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unterirdischen Teile, von den terrassenförmig sich erhebenden, in den natürlichen Felsen gehauenen Stufen, auf welchen die Sitze des schauenden Publikums waren, die untern erhalten. Im Zuschauerraum, der durch 14 aufsteigende Treppen [* 2] (von ca. 0,70 m Breite) [* 3] in 13 Keile zerlegt wird, fanden etwa 27,000 bis 30,000 Menschen Platz. Östlich in der Nähe des Theaters hat man das Odeion des Perikles, ein kleineres, für musische Wettkämpfe bestimmtes Gebäude, zu suchen.
Die das Dionysion unmittelbar umgebenden Gebäude und Hallen boten für die zusammenströmende Menge und besonders für den Chor einen bequemen Aufenthalt dar, so namentlich die Stoa Eumenia, die Säulenhalle des Eumenes, der die Bogen [* 4] an der westlichen Seite des Theaters angehören, und die sich von diesem bis zum Odeion des Herodes erstreckt. Letzteres, ein ansehnliches, besonders im Innern mit großartiger Pracht ausgestattetes Theatergebäude, wovon noch beträchtliche Überreste am südwestlichen Ende der Akropolis [* 5] unweit der Propyläen sichtbar sind, wurde erst zwischen 160 und 170 n. Chr. von dem reichen und baulustigen Marathonier Herodes Atticus zur Einnerung ^[richtig: Erinnerung] an seine Gemahlin gegründet. Oberhalb der Stoa Eumenia, unmittelbar am Fuß des Burgfelsens, lag der Tempel [* 6] des Asklepios [* 7] (seit 1876 durch die Archäologische Gesellschaft von Athen [* 8] aufgedeckt) mit Statuen des Gottes und seiner Söhne, Gemälden und einem Tempelbrunnen; ferner der Tempel der Themis und der Ge Kurotrophos, lauter Kultstätten, deren Stiftung in die ältesten Zeiten der Stadt hinaufreicht.
In dem Quartier Kydathenäon, einem der ältesten Athens, südlich der Burg, scheinen meist Privatgebäude gestanden zu haben; wenigstens ist uns kein öffentliches Gebäude bekannt, das mit einiger Sicherheit hier sich befunden haben könnte. Ein Thor führte dort im SO. zum Ilissos und der Quelle [* 9] Kallirrhoë (Enneakrunos) hinaus. Dieselbe, aus dem felsigen rechten Ufer des Ilissos entspringend, war die einzige mit trinkbarem Wasser, trotzdem aber nicht mit von der Ringmauer umschlossen.
Nördlich der Quelle Kallirrhoë, am rechten Ufer des Ilissos, erhob sich das Olympieion, der größte athenische und überhaupt griechische Tempelbau, der dem olympischen Zeus [* 10] geweiht war. Heute steht von demselben auf einer aus Quadern aufgeführten, 668 m im Umfang haltenden Plattform noch eine Gruppe von 13 riesenhaften Säulen [* 11] mit den Architraven und nicht weit westlich davon noch zwei einzelne. Eine dritte hat im Oktober 1852 ein furchtbarer Orkan, der auch am Erechtheion großen Schaden anrichtete, umgestürzt.
Diese Säulen (gewöhnlich »Säulen des Hadrian« genannt) sind korinthischen Stils, kanneliert und aus parischem Marmor gefertigt, über 20 m hoch und von fast 2 m Durchmesser, die größten in Europa. [* 12] Aus ihrer Stellung hat man den Grundriß des Tempels entworfen. Es war ein über 110 m langer, 54 m breiter Dipteros dekastylos korinthischer Ordnung mit dreifachen Säulenreihen am Pronaos und Hinterhaus (im ganzen mit etwa 120 Säulen). Dieser Tempel gehörte zu den ältesten athenischen Denkmälern, denn seine Gründung reicht noch in die mythische Zeit zurück.
