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Aus der rhetorischen
Klasse besitzen wir von Aristoteles
nur ein einziges, aber sehr wichtiges Werk, »Rhetorica«,
das 335-322 entstanden ist (hrsg. von
Spengel, Leipz. 1867, 2 Bde.;
deutsch von
Stahr, Stuttg. 1864). Es umfaßt alle
Gattungen der
Beredsamkeit, die nach dem Unterschied der politischen, gerichtlichen
und Prunkreden eingeteilt werden, und gibt an, wie man für jede dieser drei
Gattungen zweckmäßige
Gedanken
auffinden könne. Ein andres rhetorisches Werk, »Rhetorica ad Alexandrum«,
ist unecht.
Vielleicht der erste Entwurf zu einem größern Werk über Ästhetik oder ein unvollständiger Auszug aus demselben ist die »Poetik« (hrsg. von Vahlen, Berl. 1874; mit der »Rhetorik« zusammen von Bekker, das. 1859; mit Übersetzung von Susemihl, 2. Aufl., Leipz. 1874, und von M. Schmidt, Jena [* 2] 1875), welche über das Prinzip der Kunst sowie über die Tragödie und epische Poesie die wichtigsten Aufschlüsse gibt und trotz ihrer mangelhaften Beschaffenheit auf alle Kunstbetrachtung (in Deutschland [* 3] besonders seit Lessing) den wirksamsten Einfluß ausgeübt hat. Zu der physikalischen Klasse gehören die acht Bücher der Physik (»Auscultatio physica«, hrsg. von Bekker, Berl. 1843; von Prantl, Leipz. 1879; deutsch von letzterm, das. 1854),
worin die allgemeinsten
Gründe und Verhältnisse
der gesamten
Natur dargestellt werden, und an welche sich die zwei
Bücher vom Entstehen und
Vergehen
(»De
generatione et corruptione«) anschließen, worin von den
Bedingungen und Grundverhältnissen des
Werdens und
Vergehens der irdischen
Körper gehandelt wird (mit der
Schrift
»De coelo« hrsg. von
Prantl, Leipz. 1881; ins
Französische übersetzt und erklärt von
Barthélemy Saint-Hilaire, Par. 1862, 2 Bde.).
Diese beiden
Schriften umfassen die höchsten
Gesetze der äußern
Erscheinungen; für die innern finden
sie sich in den drei
Büchern über die
Seele
(»De anima«, hrsg. von
Trendelenburg, 2. Aufl., Berl. 1877, und Torstrik, das.
1862; deutsch von
Kirchmann, Leipz. 1872), in welchen Aristoteles
seine
Lehre
[* 4] über das
Wesen, die
Vermögen und
Eigenschaften der
Seele
aufstellt und begründet.
Den Übergang zu der empirischen Betrachtung der Lehre von der Seele bilden einige Schriften naturwissenschaftlich-philosophischen Inhalts, welche unter dem gemeinsamen Namen »Parva naturalia« zusammengefaßt werden. Auf dem Gebiet der Naturgeschichte schlug den Weg der Empirie ein, indem er die Erscheinungen der Natur, die Teile des Weltganzen, die organischen und unorganischen Naturkörper im Konkreten und Einzelnen betrachtete. Von den Werken über die unorganische Natur ist nicht ein einziges erhalten. Die Schriften über die organische Natur betreffen die Naturgeschichte der Pflanzen und Tiere und die Physiologie der letztern. Die »Historia animalium«, deren 10. Buch unecht, das Hauptwerk des Altertums über die Geschichte der Tiere, wurde herausgegeben von Schneider (Leipz. 1812, 4 Bde.) und Aubert und Wimmer (mit Übersetzung, das. 1868, 2 Bde.); letztere gaben auch ebenso die »Zeugung und Entwickelung der Tiere« (das. 1860) heraus.
