dauernd unterjocht, und
Ägypten
[* 2] behauptete unter
Psammetich seine Unabhängigkeit. Gegen Ende seiner
Regierung begannen die
gefährlichen Einfälle der
Skythen. Assurpanibal starb 626 (625). Er legte im
Palast seines Großvaters
Sanherib zu
Ninive, wo er sich
selbst einen
Palast mit besonders schönen
Reliefs baute, eine große
Bibliothek an, welche ausTausenden
von beschriebenen Thontäfelchen bestand, teilweise
Kopien der altchaldäischen
Bibliothek des
KönigsSargon I. von
Babylon;
dieselben enthalten in
Keilschrift historische, chronologische und geographische Aufzeichnungen,
Lieder,
Hymnen, mathematische
und astronomische
Notizen etc., wurden von
Layard entdeckt und befinden sich jetzt zum Teil im
BritischenMuseum zu
London.
[* 3]
Vgl.
G.
Smith, History of Assurpanibal from cuneiform inscriptions (Lond.
1871, enthält 3000
Zeilen in
Keilschrift).
im engsten und ursprünglichen
Sinn die von dem semitischen
Stamm der Assyrer bewohnte
Ebene zwischen
Tigris
und dem
GroßenZab umNinive, welche bei den Eingebornen selbst
Assur (s. d.) hieß.
Später wurde darunter alles Land zu beiden
Seiten des
Tigris und am
Fuß der
Gebirge bis zum Dialas südwärts verstanden, und noch weitere
Ausdehnung
[* 4] erhielt der
Name,
wenigstens bei den Ausländern, durch die großen
Eroberungen der assyrischen
Könige, welche schon seit dem 13. Jahrh.
v. Chr.
den
Tigris abwärts bis zum
PersischenMeerbusen, im 11. den
Tigris aufwärts gegen W. bis zum obern
Euphrat,
im 10. über das östliche
Kleinasien und im 8. Jahrh. bis an die östlichen
Küsten des
Mittelmeers
[* 5] reichten.
Die Griechen verstanden unter Assyrien meist das syrische
Küsten- und das untere
Euphrat-Tigrisland mit, ja beschränkten zuweilen
den
Namen auf letzteres. Das eigentliche Assyrien ist eine räumlich beschränkte, fruchtbare,
durch viele Gebirgsbäche bewässerte
Ebene, die indessen an
Reichtum sich mit
Babylon nicht messen kann und von niedern Höhenzügen
vielfach durchschnitten ist. Der
Muschelkalk desselben und große Thonlager lieferten gutes Baumaterial, die nahen
GebirgeMarmor,
Alabaster,
Silber,
Kupfer,
[* 6]
Blei
[* 7] und
Eisen,
[* 8] wodurch
Baukunst
[* 9] und
Skulptur mächtig gefördert wurden.
Die wichtigsten
Städte waren
Assur (bei
Xenophon Känä), Kalach, Ninua oder
Ninive, sämtlich am
Tigris gelegen, und
Arbela (das
jetzige Erbil), zwischen den beiden
Flüssen Zab.
Unsre Kenntnis der assyrischen Geschichte ist durch die Entzifferung der Keilinschriften einigermaßen aufgeklärt. Die
Überlieferung der Griechen von der
Gründung des assyrischenReichs und seiner Hauptstadt
Ninive durch
Ninos
(s. d.) und den Eroberungszügen seiner kriegerischen
Witwe, der Halbgöttin
Semiramis (s. d.), der weichlichen Herrschaft
ihres Nachfolgers Ninyas und der Derketaden ist eine
Sage medisch-persischen Ursprunges. Die ältesten Bewohner Assyriens
gehörten wie die
Babylons dem nichtsemitischen
Volk der
Sumerier (s. d.) oder Akkadier an. Nachdem die
Semiten im südlichen
Euphrat- und Tigrisland, in
Babylon, zur Herrschaft gelangt waren, drangen sie auch nach dem obern
Flußgebiet
vor. Um 1900
v. Chr. gründeten sie unter Samsi-Bin, Sohn des Ismidagon, auf dem rechten westlichen
Ufer des
Tigris die Stadt
Assur (jetzt
Ruinen von Kalat Schirgath), welche sie so nach dem Beinamen des babylonischen
GottesEl, »der
Gütige«, benannten; auch Ninua mit einem
Tempel
[* 10] der
GöttinIstar wurde schon damals gegründet, aber erst viel später Hauptstadt.
