, geschmückt mit den erhabensten Monumenten, dem Parthenon, dem Erechtheion, den Statuen der Athene, den Propyläen etc., wobei Künstler wie Pheidias, Iktinos, Kallikrates thätig waren. Aber auch sonst wurde die Stadt aufs reichste mit Kunstbauten ausgestattet, und daneben wurden Bauten zu Schutz und Sicherheit nicht versäumt. Die Verbindungsmauern zwischen Stadt und Hafen wurden um eine dritte vermehrt, die Befestigungen des Piräeus, Werften und Schiffshäuser erweitert. Kein Wunder, daß Athen die erste Stadt der griechischen Welt, ein Sammelplatz und eine Bildungsschule von Hellas, in geistiger Beziehung seine Hauptstadt wurde. Die berühmtesten Philosophen und Künstler jener Zeit, wie Anaxagoras, Gorgias, Protagoras, Pheidias, Polygnotos u. a., hielten sich immer oder zeitweilig in Athen auf; die Philosophie und Beredsamkeit entwickelten sich zur höchsten Blüte, namentlich aber fand die Poesie, zumal die dramatische, die edelsten Vertreter. Das Drama hatte von jeher in Athen die sorgfältigste Pflege gefunden, aus anfänglich dürftigen Elementen wurde es durch Äschylos und noch mehr durch Perikles' Zeitgenossen Sophokles und Euripides auf seinen Höhepunkt erhoben. Diese Blüte fand eine wesentliche Unterstützung durch das Theatergeld, welches auch dem ärmern Bürger den Besuch der Aufführungen möglich machte, und durch die Liberalität, womit von seiten des Staates die Umzüge und Vorstellungen unterstützt wurden, wie denn für musische Zwecke auch das von Perikles erbaute Odeion bestimmt war. Nimmt man dazu, daß auch in materieller Beziehung aufs beste gesorgt war, daß durch Handel und Seefahrt, Industrie und Teilnahme an den öffentlichen Arbeiten Wohlstand und Fülle mehr und mehr sich verbreiteten, so kann man wohl diese (freilich kurze Zeit) als die schönste Periode der ganzen griechischen Geschichte bezeichnen. Bildungseifer und Schönheitssinn waren dem Ionier von Natur eigen, und diesen Anlagen kam die Staatsverwaltung des Perikles aufs liberalste entgegen.
Sturz Athens.
Aber freilich verbargen sich hinter diesen glänzenden Erscheinungen auch große Schäden und furchtbare Gefahren. Das von Natur zum Leichtsinn und Übermut geneigte Volk wurde durch seine Souveränität zu einer Selbstüberschätzung verleitet, welche sich den »Bundesgenossen« gegenüber in despotischer Unterdrückung zeigte; durch die Leichtigkeit des Lebens, welche durch die Besoldungen u. dgl. bewirkt wurde, griff die Lust zum Müßiggang mehr und mehr um sich. Die nächste Gefahr aber lag darin, daß keine Gewähr dafür vorhanden war, ob nach dem Tode des Perikles ein Nachfolger seine Stelle ausfüllen werde. In der That war es Perikles nicht vergönnt, unter den vielen talentvollen Zeitgenossen einen ebenbürtigen Nachfolger zu finden; daß aber das Volk nicht sittlich stark genug war, um auch
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ohne eine so sichere Lenkung auf dem rechten Weg zu bleiben, zeigte sich sofort während des Entscheidungskampfs mit Sparta, des Peloponnesischen Kriegs (s. d., 431-404), in den in einer Machtstellung eintrat, welche es wohl zur Hoffnung auf den Sieg und die Hegemonie über Hellas berechtigte. Der Ausbruch der Pest, welche den Kern der Bürgerschaft dahinraffte, und der Tod des Perikles (429), nach welchem der Demos von ehrgeizigen, gewissenlosen Demagogen, wie Kleon, sich leiten ließ, vereitelten diese Hoffnung. Es war deshalb ein weiser Schritt, daß Nikias 421 Frieden mit Sparta schloß, welcher, gewissenhaft gehalten, zwar wohl nicht überall die Ruhe hergestellt, aber Athen doch einige Muße gewährt hätte, um frische Kräfte zu sammeln und den Kampf zu einer gelegenern Zeit mit Aussicht auf Erfolg aufzunehmen. Aber der verbrecherische Ehrgeiz des Alkibiades stürzte von neuem in kriegerische Verwickelungen und verleitete das leichtfertige, abenteuerlustige Volk zu der gewagten Unternehmung gegen Sizilien (415-413), deren Untergang Alkibiades selbst, als er durch die Ränke seiner Neider und Gegner verbannt war, hauptsächlich verschuldete, indem er aus Rachsucht den Spartanern die für die Athener verderblichsten Ratschläge gab. Die Vernichtung der Flotte und des Heers vor Syrakus knickte Athens Macht für immer: in dem zweiten Teil des Peloponnesischen Kriegs, der 413 mit der Besetzung von Dekeleia in Attika durch die Spartaner und der Errichtung einer spartanischen Flotte im Ägeischen Meer mit Hilfe der Perser, beides auf Alkibiades' Rat, begann, kämpfte Athen nicht mehr um die Herrschaft über Griechenland, sondern nur noch um seine Existenz und mit immer geringerer Aussicht auf Erfolg, da der Seebund durch den Abfall der meisten Städte und Inseln sich aufzulösen drohte und im Innern die geheimen Umtriebe der Hetärien (politischen Klubs) Unfrieden säeten, das Volk verwirrten und alle schlechten Leidenschaften entfesselten. Der Hermokopidenprozeß (s. d.) hielt Athen mehrere Jahre lang in fieberhafter Aufregung. Den Ranken ehrgeiziger Parteihäupter, welche in der Errichtung einer oligarchischen Regierung Macht und Vorteil zu erlangen hofften, gelang es 411 sogar, die Solonische Verfassung auf kurze Zeit zu stürzen.
