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nach
Stockholm
[* 2] gebracht. Von dort floh Arnim
im
November 1638, hielt sich einige Zeit verborgen und trat dann als
Generalleutnant
von neuem zugleich in kaiserliche und kursächsische
Dienste.
[* 3] Mit der
Bildung eines neuen
Heers beschäftigt, starb er in
Dresden.
[* 4] Über sein
Verhältnis zu
Wallenstein vgl. die
»Briefe
Wallensteins«, herausgegeben von
Förster (Berl.
1828, 3 Bde.);
Helbig,
Wallenstein und Arnim
1632-34
(Dresd. 1850),
und Hallwich im »Archiv für sächsische Geschichte«, Bd. 8, 1870.
2) Ludwig Achim von, Dichter der romantischen Schule, geb. zu Berlin, [* 5] studierte in Göttingen [* 6] Naturwissenschaften und veröffentlichte selbst eine »Theorie der elektrischen Erscheinungen« (Halle [* 7] 1799),
wendete sich aber bald
ausschließlich der poetischen
Produktion zu, ließ sich nach mehrfachen
Reisen 1806 in
Heidelberg
[* 8] nieder, wo er, mit
Klemens
Brentano eng befreundet, die
»Zeitung für
Einsiedler« (deren
Titel dann poetischer in »Trost-Einsamkeit« umgewandelt ward; neu
herausgeg. von
Pfaff,
Heidelberg 1883) herausgab und mit
Brentano jene vielberufene Sammlung der ältern
deutschen
Volkslieder: »Des
Knaben Wunderhorn« (das. 1808-19, 3 Bde.;
einen vierten
Band
[* 9] gab Erck 1853 aus Arnims
Nachlaß heraus; neueste
Ausgabe des Werks von
Birlinger und Crecelius, Wiesb. 1873)
veranstaltete, deren
Verdienst es bleibt, zuerst wieder die vergessenen
Schätze der deutschen Volkslyrik erschlossen zu haben.
Inzwischen war Arnim
mit selbständigen
Arbeiten hervorgetreten und entfaltete bald eine nimmer rastende Schöpfungslust. Die
anonym erschienenen Jugendromane: »Hollins Liebeleben«
(Götting. 1802) und
»Ariels
Offenbarungen« (das. 1804) zeigten schon
die reiche
Phantasie und phantastische
Willkür, welche den begabten Dichter nie verlassen sollten. Die Novellensammlung »Der
Wintergarten« (Berl. 1809) erneuerte vergessene
Erzählungen; höher stand der
Roman
»Armut,
Reichtum,
Schuld
und
Buße der Gräfin
Dolores. Eine wahre Geschichte, zur lehrreichen Unterhaltung armer
Fräulein aufgeschrieben« (das. 1810, 2 Bde.).
Er schilderte zwar nicht ohne phantastisches und selbst gespenstisch-spukhaftes
Beiwerk, aber im ganzen mit lebendigen Meisterzügen
und echt dichterischer
Stimmung die
Geschicke einer edlen, aber wilden, heißblütigen Frauennatur, die,
aus tiefster
Armut zu glänzenden Verhältnissen erhoben, von der neuen
Welt des
Scheins überwältigt, zu einer
Untreue gegen
ihren Gemahl verleitet wird, welche sie tief und bitter zu büßen hat.
Obwohl ihr der Gemahl vergibt, sich mit ihr aussöhnt und ferner in glücklicher, kindergesegneter
Ehe
mit ihr lebt, so nagt der
Wurm
[* 10] der schlimmen
Erinnerung an ihr, und da sie durch ein Mißverständnis wähnt, daß ihr Gemahl
ihr untreu sei,
und sie das
Recht verloren hat, ihm darum zu zürnen, so erliegt sie dem nagenden stillen
Kummer, erst im
Tod
zur
Klarheit und innerlichen
Versöhnung gelangend. Im Jahr 1811 verheiratete sich Arnim
mit
Brentanos
Schwester
Elisabeth
(Bettina), lebte von da an teils in
Berlin, teils auf seinem
Gut Wiepersdorf in der
Mark, ununterbrochen poetisch thätig,
überdies durch eine anziehende, im besten
Sinn ritterliche Persönlichkeit hoch ausgezeichnet.
Sein wunderliches
Drama
»Halle und
Jerusalem.
