deswegen in den
Vordergrund tritt, weil nicht sowohl ein hoher Arbeitslohn als vielmehr eine
Sicherung der ganzen
Existenz des Arbeiters
von der größten Wichtigkeit ist.
Unterrichtsanstalten, in welchen den
Schülern nicht sowohl bildende Kenntnisse als nützliche gewerbliche
Fertigkeiten beigebracht werden.
Schon im vorigen
Jahrhundert brach sich vielfach die Überzeugung
Bahn, daß beide
Arten des
Unterrichts in der
Volksschule zu verbinden seien, da diese vorwiegend die
Jugend der arbeitenden
Klassen
vorzubilden habe, für deren glückliches Fortkommen neben einem bescheidenen
Maß geistiger
Bildung ganz besonders die Geschicklichkeit
der
Hände von Bedeutung zu sein schien. An vielen
Orten suchte man auch durch die
Handarbeiten den
Schülern einen kleinenVerdienst
zu sichern, um
so den Schulbesuch zu befördern und ärmere Eltern für den
Ausfall an häuslicher
Arbeit zu entschädigen.
Ein allgemeiner deutscher
Verein zur Beförderung des
Handfertigkeitsunterrichts wurde 1881 unter Vorsitz von Arbeitsschulen
Lammers in
Bremen
[* 18] begründet. Derselbe hielt seine vierte Jahresversammlung 1884 in
Osnabrück, wo von verschiedenen Seiten über erfreulichen
Fortgang der
Sache berichtet werden konnte.
Vgl.
Clauson-Kaas, Die Arbeitsschule neben der Lernschule (im »Arbeiterfreund«,
Berl. 1876, Heft 2 u. 3);
nennt
man in der
Volkswirtschaft die Spezialisierung der Berufsarten und die technische Zerlegung wirtschaftlicher
Verrichtungen in verschiedenartige einfachere
Operationen. Die einfachste Arbeitsteilung finden wir schon im
Schoß der
Familie ausgebildet,
indem sich die
Frau der
Erziehung der
Kinder und dem
Haushalt, der Mann seiner Berufsthätigkeit (dem
Erwerb)
widmet. Ist in unentwickelten Kulturepochen des
Jäger- und Hirtenlebens oder auch der
Agrikultur die
Einzelwirtschaft insofern
eine mehr selbständige, als sie ihren Lebensbedarf fast ganz durch eigne Thätigkeit deckt, so findet auf vorgeschrittenern
Stufen eine
Scheidung in der Art statt, daß der eine mit der
Landwirtschaft, der andre mit dem
Gewerbe,
der dritte mit dem
Handel sich ausschließlich befaßt.
Diese volkswirtschaftliche Arbeitsteilung dehnt sich mit steigender
Kultur und Vermannigfaltigung der
Produkte immer weiter aus, indem
nicht allein neue Produktionszweige sich ausbilden, sondern auch die Erzeugung einer ganzen
Gattung von
Gütern sich in selbständige
Geschäfte, welche sich speziell mit der Herstellung der einzelnen
Arten befassen, verzweigt. Schließlich
entstehen selbst
Gewerbe, welche lediglich einzelne Teile eines ganzen
Produkts darstellen. Diese letztere Art der Arbeitsteilung kann
am weitesten getrieben werden, wenn die Teiloperationen einheitlich und planmäßig in einer Anstalt
(Fabrik) zusammengefaßt
werden.
Bei einer solchen privatwirtschaftlichen Arbeitsteilung können endlich die einfachstenOperationen bis zur geisttötenden
Monotonie besondern
Personen zur ausschließlichen Beschäftigung zugewiesen werden. Man unterscheidet persönliche Arbeitsteilung (objektive
nach
List), bei welcher sich verschiedene
Personen mit ungleichen Thätigkeiten befassen; zeitliche, bei welcher ein und derselbe
Mensch solche Thätigkeiten ausübt, aber derart, daß er die gleichartigen zeitlich zusammenfaßt, erst die eine, dann
die andre Art von
Arbeiten vollständig ausführt; ferner die räumliche Arbeitsteilung (nationale, internationale
Arbeitsteilung), bei welcher an verschiedenen
Orten ungleiche
Güter erzeugt werden.