Deukalion soll den Grund dazu gelegt haben; die Peisistratiden übertrugen den Ausbau vier Künstlern, Antistates, Kalaischros, Antimachides und Porinos, welche ihn nach einem großartigen Plan in dorischer Form anfingen, aber nicht vollendeten. Mehr als 300 Jahre später, um 165 v. Chr., nahm König Antiochos Epiphanes von Syrien den Plan der Pisistratiden wieder auf, ohne ihn jedoch zu Ende zu führen. Dieses gelang erst 131 n. Chr. dem Kaiser Hadrian, dem der Tempel auch eine kolossale Statue des Gottes verdankte.
Die Ringmauer, mit Statuen angefüllt, maß 4 Stadien (740 m) und schloß außer einem Tempel des Kronos und der Rhea [* 13] auch ein heiliges Feld der Ge Olympia in sich. Von hier gegen NO. lag Neu-Athen, der südöstliche Teil der Stadt, den Kaiser Hadrian, der die griechische Kunst wieder zu heben bemüht war, mit weitern Prachtgebäuden schmückte (daher auch Hadriansstadt genannt). Zu denselben gehörten ein Heräon, ein Pantheon, ein Tempel des Zeus Panhellenios, ferner die Stoa aus phrygischem und das Gymnasion mit Säulen aus numidischem Marmor.
Das Hadriansthor im korinthischen Stil steht noch in der Richtung von SW. nach NO., am nordwestlichen Ende der Umfassungsmauer des Olympieion. Unweit des letztern weiter nach S. (nach neuester Annahme außerhalb der Stadtmauer, aber noch diesseit des Ilissos) lagen zwei Heiligtümer des Apollon, [* 14] das Delphinion und das Pythion, beide getrennt durch eine Mauer, auf der sich der Altar [* 15] des Zeus Astrapäos befand, von wo aus die Priester des Pythion die Blitze zu beobachten pflegten.
Dies mußte immer im Anfang des Frühlings drei Monate und in jedem Monat drei Tage und drei Nächte lang geschehen, bevor die heilige Gesandtschaft nach Delphi vom Tempel abging; denn sie wurde erst dann unternommen, wenn man günstige Zeichen geschaut hatte. Das Pythion, eine Anlage der Pisistratiden ^[richtig: Peisistratiden], war ein bloßes Temenos (heiliger Bezirk) mit einer Bildsäule des Gottes, das Delphinion ein Tempel, in welchem ein Raum mit Schranken umschlossen war, um als Gerichtsstätte zu dienen über Mörder, deren That erwiesen, aber durch Umstände gerechtfertigt war, außer dem Areopag unter den vielen Gerichtsstätten, deren Namen uns überliefert sind, allein mit einiger Sicherheit topographisch zu bestimmen.
Von der Kallirrhoë aus weiter stromaufwärts ist die Gegend zu setzen, welche »die Gärten« hieß, und wo sich ein Heiligtum der Aphrodite [* 16] Urania befand. Jenseit des Ilissos lag die Vorstadt Agrä mit den beiden Tempeln der Demeter [* 17] und Kore und des Triptolemos, wo die kleinen Mysterien gefeiert wurden. Ferner lag dort, wahrscheinlich südwestlich vom Demetertempel, ein solcher der Artemis [* 18] Eukleia, zur Erinnerung an die Perserkriege errichtet; nordöstlich aber das große Panathenäische Stadion, dessen Höhlung im Fuß des Hymettos noch deutlich erkennbar ist. Vom Redner Lykurgos erbaut, wurde es von Herodes Atticus, der dort ehrenhalber sein Grab fand, prächtig ausgeschmückt. Die Höhen nordöstlich davon trugen Tempel der Tyche [* 19] und der Artemis Agrotera. - Gegen O. führte das Diocharesthor nach dem Gymnasion Lykeion, wo Aristoteles zu lehren pflegte; am Fuß des Lykabettos lag das Gymnasion Kynosarges, der Sammelplatz der Cyniker.