Einen großen Aufschwung nahm das
Reich unter Assurnasirpal (883-860), der viele Kriegszüge unternahm und bereits den Phönikern
Tribute auferlegte, ferner Kalach neu gründete und den Nordwestpalast daselbst erbaute, und seinem Sohn
Salmanassar II. (860-825),
der 25mal den
Euphrat überschritt und zuerst in
Medien und
Persien
[* 12] einfiel. In seinen
Inschriften werden
auch die
KönigeAhab und
Jehu von
Israel erwähnt. Die Nachfolger hatten genug zu thun, das Erworbene zu behaupten und das
Reich
zu befestigen.
Unter ihm ward Assyrien wirklich eine Weltmacht. Unter
Salmanassar IV. (727-722) empörten sich, auf die
HilfeÄgyptens vertrauend,
die
Philister, Phöniker undHosea von
Israel;
Salmanassar unterdrückte aber den
Aufstand, nahm die Küstenstädte,
belagerte
Tyros, freilich vergeblich, und schloß
Samaria ein, das sich aber erst seinem Nachfolger
Sargon (722-705) ergab.
Dieser schlug die Ägypter 720 bei
Raphia zurück, eroberte
Kypros und unterwarf selbst einen Teil
Arabiens; auch warf er einen
Aufstand derMeder unter Dajauku (Dejokes) nieder und unterjochte von neuem
Babylon.
rissen sich die meisten eroberten Länder von Assyrien los. Indem die Meder unter Kyaxares zuerst die Barbaren besiegten und vertrieben,
wurden sie das mächtigste Volk und vereinigten sich 609 mit dem Unterkönig Nabopolassar von Babylon zum Kriege gegen Assyrien, welcher
nach hartem Kampf 606 mit der EinnahmeNinives und dem Untergang des letzten Königs (Asarhaddon II.) und seines
ganzen Volks endete. Wenn auch die zuerst von Layard aufgedeckten Ruinen ihrer Städte mit ihren Reliefs und Inschriften zeigen,
daß die Assyrer in Architektur, Skulptur, namentlich in der Kriegskunst eine ziemlich hohe Stufe der Bildung erreicht hatten,
so beruhte der Bestand des assyrischen Reichs doch nur auf der Gewalt und dem Schrecken ihrer Waffen;
[* 14] die
Unterwerfung der Völker war nur eine äußerliche, und die militärische Herrschaft eines verhältnismäßig so kleinen Volks
war von jedem Kriegszufall abhängig. Die Assyrer verschwanden aus der Geschichte, das Land fiel an das medische Reich. -
Der Bericht des Ktesias von dem weibischen König Sardanapal (Assurpanibal) ist wieder eine medisch-persische
Sage, welche im Gegensatz zu der mannweiblichen Semiramis, der Gründerin des Reichs, einen weibischen Mann an das Ende der assyrischen
Geschichte stellte, zu dem sie denMythus des semitischen Gottes, der Frauenkleider trug, benutzte.
Über die assyrische Kultur liegt uns ein reicher Schatz von Aufschlüssen in den noch erhaltenen
zahlreichen Monumenten vor. Die bedeutendsten Ausgrabungen sind die der alten, gewaltigen Hauptstadt Ninive beim jetzigen Kujundschik,
die von Dur Sarrukin beim jetzigen Chorsabad und die von Kalach beim heutigen Dorf Nimrud, bestehend in Palästen und Grabmonumenten
(Grabhügel des Ninus). Die Tempel und Paläste, welche sich auf künstlichen Anhöhen erheben, waren aus
Erdziegeln und Balken errichtet, die Wände aber mit großen Kalkstein- oder Alabasterplatten bekleidet, welche sich leicht
bearbeiten ließen und daher mit Bildwerken und Inschriften bedeckt, gewöhnlich auch bemalt waren (s. Tafel »Baukunst II«,
[* 15] Fig. 1-3, und Tafel »Ornamente
[* 16] I«,
[* 13]
Fig. 1-5). An den Eingängen der wegen der kurzen Deckbalken schmalen
Säle und Hallen standen geflügelte Löwen
[* 17] oder Stiere mit Menschenköpfen, Figuren von (Göttern oder Priestern u. dgl. (s.
