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Unionssystem beizutreten, so dankte dieser schon wieder ab, der erste und einzige Präsident dieser Konstitution. Ein Umschwung der Dinge zu gunsten der Föderalisten erfolgte 1829, als der Estanciero und Gauchoshäuptling Don Juan Manuel de Rosas sich an ihre Spitze stellte und ihren Waffen das Übergewicht verschaffte. Ende 1829 wurde derselbe zum Gouverneur von Buenos Ayres sowie zum Haupte der Konföderation erwählt und im August 1830 mit diktatorischer Gewalt bekleidet. Der Krieg zwischen den Unitariern und Föderalisten endigte mit der Niederlage der erstern, welche nun gänzlich unterdrückt wurden. Die Majorität des Repräsentantenhauses war eifrig föderalistisch und ein gefügiges Werkzeug in der Hand des Machthabers Rosas. Die Einzelregierungen der Provinzen wurden nach dem Föderativsystem geordnet, die Finanzverhältnisse fingen an, sich nach und nach zu bessern, und der Handel hob sich.
Nach außen wußte Rosas die Würde des Staats geschickt zu wahren. Im Innern aber artete seine Herrschaft immer mehr in grausamen Terrorismus aus, besonders nachdem er 1835 durch die wiederholte Weigerung, die ihm angetragene Präsidentschaft anzunehmen, es durchgesetzt hatte, daß er zum Präsidenten mit unumschränkter Vollmacht gewählt wurde. Während er nun alle seine Gegner nach und nach zu Grunde richtete, wußte er sich auch seiner Parteigenossen zu entledigen, sobald sie seinen Absichten in den Weg traten oder zu Macht und Ansehen gelangten.
Die Haupthebel seiner Regierung waren Kerker, Vermögenskonfiskationen, Hinrichtungen und Meuchelmord. Besonders aber war es auf alle höher Gebildeten abgesehen, unter denen man von selbst Unitarier vermutete. Im J. 1840 organisierte Rosas die berüchtigte Mashorkagesellschaft, die sich die Aufgabe stellte, den argentinischen Boden von den Unitariern zu säubern, und vom Diktator allemal losgelassen ward, um zu plündern und zu morden, wenn es galt, den Gegnern Furcht und Schrecken einzujagen. Dabei führte aber Rosas selbst ein straffes unitarisches Regiment, denn alle Provinzen mußten sich unter seine Gewalt beugen.
Aber gerade sein vollständiger Sieg bereitete ihm eine Reihe von Verlegenheiten, denen er zuletzt unterlag. Paraguay wollte er nicht für einen unabhängigen Staat, sondern nur für eine Provinz der Argentinischen Republik gelten lassen, weil es ebenfalls früher zu Buenos Ayres gehört habe. Auch mit Brasilien stand er auf gespanntem Fuß, weil hier flüchtige Unitarier Aufnahme gefunden hatten. Den Hauptgegenstand des Zwistes bildete aber Uruguay, mit dessen Unabhängigkeit es weder Brasilien noch Rosas ehrlich meinte.
Hier unterstützte er mit bewaffnetem Beistand den Präsidenten Oribe gegen seinen Rivalen Ribera, für den Frankreich und England eintraten. Diese Mächte stellten endlich dem Diktator Rosas' ein Ultimatum, worin sie Einstellung des Kriegs mit Uruguay und Anerkennung der Unabhängigkeit dieses Staats forderten. Die abweisende Antwort Rosas' führte zum Krieg mit England und Frankreich, zu welch beiden Mächten sich noch Uruguay, Paraguay und Brasilien gegen Rosas gesellten.
