mehr
argentinischen
Territorium nachgewiesen, doch ist ihre Abbauwürdigkeit noch nicht sichergestellt.
[Bevölkerung.]
Die Zahl der Einwohner wurde 1882 offiziell auf 2,942,000 Seelen geschätzt (inkl. Patagoniens), ohne die unabhängigen Indianer, deren Zahl nur gegen 90,000 betragen soll; die Zählung von 1869 ergab für die 14 Provinzen und die 3 Territorien 1,812,490 Seelen. Die Bevölkerung [* 2] besteht aus Weißen, meist von romanischer Abkunft, Kreolen, Mestizen, Mulatten, wenigen Negern und sowohl zivilisierten und zum Christentum bekehrten als auch freien Indianern, welche vorzüglich in Chaco und in den Pampas leben und öfters feindliche Einfälle in die angrenzenden Distrikte machen.
Die Gauchos, welche als Viehhirten in den Pampas leben, sind aus der Vermischung der Spanier mit Indianerinnen entstanden. Die Indianer zerfallen in die nördlichen, die zu der großen brasilisch-guayanischen Gruppe gehören, und die südlichen, die von den Kolonisten gefürchteten sogen. Pampasindianer, die den Araukanern Chiles stammverwandt sind. Das Element der Weißen ist im letzten Jahrzehnt durch Einwanderer bedeutend verstärkt worden. Die 419,000 Fremden verteilten sich 1880 nach dem Heimatsland in folgender Weise: Italien [* 3] 154,000, Spanien [* 4] 73,200, Frankreich 69,400, Großbritannien [* 5] und Irland 23,000, Schweiz [* 6] 12,100, Deutschland [* 7] 10,000 etc. Diese Einwanderung, welche von der Regierung als für die Zukunft des Landes von größter Wichtigkeit auf alle Weise begünstigt wird, betrug 1863-67 durchschnittlich 14,000 Köpfe, 1870: 39,667, 1873: 76,332, 1874: 68,277, 1875: 42,066, 1876: 30,965, 1877: 28,798, 1878: 35,876, 1879: 50,205, 1880: 41,615, 1881: 47,489, 1882: 59,843 und 1883: 73,210 Köpfe. Von diesen Einwanderern befinden sich die den romanischen Nationen angehörigen meist in untergeordneten oder unselbständigen Stellungen. Dagegen sind die Deutschen, Engländer und Schweizer Großhändler, Handwerker, Ackerbauer. Die Auswanderung stieg 1875 auf 21,578, ist 1877 auf 12,630 zurückgegangen, dann aber wieder gestiegen und belief sich 1880 auf 25,311 und 1881 auf 22,374 Personen.
[Erwerbszweige.]
Die
[* 8] ist argentinische Republikist
einer der wenigen südamerikanischen
Staaten, in welchen sich feste und geordnete Zustände
zu bilden begonnen haben, und die in einer gedeihlichen
Entwickelung begriffen sind. Unter den Erwerbszweigen der Einwohner
wird der
Feldbau in jährlich zunehmendem
Maß betrieben, so daß seit 1877 an die
Stelle der Einfuhr eine Ausfuhr (1883 für
4,724,511
Pesos) getreten ist. Diese Ausfuhr besteht in
Weizen,
Mais,
Mehl
[* 9] und
Leinsamen und geht nicht allein
nach
Brasilien,
[* 10] auch schon nach
Europa.
[* 11] Am meisten werden
Mais (bis 2500 m
Höhe, in den niedrigen Landstrichen oft mit 200-300fältigem
Ertrag) und
Weizen (bis 2800 m
Höhe) gebaut,
Maniok und
Reis nur in einzelnen Gegenden; von Gartengewächsen zieht man besonders
Gurken,
Melonen und spanischen
Pfeffer. In
Tucuman,
Salta,
Jujuy und
Santiago gedeiht das
Zuckerrohr vortrefflich,
in
Salta,
Corrientes, im
Chaco und im Missionsgebiet die
Baumwollstaude.
Wein wird bereits jetzt in ausgedehnten Gebieten produziert und dürfte in der Zukunft eine große Wichtigkeit erlangen. Der Obstbau hat seinen Hauptsitz in den Provinzen Mendoza, San Juan, Rioja und Tucuman;
hier gedeihen besonders Feigen, Oliven und Südfrüchte;
Quitten und Granatäpfel gibt es, die Pampas ausgenommen, überall;
auch zieht man viel europäisches Obst. In Tucuman, Corrientes etc. baut man Tabak; [* 12]
Santiago liefert Indigo [* 13] und Kochenille.