Tafel »Bildhauerkunst
[* 18] I«,
[* 13]
Fig. 6-9). Da fast jeder König neue Paläste erbaute und an ihren Wänden seine Thaten in
Bild und Schrift verherrlichte, so vertraten diese Monumente die Stelle von Archiv und Chronik des Reichs.
Zugleich treten uns darin die gesamte Lebensweise und Beschäftigung der Assyrer in Krieg und Frieden entgegen. Eine Hauptrolle
spielen die kriegerischen Thaten der Könige, welche überall majestätisch erscheinen, in kriegsgerüsteter Stellung oder
auf dem Thron
[* 19] sitzend, oder wilde Tiere jagend, oder den Göttern opfernd, um sie ein großes Gefolge von
Weibern, Eunuchen und Kriegern zu Fuß, zu Pferd
[* 20] und zu Wagen. Szenen von Schlachten
[* 21] und Belagerungen, Triumphzüge mit gebundenen
Gefangenen, grausame Hinrichtungen rebellischer Fürsten etc. nehmen einen breiten Raum ein, alles bezieht sich auf
den König und seinen Hof.
[* 22]
Die Könige waren unumschränkte Herrscher, welche unter dem unmittelbaren Schutz der Gottheiten selbst deren Gebote ausführten.
Die Zahl der Beamten war eine bedeutende, ihre Reihenfolge genau geordnet: neben dem Feldhauptmann, dem Haremsobersten, dem
Palasthauptmann gab es Landeshauptleute, Präfekten der Städte, Schreiber u. a. Das Kriegswesen war wohlgeordnet
und hoch entwickelt. Das Fußvolk war teils schwer, teils leicht
bewaffnet. Der König und die Fürsten kämpften mit Pfeil
und Bogen
[* 23] von Streitwagen
[* 24] herab.
Auch Reiterei fehlte nicht. Die Assyrer verstanden es, ihr Lager
[* 25] zu befestigen, feindliche Städte mit Einschließungswällen
zu umgeben und mit Belagerungsmaschinen zu bestürmen. In der Schlacht stritten sie in wohlgeordneten
Reihen. Doch sind auch die Beschäftigungen des Friedens und des Privatlebens, wiewohl in geringeren Maß, auf den Bildwerken
vertreten. Wenn die Alten vieles von dem Wohlleben der Assyrer erzählen, so wird dies durch die Monumente bestätigt, wo
oft Gastmahle dargestellt und die Menschen mit reichen, bunten, fein gewobenen und gestickten Gewändern
angethan sind; kostbarer Schmuck fehlt nicht, das Haar
[* 26] ist sorgfältig gepflegt, besonders der Bart, der bis auf die Brust reicht
und in zwei gekräuselte Locken ausläuft; Bart und Kopfhaar sind oft schwarz gefärbt, um den Kopf ist eine geschmückte Binde
geknüpft (s. Tafel »Kostüme
[* 27] I«).
[* 28]
Was den Charakter der assyrischen Kunst betrifft (welche von der babylonischen nicht verschieden war), so ist derselben ein
gewisses starres, stereotypes Wesen eigentümlich; besonders für Hauptfiguren, wie die Könige, bildeten sich typische Formen
aus, die Natur wird möglichst genau nachgeahmt, ohne Freiheit und Individualität; die Tiergestalten, besonders die Figuren
von Löwen, sind künstlerischer als die der Menschen. Alles weist auf eine lange geübte Technik hin, welche mit der Zeit in
einer bestimmten Manier erstarrte.
Die Inschriften sind in der sogen. Keilschrift (s. d.) geschrieben, deren Handhabung besondere
Schriftgelehrte voraussetzt; die Zahl der Zeichen betrug über 400; das Material dazu war Thon, der in nassem Zustand mit einem
Griffel beschrieben und dann gebrannt wurde. Assurpanibal sammelte eine ansehnliche Bibliothek von mehreren Tausend solcher beschriebener
Thontäfelchen, welche teils historischen und geographischen, teils naturwissenschaftlichen Inhalts sind, teils
auch Poesie, Grammatik, Mathematik und Astronomie
[* 33] betreffen (jetzt zum Teil im BritischenMuseum). Die Inschriften finden sich meist
auf vier- bis sechsseitigen, um eine Achse drehbaren Säulen
[* 34] oder Cylindern.