Die alte Stadtmauer Athens war 478 v. Chr. auf des Themistokles Rat von den Athenern in aller Eile ausgeführt worden. Sie maß 60 Stadien (11,100 m) im Umfang. Ihre Richtung läßt sich im W. noch in deutlichen Spuren auf dem Rücken des Museion und der Pnyx nebst ihren nördlichen Fortsetzungen bis zur jetzigen Kapelle der Hagia Triada, im S. vom Museion herab in ziemlich gerader östlicher Richtung bis zu den niedrigen Anhöhen oberhalb des rechten Ufers des Ilissos, welche ¶
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sie dann in nordöstlicher Richtung parallel lief, erkennen. Neuerdings ist ihre Richtung auch im N. und NO., wo sich das heutige Athen ausdehnt, mit ziemlicher Gewißheit festgestellt worden, und man kennt die Lage von sechs Thoren dort genau. Von Sulla wurde die Mauer zerstört und namentlich an der Westseite dem Boden gleich gemacht. Die Stadt wurde erst unter Kaiser Valerian wieder befestigt, als die Gallier mit einem Einfall drohten. Sie war aber unterdessen kleiner geworden, die Einwohnerzahl zusammengeschmolzen; daher ist es wahrscheinlich, daß die neue Mauer eine geringere Ausdehnung [* 21] hatte als die des Themistokles.
Unter Justinian, der die Mauern aller Städte des obern Griechenland [* 22] erneuerte, wurde auch die athenische Mauer wieder in stand gesetzt. Die Ringmauer der Stadt und zwar ihr südöstlicher Teil auf dem Museion und der Pnyx war mit den Häfen durch drei Mauern in Verbindung gesetzt, von denen die phalerische 35 Stadien (6470 m), die beiden langen Mauern nach dem Piräeus je 40 Stadien (7400 m) maßen. Die phalerische und die nördliche lange Mauer wurden zuerst gebaut und zwar, nachdem die kolossale Befestigung des Piräeus beendigt war.
Sie wurden 452 v. Chr. vollendet. Den Vorschlag zum Bau der mittlern Mauer machte Perikles; derselbe wurde aber erst nach 448 begonnen und ausgeführt von Kallikrates, dem Baumeister des Parthenon. Die beiden ersten Mauern hatten den Zweck, zu verhindern, daß die Stadt durch eine Belagerung vom Meer getrennt würde; die dritte Mauer wurde hinzugefügt, damit auch für den Fall, daß der Feind schon eine Mauer genommen hätte, die Verbindung mit den Häfen doch nicht unterbrochen wäre.
Der Zwischenraum zwischen ihnen war während Athens Blütezeit ziemlich dicht bewohnt, diente aber in Kriegszeiten auch zum Zufluchtsort für die Landleute. So flüchteten beim Beginn des Peloponnesischen Kriegs die Bewohner des offenen Landes zwischen die Mauern und behalfen sich unter armseligen Hütten, [* 23] die sie daselbst errichteten. Die phalerische Mauer scheint schon in der letzten Zeit des Peloponnesischen Kriegs verfallen zu sein; die beiden andern wurden zerstört, nachdem die Lakedämonier Athen erobert hatten. Konon aber erneuerte nur die beiden langen Mauern, und es ist seitdem auch immer nur von zwei Mauern die Rede.
Athen hatte, Piräeus und Munychia eingerechnet, mehr als 10,000 Häuser und in seiner Blüte [* 24] 21,000 freie Bürger, was auf eine Einwohnerzahl von mehr als 200,000 schließen läßt. Der vorzüglichste Teil des Privathauses (s. den Plan eines altgriechischen Hauses im Art. »Griechenland«) war der Hofraum, welchen in größern Häusern die äußere Mauer von der Straße trennte; in der Regel führten aber die Hausthüren unmittelbar auf die Straße. Die obern Stockwerke hingen über und ruhten auf Säulenhallen.
In der frühern Zeit waren die Privatwohnungen meist unansehnlich und ärmlich, aus Fachwerk [* 25] oder, wie ein Teil der Stadtmauer, aus ungebrannten, an der Sonne [* 26] gedörrten Lehmziegeln gebaut. Während aber die Privatleute bei dem Bau ihrer Wohnungen durchaus keinen Aufwand machten, führte der Staat die bewundernswürdigsten und kostspieligsten Tempel- und andre Bauten auf. Späterhin, zur Zeit des Demosthenes, trat der umgekehrte Fall ein. Ein umfangreiches System antiker unterirdischer Leitungen, welche der quellenlosen Stadt das Wasser zuführten, ist ganz neuerdings in seinen Resten nachgewiesen worden.