Die Waldprodukte sind bis jetzt von keiner Bedeutung. Unter den zahlreichen neuentstandenen Ackerbaukolonien, deren man 1880: 69 mit 58,000 Bewohnern zählte, sind die von Schweizern, Deutschen und Engländern gebildeten Ansiedelungen (z. B. Esperanza, nordwestlich von Santa Fé, Baradero und San Pedro am Parana, Belleville oder Frayle muerto in Cordova) am blühendsten;
ein Vordringen der Kolonisten nach den äußersten Grenzen [* 14] wird bis jetzt noch durch die Indianereinfälle verhindert.
Ungleich größere Bedeutung als der Landbau besitzt die Viehzucht, [* 15] der die Naturverhältnisse des Landes außerordentlich günstig sind, und auf der noch gegenwärtig hauptsächlich der Nationalwohlstand des Landes beruht. Zur Zeit der Entdeckung desselben hatten die Eingebornen, namentlich in den Kordilleren, kein andres Haustier als das Lama oder Guanako. Mendoza führte 1536 das Pferd [* 16] ein;
1550 kamen die Ziege und das Schaf [* 17] aus Peru [* 18] herüber;
endlich 1553 wurde auch Rindvieh aus den brasilischen Küstenländern nach La Plata gebracht;
es waren acht Kühe nebst einem Stier.
Diese Rasse, eine südspanische, hat sich merkwürdig konstant erhalten. Die Herden bringen das ganze Jahr im Freien zu und sind, unter Aufsicht von berittenen Hirten, an den Aufenthalt auf dem Terrain ihrer Estancia (Viehgut) gewöhnt. Fast sämtliche Rinder [* 19] (1882: 14,206,499) sind gegenwärtig mit der Brandmarke ihres Besitzers versehen, und herrenloses Rindvieh kommt kaum mehr vor. Es gibt Estancias mit 12-20 und mehr Tausend Rindern. Die Hauptnutzung des Rindviehs besteht außer für den großen eignen Bedarf im Verkauf von Schlachtvieh für den Konsum der Städte und für die Saladeros, die großen Schlachthäuser, in denen alle Teile des Viehs zum Export verwertet werden.
Die Ausfuhr von
Rinderhäuten hat bedeutend abgenommen, eine
Folge des Aufschwungs der einheimischen
Gerbereien;
doch wurden 1883 immer noch gegen 2 Mill.
Stück exportiert. Neben der Rindviehzucht wird die
Pferdezucht
[* 20] stark betrieben.
Das argentinische
Pferd ist klein und von grobem
Bau, aber gelehrig, schnell, sehr ausdauernd und steht allgemein im
Gebrauch;
wild kommt es ebenfalls nur noch in kleinen Trupps im S. vor. Die
Herden bestehen zumeist aus Stuten (zur
Züchtung) und aus jungen
Pferden, die im 3. oder 4. Jahr mit dem
Lasso eingefangen und zugeritten werden.
Von den Stuten werden viele um ihrer Haut [* 21] und ihres Fettes willen getötet, aus dem man ein Brennöl (Potro) bereitet. Die Zahl sämtlicher Pferde [* 22] beträgt nahezu 4 Mill., die der ausgeführten Häute 1883: 259,367 Stück, dazu 1,535,247 kg Pferdehaare. Die Maultierzucht ist hauptsächlich in den bergigen Gegenden (in den Provinzen Mendoza, Cordova, Tucuman) bedeutend, wo sie einen Haupterwerbszweig ausmacht. Die Tiere werden in ganzen Herden nach Chile [* 23] und Peru geführt.
Man gebraucht die Esel fast ausschließlich zu dieser Zucht. Die Zahl der Esel und Maulesel beläuft sich auf etwa 200,000. Die Schafzucht treibt man erst seit neuerer Zeit (besonders seit Einführung von französischen Merinos und neuerdings von feinwolligen Schafen aus Deutschland) mit größerm Eifer und mit solchem Erfolg, daß sie schon jetzt weitaus den Hauptzweig der volkswirtschaftlichen Thätigkeit des Landes bildet. Die Wolle ist fein, aber nur von mittlerer Stärke [* 24] und, weil mit den stachligen Früchten einer sehr häufigen Pampaspflanze vermischt, schwer zu reinigen. Die Reinigung geschieht gewöhnlich in Europa. Der Wollexport, welcher 1853 etwa 8 Mill. kg betrug, hatte 1883: 118,403,668 kg erreicht, wovon ein äußerst ¶
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beträchtlicher Teil nach Deutschland ausgeführt wird. Die Zahl der Schafe [* 26] betrug 1882: 72,683,045, davon 57,838,073 in der Provinz Buenos Ayres. [* 27] Die außerordentliche Vermehrung des Viehstands liegt in der Veredelung der Rassen und der damit Hand [* 28] in Hand gehenden Verringerung der Abschlachtungen, daher auch der Export von Talg auf weniger als die Hälfte zurückging (1883: 15,814,636 kg). Auch Ziegen werden in einigen Teilen häufig (nahezu 3 Mill. Stück), von Schweinen 1882 nur 266,583 gezogen.