Zunächst wurde das argentinische Geschwader vor Montevideo von dem englisch-französischen genommen. Am 23. Sept. begann die Blockade der Häfen und Küsten von Buenos Ayres, worauf die englisch-französische Flotte den Uruguay hinaufsegelte, um sich mit General Paz zu verbinden, der mit 5-6000 Mann in Corrientes stand, und so gegen Oribe zu agieren. Zwar brachte Rosas mit England und mit Frankreich einen Friedensvertrag zu stande, die beide für die argentinische Republik günstig genug waren; indes nun fiel der Gouverneur von Entre Rios, Don Juste José de Urquiza, ein früherer Gauchoshäuptling, von Rosas ab, und unter seiner Leitung trennten sich die Provinzen Entre Rios und Corrientes von der Argentinischen Republik. Am schlossen die Regierung von Brasilien, der Präsident von Uruguay, Don Joaquin Suarez, und Urquiza einen geheimen Vertrag gegen Rosas und Oribe, infolge dessen Urquiza nach Besiegung Oribes an der Spitze von 28,000 Mann den Parana überschritt.
Die Provinz Santa Fé erklärte sich für ihn, worauf Urquiza gerade auf Buenos Ayres losging. Am gerieten die argentinischen Vortruppen, 6000 Reiter, mit der Reiterei Urquizas in Kampf, welch letztere die so gefürchtete Gauchosreiterei im ersten Anprall niederritt. Auch die Hauptschlacht bei Monte Caceros 3. Febr., endete mit der Niederlage der Argentiner. Rosas wartete das Ende nicht ab; er floh nach Buenos Ayres und gelangte von da auf ein englisches Schiff, das ihn nach Europa brachte.
Der in Buenos Ayres zurückgelassene General Mancilla übergab diese Stadt, und alle Staaten fügten sich darauf der von den Siegern eingesetzten provisorischen Regierung. An der Spitze derselben stand Vicente Lopez. Urquiza ward Oberbefehlshaber der Argentinischen Republik und Minister des Äußern bei der provisorischen Regierung. Die von ihm zur Feststellung einer neuen Verfassung nach Santa Fé berufenen Gouverneure der einzelnen Provinzen beschlossen, einen Verfassungsrat einzuberufen, der im August die neue Verfassung beraten und geben sollte, und bis dahin Urquiza diktatorische Gewalt zu übertragen.
Als die Volksvertretung zu Buenos Ayres, in welcher die Unitarier die Oberhand hatten, sich widersetzte, ward sie von Urquiza 23. Juni aufgelöst. Kaum aber hatte Urquiza Buenos Ayres verlassen, um sich nach Santa Fé zu begeben, wo die verfassunggebende Versammlung zusammenkommen sollte, als 12. Sept. seine Anhänger in Buenos Ayres vertrieben wurden, worauf die aufgelöste Volksvertretung wieder zusammentrat und ihrem Vorsitzenden General Pinto die vollziehende Gewalt übertrug.
Urquiza, dessen Macht zur Unterwerfung von Buenos Ayres nicht hinreichte, zog sich in die Provinz Entre Rios zurück. Der inzwischen in Santa Fé zusammengetretene Kongreß vollendete die neue Bundesverfassung und ernannte Urquiza zum konstitutionellen Diktator. Am legte derselbe den Eid als Präsident sämtlicher Staaten der Argentinischen Republik ab. Am wurde in Parana, welches zum Regierungssitz erhoben ward, bis Buenos Ayres wieder zum Bund getreten sein würde, die erste gesetzgebende Versammlung nach der neuen Verfassung eröffnet.
Mit Buenos Ayres, wo inzwischen nach Pintos Tod Pastor Obligado an die Spitze der Regierung getreten war, kam endlich ein Vertrag zu stande, worin sich beide Regierungen gegenseitig die Unverletzlichkeit und Unteilbarkeit ihres Gebiets gewährleisteten und sich zu gemeinschaftlicher Abwehr verpflichteten, namentlich auch gegen die Indianerstämme. Die früher allen 13 Provinzen gemeinschaftlich gegebenen Gesetze sollten in Kraft bleiben, beide Staaten eine gemeinschaftliche
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Seeflagge haben, gegenseitige Zollfreiheit bestehen und die Pässe im Namen beider Regierungen ausgefertigt werden.
