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heimsuchten, sowie innere Zerwürfnisse, besonders infolge der Einmischung der Päpste in die kirchlichen Angelegenheiten
Armeniens, wodurch die Kraft des Reichs gebrochen wurde, so daß es 1375 dem Angriff des ägyptischen Sultans Schaban erlag.
Der letzte König, Leo VI., aus dem Haus der Könige von Cypern aus dem Geschlecht Lusignan, mütterlicherseits
von den Rhupeniden abstammend, fiel in ägyptische Gefangenschaft und begab sich nach seiner Freilassung nach Paris, wo er 1393 starb.
Kleinarmenien wurde nun ägyptische Provinz und von Statthaltern, die zu Sis residierten, regiert. Im J. 1403 brachen die Turkmenen
in Armenien ein und machten sich zu Herren des Landes, zuerst die Turkmenendynastie Kara Koinlu (»der schwarze
Hammel«),
dann die Turkmenendynastie Ak Koinlu (»der weiße Hammel«),
seit 1468. Nach dem Sturz dieser Dynastien machten sich
die Perser zu Herren von Armenien, wurden jedoch zu Anfang des 16. Jahrh. durch die Türken verdrängt, unter deren Botmäßigkeit
das Land zum großen Teil noch jetzt steht.
Bis zur Besitznahme der Provinz Eriwan durch Rußland hatte man von Armenien nur lückenhafte Kunde. Die Reisenden Hardin, Tournefort
und der deutsche Gelehrte Olearius haben in den vorigen Jahrhunderten dieses Land flüchtig durchzogen und noch flüchtiger
beschrieben. Morier, Ker Porter, William Ouseley verweilten zu Anfang dieses Jahrhunderts in der Nähe des
Ararat und haben Beschreibungen jener Gegend geliefert, die aber alle ungenügend sind. Als die Russen in Armenien Sicherheit der
Straßen hergestellt hatten, kamen auch die Männer der Wissenschaft, die Natur- und Altertumsforscher, um das merkwürdige Land
näher zu untersuchen.
Der Dorpater Professor Parrot bereiste mit seinen Begleitern Behages und Federow Armenien 1829, bestieg und maß
die beiden Araratkegel und veröffentlichte das erste wissenschaftliche Werk (»Reise zum Ararat«, Berl. 1834, 2 Bde.).
Wenige Jahre später bereiste der Archäolog und Naturforscher Dubois de Montperreux dieselben Gegenden. Ihm folgten Karl Koch
(»Wanderungen im Orient«, Bd. 2 u. 3,
Weim. 1846-47),
Szowitsch, Carteron, Woskobrinikow, Kolenati, Brosset (»Voyage archéologique«, Par. 1849-51),
J. G. Taylor und Strecker (»Zur Geographie von Hocharmenien«, in der »Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde« 1869). M. Wagner
(»Reise nach dem Ararat und dem Hochland Armenien«, Stuttg. 1848) besuchte zuerst die durch kurdische Räuberstämme
äußerst unsichere Südseite des Ararat. Abich bereiste seit 1844 den Alagös und die vulkanischen Gruppen
an der Südseite des Göktschasees und hat über die Resultate seiner geologischen Wanderungen interessante Fragmente hinsichtlich
des Gebirgsbaues Armeniens im Bulletin der Petersburger Akademie sowie neuerlich ein zusammenfassendes Werk (»Geologie des armenischen
Hochlandes«, Wien 1882, 1. Hälfte) veröffentlicht.
Neben diesen Forschern haben noch einzelne Sammler im Auftrag der Akademie und des Museums von St. Petersburg
und für Rechnung reicher Besitzer von Privatsammlungen in Moskau, Kiew und Kasan das russische Armenien bereist, so daß die dortige
Flora und Fauna mindestens ebenso genau bekannt geworden sind wie die von Spanien und Portugal. In dieser
Richtung hat durch seine wiederholten Reisen auf türkischer wie russischer Seite Gustav Radde, dessen Sammlungen das Kaukasische
Museum in Tiflis birgt, sich die größten Verdienste erworben. Ein nicht geringer Teil von Türkisch-Armenien ist anläßlich
des letzten Kriegs durch die Russen aufgenommen worden.
Die Geschichte Armeniens ist
mehrfach von armenischen Schriftstellern bearbeitet worden, z. B.
von Arisdag de Lasdiverd (franz. hrsg. von Prudhomme, Par.
1864), Moses von Chorene (deutsch von Lauer, Regensb. 1869), Faustus von Byzanz (deutsch von Lauer, Köln 1879) u. a.
Vgl. Saint-Martin,
Mémoires historiques et géographiques sur l'Arménie (Par. 1818, 2 Bde.);
Curzon, Armenia: a residence at Erzeroum (Lond. 1854);
Lukas Indjidjian, Altarmenien (1822);
Derselbe,
Archäologie von Armenien (Vened. 1836, 3 Bde.);
Langlois, Essai historique et critique sur la constitution sociale et politique de l'Arménie (Petersb.
1860);
»Journal of the London Geogr. Society« (Bd. 3, 6, 10, die Entdeckungen von Monteith, Ainsworth u. a. enthaltend);
Haxthausen,
Transkaukasia (Leipz. 1856, 2 Bde.);
Kiepert, Über älteste Landes- und Volksgeschichte von Armenien (»Monatsberichte der Berliner Akademie«, Berl. 1869);
Creagh, Armenians,
Koords and Turks (Lond. 1880).