Der Bergbau [* 29] ist durch die Revolution sehr in Verfall geraten, und seinem Aufblühen stehen mancherlei Hindernisse entgegen. Der große Reichtum an Metallen hat zwar schon seit längerer Zeit einen ziemlich regen Bergbau auf Gold, [* 30] Silber, Kupfer, [* 31] Blei [* 32] und Nickel entstehen lassen; indessen hat derselbe noch bei weitem nicht die Ausdehnung [* 33] und Bedeutung gewonnen, welche ihm angesichts der vorhandenen, zum Teil außerordentlich reichen Erze gebühren. In neuester Zeit ist jedoch durch englisches Kapital ein regeres Leben in den Bergwerksbetrieb gekommen. Die Ausbeute an Gold beträgt gegenwärtig aber nur 90,000, die an Silber 50-60,000 Pesos, die aller Mineralien [* 34] und Metalle 600,000 Pesos im Jahr. Die neuentdeckten Kohlenfelder werden nur in kleinem Maßstab [* 35] abgebaut.
Von einer eigentlichen Industrie kann noch kaum die Rede sein. Seit 1876 befindet sich ein Schutzzollgesetz in Kraft, [* 36] das zum Zweck hat, die in Argentinien vorhandenen Anfänge einer einheimischen Industrie zu stärken und zu fördern. Am bedeutendsten ist die schon erwähnte Zubereitung der Viehzuchtprodukte für die Ausfuhr in den Saladeros, von denen acht in Entre Rios Einrichtungen mit einem Gesamtaufwand von 6 Mill. Pesos getroffen haben, so daß sie jährlich 480,000 Stück Rindvieh schlachten können.
Der Exportwert von Vieh und Fleisch beziffert sich jetzt jährlich auf 4,9-5,2 Mill. Pesos. Ein großer Teil des Exports, bei dem seit kurzem die Verschiffung lebender Rinder und Schafe eine große Rolle spielt, geht nach Europa, das gesalzene und getrocknete Fleisch aber (tasajo und charque) meist nach Westindien [* 37] und Brasilien, wo es ein Hauptnahrungsmittel der Arbeiterbevölkerung bildet. Alle übrigen Industriezweige werden nur im kleinen und gewöhnlich nur für den Bedarf betrieben; von schnell zunehmender Bedeutung sind die Gerbereien (in Tucuman), die Zuckersiedereien, in neuester Zeit Brauereien, die Bereitung von getrockneten Früchten, Wein, Branntwein etc. -
Der Handel war zur Zeit der spanischen Herrschaft sehr beschränkt und selbst der mit Peru durch schwere Zölle belastet; erst 1778 wurde der Handel mit dem Mutterland freigegeben. Seit der Unabhängigkeit der La Plata-Staaten von der spanischen Herrschaft dürfen alle Völker am Handel teilnehmen, und seitdem hat sich derselbe, besonders der Seehandel, außerordentlich gehoben. Letzterer konzentriert sich in Buenos Ayres, dem Hauptstapelplatz des Landes; doch haben neben demselben auch andre Hafenorte, wie Rosario, Corrientes, San Nicolas, Gualeguaychu etc., direkten überseeischen Verkehr, und man berechnet die Summe der Handelsbewegung dieser kleinern Häfen auf etwa 30 Proz. von jener der Hauptstadt.