Aber die Eintracht dauerte nicht lange. Als im Dezember 1855 Bevollmächtigte beider Staaten über eine größere Annäherung verhandelten, fielen einige argentinische Flüchtlinge von Montevideo aus in Buenos Ayres ein, um die Wiedervereinigung zu erzwingen. Die Folge hiervon war, daß der Vertrag vom von beiden Seiten für aufgehoben erklärt wurde. Wiederholte Versuche zur Wiederanknüpfung des gelösten Bandes scheiterten, es entspann sich sogar wieder ein Kampf zwischen der Konföderation und dem ausgeschiedenen Staat, bis infolge des für Buenos Ayres ungünstigen Treffens bei Cepeda letzteres durch Vertrag vom sich der Argentinischen Konföderation wieder anschloß und zum Sitz des Kongresses und der Bundesregierung bestimmt wurde.
Jedoch die Ansprüche der Hauptstadt auf die politische Suprematie und eine exzeptionelle Stellung in Bezug auf Zollgesetze und Bundesaufgaben riefen schon 1861 einen neuen Kampf hervor, in welchem die Truppen von Buenos Ayres unter der Führung des Generals Bartolomeo Mitre 17. Sept. bei Pavon siegten. Infolge dieses Siegs legte der damalige Präsident der Argentinischen Republik, Santiago Derqui, seine Stelle nieder, und der Kongreß von Parana löste sich auf. Hierauf wurde Mitre im September 1862 zum Präsidenten der Konföderation erwählt.
Buenos Ayres wurde für die nächsten fünf Jahre zum Sitz der Zentralbehörden bestimmt, aber zugleich der Fortbestand der autonomen Stellung dieses Landes und aller seiner besondern Rechte gesichert. An innern Unruhen fehlte es der Argentinischen Republik indes auch jetzt nicht. In mehreren Provinzen, namentlich Rioja, Santiago del Estero, San Luis, Cordova, Catamarca, regten sich anarchische Gelüste und zogen sich teilweise auch in das Jahr 1864 hinein.
Dazu kamen Streifzüge der Indianerstämme, welche sich der Zentralregierung in Buenos Ayres nicht fügen wollten, und denen während der vorangegangenen politischen Wirren der Mut erheblich gewachsen war. Ein weiteres Hemmnis einer ruhigen, gedeihlichen Entwickelung bildete die schlechte Finanzlage; die nur provisorischen Festsetzungen über die Zentralgewalt schwächten deren Ansehen, wozu noch der mißliche Umstand kam daß zwei legislative Versammlungen, die der Konföderation und die des Staats, gleichzeitig nebeneinander in Buenos Ayres tagten.
Gleichwohl gelang es Mitre, durch Förderung der allgemeinen Wohlfahrt, durch zweckmäßige Bank- und Finanzgesetze, Begünstigung der europäischen Einwanderung u. a. sein Ansehen zu befestigen. Nur ließ er sich ebenfalls auf eine Einmischung in die innern Verhältnisse Uruguays ein und leistete der aufständischen Partei daselbst, den Colorados (Liberalen) unter General Flores, wirksamen Beistand. Als darauf Truppen von Uruguay argentinisches Gebiet verletzten, verweigerte die Regierung jede Genugthuung. In ihrem weitern Verlauf führten diese Zwistigkeiten zu einer Konstellation, welche die an argentinische Republik die Seite Brasiliens stellte und in einen langwierigen Kampf hineinzog, dessen nächste Folge der Sturz der konservativen Regierung in Uruguay, die Erhebung des Generals Flores zum Gouverneur der dortigen Republik und die Tripelallianz vom Mai 1865 zwischen der Argentinischen Republik, Brasilien und Uruguay gegen den Diktator Lopez von Paraguay war.
Veranlassung zum Streit zwischen der Argentinischen Republik und Paraguay war, daß Lopez im Interesse seines Landes nicht dulden wollte, daß die argentinische Republik die Insel Martin-Garcia besetzt hielt und dadurch die Mündung des für den Handel Paraguays so wichtigen La Plata ganz in seiner Gewalt hatte. Lopez, im Begriff, einen Einfall in Uruguay zu machen, verlangte die Erlaubnis des Durchmarsches durch die argentinische Provinz Corrientes, und als dies abgeschlagen wurde, erklärte er den Krieg, nahm zwei argentinische Dampfer weg, besetzte die Stadt Corrientes, drang mit zwei Heerhaufen vorwärts und schlug die argentinischen Truppen zurück, sah sich aber, von drei Seiten angegriffen, bald auf die Defensive beschränkt.
