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griechischen
Ärzten suchten die bessern nur insofern von der Astrologie
[* 2]
Gebrauch zu machen, als sich ein bestimmtes Kausalverhältnis
zwischen gewissen himmlischen
Phänomenen und gewissen terrestrischen Vorgängen wahrnehmen ließ. Besonders pflegte man Krankheitsveränderungen
von der
Konstellation des
Mondes und der
Planeten
[* 3] abhängig zu denken. Nächst der
Sonne
[* 4] und den
Planeten räumte
man den zwölf Zeichen des
Tierkreises die erste
Stelle ein. In
Rom
[* 5] fand die chaldäische
Wissenschaft trotz des vielen
Widerstandes,
der ihr entgegengestellt wurde, unter der
Masse der Ungebildeten zahlreiche gläubige Anhänger, während die Gebildeten,
wie es scheint, sich meist ablehnend dagegen verhielten.
Sie wurde hier gewöhnlich als
Mathesis bezeichnet, und die Sterndeuter hießen Chaldaei, Babylonii, mathematici,
genethliaci oder planetarii. Aus den
Zeiten der
Republik wird als angesehener Astrolog
Lucius Tarutius Firmanus erwähnt, der
auf Veranlassung seines
Freundes
Varro (116-28
v. Chr.) den genauen Zeitpunkt der
Erbauung
Roms auf astrologischem Weg zu bestimmen
versuchte.
Sein Zeitgenosse
Cicero dagegen führt in seiner
Schrift
»De divinatione« gegen die Astrologie
eine
Reihe
Gründe auf; er weist z. B. auf die große Verschiedenheit des
Charakters und
Schicksals derjenigen
Menschen hin, welche sämtlich
in demselben
Augenblick geboren werden; er thut an dem
Beispiel des
Pompejus,
Crassus und
Cäsar, denen die Astrologen ein glorreiches
Alter und einen ruhigen
Tod verkündigt hatten, das
Unsichere solcher Prophezeiungen dar.
Ebenso erklären sich der ältere
Plinius und
Tacitus gegen die Astrologie
Seneca dagegen nimmt den Einfluß der
Planeten auf die
Menschen
für ausgemacht an. Die meisten römischen
Kaiser, selbst die, welche die Astrologen vertrieben, wie
Tiberius, standen unter
dem
Bann der Astrologie.
Noch stärker beeinflußte der
Glaube an die Astrologie
die tiefsinnigen, aber unklaren
Gemüter
der spätern philosophischen
Mystiker von
Alexandria,
Athen
[* 6] und
Rom. Eine Abhandlung des Neuplatonikers
Proklos über Astrologie
entwirft
uns von dem
Treiben der Astrologen jener Zeit ein sprechendes
Bild, und aus dem 4. Jahrh.
n. Chr. ist uns das
ausführlichste Werk über Astrologie
aus dem
Altertum:
»Acht
Bücher
Astronomie«
[* 7] von Maternus
Firmicus, erhalten.
Die besondere
Gewalt einzelner
Sterne auf einzelne Organismen hat besonders
Manilius in seinem astronomischen
Lehrgedicht ausführlich
entwickelt. Die
christliche Kirche verwarf im
Gegensatz zu den
Gnostikern die Astrologie
entschieden.
Clemens von Alexandria nennt den
astrologischen
Glauben einen
Verrat an der
Lehre
[* 8] von der
Vorsehung des Schöpfers, und
Origenes, obwohl an
Astralgeister glaubend, verwirft die Behauptung, daß die
Handlungen der
Menschen durch die
Gestirne bestimmt würden,
weil er
darin einen
Widerspruch mit der
Freiheit des
Menschen erkennt, auch alsdann das
Gebet zu Gott überflüssig wäre.
Auch
Augustin, obwohl in der
Jugend der Astrologie
zugethan, war später entschiedener Gegner derselben. Der
Codex
Justinianeus setzte die Sterndeuterei sogar der Giftmischerei gleich. Eifrig wurde dagegen die von den Arabern und jüdischen
Kabbalisten gepflegt, zu einer Art von
System ausgebildet und in die christliche
Welt des
Mittelalters verpflanzt.
