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Tage mit
Eis
[* 2] bedeckt ist. Im
Verkehr von Archangel spielt die Ausfuhr die bei weitem wichtigste
Rolle; sie betrug 1883: 7,460,450
Rub., während die Einfuhr nur einen Wert von 760,740
Rub. repräsentierte. Exportiert wurden namentlich:
Hafer
[* 3] 530,564
hl,
Mehl
[* 4] und
Grütze 5 ⅓ Mill. kg,
Flachs 65,378 metr. Ztr.,
Werg 37,713 metr. Ztr.,
Dielen 306,478 Stand.-Dtzd.,
Leinsaat 90,194
hl. Die Einfuhr bestand im wesentlichen aus
Salz,
[* 5]
Stockfisch,
Wein,
Olivenöl u. a. Die Ausfuhr vermittelten 347 Seeschiffe
und 192 Küstenfahrer.
Der infolgedessen sich lebhaft entwickelnde Handelsverkehr zwischen den
Russen und Engländern, welchen der
Zar das
Recht zur
Niederlassung und bedeutende Privilegien verlieh, veranlaßte 1584 die Anlegung eines
Forts und sichern
Stapelplatzes an der
St. Nikolasbucht im
WeißenMeer, und es entstand dabei ein
Ort, der anfangs
Neu-Cholmogory (im südlicher
gelegenen
Cholmogory hatten die
Engländer bis dahin ihre Hauptniederlage), später Archangel (Michaelsstadt) genannt wurde.
Bald befuhren auch holländische, norwegische und deutsche
Schiffe
[* 9] den neuen Handelsweg, und die junge Stadt gelangte in kurzer
Zeit trotz der Aufhebung der englischen Privilegien unter dem
ZarenAlexei Michailowitsch zu einer großen Bedeutung, die
sie bis auf
Peter d. Gr. behauptete. Als dieser, um St.
Petersburg
[* 10] zu begünstigen, einen Teil der russischen Kaufleute in
Archangel zwang, nach der neuen Hauptstadt überzusiedeln, und Archangel obendrein mit höhern
Zöllen belastete, sank Archangels
Handel
sehr und begann erst unter
Katharina II., welche die ungünstigen BestimmungenPeters aufhob, sich wieder
etwas zu heben. In neuerer Zeit wurde er besonders durch
Alexander I., der den dortigen Kaufleuten ansehnliche
Freiheiten gewährte,
gefördert.
Hoffm. (Engelwurz), meist große
Kräuter mit mehrfach fiederig zusammengesetzten Blättern, großen, vielstrahligen
Dolden, aus wenigen kleinen Blättchen bestehenden oder fehlenden
Hüllen und aus vielen kleinen, borstenförmigen
Blättchen zusammengesetzten
Hüllchen, weißen
Blüten und eiförmigen oder eiförmig-länglichen
Früchten.
FünfArten in
Nordamerika
[* 11] und
Asien
[* 12] und eine in
Europa.
[* 13]
Archangelica officinalisHoffm.
(Angelica offic.
Mönch,
AngelicaArchangelicaL., echte Engelwurz) erreicht Manneshöhe,
hat einen kahlen, stielrunden, gerillten, gewöhnlich rotbraun überlaufenen
Stengel,
[* 14] kahle, unterseits
bläulichgrüne
Blätter, an den obern Blattstielen sackartig aufgeblasene
Scheiden und große, reichstrahlige, sehr konvexe,
mehlig-flaumige
Dolden. Die
Pflanze wächst im hohen
Norden
[* 15] bis zur Discobai in Westgrönland, auf
Island,
[* 16] in
Skandinavien und
Sibirien; südlich findet sie sich vereinzelt noch bis zu den deutschen
Mittelgebirgen.
(griech.), im allgemeinen s. v. w.