Präsident Mitre verließ Buenos Ayres, um mit seinen Truppen zu denen der beiden Alliierten zu stoßen und, obgleich er keine strategischen Kenntnisse besaß, den Oberbefehl über die gesamten Streitkräfte zu übernehmen. In den Schlachten am Paso de la Patria am Estero Bellaco und bei Curupaity 22. Sept. fochten die Argentiner mit mehr Ruhm als Erfolg. Erst als Mitre Anfang 1868 den Oberbefehl niederlegte, da nach dem Tode des Vizepräsidenten Marcos Paz seine Anwesenheit in Buenos Ayres notwendig ward, und der brasilische Marschall Caxias das Kommando über die alliierten Truppen übernahm, wurde der Krieg planmäßiger und energischer geführt, wenngleich es auch jetzt noch mehr als zwei Jahre brauchte, um die Entscheidung herbeizuführen. Erst 1870, nach dem Tod Lopez', war der fünfjährige Krieg zu Ende, der definitive Friede mit Paraguay kam zu stande. Aber dieser Krieg hatte der schlecht bevölkerten Argentinischen Republik 40-50,000 Mann und 40 Mill. Doll. gekostet, ganz abgesehen von den noch zahlreichern Menschenverlusten, welche die durch den Krieg ins Land eingeschleppte Cholera verursachte.
Mitres Amtsperiode war im Oktober 1868 abgelaufen, und wurde trotz seiner Ränke der damalige argentinische Gesandte in Washington, Domingo Faustino Sarmiento, ein durch gründliche Bildung ausgezeichneter Mann und gemäßigter Föderalist, zum Präsidenten gewählt. Derselbe suchte den Volksunterricht auszudehnen und zu heben, Ackerbau und Handel zu fördern und durch Einwanderung dem Land neue Kräfte zuzuführen. Nach Ablauf der sechsjährigen Amtsperiode Sarmientos ward 1874 Avellaneda, ebenfalls Föderalist, zum Präsidenten erwählt.
Mitre versuchte einen Aufstand, um sich an die Spitze des Staats zu bringen, wurde aber bei La Verde von den Regierungstreuen geschlagen und gefangen genommen. Als 1880 ein neuer Präsident gewählt werden sollte und Avellaneda die Kandidatur des Generals Roca begünstigte, erhoben sich Buenos Ayres und die Partei der Nationalisten (die alten Unitarier), denen sich auch die Provinz Corrientes anschloß, dagegen und erklärten, sich der Wahl Rocas nicht unterwerfen zu wollen.
Als in der Hauptstadt Unruhen ausbrachen, verlegte Avellaneda seine Residenz nach Belgrano, ließ Buenos Ayres blockieren und zwang durch wenige Gefechte im Juni die Nationalisten zur Unterwerfung, Roca wurde zum Präsidenten gewählt und trat sein Amt an. Buenos Ayres wurde zur Hauptstadt der Republik gemacht und föderalisiert, d. h. der Verwaltung der Nationalregierung direkt unterstellt; zum Sitz der Provinzialregierung von Buenos Ayres ward Ensenada bestimmt. Der Streit mit Chile über die Grenze in Patagonien wurde durch Vertrag vom geschlichtet.
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Vgl. Dominguez, Historia Argentina (Buenos Ayres 1861; in engl. Übersetzung, das. 1865);
Kennedy, La Plata, Brazil and Paraguay during the present war (Lond. 1869);
L. Schneider, Der Krieg der Tripelallianz gegen die Republik Paraguay (Berl. 1871-75, 3 Bde.);
die »Revista de Buenos Ayres, Periodico mensual etc.«