den. Der Schnäpper oder Balester (s. Abbildung) mit kurzem Stahlbogen hatte eine Vorrichtung, die Sehne oder den Spannhebel
beim Spannen in den Einschnitt einschnappen zu lassen. Zuweilen besaß die Armbrust eine bedeckte Rinne oder einen cylindrischen
eisernen Lauf mit Sehnenschlitz, und aus diesem Kugelschnäpper wurden Kugeln aus gebranntem Thon, Marmor
oder Blei mit solcher Kraft geschossen, daß sie noch auf 250 Schritt einen Panzer durchdrangen. Hieraus erklärt sich auch,
weshalb die Armbrust noch lange neben dem Feuergewehr als Schußwaffe bevorzugt wurde. Erst gegen Mitte des 16. Jahrh.
verschwand sie aus den Heeren, hat sich aber bei Schützenfesten noch lange, in der Schweiz bis heute erhalten.
(franz., v. mittellat.
armata, »bewaffnete Mächte«),
s. v. w. Kriegsheer, eine in Deutschland erst seit dem Dreißigjährigen Krieg übliche Bezeichnung,
die ursprünglich, wie das spanische Armada (s. d.), sowohl für Heer als Marine angewendet wurde. Jetzt versteht man unter
Armee sowohl die Landmacht eines Staats als organisiertes Ganze im allgemeinen wie auch Teile eines Heers,
welche einem besondern Oberbefehlshaber unterstellt sind. Man sagt also z. B. »die
preußische Armee« und versteht darunter die Gesamtheit der preußischen Streitkräfte; für kriegerische Operationen werden
aber aus dieser Gesamtheit mehrere Armeen aufgestellt und dann entweder nach der Nummer als 1., 2., 3. Armee, oder
nach dem Kriegsschauplatz (so 1866 die Elbarmee, 1870 die Nordarmee, Maasarmee), oder nach dem Oberbefehlshaber bezeichnet.
Eine solche Armee gliedert sich in Armeekorps und Kavalleriedivisionen.
im Feldzug gegen Frankreich die vier Delegierten des königlichen Kommissars und Militärinspekteurs,
welche den Armeeoberkommandos als leitende Organe für die freiwillige Krankenpflege innerhalb des Verbandes
einer Armee beigegeben waren. Sie hatten sich in engster Verbindung mit den im Rücken der Armee befindlichen Generaletappendelegierten
zu halten und an diese oder direkt an die Landes- und Provinzialdelegierten ihre Requisitionen zu richten, nachdem sie im Einvernehmen
mit den Organen der Militärverwaltung die Bedürfnisse festgestellt, welche für die Verwundeten und Kranken
hervorgetreten waren, und deren Befriedigung der freiwilligen Krankenpflege oblag.
Festungen ersten Ranges, an Zentralpunkten des Landes gelegen und dazu bestimmt, neue Heere zu organisieren,
geschlagene zu retablieren, den Widerstand des Landes zu konzentrieren und so gewissermaßen den Kristallisationspunkt für
die Verteidigung des Staats zu bilden.
ein Heereskörper, welcher nach der ihm innewohnenden Gefechtskraft sowie nach seiner
Ausstattung mit Verwaltungs-, Verpflegungs- und sonstigen Einrichtungen zu selbständigem Auftreten in allen Kriegslagen befähigt
ist, zugleich der größte Truppenverband, dessen Wirksamkeit noch von einer Stelle aus geleitet werden kann. Während bis
zur französischen Revolution die numerische Kleinheit der Heere eine Gliederung in Armeekorps nicht notwendig machte, wurden später,
als ihre Leitung von einer einzigen
(Zentral-) Stelle aus nicht mehr möglich schien, aus allen Waffengattungen
zusammengesetzte Truppenkörper (»Divisionen«) gebildet, von denen dann Napoleon I. wiederum mehrere vereinigte und so die
heutige Teilung starker Heere in einzelne Armeekorps begründete, wobei er jedoch seine Korps je nach den Fähigkeiten der korpsführenden
Marschälle verschieden stark zusammensetzte.
Jetzt ist die dauernde Einteilung der Heere auch im Frieden in Armeekorps, gleichmäßig zu 2 Divisionen mit zugeteilten Spezialwaffen,
in Deutschland normal zu 25 Bataillonen, 24 Eskadrons, 19 Batterien oder 25,000 Mann, 3600 Pferden, 102 Geschützen mit einer Verpflegungsstärke
von rund 36,800 M., 10,250 Pf., in Frankreich 36,300 M., 8300 Pf., Italien 31,000 M., 5940 Pf., Rußland 47,150
M., 10,500 Pf. und Österreich 38,400 M., 8370 Ps. durchgeführt; England hat eine solche Einteilung überhaupt nicht. Die Befehligung
und die Grundaufstellung der s. Generalkommando und Ordre de bataille. Armeekorps und Kavalleriedivisionen bilden die Armeen (s. d.).