Altertumskunde; im engern
Sinne nach modernem Sprachgebrauch
die
Wissenschaft, welche sich mit der bildenden
Kunst des klassischen
Altertums beschäftigt. Als solche bildet sie einen Teil
der gesamten Altertumswissenschaft, welche bestrebt ist, die
Kultur und das gesamte
Leben des
Altertums in seiner
Entwickelung
zu verfolgen, und nimmt in derselben ihre besondere
Stelle insofern ein, als sie auf den Kunstsinn der
alten
Völker gerichtet ist, diesem in seinem
Werden und in seiner
Entwickelung nachgeht, seine Erzeugnisse nach Form und
Inhalt
betrachtet und so die Geschichte der
Kunst im
Altertum zu gewinnen sucht.
Diesem ihrem
Zweck nach ist die Archäologie anderseits ein Teil der allgemeinen
Kunstwissenschaft oder
Kunstgeschichte, neben
dieser aber dennoch als besondere
Wissenschaft berechtigt, weil die antike
Kunst für die Gegenwart, wenn auch vielfach unbewußt,
noch wirksam und in mannigfacher
Weise bestimmend ist, und weil sie sich ein für alle
Zeiten normgebendes Gebiet wählt, in
dem sie als in einem engen, aber sehr geeigneten
Kreis
[* 23] alle die Betrachtungen durchführt, welche das
Ideal der
Kunstwissenschaft an die
Kunst der
Menschen heranbringen kann.
Die realen Hilfsmittel der Forschung sind für die Archäologie dieselben wie für die übrige Altertumswissenschaft,
ihre Verwertung ist eine andre. Aus den litterarischen
Quellen erhält sie einen reichen
Schatz von Kenntnissen über die antike
Kunst; in hervorragenderer
Weise aber als alle verwandten
Wissenschaften richtet sie ihre
Studien auf die
aus dem
Altertum erhaltenen
Denkmäler selbst. Was nur immer von den Resten des
Altertums die
Spuren menschlicher
Hand
[* 24] und menschlichen
Geistes trägt, die unterirdische Grabkammer nicht weniger als der hoch gebaute
Tempel,
[* 25] die unscheinbare
Gemme
[* 26] ebenso gut
wie die herrlichen Gebilde der
Plastik, unterliegt ihrer Forschung.
Auch die in unzähliger
Menge für das tägliche
Leben handwerksmäßig hergestellten Gebrauchsgegenstände sind ihr nicht
entlegen, denn auch bei diesen kommt wenigstens noch ein Abglanz der
Kunst, ein stilistisches Gepräge zum Vorschein. Betrachtet
aber werden diese
Dinge nur aus demGesichtspunkt der
Kunst; ihre Form vorzugsweise unterliegt der Beurteilung,
ihr
Inhalt und ihre Bestimmung nur insofern, als diese für die Form maßgebend war. Die Bedeutung jener
¶
mehr
Altertümer für die mannigfachen Bedürfnisse des Lebens zu untersuchen und zu lehren, überläßt die der Altertumskunde,
diese Kenntnis zu verwerten, der Geschichte. In diesem Sinn hat zuerst O. Jahn 1848 die Archäologie richtig definiert als »die wissenschaftliche
Bearbeitung der durch Masse, Form und Farbe wirkenden Denkmäler der Völker des klassischen Altertums nach
der ihnen eigentümlichen Ausdrucksweise und die darauf wesentlich gegründete Erkenntnis der Entwickelung und des Bestands
der bildenden Kunst im Altertum als eines Gliedes in dem gesamten Kulturleben desselben, oder kurz gefaßt, die wissenschaftliche
Beschäftigung mit der bildenden Kunst des Altertums«.
Das Wort Archäologie wurde schon von den Griechen häufig gebraucht, vorzugsweise aber auf die
Erforschung und Darstellung von vergangenen, für die Gegenwart nicht mehr wirksamen Dingen, namentlich der ältesten Geschichte,
Staatsform und Sitte, angewandt. Mit dem Aufblühen der klassischen Studien im 15. Jahrh. bürgerte sich der Ausdruck Antiquaria
für die Archäologie ein, und noch Lessing handelte in seinen »Antiquarischen Briefen« durchaus von der antiken
Kunst. Studium der Antike nannte Heyne die Archäologie, deren jetziger Name sich erst seit Beginn dieses Jahrhunderts allgemeine Geltung
verschafft hat.