Das heutige Athen.
(Hierzu der »Stadtplan von Athen«.)
Unmittelbar nördlich vom Felsen der Akropolis liegt in einem Halbkreis, wovon jener das Zentrum bildet, das heutige Athen, seit 1835 die Hauptstadt des Königreichs Griechenland. Die Wiederherstellung der Stadt ist unter König Otto nach einem Plan des bayrischen Baumeisters v. Klenze begonnen. Die Hauptstraßen sind die Hermes-, die Äolos- und die Athenestraße, dann die Piräeus-, Universitäts- und Stadionstraße. Die ostwestlich vom königlichen Schloß zum Bahnhof laufende Hermesstraße teilt die Stadt in zwei ungleiche Teile; die Äolosstraße durchkreuzt die Hermesstraße, erstreckt sich südlich bis zum Turm [* 27] der Winde [* 28] (s. oben) und findet ihre nördliche Fortsetzung in der Patissiastraße.
Die schönste ist aber die Stadionstraße in dem neuen nordöstlichen Teil der Stadt. Ein großer Kanal [* 29] geht mitten durch die Stadt, in welchen andre Kanäle, die auf Staatskosten wiederhergestellt sind, münden. Außer diesem großen Kanal ist noch ein andrer bemerkenswert, der von dem Platz Staropazaron (Kornmarkt) durch die Hadrianstraße geht, und endlich der Kanal der Palast- u. St. Markusstraße. Eine Dampfstraßenbahn führt durch die Stadt von den Gärten des Ilissos nach den Vorstädten. In Athen befinden sich gegen 20 öffentliche Brunnen, [* 30] und außerdem werden noch die öffentlichen und viele Privatgebäude von einer großen Leitung aus, welche am Fuß des Hymettos und Pentelikon Quellwasser sammelt und in die Stadt führt, mit Wasser versehen.
Die bedeutendsten öffentlichen Gebäude sind: das Münzgebäude, zwei Kasernen, ein Zivil- und ein Militärhospital, das Universitätsgebäude (1837 von Hansen erbaut), das Polytechnikum und das noch unvollendete Zentralmuseum mit wichtigen Altertümersammlungen, die Sternwarte, [* 31] die Arsakische Mädchenschule (das größte Institut seiner Art im Orient), das Hospital für Augenleidende, die Gebäude der Akademie und der Kammern und besonders das neue königliche Residenzschloß im O. der Stadt, 1834-38 nach den Plänen Gärtners erbaut. Unter den Kirchen, deren überwiegende Mehrzahl dem orientalischen Kultus angehört, sind die große und kleine Metropolis zu nennen, letztere vom Fürsten Otho de Laroche im 13. Jahrh. ganz aus antiken Stücken erbaut, erstere 1840-55 durch vier verschiedene Architekten aus dem Material von 70 kleinern Kirchen und Kapellen, welche niedergerissen wurden, errichtet.
Die Bevölkerung [* 32] Athens bestand 1821 beim Beginn der griechischen Erhebung aus 10,000 Christen und 1500 Türken; 1832 lebten nur noch 1500 Christen und 300 Türken in Athen; 1842 zählte die Stadt 21,698, 1853: 31,125, 1871: 44,510, 1884 schon 84,903 Einw. inkl. 6137 Soldaten. In dem ältern Stadtteil um den Markt wohnen die eingebornen Hellenen, pflegen ihres Gewerbes und ziehen reichlichen Gewinn aus Mietzins und Handel. Die Eingewanderten, der Hof, [* 33] die Beamten, die fremden Minister verkehren mehr in den neuen Straßen im nordöstlichen Teil der Stadt. Hier ist alles europäisch, Kutschengerassel und Ballmusik ertönt, und elegant gekleidete Spaziergänger beiderlei Geschlechts unterhalten sich in allen Sprachen Europas. Überhaupt zeigt Athen einen merkwürdigen