Über die Gefechtsstärke der s. Artillerie.
(spr. -manggoh), Jean Germain Désiré, franz. Kunsthistoriker, geb. 1797 zu Castres (Departement Tarn), machte
auf den Museen und Galerien Frankreichs und Europas umfassende Studien, als deren Ergebnis eine Reihe von Werken mit Abbildungen
hervorging, die weite Verbreitung fanden. Wir nennen: »Histoire des peintres de toutes les écoles depuis
la renaissance jusqu'à nos jours« (1849, von Ch. Blanc beendet);
»Les galeries publiques de l'Europe« (1856);
»Les chefs-d'œuvre
de l'art chrétien« (1857);
»Les trésors de l'art« (1859);
»Le Parthénon de l'histoire« (auch als »Les reines du monde«,
1863-64).
Land in Vorderasien, das bis ins Mittelalter zeitweise unter eignen Königen stand, dann seine politische.
Selbständigkeit für immer verlor und gegenwärtig unter Rußland, die Türkei und Persien geteilt ist. Dasselbe umfaßt
das Gebiet zwischen Kleinasien im W. und dem Kaspischen Meer im O. und zwischen dem Kaukasus im N. und dem
Fluß Murad im S. und bildet in diesem Umfang ein in sich geschlossenes Naturganze: eine mächtige, über die umgebenden Länder
emporragende Hochlandsmasse, deren ursprüngliche Bevölkerung durch die von O. einwandernden Haik oder Armenier unterworfen
wurde.
Das Innere dieses Hochlands nehmen 800-2000 m ü. M. gelegene, meist von O. nach W. gestreckte,
weidereiche Hochebenen ein, auf denen sich hier isolierte, bis 5155 m hohe Kegelberge, meist alte Krater, dort lange Gebirgsketten
erheben. Unter letztern ist die vom Ararat bis zum Zusammenfluß der beiden Quellflüsse des Euphrat sich erstreckende Kette,
deren Name vielfach wechselt, die bedeutendste; sie teilt das Land in eine südliche und eine nördliche Hälfte. In der südlichen
liegt die Thalebene des Murad Su oder östlichen Euphrat, bei Musch 1430 m hoch; in der nördlichen sind die Hochebenen von Bajesid,
Erzerum (1860 m), Kars, Achalzych und Eriwan (985 m). Die merkwürdigsten Kegelberge erheben sich auf der
Hochebene von Eriwan: der Große Ararat (5156 m), der Kleine Ararat (4180 m) und der Alaghös (4180 m). Die Ränder des armenischen
Hochlands fallen nach allen Himmelsgegenden, besonders aber
mehr
gegen N. und S., in tiefer liegende Landschaften ab. Der Nordost- und Nordrand zieht von dem Durchbruch des Araxes bis etwa
42° östl. L. v. Gr. von SO.
gegen NW. Gegen N. fällt er zu den Ebenen des Kur und Rion ab, wird im Maximum seiner Annäherung an den Kaukasus zwischen 61 und
62° östl. L. vom Kur durchbrochen und lehnt sich an die Hochebenen von Achalzych, Kars, Eriwan und Nachitschewan an. Dieses Bergland
wird aus mehreren terrassenartig aufsteigenden Parallelketten gebildet und trägt zahlreiche Porphyr-, Basalt- und Trachytberge.
Zwischen den Ketten liegen langgestreckte, wohlbewässerte Hochebenen. Der Südrand liegt zwischen 39 bis 37½°
nördl. Br. und 44 bis 37° östl. L. Die innerste und höchste Kette dieses Berglands ist der Ala Dagh. Dasselbe umgibt mit
seinen beständig in Schnee gehüllten Kalksteinbergen, welche im Tura Dschelu bis 4220 m ansteigen, den Wansee und lehnt sich
im N. unmittelbar an die vom östlichen Euphrat durchflossenen Hochebenen an. Wenige beschwerliche Pässe,
worunter der von Bitlis, führen über die Kette. Im S. des Ala Dagh folgt eine breite Längenstufe, in welcher der Tigris, in der
Thalebene von Diarbekr, nach O., weiter westlich auch der Euphrat auf eine Strecke nach W. fließt. Im S. wird die breite Längenstufe
von dem von O. nach W. ziehenden, bis 1000 m hohen Tûr Addîn (Mons Masius) begrenzt und von der ersten Stufe Mesopotamiens getrennt.