Die Zurückberufung des Alkibiades durch die Flotte, mit welcher er 410-408 im Hellespont und in der Propontis glänzende Siege über die Spartaner erfocht, und seine Ernennung zum alleinigen Oberfeldherrn schienen das Glück wieder zu gunsten Athens wenden zu wollen. Aber das Volk wurde so von gewissenlosen Demagogen beherrscht, daß es diesen hochbegabten Mann, der nun wirklich alles aufbot, um sein Vaterland zu retten, 407 von neuem von sich stieß und sogar 406 die Strategen, welche die Schlacht bei den Arginusischen Inseln gewonnen hatten, unter leeren Beschuldigungen zum Tod verurteilte. Die Parteileidenschaft und Selbstsucht hatten patriotische Hingebung und Vaterlandsliebe schon so in den Gemütern ertötet, daß Theramenes und andre oligarchische Parteiführer sich nicht scheuten, als Athen nach Vernichtung seiner letzten Flotte 405-404 von den Spartanern zu Wasser und zu Lande belagert wurde, selbst einen heldenmütigen Widerstand durch hinhaltende Verhandlungen zu verhindern und Athen endlich wehrlos dem Sieger zu überliefern. Daß Athen nicht völlig zerstört und seine Einwohner nicht teils getötet, teils in die Sklaverei verkauft wurden, wie es die Athener 416 mit Melos gemacht hatten, und wie jetzt die Korinther und Thebaner verlangten, hatte es nur der Gnade Spartas zu danken, welches sich begnügte, durch die härtesten Bedingungen Athen zu einem machtlosen Staat herabzudrücken. Die Festungsmauern des Piräeus und die Verbindungsmauern mußten geschleift, alle Kriegsschiffe bis auf zwölf ausgeliefert, der Seebund aufgelöst werden, und die Athener sollten des Aufgebots der Spartaner zu Wasser und zu Lande stets gewärtig sein. Zugleich wurde ein oligarchisches Regiment, um eine neue Verfassung einzurichten, eingesetzt, die sogen. Dreißig Tyrannen, an deren Spitze Kritias und Theramenes standen. Erst nachdem diese Gewaltherrscher die schwersten Leiden über die Stadt gebracht, wurden sie von den Flüchtlingen unter Thrasybulos 403 gestürzt und unter dem Archontat des Eukleides die demokratische Verfassung in etwas gemäßigter Form wiederhergestellt, wobei auch der Areopag sein früheres Aufsichtsrecht zurückerhielt. Denn da die Ausschreitungen der zügellosen Demokratie, die Geringschätzung und Verspottung der alten Religion und der staatlichen Ordnung, die Verachtung der alten strengen Sitte das Unglück hauptsächlich heraufbeschworen hatten, so glaubten die Wiederhersteller des athenischen Staates eine Wiedergeburt desselben am sichersten durch Rückkehr zu den alten Ordnungen, durch eine gründliche Reaktion, welcher auch Sokrates 399 zum Opfer fiel, erreichen zu können, ohne zu bedenken, daß der Geist der Eintracht und der Ehrfurcht, der die alten Ordnungen erfüllte, nicht durch Gesetze zurückgerufen werden konnte.
Kämpfe mit Makedonien.
Die äußere Macht Athens war für immer vernichtet, es fehlte an allem, an Geld, an Schiffen, an Mannschaft; Attika hatte durch die beständigen Einfälle der Feinde entsetzlich gelitten, ein großer Teil der Bürgerschaft war verarmt, die äußern Hilfsquellen versiegt, ja die Bevölkerung durch die großen Menschenverluste eine andre geworden, das alte Selbstbewußtsein war nicht mehr vorhanden. Was das politische Leben betrifft, so sind es jetzt nicht mehr die großen Pläne und Ziele der frühern Zeit, welche das athenische Volk und seine Staatsmänner bewegen, es ist vielmehr ein Leben von einem Tag zum andern, und obwohl (auch abgesehen von Demosthenes) noch manch bedeutender Mann auftrat (wie es denn an tüchtigen Anführern zu Lande und zur See nicht fehlte), so war die Masse doch zu geneigt, sich von Demagogen zu einem bequemen Nichtsthun verführen zu lassen, wozu namentlich die Besoldungen und das stehend gewordene Theatergeld sowie die Verwendung von Söldnern für den Kriegsdienst beitrugen. Indessen kam der Zwist zu gute, in den Sparta durch sein Streben nach der Hegemonie mit seinen alten Bundesgenossen geriet, und verschaffte ihm Gelegenheit, von der spartanischen Herrschaft sich loszumachen. Im Korinthischen Krieg (395) schloß sich Athen auf persischen Antrieb an Theben und Korinth gegen Sparta an, und es hatte den wichtigen Vorteil davon, daß Konon nach Vernichtung der spartanischen Flotte bei Knidos (394) mit persischem Gelde die Mauern Athens nebst den Befestigungen des Piräeus und den Verbindungsmauern wiederherstellen konnte. Auch im Antalkidischen Frieden (387) behielten die Athener wenigstens Lemnos, Imbros und Skyros. Die darauf folgenden Feindseligkeiten zwischen Theben und Sparta machten es den Athenern möglich, wieder eine bedeutendere Stellung zu erlangen. Indem sie sich, gereizt durch den Handstreich, wodurch der spartanische Feldherr Sphodrias den Piräeus