castaneafolia bedecken die Abhänge der
Berge; der
Weinstock gedeiht wild. Das
Klima
[* 2] ist feucht und ungesund; zahlreiche Waldbäche
stürzen dem
Meer zu. Die Bewohner, teils
Sunniten, teils
Schiiten, sind wenig thatkräftig, mit Ausnahme der
Gudaren, eines
von den Persern verachteten, von den
Turkmenen aber gefürchteten Volksstammes, der
Ackerbau,
Viehzucht und
[* 3]Seidenbau
treibt, auch viele
Früchte trocknet. Das Land ist beim Mangel an
Straßen schwer zugänglich. Im
Sommer dienen die sandigen
Flußbetten als Wege; die im 17. Jahrh. von
SchahAbbas angelegte prachtvolle
Chaussee ist zerstört.
Die frechen Einfälle der
Turkmenen haben seit der Erweiterung der russischen Macht bis an denAtrek fast
ganz aufgehört. Die gleichnamige Hauptstadt (das Zadrakarta der Alten?) liegt unfern des
KaspischenMeers, 116 m ü. M., am
Fuß eines stark bewaldeten Höhenzugs. Sie ist der Stammsitz der jetzt in
Persien
[* 4] regierenden Königsfamilie der
Kadscharen
und hat 1350 massiv gebaute
Häuser mit 395 Verkaufsläden und 47
Moscheen. Die ehemaligen
Befestigungen
liegen in Trümmern. Am Anfang der zwei großen
Handelsstraßen nach
Herat-Meschhed und
Ispahan-Teheran gelegen, die sich südöstlich
davon bei Bastam gabeln, trieb Astrabad einst einen lebhaften
Handel und soll noch 1808 von 15,000
Familien bewohnt gewesen sein;
sie wählte nach Melgunow (1860) nur 10,000, nach
Brugsch gar nur noch 5000 Einw. Der
Handel beschränkt
sich auf den Verkauf der Erzeugnisse der
Provinz; der
Export geht in
Ges vor sich, einem Dorf westlich von Astrabad, 4 km vom
KaspischenMeer gelegen, wo die
Russen seit 1844 einen
Verkehr in
Gang
[* 5] brachten.
Die Oberfläche hat eine
Neigung nach SO. zur Seite der
Wolga hin, in welcher
Richtung auch einige Steppenflüsse auf der linken
Seite in die
Wolga einmünden; nur im südwestlichen Teil des
Gouvernements findet eine geringe Bodenerhebung
statt. Auf dem linken
Ufer der
Wolga begegnet man nur einzelnen wenig bedeutenden hügeligen
Erhebungen, das rechte
Ufer dagegen
ist ein wenig höher und steiler als das linke, daher auch die rechte Seite die Bergseite, die linke
die Wiesenseite genannt wird. Astrachan ist ein Tiefland mit vielen
Salzseen,
Sümpfen und Triebsandrayons.
Man rechnet gegen 700
Salzseen mit einem Flächenraum von 828 qkm. Die bedeutendsten sind: der Kamüsch-Samara,
eigentlich ein
Komplex von
Seen und
Sümpfen im W. des
Landes, die Salzsümpfe
Chaki, der
SalzseeElton, der Bozkuntschatsee
am Bogdoberg etc., alle östlich von der
Wolga, dem Hauptstrom des
Gouvernements. Die obere Erdschicht besteht aus mit
Sand,
Meerschlamm und
Muscheln
[* 6] vermengtemLehm. Das
Klima dieses unter gleichem Breitengrad mit den fruchtbaren Gegenden Süddeutschlands
und Mittelfrankreichs gelegenen
Gouvernements hängt vorzüglich von der
Stärke
[* 7] und
Richtung des
Windes ab. Im
Winter bringen
Nord- und Nordostwinde starke
Kälte, die nicht selten bis auf -36° C. steigt; im
Sommer treten, nach drückender
Hitze von 35° C. im
Schatten,
[* 8] bei plötzlich sich erhebendem Nordwind kalte
Tage ein.
Das astrachanische Kosakenheer verteilt sich auf 72
Bezirke an beiden
Ufern der
Wolga in den
GouvernementsSaratow und in welch
letzterm 11 Stanizen sind (s.