Am Ostrand steigt man aus Aserbeidschân allmählich über mehrere Stufen auf die Hochebenen Armeniens hinauf; kurze, die Terrassen
miteinander verbindende Engpässe führen über dieselben. Am Westrand wird, wie auf der Ostseite, der
Abfall des Hochlands nach dem Gestade des Schwarzen Meers und zu den niedriger liegenden Hochebenen Kleinasiens durch mehrere Stufen
vermittelt.
Zwischen der Hochebene von Erzerum (1965 m) und Trapezunt am Schwarzen Meer, auf einer Entfernung von 185 km, zieht sich eine Bergkette,
über die man in die vom Tscharuch durchflossene Mittelstufe von Baiburt, sowie ein zweiter Gebirgszug
hin, über den man zum pontischen Gestade gelangt. Plutonische Kräfte haben an der Bildung des armenischen Gebirgssystems überwiegenden
Anteil genommen. Die geschichteten neptunischen Formationen und die ältern Bildungen, wie Granit, Syenit, Gabbro etc., sind im
Verhältnis zu den später entstandenen (Trachyt, augitischer Porphyr) schwach repräsentiert.
Die armenischen Gebirge scheinen als Ketten mit dem Kaukasus und den Gebirgen Kleinasiens, Kurdistans und Westpersiens gleiche
Ursachen wie eine gleiche Epoche der Entstehung gehabt zu haben. Das große Hebungssystem aller dieser Gebirge zeigt genau dieselbe
Richtung von SO. nach NW.; der Kern sämtlicher Hauptketten besteht aus Gesteinsmassen, welche petrographisch
entweder identisch oder doch nahe verwandt sind. Nach der Erhebung der armenischen Alpenketten scheint eine Periode vulkanischer
Thätigkeit eingetreten zu sein, welche im eigentlichen Hochland nur einzelne Erhebungskrater inmitten der Kette bildete und
Schlacken und geschmolzenes Gestein aus der Tiefe emporhob.
Übrigens ist der vulkanische Herd Armeniens noch keineswegs erloschen; seine fortdauernde Thätigkeit
gibt sich nicht nur in warmen Mineralquellen (z. B. die Schwefelquellen bei Tiflis von 32,7° C.), sondern auch in den immer
wiederkehrenden Erdbeben kund, deren Hauptfokus der Ararat ist. Armenien ist reich an Metallen. Berühmt sind die Bergwerke zu Gümüschchane,
Kure,
Baiburt etc., welche Silber, Blei, Eisen, Arsenik, Alaun, Steinsalz, besonders aber Kupfer liefern. - Armeniens
Flüsse gehören mit wenigen Ausnahmen zu den Stromsystemen des Euphrat (Tigris), Araxes und Kur, welche sämtlich in Armenien entspringen.
Der Euphrat bildet sich aus zwei Quellflüssen, dem Murad Su oder östlichen und dem Kara Su oder westlichen
Euphrat. Von Malatia bis Gerger durchbricht er den Taurus und bildet eine Reihe von Wasserfällen und Stromschnellen. Der Tigris,
eigentlich schon zu Kurdistan gehörig, entsteht ebenfalls aus zwei Quellflüssen: der östliche, der Schatt, entspringt südlich
vom Wansee;
der westliche, der Arm von Diarbekr, entquillt dem Alindschik Dagh;
der vereinigte Strom durchbricht
die südlichste Tauruskette und beginnt bei Mosul seinen Mittellauf.
Der Aras entspringt zwischen den beiden Euphratarmen und
fließt auf weiter Hochebene gegen O. und SO.; die Quelle des Kur liegt (auf jetzt russischem Gebiet) nordöstlich von Kars.
Außer diesen ist noch der in das Schwarze Meer mündende Tscharuch (Akampsis) zu erwähnen. An größern
Seen enthält den Wansee, auf türkischem, und den Göktscha, auf russischem Gebiet gelegen.
Armenien zerfällt in drei Klimaregionen: in die des Regens mit subtropischem Klima, in die des veränderlichen Niederschlags und
in die des ewigen Schnees. Die erste Region begreift nur das Kurthal von Tiflis bis zum Kaspischen Meer und
die Thallandschaft des obern Tigris; die zweite umfaßt die Hochebenen, die Randgebirge und die Plateauketten Armeniens bis
zu einer absoluten Höhe von etwa 4000 m und bietet sehr viele Abstufungen dar. Während in der Ebene von Karahissar südeuropäisches
Klima herrscht, haben die Mittelstufen der Randgebirge mitteleuropäisches Klima, und die Ernten können
hier erst im August und September eingebracht werden.