Den Organismus der Pflanzen hatte in einem besondern Werk: »De plantis«, dargestellt. Das Original dieser Schrift ist verloren gegangen; die griechische Bearbeitung eines lateinischen Textes, der selbst wieder aus einer arabischen Übersetzung des Originals übertragen war, ist erhalten. Aus der mathematischen Klasse sind erhalten: »De insecabilibus lineis« und »Quaestiones mechanicae«, wozu noch zwei Werke aus der angewandten Naturlehre kommen;
»De coelo«, in 4 Büchern (hrsg. von Prantl, mit Übersetzung, Leipz. 1857),
von den Gestirnen und ihrer Bewegung, und »Meteorologica«, in 4 Büchern, von den Lufterscheinungen handelnd (hrsg. von Ideler, Berl. 1834-36, 2 Bde.).
Die
»Metaphysik« (hrsg. von
Schwegler,
Tübing. 1847, und
Bonitz,
Bonn
[* 5] 1848; deutsch von
Schwegler,
Tübing. 1846-48) verdankt ihren
Namen dem zufälligen Umstand, daß die 14
Bücher, aus denen sie besteht, ohne
Titel in der
Reihe der
Aristotelischen
Handschriften zunächst hinter den physikalischen standen. In ihrer jetzigen Gestalt, in der sie unmöglich von Aristoteles
herrühren
können, sind mehrere
Bücher nicht metaphysischen, sondern logischen
Inhalts, andernteils wieder Überarbeitung einzelner
Teile, die nebeneinander gestellt worden sind, oder Kompilation selbständiger Abhandlungen, die Spätere
ohne innern Zusammenhang in die Sammlung gereiht haben. Die moralisch-politische
Klasse umfaßt einige der wichtigsten
Schriften
des Aristoteles.
Über die
Sittenlehre existieren unter dem
Titel
»Ethik« drei Werke, von denen die sogen. Nikomachische
Ethik (hrsg. von
Zell, Heidelb. 1820, 2 Bde.;
von
Michelet, Berl. 1829-35, 2 Bde.;
von
Bekker, 4. Aufl., das. 1881; von
Grant, mit englischem
Kommentar, 4. Aufl., Lond. 1885, 2 Bde.;
von
Ramsauer, Leipz. 1878; deutsch von
Garve, Berl. 1798-1806, 2
Tle.; von
Stahr, Stuttg. 1863) von Aristoteles
selbst abgefaßt ist,
während die sogen. Endemische ein Werk seines
Schülers Eudemos und die
»Magna moralia« (hrsg. von
Susemihl,
Leipz. 1883) betitelte kürzeste
Schrift ein
Auszug aus beiden vorgenannten sein soll. Die
»Politik« (hrsg. von
Stahr, Leipz.
1836-39;
Bekker, 2. Aufl., Berl. 1878;
Susemihl, Leipz. 1872 und, mit Übersetzung von demselben, das.
1878; deutsch von
Garve, Bresl. 1794-1802; von
Stahr, Stuttg. 1861;
Bernays, Leipz. 1872) enthält in 8
Büchern
die
Lehre von dem
Zweck und den
Elementen des
Staats, eine
Darstellung der verschiedenen
Regierungsformen, Nachrichten und
Urteile
über die wichtigsten
Verfassungen und ihre
Stifter, zuletzt das
Ideal eines
Staats und die
Lehre von der
Erziehung als dessen
wichtigster
Bedingung.
Über das Hauswesen
(Ökonomik) existiert ein besonderes Werk in zwei
Büchern, von denen das erste
Buch
wahrscheinlich nur in einem
Auszug des Theophrast auf uns gekommen, das zweite am Ende unvollständig und als unecht nachgewiesen
ist. Von des Aristoteles
historischen
Schriften sind aus einer Geschichte der
Philosophie ein Bruchstück:
»De Melisso, Xenophane
et Gorgia«, dessen Echtheit zweifelhaft ist, und wenige Bruchstücke des für die
Altertumskunde unersetzlichen Werks »Politien«
vorhanden, einer Sammlung aller bis zu des Aristoteles
Zeit bekannt gewordenen
Staats- und Gesetzverfassungen des
Altertums, worin die
politischen Einrichtungen sowie die
Sitten und
Gebräuche von 158, nach andern von 250
Städten geschildert waren.