Kirche. Die Tradition läßt schon den Apostel Thaddäus das Evangelium in Armenien verkündigen; sicherer ist,
daß Gregor der Erleuchter (s. d.) zu Cäsarea in Kappadokien 302 zum Bischof geweiht, einen großen Teil
des Volks und den König Tiridates bekehrte. In demselben Jahrhundert noch liegen armenische Christen in Athen den Studien ob.
Fester begründet wurde die armenische Kirche dann durch Mesrop, der, zuerst königlicher Sekretär, sich bald gänzlich dem Missionsberuf
widmete.
Auch hier wurde die Bibelübersetzung der Anfang und die Grundlage der Litteratur. Mesrop erfand 440 eine
armenische Buchstabenschrift und gab dem Volk anstatt der unverständlichen altsyrischen eine armenische Bibel. Die Anhänger
des alten Feuerdienstes suchten ihre Stütze bei den Persern, welche nun durch alle Mittel der Güte und der Gewalt das Christentum
auszurotten versuchten und erst 485 nach harten und langwierigen Kämpfen und blutiger Verfolgung Religionsfreiheit
gewährten.
Dieselben begünstigten auch den Monophysitismus, für den sich 500 die Synode zu Thevin aussprach, so daß seither die in armenische Kirche
häretische Sonderstellung geriet. Die politische Abgeschlossenheit trat hinzu. Gleichwohl erhielt sich die litterarische
Betriebsamkeit, und ein ansehnlicher Teil der altkirchlichen Litteratur ist nur in armenischer Sprache
auf uns gekommen. Übrigens wurde an der Aufhebung des Schismas aus kirchlichen und politischen Gründen seit dem 7. Jahrh.
gearbeitet, aber erst in Florenz (1439) kam es zu einer Vereinigung mit der katholischen Kirche, nach welcher die armenische Kirche zwar
die Lehre von den zwei Naturen annehmen, aber sonst ihre nationalen und rituellen Eigentümlichkeiten behalten
sollte. Da dieser Union aber nur die außerhalb Armeniens zerstreuten Glieder der armenischen Kirche beitraten, so entstand eine
Spaltung der letztern in eine katholische oder unierte und eine schismatische.
Beide Parteien stehen sich aufs feindlichste einander gegenüber, so daß die schismatischen Armenier
mehrmals (1815, 1827-28) Verfolgungen ihrer katholischen Landsleute von seiten der Pforte veranlaßten. Zu den unierten Armeniern
gehört der reichste und gebildetste Teil der Nation, auch die Mechitaristen (s. d.), in deren Händen sich fast die ganze armenische
Litteratur befindet. Seit dem neuesten vatikanischen Konzil sind aber auch zwischen ihnen und dem päpstlichen
Stuhl neue Irrungen eingetreten; namentlich die im türkischen Reich lebenden Unierten verwarfen den vom Papst eingesetzten Primas
Hassun. Erst im März 1879 unterwarf sich der Bischof Kupelian, der
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nach dem vatikanischen Konzil von den anti-infallibilistischen Mitgliedern der armenisch-katholischen Kirche zum Patriarchen
gewählt und vom Sultan als solcher anerkannt worden war, dem Papst. Hassun wurde von der Pforte als alleiniges Oberhaupt der
armenisch-katholischen (unierten) Kirche im türkischen Reich anerkannt. Im September 1879 unterwarfen sich auch die übrigen
Antihassunisten (noch 13,000 mit 16 Bischöfen) dem päpstlichen Stuhl. Hassun selbst aber begab sich ein
Jahr darauf gleichfalls nach Rom und legte seine Würde nieder.
Das Dogma und der Ritus der schismatischen Armenier nähern sich dem der alten griechischen Kirche. Den Hauptunterschied von
dieser in ersterer Beziehung bildet die Lehre von der Vermischung der göttlichen und menschlichen Natur
in Christus zu einer einzigen. Eigentümlich ist ihnen bei der Feier der (sieben) Sakramente, daß sie mit der Taufe, bei welcher
der Täufling dreimal besprengt und untergetaucht wird, zugleich die Firmelung verbinden, beim Abendmahl unvermischten Wein
und gesäuertes Brot gebrauchen, welches, in Wein getaucht, herumgereicht wird, und die Letzte Ölung nur
an geistlichen Personen gleich nach dem Tod vornehmen.
Das Oberhaupt (Katholikos) der ganzen schismatischen armenischen Kirche ist der Patriarch von Etschmiadsin, dem ein Rat von Erzbischöfen
und Bischöfen zur Seite steht, und dem die armenischen Patriarchen von Jerusalem und Konstantinopel untergeordnet sind. Der
Bildungsstand der Geistlichen ist gering, ihre Vorbereitung eine mehr äußerliche und asketische. Überhaupt ist die armenische
Geistlichkeit ärmer als jede andre. Die Pfarrer ziehen ihren Unterhalt bloß aus den Almosen, welche bei Taufen, Begräbnissen
und für die Segensgebete gespendet werden, welche zweimal des Jahrs für jedes Haus stattfinden.
Seit 1839 haben protestantische Missionäre besonders der Londoner Gesellschaft begonnen, auf den sehr gesunkenen
Zustand der armenischen Kirche einzuwirken. Sie begegneten dabei zuerst einem plumpen Fanatismus, doch bildeten sich protestantische
Gemeinden zu Erzerum und Trapezunt. Bedeutender noch ist die evangelische Bewegung unter den Armeniern in Konstantinopel.
Vgl.
Hamachod, Chronological succession of Armenian patriarchs (Lond. 1865);
Malan, Divine liturgy of the Armenian
church (das. 1870);
Troitzky, Der Ritus der armenischen Kirche (in russ. Sprache, 1875).