Die Hochebenen Armeniens haben im allgemeinen sehr rauhes Klima, besonders lange und strenge Winter und kurze Sommer mit sehr
heißen Tagen, aber immer kalten Nächten; indessen wird das Klima durch die verschiedene absolute Höhe
der Hochebenen bedeutend modifiziert. Ein charakteristischer Zug
des armenischen Himmels besteht in den scharfen Gegensätzen feuchter
Luftschichten von verschiedenen Temperaturen und in der häufigen Ausgleichung derselben durch heftige Entladungen (Schneeschauer
im Winter, Regen- und Hagelschauer im Sommer). Von N. her haben die kalten Nordwinde ungehinderten Zutritt und treten dann den
ohnehin auf dem armenischen Plateau sich abkühlenden Süd- und Ostwinden entgegen, wodurch jene heftigen Stürme erzeugt werden,
welche von jeher die Küstenschiffer des Schwarzen Meers in Schrecken setzten. Die Region des ewigen Schnees begreift die höchsten
Teile des Berglands; sie beginnt am Ararat bei 4000 m, reicht aber im Innern des Landes noch über 800 m
tiefer herab. - Die Pflanzenregionen des armenischen Berglands sind erst ziemlich unvollständig bekannt.
Die untern Regionen der Randgebirge sind mit immergrünen Bäumen bewachsen; in den höhern Regionen findet man wohl kräftigen
Baumwuchs, aber eigentlicher Hochwald vermag sich in größerm Umfang nicht zu entwickeln. Vorherrschende
Waldbäume sind Buche und Eiche zwischen 300 und 1250 m Höhe; Fichte und Ahorn steigen vereinzelt bis 1850 m; als oberster Waldbaum
macht sich die Birke geltend, die bis über 2500 m Höhe erklimmt. Die noch höhern Regionen sind mit Sträuchern und
mehr
Alpenpflanzen bekleidet. Besonders bemerkenswert sind darunter mehrere Pyrethrum-Arten, aus denen das sogen. kaukasische Insektenpulver
fabriziert wird, das, wie auch Galläpfel, einen ansehnlichen Handelsartikel bildet. Obstbäume und Wein kommen nur in absolut
niedrig gelegenen Strichen fort, z. B. bei Eriwan; die höhern Gegenden sind Weideländer oder auch zum Anbau des Getreides
tauglich, wie denn der Weizen bei Erzerum noch in 1900 m Höhe ansehnliche Ernten gibt.
Von der Tierwelt ist in Armenien besonders das Geflügel (Wachteln, rote Gänse oder Enten, Fasanen, Tauben, Störche und Kraniche) sehr
reich vertreten. Von Vierfüßlern finden sich zahlreich Bären, Luchse, Lemminge und mehrere Murmeltierarten; ferner Springmäuse
und auf den höchsten Höhen das wilde Schaf (Ovis gemelii). Füchse, graue Biber, Dachse und Wölfe zeigen
sich gelegentlich. Als Haustiere spielen Büffel und Rindvieh, Pferde, Esel und Kamele, Schafe, Ziegen und Hunde die Hauptrolle.
Im klassischen Altertum unterschied man Großarmenien (Armenia major), die große Osthälfte des Landes, die östlich an
Medien und an das Kaspische Meer, südlich an Mesopotamien und Assyrien grenzte, und Kleinarmenien (Armenia minor), das den kleinern
Gebietsteil westlich vom Euphrat umfaßte. Gegenwärtig ist Armenien unter die oben genannten Mächte geteilt. Das türkische Armenien umfaßt
außer dem alten Kleinarmenien den westlichen Hauptteil von Großarmenien und zwar die Wilajets Wan, Bitlis,
Darsim, Erzerum sowie Teile der Wilajets Diarbekr und Charput (nach der Einteilung vom Jahr 1300 der Hedschra).
Hauptstädte sind hier Erzerum, Wan, Bitlis, Musch etc. Das russische Armenien (früher im Besitz der Perser) begreift den nordöstlichen
Teil des alten Großarmenien und wird der Hauptmasse nach von den Flüssen Kur und Araxes umschlossen; es
bildet die jetzigen Gouvernements Eriwan, Jelissawetpol und Kars sowie Teile des Gouvernements Tiflis. Die bedeutendsten Städte
sind: Tiflis, Kars und Eriwan;
außerdem Gümri (Alexandropol), Jelissawetpol, Nachitschewan, Schuscha u. a. In diesem Teil des
Landes liegen auch die drei alten hochberühmten Klöster: Etschmiadsin, Sitz des Patriarchen von Armenien, Haghpad
und Sanahine.
Der persische Teil von Armenien umfaßt die südöstlichste Ecke des alten Großarmenien und gehört zur Provinz Aserbeidschân.