Kosaken). Die
Kalmücken (s. d.),
ca. 120,000, nomadisieren in der westlichen Wolgasteppe, südlich
von
Zarizyn auf einem Flächenraum von 85,800 qkm (1558 QM.). Die astrachanischen
Tataren teilt
man in Ghilanische, Bucharische und Agrischanische
(Bastarde); die beiden erstern sind benannt nach dem Land,
aus welchem sie stammen, die letztern hervorgegangen aus der
Ehe tatarischer
Weiber und hier angesiedelter
Inder.
Sie wohnen meist unter
Zelten und nomadisieren; die geringere Anzahl wohnt inStädten und Dörfern, wo
sie
Handel und allerlei
Gewerbe, auch
Acker- und
Gartenbau treiben. Sie sind eigentlich
Nogaier und machen etwa 8000
Familien aus;
dazu kommen aber an der untern
Achtuba noch ungefähr 1000
Jurten Kundurowsche
Tataren und die Kisilbaschen oder persischen
Kolonisten, die jedoch nicht zahlreich sind. Die astrachanische (innere) Kirgisenhorde zählt 169,000
Köpfe auf einem Gebiet von fast 60,000 qkm (1080 QM.). Die Hälfte der
Bevölkerung
[* 21] gehört der griechisch-katholischen
Kirche
an (50 Proz.), außerdem leben hier Sektierer, Armenogregorianer,
Protestanten, Katholiken etc.; die Mohammedaner haben 74
Moscheen,
die Kisilbaschen sind
Feueranbeter, die
Inder bekennen sich zur
Religion des
Brahma, die
Kalmücken sind Buddhisten.
Hauptnahrungs- und Erwerbszweige der Einwohner sind
Ackerbau,
Viehzucht undFischerei.
[* 22] Vom Gesamtareal sind nur 2518 qkm Ackerland,
10,682 qkm Grasland, 915 qkm
Wald; der Rest, also mehr als 80 Proz., ist unproduktiv. Der
Ackerbau ist infolge der ungünstigen
Bodenverhältnisse wenig entwickelt, zur
Viehzucht dagegen ist das Steppengebiet wie geschaffen; man zählte
1876: 142,000
Pferde, 497,000
Stück Hornvieh, 1,386,000
Schafe, 52,800
Ziegen, 52,000
Schweine, 58,000
Kamele. Im J. 1882 hatten
im
Gouvernement von den frühern gutsherrlichen Leibeignen erst 1916 das Eigentumsrecht an den Ländereien erworben und
standen 3458 noch in zeitweilig verpflichtenden Beziehungen zum Gutsbesitzer.
¶
Die gleichnamige Hauptstadt des Gouvernements (im Mittelalter Dschitarchan und Ginterchan) liegt unter
41° 39' nördl. Br. und 42° 58' östl. L. v. Gr., zwischen den Mündungsarmen
der Wolga, 66 km von deren Mündung, auf der hügeligen Wolgainsel Seitza, von Obst- und Weingärten umgeben, und ist eine
der reichsten und größten Städte Rußlands. Sie besteht aus der Festung
[* 29] (Kreml), der Weißen Stadt (Beloigorod) und 16 Vorstädten
(Sloboden); aber nur der Kreml und die Weiße Stadt haben Steinhäuser, die Sloboden, von denen die kasanische, sibirische und
tatarische die größten sind, enthalten nur hölzerne Gebäude und unregelmäßige, kotige und ungepflasterte Straßen.
Mittendurch zieht sich der Länge nach ein Kanal,
[* 30] welcher den Wolgaarm Kutum mit der Wolga verbindet. Die
Stadt hat 37 griechische, 2 katholische, 1 protestantische und 4 armenische Kirchen, 15 Moscheen und eine lamaitische Pagode.
Die schönste Kirche ist die auf dem höchsten Hügel im Kreml befindliche Kathedrale mit fünf Kuppeln, 1696 unter Peter d. Gr.
erbaut. Wissenschaftliche Anstalten sind 1 Priesterseminar, 2 Kreisschulen, 1 Gymnasium, 1 armenische
Schule und zahlreiche andre Unterrichtsanstalten, 1 botanischer Garten
[* 31] und 1 Gouvernementsbibliothek.