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mehr
Letztere ist bedingt durch örtliche Eigentümlichkeiten, ungleiche natürliche Verhältnisse (Bodenbeschaffenheit, Klima
[* 21] etc.)
sowohl als auch durch Verschiedenheit aller durch Kultur- und Staatsleben geschaffenen Produktionsfaktoren, wie Arbeitstüchtigkeit,
Moralität, Gesetzgebung und Verwaltung, Gewohnheit, geschichtlich entwickelte Kapitalkraft, Dichtigkeit der Bevölkerung etc.
Diese Bedingungen der internationalen Arbeitsteilung sind teils derart, daß sie überhaupt nicht
beseitigt werden können (tropische Gewächse, Holz
[* 22] aus gemäßigtem und kaltem Klima), teils ist die Beseitigung möglich,
aber dann nicht immer in kurzer Frist, da die vorteilhafte eigne Erzeugung vieler Produkte, welche seither von außen bezogen
wurden, mitunter gewaltige Umgestaltungen in Verkehrswesen, nationaler Arbeitsgliederung, Verteilung der Bevölkerung etc.
erfordert.
Durch die Arbeitsteilung wird eine innige Interessenverkettung zwischen Personen und Ländern hervorgerufen und eine
enorme Steigerung der produktiven Kräfte ermöglicht. Durch ausschließliche Beschäftigung mit einer Arbeitsart und spezielle
Heranbildung für dieselbe wird die Leistungsfähigkeit erhöht, die verschiedenen Kräfte lassen sich zweckmäßig verwenden,
die Arbeitsteilung gestattet die Anwendung kostspieliger Werkzeuge
[* 23] und Maschinen und hat auch schon zur Erfindung spezialisierter
Arbeitsinstrumente hingeführt etc. Hand in Hand mit der Arbeitsteilung, und diese hierdurch zu einer organischen Arbeitsgliederung gestaltend,
muß eine richtige Arbeitsvereinigung gehen, d. h. die verschiedenen Produkte und Produktenteile müssen zu einander in richtigem
Quantitätsverhältnis stehen, wenn Arbeits- und Kapitalvergeudungen vermieden werden sollen.
Dieses organische Ineinandergreifen der verschiedenen Arbeiten wird um so vollkommener stattfinden, je
leichter die Kenntnis von Bedarf und Vorrat allgemeinere Verbreitung finden kann, je mehr verbesserte Kommunikation die Ausgleichung
von Mangel und Überfluß gestattet, je weniger künstliche Störungen des Gleichgewichts hervorgerufen werden etc. In einem
andern Sinn spricht man von Arbeitsvereinigung, wenn mehrere Kräfte gemeinschaftlich auf eine Operation
sich konzentrieren, wenn mehrere Verrichtungen gleicher Art von einer Person ausgeführt werden oder gleiche Verrichtungen,
welche zeitlich nacheinander als kontinuierliche Teile eines Ganzen vorgenommen werden, verschiedenen Personen überwiesen
sind.
Der Arbeitsteilung und Arbeitsvereinigung entspricht die Kapitalteilung und Kapitalvereinigung (Differenzierung der
Arbeitsinstrumente, Verwendung eines Objekts für verschiedene Zwecke oder bei größerm Umfang für eine
größere Zahl gleichartiger Zwecke etc.). Wie die Arbeit zum Segen und zum Fluch werden kann, so auch die Arbeitsteilung. Wenn sie gewisse
Grenzen
[* 24] überschreitet, kann sie Geist und Körper schädigen, durch Ermöglichung der Anwendung billiger Frauen- und Kinderarbeit
Familienleben, Bildung und Moralität untergraben, durch Schwierigkeit vollständiger Anpassung und Eingliederung
unter verschiedenen Verhältnissen Störungen, Krisen und damit Verluste an Kapital und Arbeit bewirken etc. Im allgemeinen würden
die gegen diese Gefahren der Arbeitsteilung anzuwendenden Mittel weniger gegen die letztere an und für sich als vielmehr gegen ihre schädlichen
Wirkungen zu richten sein (Beschränkung der Arbeitszeit, gute Verwendung der Ruhepausen für Erholung,
Bildung und Familie etc.).