[* 11] Studentenspiel und Pilgerabenteuer«
(Heidelberg 1811) war für
das als geistreich erachtete willkürliche Ineinanderschieben der verschiedensten poetischen
Elemente und
Motive, für die
völlige
Auflösung jeder künstlerischen Form vielleicht die charakteristischte Probe der gesamten romantischen
Dramatik.
Auch die in seiner »Schaubühne«
(Berlin 1813) vereinigten
Dramen schwanken zwischen dem
Ton des
Ernstes und dem toller, phantastischer
Puppenspiele in einer
Weise, welche den rechten
Eindruck gefährdet. Viel glücklicher war Arnim
als Erzähler, wo alle tüchtigen
Eigenschaften seines
Wesens: die kernige Gestaltungskraft, der übersprudelnde
Humor und die tiefe, innige
Empfindung, von der
abspringenden
Laune und der Vorliebe für das
Barocke minder beeinträchtigt werden. Unter seinen
Erzählungen, die teils
einzeln in
Taschenbüchern, teils gesammelt unter den
Titeln: »Vier
Novellen« (Berl. 1811),
»Landhausleben« (Leipz. 1826) und
»Sechs
Erzählungen« (Berl. 1835) erschienen, finden sich Meisterstücke, wie:
»Isabella von
Ägypten«,
[* 12] »Der tolle
Invalid auf
Fort
Ratonneau«, »Die drei liebreichen
Schwestern und der glückliche Färber«, »Die
Kirchenordnung«, »Die Majoratsherren«,
»Fürst
Ganzgott und
Sänger Halbgott« u. a. Seine Hauptschöpfung sollte der historische
Roman »Die Kronenwächter«
werden, dessen erster Teil noch den
Titel:
»Bertholds erstes und zweites
Leben« (Berl. 1817) führte, während ein zweiter,
unfertiger Teil erst aus Arnims
Nachlaß hervortrat.
»Die Kronenwächter« sind ein historischer
Roman von großartiger
Anlage und mächtiger Ausführung; die historischen
Studien
haben sich in
Fleisch und
Blut rein poetischer, selbständiger
Erfindung gewandelt; die bedeutende Zeit, der übergang vom
Mittelalter
zur Neuzeit (Beginn des 16. Jahrh.), ist lebensvoll und farbenreich geschildert, und die ausgeführten
Episoden sind voll
Wärme
[* 13] und Heimatszauber, so daß die Nichtvollendung dieses Werks zu beklagen bleibt. Arnim
starb in
Wiepersdorf. Seine »Sämtlichen Werke« mit einer Vorrede von W.
Grimm (Berl. 1839-46, 19 Bde.;
1853-56, 22 Bde.) fanden nur ungenügende Verbreitung; bessere
wurde den »Ausgewählten
Novellen und
Erzählungen« (das. 1853, 3 Bde.)
zu teil.
3) Elisabeth von, gewöhnlich Bettina genannt, Gattin des vorigen, Schwester von Klemens Brentano, Enkelin der Sophie Laroche, geb. zu Frankfurt [* 14] a. M., verlebte ihre Jugend teils in einem Kloster, teils bei Verwandten in Offenbach [* 15] und Marburg, [* 16] teils in Frankfurt selbst. In ihrer Kindheit schon zu Exzentrizitäten und poetischen Sonderbarkeiten geneigt, gab sie sich, besonders seit ihrer Bekanntschaft mit dem Stiftsfräulein v. Günderode (s. d.), einer Naturschwärmerei hin, die endlich in wirkliche Krankheit ausartete.