Die Hauptartikel der Ausfuhr sind die bereits genannten, aus Viehzucht, Ackerbau und Bergbau gewonnenen Produkte, zu denen noch Knochen, [* 38] Hörner, Straußfedern, Hirschfelle u. a. kommen. Eingeführt werden aus England Baumwollwaren, sodann Woll-, Seiden- und Leinenwaren, Eisen [* 39] und Eisenwaren, Kleidungsstücke, Bier, Glas- und Porzellanwaren;
aus Frankreich besonders Spirituosen, Woll- und Seidengewebe, Kurzwaren, Parfümerien und Gebrauchsgegenstände;
aus Deutschland: Woll- und Baumwollzeuge, Eisenwaren und andre Fabrikate;
außerdem Zucker [* 40] (roh aus Brasilien, raffiniert aus Belgien [* 41] etc.), Maté-Thee (aus Paraguay und Brasilien), Wein (besonders aus Spanien), Tabak, Holz [* 42] und Mehl (aus Nordamerika), [* 43] Papier, Steinkohlen etc. Zu Lande geht der Handel vorzugsweise nach Chile und Bolivia, dann nach Paraguay und Brasilien;
über die Kordilleren werden die Waren teils in schwerfälligen, mit Ochsen bespannten Wagen, teils auf Maultieren und Eseln geschafft.
Die Hauptwege nach Chile sind der Paß [* 44] von Uspallata und der Portillopaß, der aber nur im Sommer benutzt werden kann. Die gesamte Einfuhr ward 1883 zu 80,4 Mill., die Ausfuhr zu 60,2 Mill. Pesos fuertes berechnet, während sich noch 1862 die erstere auf nur 16,60 Mill., die letztere auf 10,17 Mill. Pesos fuertes belief. Die Hauptverkehrsländer waren dabei in folgender Weise beteiligt:
Einfuhr | Ausfuhr | |
---|---|---|
England | 30.7 Mill. Pesos | 5.9 Mill. Pesos |
Frankreich | 15.4 - - | 21.0 - - |
Belgien | 3.3 - - | 12.1 - - |
Deutschland | 7.0 - - | 4.8 - - |
Vereinigte Staaten | 4.9 - - | 3.5 - - |
Italien | 3.5 - - | 1.6 - - |
Spanien | 3.8 - - | 1.3 - - |
Außerdem Brasilien, Uruguay, Paraguay, die Antillen. Ein großer Teil des deutschen Handels wird durch Belgien,
England und Frankreich vermittelt. Die Zahl der in sämtlichen argentinischen
Häfen eingelaufenen Schiffe
[* 45] betrug 7071 mit 1,954,088
Ton., davon 3626 Dampfer mit 1,437,018 T.; es liefen aus 5435 Schiffe mit 1,742,325 T., davon 3172 Dampfer mit 1,318,200 T. Der
Handel im Land selbst hat sich ebenfalls bedeutend gehoben, seit regelmäßige Dampfbootlinien auf
den großen Strömen eingerichtet sind (1882 waren im binnenländischen Stromverkehr 43,934 Schiffe mit 3,628,804 T. thätig)
und zugleich die Herstellung von Straßen und Brücken
[* 46] im Innern ernstlich in Angriff genommen wird.
Auch der Bau von Eisenbahnen wird eifrig betrieben; im Juli 1884 waren bereits 3910 km in Betrieb. Die Hauptlinien sind von Buenos Ayres nach Altamiramo, Azul, Bahia [* 47] Blanca, Dolores und Tandil 1016 km und nach Lobos, Ferrari und Temperley 691, von Rosario nach Cordova 396, von Villa Maria nach Mendoza 599 und von Cordova nach Tucuman 546 km. Im Bau begriffen sind 1042 km, projektiert ist eine große Zahl von Linien, darunter die transandinische Bahn von Mendoza nach Chile, wohin der Telegraph [* 48] bereits seit 1872 reicht.
Die gesamte Telegraphenlänge betrug 1884: 15,664 km Linien und 26,036 km Drähte, im Bau begriffen waren 1660 km;
die Zahl der Depeschen 1883: 487,726;
ein submariner Telegraph führt seit 1866 von Buenos Ayres nach Montevideo. [* 49] An Briefen wurden 1882: 9,799,210, an Drucksachen, Zeitungen etc. 15,745,797 befördert.
Als einheitliche Münze gilt seit dem Gesetz vom der Peso nacional (25 g Silber) im Wert von 4 Mk., zu 100 Centavos; es werden geprägt 50-, 20-, 10-, 5-Centavostück ein Silber, 1 und 2-Centavos in Kupfer, und in Gold Argentinos (5 Pesos) und halbe Argentinos. Doch läuft außerordentlich viel altes und neues Papiergeld, namentlich Scheidemünze, um, obschon seit die 1864 gegründete Nationalbank das alleinige Recht hat, Papiergeld im Betrag von 6 Mill. Pesos auszugeben. Maße und Gewichte sind gesetzlich die metrischen, doch bedient man sich meist noch der spanischen. ¶