In der Naturwissenschaft heißt Arbeitsteilung (Differenzierung) die Bildung ungleichartiger Formen oder Organe aus gleichartiger Grundlage,
wobei die Neubildungen gesonderte Funktionen übernehmen. Alle
Organismen entstehen aus einer einzelnen Zelle,
[* 25] welche sich bei
weiterer Entwickelung zunächst in gleichartige Zellen von gleicher Funktion teilt. Diese letztern vermehren
sich weiter, und nun tritt eine Differenzierung der Zellen hervor, indem die einzelnen Gruppen sich in verschiedener Weise ausbilden
und gewisse zur Erhaltung des Organismus erforderliche Leistungen ausschließlich übernehmen.
Durch diese Beschränkung können sie aber vermöge ihrer besondern Einrichtung jene Leistungen in reicherm
Maß und vollendeterm Grad zur Ausführung bringen und unter der Voraussetzung des geordneten Ineinandergreifens der Arbeiten
sämtlicher Zellen dem Organismus Vorteile zuführen, welche ihn zu einer höhern und vollkommenern Lebensstufe befähigen.
Physiologische Arbeitsteilung und morphologische Differenzierung (Divergenz des Charakters) bedingen einander, und was von den einzelnen
Zellen gilt, gilt auch von den Organen und von den Individuen.
Die Arbeitsteilung wurde zuerst von Milne Edwards als eins der Hauptmomente bei der Vervollkommnung der Wesen im Fortschritt der Organisation
von niederer zu höherer Stufe erkannt. So sind z. B. Kiemenfußkrebse und Trilobiten trotz ihrer oft sehr zahlreichen, gleichartigen
Funktionen dienenden Füße in der Stufenleiter der Organismen viel tiefer stehende Wesen als die Garneelen
und Flußkrebse, bei denen die in ihrer Zahl verminderten Seitenglieder sich zu Fühlern, Kiefern, Freßzangen, Scheren,
[* 26] Lauf-
und Ruderfüßen umgebildet haben.
Die Arbeitsteilung ist aufzufassen als eine Folge des Kampfes ums Dasein, welcher zwischen zwei Organismen um so heftiger entbrennt,
je näher sich dieselben in jeder Beziehung stehen, je gleichartiger sie sind. Bei einem und demselben Individuum führt dieser
Kampf zur Differenzierung der Zellen und Organe, bei Individuen einer und derselben Spezies, welche an einem und demselben Ort
beisammen leben, zur Bildung von Abarten und neuen Spezies. In eigentümlicher Weise gestaltet sich die Arbeitsteilung bei
den Tierstöcken oder »zusammengesetzten Tieren«, bei welchen eine Anzahl meist durch Sprossung aus einem Einzeltier hervorgegangene
Individuen, auf gemeinsamem Stock vereinigt, zum Teil sehr stark umgebildet, auf ganz bestimmte Funktionen angewiesen sind
und sich wie Organe eines Ganzen verhalten (Polymorphismus).
Das schönste Beispiel derartiger Arbeitsteilung zeigen die Siphonophoren. An einem Mittelstamm, der gemeinsamen Körperachse,
sitzen ringsherum Hunderte und oft Tausende von Medusen und Polypen, welche durch Arbeitsteilung höchst verschiedene Form und Bildung angenommen
haben. Der Zentralstamm, ein sehr verlängerter einfacher Polypenleib, ist oben zu einer Schwimmblase ausgedehnt, welche den
ganzen Tierstaat an der Meeresoberfläche schwimmend erhält. Unter der Blase sitzen glockenförmige Medusen
ohne Arme, ohne Ernährungs- und Fortpflanzungsorgane, nur zur Fortbewegung der Tierstocks geeignet.
Auf diese »Lokomotiven« folgen Medusen, welche zu blattförmigen Schuppen zurückgebildet sind und lediglich als passive Schutzorgane
für birnförmige Freßpolypen dienen, welche die Nahrung für den ganzen Tierstock aufnehmen und allein mit
Verdauungsorganen ausgestattet sind. Zwischen den Freßpolypen sitzen die Sinnes- oder Tastpolypen, bei denen allein die Geistesthätigkeiten
entwickelt sind, und endlich die beiderlei Geschlechtstiere, denen die Fortpflanzung des ganzen Stocks zufällt. Ähnliche
Arbeitsteilung findet sich auch bei höhern gesellig lebenden Tieren, die zum Teil, wie die Bienen und besonders die Ameisen,
Staaten bilden, in welchen den verschiedenen Individuen ganz
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