Abu Maschar
(Albumasar) aus
Bath in
Chorasan (9. Jahrh.), einer der größten Astronomen, hinterließ ein astrologisches Werk:
»De magnis conjunctionibus, annorum revolutionibus ac earum perfectionibus«, das viele
Jahrhunderte auch in
Europa
[* 9] in hohem
Ansehen stand.
Aboazen Haly erlangte im 13. Jahrh. durch sein Werk
»De judiciis astrorum« klassisches Ansehen
und veranlaßte wahrscheinlich
die
Einteilung der
Wissenschaft in Judizial- und natürliche Astrologie.
Seit dieser Zeit gewann die Astrologie
auch unter
den christlichen Völkern großes Ansehen.
Ihre Glanzperioden sind das 14. und 15. Jahrh. Oft regierten die Hofastrologen
ganze
Reiche. Der Einfluß der
Gestirne war auf das genaueste definiert; die spätern Astrologen kopierten, kommentierten
und erläuterten nur die Werke ihrer Vorgänger.
Obwohl schon zu Ende des 15. Jahrh. Savonarola und Pico della Mirandola sowie später Voß, Bardelon und der Astronom Sturm die Astrologie bekämpften, so errang diese doch noch im 16. und 17. Jahrh., so in Frankreich unter Katharina von Medici und unter Heinrich III. und IV., noch einzelne Triumphe. Am berühmtesten war damals Michael Nostradamus (Notredame), der, meist in völliger Abgeschiedenheit zu Salon in Frankreich lebend, von da seine gereimten Prophezeiungen zu Hunderten in die Welt schickte, bis ihn Karl IX. zu seinem Leibarzt erhob.
Von Rom aus wurden die Prophezeiungen des Nostradamus verboten, weil er auch den Untergang des Papsttums verkündigt hatte. Während mehrere Päpste die Astrologie mit dem Bann belegten, ward sie öfters von den höchsten kirchlichen Würdenträgern gepflegt. So wurde 1623 der Kardinal Barberini Papst, indem er die astrologische Berechnung verkündigte, daß der neue Papst nicht sechs Wochen leben werde. Auch die protestantischen Theologen waren keineswegs frei von astrologischem Wahn. Melanchthon hielt viel von Astrologie und trieb sie selbst, wenn auch mit wenig Glück. Am meisten aber galt die in England unter den Stuarts. Der Dichter Dryden (gest. 1701) ließ noch für seine Kinder die Nativität stellen.
Paracelsus und Cardanus (»Encomium astrologiae«) brachten die Astrologie mit der Medizin und Chemie in Verbindung. Paracelsus nahm im Weltall verschiedene von den Planeten abhängige Oszillationen an, denen im Mikrokosmus des Menschen sieben verschiedene Arten des Pulses entsprechen sollten. Selbst Tycho Brahe und Kepler entsagten der Astrologie nicht ganz, und letzterer erwarb sich dadurch Wallensteins Gunst, dem er 1629 in Sagan [* 10] sein hohes Glück verkündigt haben soll. Obwohl Kepler die Schwächen der Astrologie einsah, wollte er doch einen gewissen Zusammenhang zwischen den Konstellationen der Planeten und den Eigenschaften der unter solchen gebornen Menschen nicht geradezu in Abrede stellen. Das kopernikanische System aber, durch welches die Erde zum Punkt im Weltenraum herabsank, gab der den Todesstoß. Zwar warfen sich noch manche zur Verteidigung derselben auf, so namentlich Bapt. Morin (1583-1656), dessen »Astrologia gallica« das Resultat einer 30jährigen Arbeit war. Mit ihm aber ward die Astrologie im Abendland zu Grabe getragen. Einer ihrer letzten Anhänger war J. W. ^[Johann Wilhelm] Pfaff, dessen »Astrologie« (Bamb. 1816) und »Der Stern der drei Weisen« (das. 1821) als seltsame Anachronismen zu nennen sind. Im Orient aber, namentlich in Persien, [* 11] Indien und China, [* 12] steht die Astrologie noch heutzutage in hohem Ansehen.