Nach dem Tode der Günderode trat sie mit Goethes Mutter in ein enges Freundschaftsverhältnis und faßte zu Goethe selbst, den sie 1807 persönlich kennen lernte, nachdem sie schon vorher in Briefwechsel mit ihm gestanden hatte, eine Neigung, die der Dichter zwar freundlich duldete, jedoch nicht erwiderte. Nach ihrer Verheiratung (1811) lebte sie, nachdem sie mit Goethe vollständig gebrochen, teils in Berlin, teils zu Wiepersdorf, dem Gut ihres Gatten. Erst nach dessen Tode trat sie als Schriftstellerin auf; dabei faßte sie lebhaftes Interesse für die sozial-politischen Zeiterscheinungen, gab sich in Berlin mit großem Eifer der Sorge für Arme und Kranke hin und nahm an den Hoffnungen und Erregungen des Jahrs 1848 einen Anteil, der ihr in den höhern Kreisen sehr schadete. Sie starb in Berlin. Man hat Bettina mit Recht die »Sibylle der romantischen Litteraturperiode« genannt Ihre Werke sind Phantasien, geniale Improvisationen, in einem schwunghaften und blütenreichen, oft auch verworren stammelnden und pythisch-dunkeln Stil abgefaßt. So das bekannte Buch »Goethes Briefwechsel mit einem Kind« (Berl. 1835, 3 Bde.), das ¶
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lange für einen authentischen Briefwechsel genommen wurde, aber sich nach den neuesten Ermittelungen als ein Werk der Phantasie herausgestellt hat, worin sich ein Teil von Goethes Sonetten in Prosa aufgelöst findet; ebenso das Buch »Die Günderode« (Grünb. 1840, 2 Bde.),
das eine ähnliche Mischung von Erinnerungen und Phantasien enthält. Später erschienen: »Dies Buch gehört dem König« (Berl. 1843, 2 Bde.),
worin die Frage des Pauperismus und sozialen Elends zu lösen versucht wird;
»Klemens Brentanos Frühlingskranz« (Charlottenb. 1844),
dem Andenken ihres Bruders gewidmet;
ferner: »Ilius Pamphilius und die Ambrosia« (Berl. 1848, 2 Bde.),
wieder ein »Briefwechsel«, der eine Art Herzensverhältnis (zum jungen Dichter Phil. Nathusius) zum Inhalt hat;
endlich die dunkeln »Gespräche mit Dämonen. Des Königsbuchs zweiter Teil« (das. 1852).
Ihre »Sämtlichen Werke« erschienen in 11 Bänden (Berl. 1853).
Vgl. »Goethes Briefe an Sophie Laroche und Bettina Brentano« (hrsg. von Löper, Berl. 1879). -
Ihre jüngste Tochter, Gisela, jetzt Gattin des Kunsthistorikers und Dichters Herman Grimm, hat sich als dramatische Schriftstellerin versucht; ihre »Dramatischen Werke« erschienen in 3 Bänden (Bonn [* 18] u. Berl. 1857-65),
wozu als 4. Band die dramatische Erzählung »Wie es unterdessen daheim war« (Berl. 1875) kam.
4) Heinrich Friedrich, Graf von Arni
m-Heinrichsdorf-Werbelow, preuß. Staatsmann, geb. zu
Werbelow in der Ukermark, machte die Befreiungskriege mit und betrat dann die diplomatische Laufbahn. Nachdem
er Legationssekretär in Stockholm und in Paris
[* 19] gewesen, fungierte er seit 1831 als preußischer Gesandter in Brüssel,
[* 20] seit 1841 (in
den preuß. Grafenstand erhoben) in Paris, 1845-48 in Wien,
[* 21] wo er sich ganz im Geleise der Metternichschen
Politik bewegte. Am zum Minister des Auswärtigen ernannt, trat er bereits 3. Mai von dieser Stelle zurück, da er mit
der damaligen deutschen Politik des Ministeriums nicht einverstanden war. Von 1851 bis 1857 wieder preußischer Gesandter in
Wien, förderte er, soviel er konnte, das gute Einvernehmen mit Österreich,
[* 22] in dem er stets einen unentbehrlichen
Alliierten Preußens
[* 23] erblickte. Er starb
5) Heinrich Alexander, Freiherr von, aus dem Haus Arni
m-Suckow, preuß. Staatsmann, geb. zu Berlin, erhielt seine Bildung
in dem Pädagogium zu Halle, trat 1814 in die Landwehrreiterei der Ukermark und machte mit fünf Brüdern
die Freiheitskriege mit. Seit 1820 im preußischen Staatsdienst, war er erst Gesandtschaftsattaché in der Schweiz,
[* 24] dann Legationssekretär
in München,
[* 25] Kopenhagen
[* 26] und Neapel
[* 27] und ward 1829 zum Geschäftsträger in Darmstadt
[* 28] ernannt.
Nachdem er hier erfolgreich für die Bildung des Zollvereins gewirkt hatte, wurde er 1834 als vortragender Rat in das Ministerium des Auswärtigen berufen, von Friedrich Wilhelm IV. aber, mit dem er in näherm persönlichen Verkehr stand, 1840 zum Gesandten in Brüssel, 1846 in Paris ernannt. In diesen Stellungen erwarb er sich großes Verdienst durch energische Vertretung der Handelsinteressen Deutschlands, [* 29] namentlich durch Zustandebringen des belgisch-preußischen Handelsvertrags vom und durch die Entschiedenheit, mit der er sowohl amtlich als auch in seiner Schrift »Mein handelspolitisches Testament« (Berl. 1844) den herrschenden schutzzöllnerischen Ansichten entgegentrat.