Die Armenier sind von hoher Statur, brünett und von bedeutender Intelligenz und besitzen aus der Zeit ihrer politischen Selbständigkeit
eine reiche Litteratur. Ebenso haben sie die Lehren der christlichen Religion, die bereits im 2. Jahrh.
zu ihnen kam, in eigentümlicher Weise aufgefaßt und entwickelt und sich in neuerer Zeit auch der evangelischen Lehre zugänglich
gezeigt (s. Armenische Kirche). Sie werden im allgemeinen als verständig, friedliebend, mildthätig, arbeitsam und enthaltsam
geschildert; besonders aber zeichnen sie sich durch ihr Geschick zu kaufmännischen Geschäften aller Art
aus, womit freilich auch jene Fehler verknüpft sind, welche Handelsvölkern eigen zu sein pflegen. In Zusammenhang damit
steht als ein Hauptcharakterzug ihres Wesens die Neigung, sich von ihrer Heimat nach allen Seiten hin zu verbreiten.
Daher kommt es, daß die Armenier schon seit langem nur noch einen Bruchteil der Bevölkerung des Hochlandes
bilden, während man sie zerstreut in fast allen türkischen Provinzen, in Rußland, Persien und Indien, in den großen Handelsstädten
des
Mittelmeers und des österreichischen Kaiserstaats bis nach Westeuropa findet, wo sie als Geldwechsler, Bankiers, Kaufherren
und hausierende Krämer oder auch als Handwerker und Lastträger ihren Erwerb suchen. Aber trotz der weiten
Zerstreuung, in der die Armenier leben, bilden sie überall geschlossene Gemeinwesen, welche ihre nationale Eigentümlichkeit
zu behaupten wissen.
Man schätzt ihre Zahl in Armenien selbst auf höchstens 1 Mill., in Persien und den angrenzenden Gebieten auf 100,000, in der europäischen
Türkei auf 400,000, in Rußland auf ½ Mill., in Indien auf 5000, in Afrika auf ebensoviel, in Siebenbürgen,
Ungarn und Galizien auf 16,000, im übrigen Europa auf 1000. Die Kopfzahl des gesamten Volks dürfte 2½ Mill. kaum erreichen.
In ihrem Heimatsland sind die Armenier meist Hirten und Ackerbauer geblieben. Ihre Kleidung gleicht der der
Türken, nur daß sie statt des Turbans als Kopfbedeckung eine hohe, gerade aufstehende Pelzmütze tragen.
Die Frauen dürfen sich öffentlich nur verhüllt zeigen. Heiraten werden von den Eltern durch Vertrag abgeschlossen, ohne daß
die Beteiligten irgendwie befragt werden, und die Ehe vermag nur der Tod zu lösen; im übrigen gilt die
Frau nicht als Gefährtin des Gatten, sondern als bloße Magd. Um die Hebung der geistigen Bildung des Volks, das im allgemeinen
noch auf einer tiefen Stufe steht, haben sich in neuester Zeit evangelische Missionäre aus Nordamerika verdient gemacht.
Von den Anstalten derselben abgesehen, gibt es in Armenien nur sehr wenige Schulen. Sprache und Litteratur pflegt
am erfolgreichsten die Kongregation der Mechitaristen (s. d.). Außer den eigentlichen Armeniern wohnen im Land als
eingewanderte Völkerschaften die herrschenden Türken, zumeist mit Ackerbau beschäftigt, nomadisierende Kurden, im südöstlichen
Teil des Landes tatarische Stämme, Nestorianer, welche einen syrischen Dialekt sprechen und zumeist die Gebirge
an der Grenze von Persien bewohnen, Georgier und Lasen im N. sowie zerstreut Griechen, Juden, Zigeuner.
Die Wohnungen sind mit Rücksicht auf den langen und harten Winter angelegt und haben (in den Städten) möglichst wenige Öffnungen.
Die Dörfer bestehen aus Lehmhütten, häufiger aber noch aus unterirdischen Wohnungen, die sich im Winter
bei hoch liegendem Schnee nur durch den aufsteigenden Rauch bemerklich machen. Unmittelbar neben dem Wohngemach befindet sich
der Stall und unter der Dachluke der Tandur, ein ca. 1 m tiefes Loch im Boden, das zur Erwärmung des Raumes und zur Brotbereitung
dient.
Während der zahlreichen Fasttage begnügt sich der gemeine Mann mit Brot und einem Stück Zwiebel oder
mit Obst, Reis und Bohnen. Der Ackerbau erzeugt in den bergigen Strichen Weizen, Gerste, Spelz und Flachs, auf den Ebenen Reis, Baumwolle,
Tabak, Sesam, hier und da Hirse; im allgemeinen aber ist er unbedeutend. In den Ebenen wird auch Seiden- und
Bienenzucht fleißig betrieben. Die Tataren und Armenier lieben die Jagd auf wilde Ziegen, Bergschafe und Bären. Industrie ist
unbedeutend. Die Frauen, seltener die Männer, weben Teppiche, seidene und wollene Zeuge, Strümpfe, Pferdedecken, Shawls etc.,
namentlich aber Tressen, wozu man die Gold- und Silberfäden meist aus Rußland erhält.
