verdankt, lebte um 600 v. Chr. Er soll aus Phrygien stammen und als Sklave mehreren Herren gedient haben, bis ihn der Samier
Iadmon freiließ. Angeblich kam er dann an den Hof des Königs Krösos, dessen Vertrauen er in solchem Maß gewann, daß er ihn
zu mehreren Gesandtschaften benutzte; auf einer derselben nach Delphi wurde von den dortigen Priestern
wegen Gotteslästerung ermordet. Was von seiner Häßlichkeit und Eulenspiegelhaftigkeit gemeldet wird, ist auf Rechnung späterer
Erfindungen zu schreiben.
Sein Name ward in der Folgezeit gleichsam Gattungsname für die Fabeldichtung überhaupt. Äsopos' Fabeln erhielten sich in prosaischer
Form lange nur durch Tradition im Munde des Volks; eine Sammlung derselben soll zuerst Demetrios Phalereus
um 300 v. Chr. veranstaltet haben. Die verschiedenen auf uns gekommenen Sammlungen Äsopischer Fabeln sind teils späte prosaische
Auflösungen der Bearbeitung des Babrios (s. d.) in Choliamben, teils Produkte der Rhetorenschulen aus verschiedener Zeit und
von verschiedenem Wert. Ausgaben besorgten de Furia (Flor. 1810, 2 Bde.), Korais (Par. 1810), Schneider (Bresl.
1812), Halm (»Kritische Zusammenstellung aller bis jetzt bekannten Äsopischen Fabeln«, 2. Aufl., Leipz. 1860). Eine Übersetzung
veröffentlichte Binder (Stuttg. 1869).
Vgl. Grauert, De Aesopo et fabulis Aesopicis (Bonn 1825);
Welcker, Kleine Schriften, Bd. 2 (das.
1847);
Keller, Untersuchung über die Geschichte der griechischen Fabel (Leipz. 1862).
2) Der angebliche Verfasser einer romanhaften Geschichte Alexanders d. Gr., welche um 300 n. Chr. von einem Julius Valerius unter
dem Titel: »Res gestae Alexandri Macedonis translatae ex Aesopo Graeco« ins Lateinische übersetzt worden ist. In neuerer Zeit
ist das griechische Original auf der Pariser Bibliothek entdeckt worden, wo jedoch Kallisthenes (s. d.) als
Verfasser genannt ist.
Vgl. J. ^[Julius] Zacher, Pseudo-Kallisthenes (Halle 1867).
Flecken im russ. Gouvernement Jekaterinoslaw, an einem Arm des Don, unweit dessen Mündung in das Asowsche Meer, war
früher eine wichtige Festung und eine blühende Handelsstadt, ist aber infolge der Versandung des Hafens
in Verfall geraten. Es zählt (1881) 18,738 Einw., welche vornehmlich
Fischsalzerei treiben. Die verfallenen Festungswerke liegen getrennt von der Stadt auf einer Anhöhe. Etwa 15 km nördlich
lag einst die griechische Kolonie Tanais, die wahrscheinlich erst im 3. Jahrh. v. Chr. entstanden ist und im 4. Jahrh.
n. Chr. von den Hunnen zerstört wurde.
Von den Chasaren wurde später eine neue Stadt an der Stätte des heutigen Asow erbaut, welche von einem Fürsten der Polowzer,
Azuf, im 11. Jahrh. ihren Namen erhielt, aber von den Genuesen, die hier zwei Jahrhunderte später eine Faktorei anlegten, Tana
genannt wurde. Von diesen kam Asow 1392 unter die Herrschaft Tamerlans und gehörte dann zu einem aus den
Küstenländern des Asowschen Meers und der Krim gebildeten Chanat, bis es 1471 von Mohammed II. der türkischen Herrschaft unterworfen
wurde.
Seitdem war es jahrhundertelang der Zankapfel zwischen Russen und Türken. Nachdem die Kosaken schon 1572 und
dann 1637-42 vorübergehend den Platz besetzt hatten, erfolgte seine Einnahme 1696 durch Peter I. von Rußland. Doch schon 1712 wurde
Asow an die Türken wieder abgetreten; dann unter der Kaiserin Anna durch Feldmarschall Münnich 1736 nach sechsmonatlicher Belagerung
wiedererobert, ward es im Belgrader Frieden 1739 nur unter der Bedingung behauptet, daß alle Festungswerke
und Handelsgebäude geschleift wurden.
