mehr
und Vaterlandsliebe Vertrauen und Einfluß. Im ersten Perserkrieg befand er sich unter den zehn von Athen [* 2] ernannten Feldherren, die auf seinen Antrag bei Marathon (490) dem Miltiades den alleinigen Oberbefehl überließen; in der Schlacht focht er mit glänzender Tapferkeit. Im J. 489 wurde er erster Archon und erwarb sich auch in dieser Stellung allgemeine Achtung. Als Führer der konservativen Partei trat er dem Themistokles und den Plänen desselben zur Gründung einer Seemacht entgegen, weil er fürchtete, daß hierdurch die festen Grundlagen des Staates erschüttert und der Kern desselben, die grundbesitzende Bevölkerung, [* 3] durch die besitzlose Menge und Fremde verdrängt werden könne.
Der Gegensatz beider Männer drohte das Gemeinwesen in Verwirrung zu bringen; daher wurde beschlossen, durch ein Scherbengericht zu entscheiden, das Aristeides 483 auf zehn Jahre verbannte. Er verließ Athen, flehend zu den Göttern, sie möchten verhüten, daß sein Vaterland die wider ihn verhängte Maßregel je zu bereuen habe. Noch als Verbannter kam Aristeides vor der Schlacht bei Salamis (480) zur Flotte und besetzte während derselben Psyttaleia, wo er die persische Besatzung niedermachte.
Gleich darauf wurde das Verbannungsurteil gegen ihn aufgehoben. Neuen Ruhm gewann er 479 als Anführer der Athener bei Platää. Nach Athen zurückgekehrt, bewog Aristeides seine Partei, einzuwilligen, daß als Belohnung für die in den Perserkriegen bewiesene Hingebung und Tapferkeit der Zutritt zu den Staatsämtern allen Bürgern ohne Rücksicht auf ihr Vermögen eingeräumt würde. Im J. 476 ward er mit dem Oberbefehl über die athenische Flotte betraut, erwarb sich durch seine Milde und Unparteilichkeit die Liebe der Griechen, übernahm nach Pausanias' Abberufung den Befehl über die ganze griechische Flotte und bewog die Inseln und Städte des Ägeischen Meers, sich mit Athen zu einem Bündnis gegen die Perser zu vereinigen.
Somit ward der Gründer der athenischen Hegemonie, die sich über sämtliche nicht zum Peloponnesischen Bund gehörige Seestädte und Inseln erstreckte. Beauftragt, die Bundesverhältnisse zu ordnen, bestimmte er die nötigen Beiträge jedes Staats an Geld und Truppen nach einem so unparteiischen und billigen Anschlag, daß alle Mitglieder sich zufrieden erklärten und in späterer Zeit, als die Athener ihre Macht mißbrauchten, diese Besteuerung als eine Glückszeit priesen. Er starb 467 auf einer in öffentlichen Angelegenheiten unternommenen Fahrt nach dem Schwarzen Meer, nach Verwaltung der höchsten Ämter ärmer, als er sie angetreten hatte. Seine beiden Töchter wurden auf Kosten des Staats ausgestattet, sein Sohn Lysimachos, der aber entartete, erhielt 100 Minen Silbers, Grundstücke und einen täglichen Gehalt von 4 Drachmen. Aristeides' Leben ist von Cornelius Nepos und Plutarch beschrieben worden.
Vgl. Vom Berg, Das Leben des Aristeides (Götting. 1871).
2) Aristeides aus Theben, griech. Maler, Schüler des Euxinidas und seines Bruders Nikomachos, Zeitgenosse des Apelles, um 350 v. Chr., war Meister im Ausdruck menschlicher Empfindungen und Leidenschaften. Seine Arbeiten standen sehr hoch im Preis. Genannt werden eine Szene aus der Eroberung einer Stadt (ein Kind nach der Brust der sterbenden Mutter kriechend), ein großes Schlachtenbild von 100 Figuren, mehrere Porträte, [* 4] darunter das eines tragischen Schauspielers.
3) Aristeides aus Milet, im 2. oder 1. Jahrh. v. Chr., verfaßte erotische Erzählungen sehr lasciven Inhalts, nach ihrem Schauplatz Milet »Milesiaca« (milesische Geschichten) betitelt, die als die ersten Anfänge des griechischen Prosaromans zu betrachten sind. Sie waren im Altertum sehr beliebt, besonders unter den Römern, von denen sie der Historiker Sisenna übersetzte. Die dürftigen Bruchstücke sind gesammelt in Müllers »Fragmenta historicorum graec.« (Bd. 4).
4) Publius Älius Aristeides, genannt Theodoros, griech. Rhetor, geb. 117 oder 128 n. Chr. zu Adriani in Mysien, hörte die berühmtesten Rhetoren und bereiste darauf Asien, [* 5] Griechenland, [* 6] Italien [* 7] und Ägypten. [* 8] Als er nach seiner Rückkehr von einer langwierigen Krankheit befallen ward, gehörten ununterbrochene Studien zu der Kur, die ihm in Traumgeschichten vorgeschrieben wurde, und deren Geschichte (das erste uns schriftlich verbürgte Beispiel von Hellseherei) er selbst in seinen sechs »Heiligen Reden« erzählt. Wegen seiner Redekunst genoß er außerordentliches Ansehen bei seinen Zeitgenossen; auch bei den Kaisern stand er in hoher Gunst, besonders bei Mark Aurel, der auf seine Verwendung das 178 durch ein Erdbeben [* 9] zerstörte Smyrna wiederherstellen ließ. Die Hauptstätten seiner Wirksamkeit waren Athen und Smyrna, wo er um 190 starb. Außer einer rhetorischen Schrift (hrsg. in den »Rhetores graeci« von Walz, Bd. 9, und Spengel, Bd. 2) besitzen wir von Aristeides' Reden, die er mühsam auszuarbeiten pflegte, noch 55, teils Lobreden auf Gottheiten und Städte, wie Rom und [* 10] Smyrna, teils Deklamationen nach alten Mustern, wie Isokrates (Panathenaikos) und Demosthenes (gegen Leptines), und über geschichtliche Themata aus der Zeit der griechischen Freiheit (hrsg. von Dindorf, Leipz. 1829, 3 Bde.). Sie halten sich frei von dem rhetorischen Wortgepränge der Zeit und sind ausgezeichnet durch Tiefe und Fülle der Gedanken sowie durch kräftige und gedrungene, oft freilich schwierige und dunkle Sprache. [* 11]
Vgl. Baumgart, Älius Aristeides als Repräsentant der sophistischen Rhetorik des 2. Jahrhunderts der Kaiserzeit (Leipz. 1874).