Geschichte.
Die Armenier nannten sich selbst Haikh (»Herren«),
daher ihr Land persisch Hajastan hieß, während der
Name von den Medern herrührt, die
mehr
diesen Namen eines einzelnen ihnen benachbarten Stammes auf das ganze Land übertrugen. In der Bibel wird Armenien Thogarma genannt.
Die armenische Überlieferung verbindet diese drei Namen, indem sie als Stammvater oder Archegeten des Volks Haik, Sohn des Thorgom,
nennt und nach diesem seinen Sohn Armenak ersten König des Landes Ararat sein läßt. Die Armenier gehörten
zum arischen oder indogermanischen Völkerstamm und bildeten in dem von ihnen unterworfenen Land einen kriegerischen Lehnsadel,
der eine Menge kleinerer Lehnsfürstentümer bildete; neben ihm gab es nur leibeigne Bauern. Im Norden behauptete sich unter
der Herrschaft der Armenier die iberische, im Süden die kurdische und syrische Bevölkerung.
Die Armenier standen unter nationalen Königen, welche aber schon früh die Oberhoheit des assyrischen, dann (seit 620 v. Chr.)
des medischen Reichs anerkennen mußten. Nach der Überlieferung des armenischen Geschichtschreibers Moses von Chorene (5. Jahrh.
n. Chr.) half Tigranes I., der letzte jener alten Könige, Kyros die Herrschaft der Meder stürzen. Dann bildete
Armenien eine Satrapie des persischen Reichs, bis es von Alexander d. Gr. mit ganz Persien seinem Reich einverleibt wurde (330 v. Chr.).
Nach Alexanders Tod kam Armenien unter die Herrschaft der Seleukiden und blieb unter derselben bis auf Antiochos d. Gr. Als dieser
von den Römern geschlagen wurde, fielen zwei Statthalter, Artaxias und Zadriades (Zariadres), ab (190);
ersterer stiftete in Großarmenien, letzterer in Kleinarmenien ein Reich. Beide wurden von den Römern als Könige anerkannt.
Artaxias erbaute Artaxata als Hauptstadt Großarmeniens (s. oben). Dies ward 165 teilweise wieder von den Syrern erobert, aber 150 denselben
von neuem durch die Arsakiden, eine Nebenlinie des parthischen Königshauses, entrissen, deren Herrschaft
unter Tigranes II., d. Gr., ihren Höhepunkt erreichte, indem dieser Kappadokien und Mesopotamien eroberte und 84 auch die Herrschaft
über Syrien gewann. Als Schwiegersohn des Königs Mithridates von Pontus in dessen großen Krieg mit den Römern verwickelt, wurde
er 69 von Lucullus bei Tigranokerta, der von ihm gegründeten Hauptstadt, dann (66) von Pompejus besiegt
und mußte die zu des letztern Füßen niedergelegte Krone als ein Gnadengeschenk der Römer annehmen.
Sein Nachfolger Artavasdes (Artabazos I.) brachte den Römer Crassus auf dessen Zug
gegen die Parther durch Verrat ins Verderben und
ward 31 auf Antonius' Anstiften ermordet. Seitdem blieb Armenien jahrhundertelang Gegenstand des Kampfes zwischen
Römern und Parthern; nur vorübergehend kam es durch Trajans Siege (115-117 n. Chr.) unter römische Herrschaft; 259 aber ward
es von den Neupersien beherrschenden Sassaniden erobert. Im J. 286 von Tiridates III. mit römischer Hilfe noch einmal befreit
und in der folgenden Zeit für das Christentum gewonnen, ward es 428 von dem neupersischen König Bahram
V. erobert und nach Entthronung Artaschirs unter dem Namen Persamiena zu einer Provinz des Sassanidenreichs gemacht.
Der kleinere westliche Teil Großarmeniens kam damals unter oströmische Herrschaft, unter der zu jener Zeit auch Kleinarmenien
stand, ging aber ebenfalls nach und nach an die Sassaniden verloren. Nach dem Sturz des Sassanidenreichs
durch die Araber (636) ward Großarmenien auch von diesen überflutet, hatte unter den Kämpfen derselben gegen die byzantinischen
Kaiser, die meist in Armenien ausgefochten wurden, schwer zu leiden und wurde teils von byzantinischen, teils
von
arabischen Statthaltern regiert.