Die vorhandenen angeblichen
Briefe des Aristoteles
sind teils offenbar untergeschoben, teils von zweifelhafter Echtheit.
Gesamtausgaben. Sämtliche Werke des Aristoteles
wurden herausgegeben zuerst von
Aldus Manutius (Vened. 1495-98, 5 Bde.),
dann von
Sylburg (Frankf. 1587, 5 Bde.), Casaubonus
(Leid. 1590, 2 Bde.),
Duval (Par. 1639) und
Buhle (Zweibr. 1791-1800, 5 Bde.;
mit lat. Übersetzung). Eine neue
Ausgabe besorgte
Bekker im Auftrag der
Akademie der
Wissenschaften zu
Berlin
[* 6] (Bd. 1-4, mit lat. Übersetzung,
Berl. 1831; Bd. 5, hrsg.
von
Bonitz, die
Fragmente und den
Index enthaltend,
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1871), auf welche sich auch die Didotsche Ausgabe (Par. 1848-74, 5 Bde.) stützt.
Eine Sammlung der Fragmente ist Roses »Aristoteles
pseudepigraphus« (Leipz.
1863). Übersetzungen von gesammelten Werken des Aristoteles
erschienen in den bekannten Stuttgarter Klassikersammlungen, eine neue,
mit Einleitungen, in Kirchmanns »Philosophischer Bibliothek«.
[Litteratur.]
Vgl. Buhle, Vita Aristotelis (im 1. Bd. der Werke);
Stahr, Aristotelia (Bd. 1: »Das Leben des Aristoteles«, Halle [* 8] 1830; Bd. 2: »Die Schicksale der Aristotelischen Schriften etc.«, das. 1832);
Brandis, Aristoteles, seine akademischen Zeitgenossen und nächsten Nachfolger (»Geschichte der griechisch-römischen Philosophie«, 2. Teil, 2. Abt., Leipz. 1853-57);
Lewes, Aristotle (Lond. 1864; deutsch von Carus, Leipz. 1865);
Grote, Aristotle (2. Aufl., das. 1879);
Grant, Aristotle (Lond. 1874);
Heitz, Die verlornen Schriften des Aristoteles (Leipz. 1865);
Bonitz, Aristotelische Studien (Wien [* 9] 1862-66, 4 Bde.).
Aus der Litteratur über die einzelnen Kreise [* 10] der Aristotelischen Schriften sind hervorzuheben (in der Reihenfolge obiger Anordnung): Kampe, Die Erkenntnistheorie des Aristoteles (Leipz. 1870);
Eucken, Die Methode der Aristotelischen Forschung (Berl. 1872);
Sottini, Aristotile e il metodo scientifico (Pisa [* 11] 1873);
Teichmüller, Aristotelische Forschungen (Halle 1867-69, 2 Bde.; die Poetik und Kunstlehre betreffend);
Reinkens, Aristoteles über Kunst, besonders über Tragödie (Wien 1870);
Döring, Die Kunstlehre des Aristoteles (Jena 1876);
Eberhard, Die Aristotelische Definition der Seele (Berl. 1868);
F. Brentano, Die Psychologie des Aristoteles (Mainz [* 12] 1870);
J. B. ^[Jürgen Bona] Meyer, Aristoteles' Tierkunde (Berl. 1855);
Sundevall, Die Tierarten des Aristoteles (Stockh. 1863);
Glaser, Die Metaphysik des Aristoteles (Berl. 1841);
Eucken, Die Methode der Aristotelischen Ethik (das. 1870);
Rassow, Forschungen über die Nikomachische Ethik des Aristoteles (Weim. 1874);
Oncken, Die Staatslehre des Aristoteles (Leipz. 1870).