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seinen Weg durch den sogen. Teutoburger Wald (wahrscheinlich den heutigen Osning). Arminius mit seinen Genossen hatte sich von ihm getrennt unter dem Vorgeben, daß er die deutschen Hilfsvölker zusammenziehen und ihm nachfolgen wolle. Als aber das durch Troß und Gepäck beschwerte römische Heer sich durch die engen, weglosen, von bewaldeten Höhen eingeschlossenen Thäler mühsam durchwand, sah es sich plötzlich von allen Seiten von den Deutschen angefallen. Nur langsam und unter großen Verlusten setzte es seinen Marsch am ersten Tag fort; am zweiten Tag wurden die Verluste und Bedrängnisse durch den Feind und durch Regen und Sturm immer größer, so daß Varus am Abend schon nicht mehr im stande war, ein festes Lager [* 2] aufzuschlagen; am dritten Tag aber wurde die Widerstandskraft der Römer [* 3] völlig gebrochen, Varus stürzte sich in Verzweiflung in sein Schwert, und bis auf einen kleinen Teil, der sich durch die Flucht rettete, wurde das ganze Heer von drei Legionen nebst zugehöriger Reiterei und Hilfsmannschaft, zusammen etwa 40,000 Mann, vernichtet.
Die Feste Aliso, welche die Römer auf deutschem Gebiet errichtet, wurde nun eilends von der römischen Besatzung verlassen, und so war Deutschland [* 4] bis an den Rhein vollständig befreit. Die Nachricht von dieser Niederlage erregte in Rom [* 5] den größten Schrecken; man fürchtete, daß die Deutschen den Rhein überschreiten und in Gallien den Aufstand gegen Rom entzünden möchten; Augustus soll sein Kleid zerrissen und ausgerufen haben: »Varus ! Varus ! gib mir meine Legionen wieder!« Es wurden daher die umfassendsten Anstalten zur Gegenwehr getroffen, in den Jahren 10 und 11 übernahm Tiberius den Schutz der gefährdeten Rheingrenze und machte sogar einige Einfälle, obwohl ohne erheblichen Erfolg, in deutsches Gebiet.
Indessen begnügte man sich auf beiden Seiten zunächst mit der Behauptung der Rheingrenzen, bis im Jahr 14 der Kampf durch einen Angriff der Römer erneuert wurde. In diesem Jahr machte Germanicus, der Sohn des Drusus, um die aufrührerischen Legionen zu beschäftigen, einen Streifzug in das Gebiet der Marser, das er, ohne Widerstand zu finden, mordend und zerstörend durchzog, und in der ersten Hälfte des folgenden Jahrs unternahm er in gleicher Weise einen Zug in das Gebiet der Katten, wobei er Gelegenheit fand, den Schwiegervater und Gegner des Arminius, Segestes, der von Arminius belagert wurde, zu befreien und ihn nebst seiner Tochter Thusnelda, der mit ihrem Gatten gleichgesinnten Gemahlin des in seine Gewalt zu bringen.
Der Hauptplan des Germanicus aber war gegen die Cherusker, die Besieger des Varus, gerichtet. Deshalb führte er noch im J. 15 vier Legionen zu Schiffe [* 6] nach der Mündung der Ems, [* 7] und hier trafen auch vier andre Legionen unter Cäcina und die Reiterei, welche den Weg zu Lande zurückgelegt hatten, mit ihm zusammen. Mit dieser gewaltigen Streitmacht suchte er den Arminius auf, der sich zunächst vor ihm zurückzog; endlich stieß er auf ihn und lieferte ihm eine Schlacht, die nach blutigem Kampf ohne entscheidenden Erfolg blieb.
Auch im folgenden Jahr machte Germanicus erst einige Streifzüge in deutsches Gebiet. Nachdem aber mittlerweile eine Flotte von 1000 Schiffen ausgerüstet worden, führte er auf dieser seine gesamten Streitkräfte wiederum nach der Mündung der Ems, richtete dann seinen Marsch südöstlich nach der Weser und traf hier die Feinde auf dem jenseitigen Ufer versammelt, überschritt den Strom und lieferte ihnen auf dem Idistavisofeld (in der Gegend von Minden [* 8] und Hameln) [* 9] eine blutige Schlacht, die hauptsächlich infolge des Ungestüms der Deutschen mit einer großen Niederlage derselben endete.
Noch einmal sammelten sich die Deutschen stromabwärts der Weser (wahrscheinlich in der Gegend des Steinhuder Meers), und es kam zu einer zweiten Schlacht, in der sich zwar die Römer den Sieg zuschrieben, die aber doch nur die Folge hatte, daß Germanicus über den Rhein zurückging. Es ist zweifelhaft, ob Germanicus bei einer Fortsetzung der Angriffe sein Ziel erreicht haben würde. Jedenfalls wurde seinen Unternehmungen durch den argwöhnischen Tiberius, der ihn vom Oberbefehl abrief, das Ziel gesetzt, und so war die Freiheit der Deutschen auch aus dieser Gefahr errettet.
Von Arminius wird uns noch berichtet, daß er im J. 17 einen Krieg mit dem Markomannenkönig Maroboduus bestand, der, wenn auch nicht unmittelbar, den Sturz des letztern herbeiführte, und daß er im J. 19 im 37. Lebensjahr auf Anstiften seiner Verwandten, die ihn des Strebens nach der Königsherrschaft beschuldigten, den Tod fand. - Das von dem Bildhauer E. v. Bandel (s. d.) 1838 begonnene, 1844 im Unterbau vollendete kolossale Nationaldenkmal des Arminius auf der Grotenburg bei Detmold [* 10] wurde in Gegenwart des deutschen Kaisers feierlich enthüllt.
Hauptquellen für die Geschichte des Arminius sind Tacitus' »Annales« (I, 55-70; II, 7-23, 45, 46, 88), Vellejus Paterculus (II, 107-120), Florus (IV, 12, 9), Dio Cassius (LVI, 18-24), Sueton (Aug. 23), Strabon (Rer. geogr. VII, 1). Von neuern Bearbeitungen der Geschichte des Arminius heben wir hervor: Fr. Roth, Hermann und Marbod (Stuttg. 1817);
König, Armin der Cherusker (Leipz. 1840);
Böttger, Hermann der Cheruskerfürst (Hannov. 1874).
Als Stoff zu dramatischen Dichtungen ist die Hermannsschlacht namentlich von Klopstock, H. v. Kleist und Grabbe behandelt worden.