Unter der Dynastie der Bagratiden, die 859 mit dem einem alten armenischen Fürstenhaus entsprossenen Aschod I. zur Herrschaft
gelangte, freilich in Abhängigkeit von den Kalifen, blühte das großarmenische Reich noch einmal für kurze Zeit auf, vermochte
sich aber, bei dem Zerfall der Dynastie von innern Kämpfen zerrissen, des Andranges der feindlichen Nachbarvölker,
der Perser, Tataren u. a., nicht zu erwehren und fiel daher 1080 zum Teil in die Gewalt der Byzantiner, zum Teil in die der damals
ihren Eroberungslauf beginnenden seldschukkischen Türken.
Nur einige einheimische Fürsten behaupteten ihre Unabhängigkeit, die sie aber gegen die Mitte des 13. Jahrh.
an die Mongolen verloren. Im J. 1472 kam Großarmenien durch Usum Hassan als Provinz an Persien. Der Osmanensultan
Selim II. aber eroberte 1522 Armenien und verleibte es, bis auf den östlichen Teil, Irwan, welchen die Perser behielten, dem türkischen
Reich ein. Den nördlichen Teil des persischen Teils eroberten 1828 die Russen, welche 1878 auch den Türken
das Gebiet von Kars und Batum abnahmen.
Das von Zadriades gestiftete Reich Kleinarmenien wurde von Mithridates mit dem pontischen Reich vereinigt, nach dessen Besiegung
durch die Römer erst dem Dejotarus, Vierfürsten von Galatien, unter römischer Hoheit verliehen und blieb in diesem Verhältnis,
bis es 70 n. Chr. durch Kaiser Vespasianus zur römischen Provinz gemacht wurde. Bei der Teilung des römischen
Reichs kam es zum oströmischen Kaisertum. Es umfaßte, nachdem Großarmenien an Persien übergegangen war, das Land zwischen
dem Halys, dem Pontischen Gebirge, dem Euphrat und dem Essischen Meerbusen.
Die Hauptstadt war früher Melitene, später Mopsuestia, zuletzt Sis. Durch die Ausbreitung der arabischen
Herrschaft ging auch dieses Land allmählich den Byzantinern verloren, und 693 befand sich der größte Teil desselben in
den Händen der Araber. Im J. 752 kam Armenien zwar wieder unter byzantinische Herrschaft, nachdem es der Kaiser Konstantin Kopronymos
den Arabern entrissen hatte; allein der Druck der byzantinischen Herrschaft veranlaßte öftere Empörungen,
die bei der Schwäche der oströmischen Regierung solche Erfolge hatten, daß schon die ersten Kreuzfahrer auf unabhängige
armenische Dynastien stießen.
Aber erst um 1080 gelang es dem alten Bagratidenstamm angehörigen Rhupen (Ruben), ein selbständiges Reich in Armenien zu gründen,
welches unter Rhupens Nachfolgern sich auch über Kilikien und Kappadokien erstreckte und in den Kreuzzügen
eine wichtige Rolle spielte. Neben der der Rhupeniden jedoch entstanden noch mehrere kleinere Herrschaften in Armenien Leo II. erbat
sich von dem König von Jerusalem, Grafen Heinrich von Champagne, die Königswürde, ließ sich dieselbe durch den Kaiser Heinrich
VI. und den Papst Cölestin III. bestätigen und empfing aus den Händen des hierzu abgeordneten Erzbischofs
von Mainz, Konrad von Wittelsbach (1198), zu Tarsus die Krone.
Wechselvolle Kämpfe mit den Byzantinern, den durch den ersten Kreuzzug entstandenen christlichen Staaten in Vorderasien und
den Türken füllten die Geschichte Armeniens in der folgenden Zeit aus. Zu Anfang des 13. Jahrh.
kam das Land in Abhängigkeit von dem Sultanat von Ikonion, zu Anfang der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. aber wurde es durch.
Hulagus Eroberungszug den Mongolen unterthänig. Dazu kamen dann späterhin Streitigkeiten mit den Sultanen von Ägypten, die
Armenien wiederholt mit verwüstenden Raubzügen
mehr
heimsuchten, sowie innere Zerwürfnisse, besonders infolge der Einmischung der Päpste in die kirchlichen Angelegenheiten
Armeniens, wodurch die Kraft des Reichs gebrochen wurde, so daß es 1375 dem Angriff des ägyptischen Sultans Schaban erlag.
Der letzte König, Leo VI., aus dem Haus der Könige von Cypern aus dem Geschlecht Lusignan, mütterlicherseits
von den Rhupeniden abstammend, fiel in ägyptische Gefangenschaft und begab sich nach seiner Freilassung nach Paris, wo er 1393 starb.