Kritik war vorläufig diesem begeisterten Treiben fremd. Die Frage nach dem Echten, dem Ursprünglichen fiel dieser Generation
noch zusammen mit der Frage nach dem Schönen, dem Verständlichen; man ergänzte die zum Teil verstümmelten Statuen, um sie
zur Dekoration zu gebrauchen, und glaubte nur dem eignen Geist folgen zu dürfen, um das Kunstwerk in seiner
ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen. Arbeiten der Gelehrten und Kunsttheoretiker schlossen sich an; Andrea Fulvio, dem
zuerst eine Rekonstruktion des klassischen Altertums aus seinen Überresten als Ziel einer Archäologie vorschwebte, stand an ihrer Spitze.
Zur Herrschaft gelangte dieses litterarische Betreiben der in der folgenden Periode, dem 17. und der ersten
Hälfte des 18. Jahrh. In Rom freilich war zu dieser Zeit die Sammellust noch im Steigen, und fremde Fürsten, wie die KöniginChristine von Schweden
[* 32] (1668-89 in Rom), und Kardinalnepoten, wie Aldobrandini, Borghese, Ludovisi, Barberini, schufen ihre
herrlichen Sammlungen. Der Schwerpunkt
[* 33] der geistigen Arbeit aber ging von Rom auf andre Länder über und ließ dort wegen der
Beschwerlichkeit der eignen Anschauung mehr das gelehrte Interesse und die litterarische Arbeit in den Vordergrund treten, wenn
auch einzelne Männer durch unermüdlichen Sammelfleiß, unterstützt von reichen Geldmitteln und einer glücklichen
Verbindung von Kunstsinn und Gelehrsamkeit, Außerordentliches
leisteten und Vorläufer der großen dritten Periode wurden.
Gori (1691-1757) begründete die etruskische Altertumskunde, Franziskus Junius ließ in Amsterdam
[* 34] das erste umfassende Lehrgebäude
der antiken Kunst erscheinen; vor allen erkannten die Franzosen Peiresc und Spon die Archäologie als selbständige Wissenschaft und förderten
sie durch Reisen, Sammlungen und eifrigen Verkehr mit den gleichzeitigen Gelehrten. Zu einer Auffassung
der Archäologie als einer Geschichte der antiken Kunst gelangte indes erst Joh. Joach. Winckelmann (s. d.), der, herangebildet durch
die Ästhetik seiner Zeit und die griechischen Dichter, seit seinem ersten Aufenthalt in Italien (1755) das Wesen der alten
Kunst voll und richtig erkannte und in seiner »Geschichte der Kunst des Altertums« der Welt darlegte, wie
er auch in seinen »Monumenti antichi inediti« eine neue Erklärung der Kunstwerke wenigstens anbahnte. Er erkannte den Maßstab
[* 35] der Eigentümlichkeit derselben in ihren Stilen und wies eine Aufeinanderfolge derselben nach; die Masse der römischen
Orten entstammenden Antiken erwies er als Kopien und forschte nach den Originalen; den griechischen Mythus bezeichnete er als
die der Poesie wie der bildenden Kunst gemeinsame Quelle.
[* 36]
Letzteres sowie in fast allen europäischen Ländern zahlreich gegründete archäologische Gesellschaften (in Berlin
[* 40] 1841) bilden
die belebenden Mittelpunkte für die Studien der heutigen Archäologen, welche meist auf das gemeinsame Ziel gerichtet sind,
das allmähliche Werden, die Entfaltung, die Blüte,
[* 41] das Vergehen einer so wunderbar klassischen Schöpfung,
wie es die alte Kunst ist, immer tiefer zu erfassen.
Vgl. Brunn, Geschichte der griechischen Künstler (Stuttg. 1853-59, 2 Bde.),
auf litterarischen Quellen beruhend; Overbeck, Geschichte der griechischen Plastik (3. Aufl., Leipz. 1880, 2 Bde.);
Seit dem Beginn des 19. Jahrh. und unter dem Einfluß der Romantik im deutschen Geistesleben bildete sich auch eine christliche
Archäologie aus. Fr. Schlegel war der erste, welcher die Idee einer christlichen Kunst gegenüber der antiken aussprach und bei praktischen
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