Die Astrologie, als System im Mittelalter ausgebildet, wird in die natürliche und positive oder Judizialastrologie eingeteilt. Die natürliche prophezeit die natürlichen Wirkungen natürlicher Ursachen, z. B. den Witterungswechsel, Wind, Sturm, Orkan, Donner, Fluten, Erdbeben, [* 13] ist also nichts als eine phantastische Meteorologie. Die positive Astrologie hat es dagegen mit der Herrschaft der Sterne über unser Schicksal zu thun. Das Verfahren bei ihrer Ausübung besteht wesentlich in folgendem: Wenn der Astrolog einem Menschen die Nativität stellen, d. h. ¶
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sein Schicksal vorhersagen will, so sucht er zuerst für die Zeit seiner Geburt nach dem Horoskop [* 15] oder nach dem Punkte der Ekliptik, der im Augenblick der Geburt dieses Menschen eben aufging, die zwölf Häuser des Himmels auf (s. Figur). Diese werden nämlich durch die zwölf Positionskreise bestimmt, welche als die größten Kreise [* 16] der Sphäre den Äquator in zwölf gleiche Teile teilen und durch den nördlichen und südlichen Durchschnitt des Horizonts mit dem Meridian gehen, während der Positionsbogen in der den zwischen dem Positionskreis und dem Meridian enthaltenen Teil des Äquators bildet.
Jenes Horoskop fängt zugleich das erste Haus an, von welchem aus man nun die übrigen, gegen O. unter dem Horizont [* 17] fortgehend, zählt. Die Häuser folgen der Reihe nach aufeinander als das Haus des Lebens, des Glücks oder Reichtums, der Brüder, der Verwandtschaft, der Kinder, der Diener (nach andern der Gesundheit), der Ehe, das mit dem untergehenden Punkte der Ekliptik aufhört, des Todes, der Religion, der Würden, welches mit dem zur Zeit der Geburt eines Menschen kulminierenden Punkte der Ekliptik anfängt, der Freundschaft und der Feindschaft.
Das erste Haus ist direkt oder genau östlich gestellt, u. die übrigen folgen in fortschreitender Ordnung nach S., W., N. bis wieder zum O., gleich der Bewegung der Planeten. Sind die zwölf Häuser für die Zeit der Geburt des fraglichen Menschen gefunden, so sucht der Astrolog dann den Ort der Planeten in jedem Haus u. bemerkt die gegenseitige Lage oder die Aspekten, aus welchen er dann seine Vorhersagung zieht. Die aus der Blütezeit der Astrologie herrührenden, noch jetzt in den Kalendern vorkommenden Regenten des Jahrs findet man durch die mit 7 dividierte Jahreszahl, wo dann der Rest der Division 1, 2, 3, 4, 5, 6 oder 0 in gleicher Ordnung anzeigt, daß Sonne, Venus, Merkur, [* 18] Mond, [* 19] Saturn, Jupiter oder Mars [* 20] das Regiment des Jahrs führe.
Außerdem sind der Kopf und der Schwanz des Drachen oder die Knoten, in welchen die Ekliptik durch die Planetenkreise geschnitten wird, und die Region des Glücks (der Fortuna) oder die Entfernung der Ebene des Mondes von der Sonne noch zwei für die Astrologie wichtige Himmelsräume, welche, wenn sie innerhalb der einem Menschen gehörigen Konstellation liegen, den Grad seiner Macht etc. erhöhen. Das übrige der Kunst besteht hauptsächlich in einer genauen Ausfüllung des obigen Schemas durch Beobachtung und Berechnung, um dann daraus eine weissagende Antwort zu bilden.
Vgl. Maury, La magie et l'astrologie dans l'antiquité et au moyen-âge (4. Aufl., Par. 1877);
Mensinger, Über ältere und neuere Astrologie (Berl. 1872);
Häbler, Astrologie im Altertum (Zwick. 1879, Programm);
Hankel in »Westermanns Monatsheften«, Bd. 25.