Kleinarmenien wurde nun ägyptische Provinz und von Statthaltern, die zu Sis residierten, regiert. Im J. 1403 brachen die Turkmenen
in Armenien ein und machten sich zu Herren des Landes, zuerst die Turkmenendynastie Kara Koinlu (»der schwarze
Hammel«),
dann die Turkmenendynastie Ak Koinlu (»der weiße Hammel«),
seit 1468. Nach dem Sturz dieser Dynastien machten sich
die Perser zu Herren von Armenien, wurden jedoch zu Anfang des 16. Jahrh. durch die Türken verdrängt, unter deren Botmäßigkeit
das Land zum großen Teil noch jetzt steht.
Bis zur Besitznahme der Provinz Eriwan durch Rußland hatte man von Armenien nur lückenhafte Kunde. Die Reisenden Hardin, Tournefort
und der deutsche Gelehrte Olearius haben in den vorigen Jahrhunderten dieses Land flüchtig durchzogen und noch flüchtiger
beschrieben. Morier, Ker Porter, William Ouseley verweilten zu Anfang dieses Jahrhunderts in der Nähe des
Ararat und haben Beschreibungen jener Gegend geliefert, die aber alle ungenügend sind. Als die Russen in Armenien Sicherheit der
Straßen hergestellt hatten, kamen auch die Männer der Wissenschaft, die Natur- und Altertumsforscher, um das merkwürdige Land
näher zu untersuchen.
Der Dorpater Professor Parrot bereiste mit seinen Begleitern Behages und Federow Armenien 1829, bestieg und maß
die beiden Araratkegel und veröffentlichte das erste wissenschaftliche Werk (»Reise zum Ararat«, Berl. 1834, 2 Bde.).
Wenige Jahre später bereiste der Archäolog und Naturforscher Dubois de Montperreux dieselben Gegenden. Ihm folgten Karl Koch
(»Wanderungen im Orient«, Bd. 2 u. 3,
Weim. 1846-47),
J. G. Taylor und Strecker (»Zur Geographie von Hocharmenien«, in der »Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde« 1869). M. Wagner
(»Reise nach dem Ararat und dem Hochland Armenien«, Stuttg. 1848) besuchte zuerst die durch kurdische Räuberstämme
äußerst unsichere Südseite des Ararat. Abich bereiste seit 1844 den Alagös und die vulkanischen Gruppen
an der Südseite des Göktschasees und hat über die Resultate seiner geologischen Wanderungen interessante Fragmente hinsichtlich
des Gebirgsbaues Armeniens im Bulletin der Petersburger Akademie sowie neuerlich ein zusammenfassendes Werk (»Geologie des armenischen
Hochlandes«, Wien 1882, 1. Hälfte) veröffentlicht.
Neben diesen Forschern haben noch einzelne Sammler im Auftrag der Akademie und des Museums von St. Petersburg
und für Rechnung reicher Besitzer von Privatsammlungen in Moskau, Kiew und Kasan das russische Armenien bereist, so daß die dortige
Flora und Fauna mindestens ebenso genau bekannt geworden sind wie die von Spanien und Portugal. In dieser
Richtung hat durch seine wiederholten Reisen auf türkischer wie russischer Seite Gustav Radde, dessen Sammlungen das Kaukasische
Museum in Tiflis birgt, sich die größten Verdienste erworben. Ein nicht geringer Teil von Türkisch-Armenien ist anläßlich
des letzten Kriegs durch die Russen aufgenommen worden.
Die Geschichte Armeniens ist
mehrfach von armenischen Schriftstellern bearbeitet worden, z. B.
von Arisdag de Lasdiverd (franz. hrsg. von Prudhomme, Par.
1864), Moses von Chorene (deutsch von Lauer, Regensb. 1869), Faustus von Byzanz (deutsch von Lauer, Köln 1879) u. a.
Vgl. Saint-Martin,
Mémoires historiques et géographiques sur l'Arménie (Par. 1818, 2 Bde.);
Curzon, Armenia: a residence at Erzeroum (Lond. 1854);
Lukas Indjidjian, Altarmenien (1822);
Derselbe,
Archäologie von Armenien (Vened. 1836, 3 Bde.);
Langlois, Essai historique et critique sur la constitution sociale et politique de l'Arménie (Petersb.
1860);
»Journal of the London Geogr. Society« (Bd. 3, 6, 10, die Entdeckungen von Monteith, Ainsworth u. a. enthaltend);
Haxthausen,
Transkaukasia (Leipz. 1856, 2 Bde.);
Kiepert, Über älteste Landes- und Volksgeschichte von Armenien (»Monatsberichte der Berliner Akademie«, Berl. 1869);