Meer (die Palus Maeotis der Alten), nach der im nordöstlichsten Winkel gelegenen Stadt Asow benannt, ist ein
Busen des Schwarzen Meers und mit diesem durch die Straße von Jenikale oder Kertsch (den Kimmerischen Bosporus der Alten) verbunden.
Es ist im W. vom Gouvernement Taurien (Krim), im N. vom Gouvernement Jekaterinoslaw, im NO. und O. vom Lande
der Donischen und Tschernomorischen Kosaken begrenzt, dehnt sich etwa 150 km von S. nach N. und nahe an 445 km von O. nach
W. aus und hat einen Flächeninhalt von 37,603,9 qkm (683 QM.),
wovon 107,9 qkm auf die Inseln entfallen. Es nimmt aus dem südlichen Rußland den ansehnlichen, fischreichen Don und die kleinern
Flüsse Mys, Jelantschik, Kalmüs, Berda, Molotschnaja, aus der Krim den Salghyr und aus Asien den Kuban, die Beisug, Jeja u. a.
auf.
Unter den Meerbusen ist vorzüglich merkwürdig das Faule Meer (Siwaschsee, s. d.), in welches man durch
die Meerenge von Genitschi gelangt. Der Fischreichtum des Asowschen Meers ist sehr groß, so daß jährlich bedeutende Quantitäten
Leim, Kaviar, getrocknete und gesalzene Fische aus demselben zur Ausfuhr kommen. Seine größte Tiefe beträgt nur 16 m und sinkt
auf der Reede von Taganrog auf 3½ m herab. Diese Seichtigkeit, verbunden mit dem Umstand, daß es vom
November bis April meist mit Eis bedeckt und stets von heftigen Stürmen heimgesucht ist, setzt der Schiffahrt und dem Handel
große Gefahren und Beschränkungen entgegen.
Seine Zentralpunkte sind die Häfen von Berdjansk, Mariupol und besonders Taganrog (s. die einzelnen Artikel).
Leider macht sich bei letzterm Hafen eine auffallende Abnahme des Meers bemerklich, so daß größere Schiffe jetzt bis 30 km
vom Land entfernt ankern müssen. Den höchsten Wasserstand erreicht das Meer im Mai nach der Schneeschmelze. Oft ist die
Höhe des Wasserstandes von der Windrichtung abhängig. Genaue Messungen haben ergeben, daß das
Niveau des Asowschen Meers bei der Meerenge von Kertsch um 1,45 m höher liegt als das des Schwarzen Meers. Im Mittelalter hatten
Venezianer, Genuesen und Pisaner bedeutende Niederlassungen an den Küsten des Asowschen Meers gegründet, unter denen Tana (s.
Asow) die größte Handelsberühmtheit erlangte. Während des Krimkriegs wurde im Mai 1855 von den Westmächten
eine Expedition unter Lyons und Canrobert nach Kertsch und dem Asowschen Meer unternommen, die von seiten der Russen keinen bedeutenden
Widerstand fand, so daß nicht nur die auf dem Asowschen Meer befindlichen Kriegsdampfer und zahlreiche Handelsfahrzeuge, sondern
auch mehrere Küstenplätze zerstört wurden.
Steppen, die dürren, unfruchtbaren, höchstens als Viehweiden zu benutzenden Ebenen am untern Manytsch (s. d.)
und Don bis an das Asowsche Meer. Der Boden, offenbar früher Meeresgrund, unter dessen Oberfläche sandige Kalksteinschichten
liegen, ist Thonsand mit dürftiger Vegetation, von tief einschneidenden, träge dahinschleichenden Bächen durchschnitten.
Dem Ackerbau fast ganz unzugänglich, bieten sie kaum den Herden der Donischen Kosaken, von denen sie spärlich
bevölkert sind, einige Nahrung. Dagegen ist die Fischerei im Don, der an vielen Gattungen nutzbarer Fische, besonders an Stören,
reich ist, sehr einträglich.