GroßeMessen versammeln viele Tausende von Menschen, und drei große Bazare oder Chane sind nach asiatischer
Art für die vornehmsten Handelsgeschäfte bestimmt. Die Hauptartikel der Einfuhr sind Rohbaumwolle, Früchte und Fische, die
der AusfuhrWoll- und Baumwollwaren, unbearbeitete Metalle, Metallwaren und Thongeschirre. Der Wert derEinfuhr belief sich 1881 auf 3 Mill.,
der der Ausfuhr auf 2,6 Mill. Rub. Auch die Industrie ist beträchtlich; sie erstreckt sich auf Schiffbau,
Färberei, Seidenmanufaktur, Chagrinbereitung (aus den harten Rückenstücken von Pferdehäuten), Talgschmelzerei, Thransiederei,
Seifenfabrikation
(sogen. tatarische Seife aus Seehundsthran) etc. Von außerordentlichem Belang ist der Fischfang.
Die hiesigen Fischereien, nächst denen von Neufundland die größten der Welt, werden von der Krone verpachtet,
beschäftigen viele Tausende von Menschen und liefern im Durchschnitt jährlich über 100,000 Hausen, 300,000 Störe (für Kaviarbereitung
ist der wichtigste Ort Rußlands), 1½ Mill. Serugen und eine ungeheure Menge kleinerer Fische; auch der Robbenschlag ist sehr
bedeutend. Astrachan ist Sitz eines griechisch-katholischen und eines armenischen Erzbischofs und einer lamaitischen
geistlichen Vorsteherschaft, ferner Sitz der Admiralität, welcher die Kaspiflotte, die Schiffswerfte und das kaiserliche
Kontor der Fischerei unterstellt sind. In der Nähe der Stadt ziehen die Tataren viele und vorzügliche Küchengewächse und
Obst, namentlich Weintrauben, Melonen und Arbusen; die Trauben von Astrachan sind berühmt und werden durch ganz
Rußland versandt.
Astrachan wird von arabischen Schriftstellern unter dem Namen Torgichan schon frühzeitig erwähnt und war im 13. und 14. Jahrh.
ein Sammelplatz indischer Waren. Der tatarische Eroberer Timur zerstörte die Stadt 1395; aber schon 1475 taucht sie wieder
als ein auch von Russen stark besuchter wichtiger Handelsplatz auf, und 1485 wurde sie Sitz eines tatarischen
Chans. Im J. 1554 eroberte der ZarIwan Wasiljewitsch IV. es brach indessen gleich darauf ein Aufstand aus, und Astrachan mußte 1557 zum
zweitenmal endgültig erobert werden und bildete fortan die Hauptstadt des Zartums Astrachan, welches die jetzigen
Gouvernements Astrachan, Samara, Orenburg, Saratow und Stawropol umfaßte. Im 17. Jahrh. war Astrachan vielfach den Eroberungszügen
mancher Rebellenscharen ausgesetzt. So zogen die aufrührerischen Kosaken 1670 unter Stenka (Stephan) Razin vor Astrachan; mit 2600 Strelitzen
und 50 Feldstücken zog ihnen der Gouverneur entgegen.
Doch gingen die Strelitzen zu den Aufrührern über, und die Thore der Stadt wurden durch Verrat geöffnet.
Bei seinem Einzug verfuhr Stenka grausam gegen die russischen Beamten, verließ aber die Stadt wieder und wurde
bald darauf ergriffen und hingerichtet. Im J. 1693 ward die Stadt von einer Pest heimgesucht. Im J. 1705 hatte Peter d. Gr.
hier einen Aufstand zu bekämpfen, welcher vornehmlich von den Sektierern (Raskolniken) ausging. Katharina
II. gewährte jedem Fremden, der sich in Astrachan selbst oder in dessen Gebiet niederlassen und Fabriken errichten würde, eine 30jährige
Abgaben- und vollkommene Gewerbefreiheit, wodurch Astrachan schnell wuchs.