Nach dem Sturz des Julikönigtums (Februar 1848) eilte er nach Berlin und überreichte dem König 17. März eine Denkschrift, worin
er auf liberale Reformen
und Befolgung einer deutsch-nationalen Politik drang. Von ihm ging die bedeutsame
Manifestation des Königs für die deutsche Sache (21. März) aus. An demselben Tag trat er als Minister des Auswärtigen in das zuerst
vom Grafen Arni
m-Boitzenburg, dann von Camphausen geleitete neue Ministerium, welches jedoch bereits 20. Juni zurücktrat. Arnim lebte
darauf eine Zeitlang als Privatmann zu Neuwied und bemühte sich, durch einige Flugschriften (»Frankfurt und Berlin«, Frankf.
1848; »Über die Mediatisationsfrage«, das.
1849) auf eine vermittelnde Lösung der deutschen Frage hinzuwirken.
Von 1849 bis 1851 Mitglied der Ersten Kammer, hielt er zur deutsch-konstitutionellen Partei und bekämpfte die innere wie die kraftlose auswärtige Politik der nunmehr siegreichen Reaktion in energischter Weise. Noch größern Eindruck als seine Reden und Anträge machte die Veröffentlichung einiger »ungehaltener« Reden (»Zur Politik der Epigonen in Preußen«, [* 30] Berl. 1850; »Zur Politik der Konterrevolution in Preußen«, das. 1851). Wegen der letztern Flugschrift wurde Arnim auf Betreiben der Feudalpartei vor Gericht gestellt und trotz einer glänzenden, von ihm später veröffentlichten Verteidigung zu einer Geldstrafe verurteilt.
Seitdem lebte er fern vom politischen Schauplatz, bis er nach dem Sturz des Ministeriums Manteuffel 1858 von einem Berliner [* 31] Wahlbezirk zum Landtagsabgeordneten gewählt ward. Doch war er durch Kränklichkeit verhindert, der damals anhebenden neuen Epoche des preußischen Staatslebens seine volle Kraft [* 32] zu widmen. Er starb in Düsseldorf. [* 33] Ausgebreitete Kenntnisse, Welterfahrung und Freimut verschafften ihm schon frühzeitig ein bedeutendes persönliches Ansehen.
6) Adolf Heinrich, Graf von Arnim-Boitzenburg, preuß. Staatsmann, geb. zu Berlin, trat, nachdem er seine akademischen Studien in Göttingen und Berlin vollendet, obwohl er Besitzer des großen Boitzenburger Majorats war, in den preußischen Staatsdienst, ward Landrat in der Ukermark und 1833 Regierungspräsident in Stralsund. [* 34] Später ward er in gleicher Eigenschaft nach Aachen [* 35] versetzt, wo es seiner Gewandtheit gelang, trotz der damals schwebenden Differenzen zwischen dem Staat und der katholischen Kirche ein wenigstens äußerlich befriedigendes Einvernehmen zwischen beiden Parteien zu erhalten. Im J. 1839 ward er als Regierungspräsident nach Merseburg [* 36] versetzt, 1840 zum Oberpräsidenten der Provinz Posen [* 37] und 1842 zum Minister des Innern ernannt.
Wenn er auch seine Amtsführung mit einer sehr bedeutenden Beschränkung der geheimen Polizei begann, so regierte er dem Wunsch des Königs gemäß doch streng absolutistisch. Dennoch stand er den liberalen Ideen keineswegs feindlich gegenüber, sondern wünschte vielmehr die Einführung einer Verfassung, in der er freilich dem aristokratischen Element einen hervorragenden Einfluß gesichert wissen wollte. Da es ihm nicht gelang, den König für seine Ansichten zu gewinnen, schied er 1845 aus dem Staatsdienst.
Seit 1847 Mitglied der Herrenkurie des vereinigten Landtags, ward er vom König an die Spitze eines neuen Kabinetts berufen, unterzeichnete zwar die königliche Proklamation vom 21. März, hielt aber den Eintritt liberaler Oppositionsführer in das Ministerium für notwendig und schied, um diesen zu ermöglichen, schon 29. März aus dem Ministerium wieder aus. Zum Mitglied der deutschen Nationalversammlung gewählt, legte er sein Mandat bald nieder, weil ihm der dort wehende Geist nicht behagte. Die Interessen des ¶