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den Dichter über alle Vorstellung einträglich waren. So gab der Feldherr Táher dem Abu Nowás 300,000 Dirhems für drei Verse auf seine Freigebigkeit mit den Worten: »Wären der Verse mehr, so wären auch der Dirhems mehr«. Die berühmtesten Dichter sind: der eben erwähnte Abu Nowás (gest. 814), der auch frische Trinklieder verfaßte (hrsg. von Ahlwardt, Greifsw. 1861);
Asmai (Açma'i, gest. 828 oder 328), auch ausgezeichnet als Kenner der alten Poesie und Sprachforscher;
Abu Temmám (s. d.);
Ibn Doreid (s. d.);
Mutanabbi (s. d.);
Abul-Alá (gest. 1057), voll Ernst und Leidenschaft die Schäden seiner Zeit geißelnd (vgl. Rieu, De Abul-Alae vita et carm., Bonn [* 2] 1843; Auszüge mit Übersetzungen von Arabische v. Kremer in der »Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft«, Bd. 29-31);
Tograi (s. d.);
Ibn al Fáridh (s. d.);
Isseddín al Makdisí (gest. 1279),
allegorisch über Vögel [* 3] und Blumen (hrsg. von Garcin de Tassy, Par. 1821);
Buçíri (gestorben um 1295),
berühmt durch ein Lobgedicht auf Mohammed unter dem Titel: »Bordah« (hrsg. mit deutscher Übersetzung von C. Arabische Ralfs, Wien [* 4] 1860), u. a. Da es nach arabischer Ansicht das Merkmal eines guten Gedichts ist, daß es mit Weisheitssprüchen (Hikmah) durchwebt ist, so nehmen Sprichwörter und Gnomen in dieser Litteratur natürlich eine hohe Stelle ein.
Nicht geringer ist die Bedeutung der sprichwörtlichen Redensarten, deren Kenntnis zum Verständnis gelehrt schreibender Schriftsteller oft ganz unentbehrlich ist. Die meist apokryphischen je 100 Sprüche Alis, Abu Bekrs, Omars und Othmans hat der persische Dichter Watwát (gest. 1182) gesammelt (Alis Sprüche allein hrsg. von Fleischer, Leipz. 1837). Spätere Sammlungen sind von Meidani (gest. 1124; hrsg. von Freytag, Bonn 1838-1843, 3 Bde.), Samachschari (1074-1143; übersetzt von Fleischer, Leipz. 1835, und von Weil, Stuttg. 1836). Die Gewohnheit, Sittenlehren und Lebensregeln in Fabeln, Parabeln und Apologen einzukleiden, ist schon aus der Bibel [* 5] bekannt und im Orient einheimisch.
Die a. L. besitzt zwei berühmte Sammlungen dieser Art. Die eine, aus Indien stammend (wo das Werk den Titel: »Pantschatantra«, d. h. Fünfbuch, trägt),
in der aus dem Persischen geflossenen arabischen Übersetzung »Calila wa dimna« genannt, enthält Klugheitsregeln für einen Monarchen, in Tierfabeln eingekleidet, und ist unter den verschiedenen Namen: »Fabeln Bidpais«, »Humajun Nameh« (»Kaiserliches Buch«) u. a. eins der im Orient verbreitetsten Bücher und in viele abendländische Sprachen übersetzt, aus dem Persischen ins Arabische von dem Perser Ibn el Mukaffa (gestorben etwa 756; der arabische Text hrsg. von de Sacy, Par. 1816; mehrfach auch seit 1251 d. H. in Bulak gedruckt).
Die andre Sammlung führt den Namen Lokmans (s. d.). Noch ausschließlicher der Volkslitteratur gehört der Roman an. Die arabischen Romane geben sich teils als wahre Erzählungen (Kiçça) oder Biographien (Síret), teils als Märchen (Hikájah); hauptsächlich wählte man Ritter- und Heldengeschichten zum Gegenstand der Darstellung, doch wurden manche Stoffe auch aus dem Persischen entlehnt. Die beiden umfangreichsten und zugleich beliebtesten Romane sind: »Das Leben Antaras«, das in der altarabischen Zeit, und »Das Leben des Sultans Bibárs«, das in den Kreuzzügen spielt.
Märchen gehören noch heutzutage zu den beliebtesten Unterhaltungen; an der Spitze derselben stehen »Tausendundeine Nacht« (s. d.). Als Anthologien sind neben den beiden Hamasen (s. d.) zu nennen: das »Große Liederbuch« des Abulfáradsch al Isfaháni (gest. 967),
eine großartige Sammlung mit biographischen und theoretischen Beigaben (Ausgabe mit Übersetzung, begonnen von Kosegarten, Greifsw. 1840; vollständig gedruckt in 20 Bdn., Bulak 1285 d. H.), und die »Einzige Perle der Welt« des Tha'álebi (gest. 1038), nach den Ländern geordnet (vgl. Dieterici, Mutanabbi und Seifuddaula, Leipz. 1847). Neuarabische Sprichwörter hat Burckhardt gesammelt (übersetzt von Kirmß, Weim. 1834), Volkspoesien (besonders der Beduinen) Wallin und Wetzstein.
Der Poesie sehr innig verwandt sind die sogen. Makamen (s. d.), die von den Arabern als Meisterstücke der Redekunst gepriesen werden und in ihrer Form sich an die Reimprosa des Korans anlehnen. Sie sind bald im erzählenden, bald im dialogischen Ton gehalten. Begründet wurde diese Dichtungsweise durch Hamadáni (gest. 1007), vollendet durch Hariri (s. d.).
Vgl. außer den bereits angeführten Werken noch: Humbert, Anthologie arabe (Par. 1819);
Jolowicz, Polyglotte der orientalischen Poesie (2. Ausg., Leipz. 1856), und die verschiedenen arabischen Chrestomathien von de Sacy, Kosegarten u. a.
Geschichtschreibung. Geographie.
Die historische Litteratur fällt zunächst mit der Traditionswissenschaft, zum Teil auch mit der philologischen Erklärung der alten Poesie (Stammsagen u. dgl.) und der Genealogie zusammen. Allmählich entwickelt sie sich selbständiger. Wákidi (747-823) wird als Darsteller der ersten islamitischen Eroberungszüge genannt (manches ist ihm untergeschoben, echt die von v. Kremer, Kalk. 1855-56, herausgegebenen und die von Wellhausen, Berl. 1882, übersetzten Stücke); Ibn Koteibah (828-889) lieferte höchst wichtige Nachrichten über die alte Geschichte und die verschiedenen Stämme in einem universell angelegten Kompendium (hrsg. von Wüstenfeld, Götting. 1850). Seit dem 3. Jahrh. der Hedschra aber wurde nach dem Bekanntwerden mit der persischen Überlieferung, mit griechischer Astronomie [* 6] und christlicher Chronologie und durch Erweiterung des Gesichtskreises die Geschichte ein Lieblingsgegenstand der arabischen Gelehrten.
Das Verfahren ist annalistisch, ohne historischen Pragmatismus, aber in der guten Zeit nie ohne Angabe der schriftlichen oder mündlichen Quelle. [* 7] Anekdotische Details lieben die Geschichtschreiber besonders und vergessen darüber oft das Wichtigere; bei den meisten findet sich Übertreibung, Wundersucht und Leichtgläubigkeit, aus vielen spricht ein religiöser Geist und eine theokratische Ansicht der Weltbegebenheiten. Seit dem 10. Jahrh. schrieb man auch Universalgeschichtswerke, worin die Geschichte häufig nach Dynastien behandelt wird, und Al Berúni (973-1048), ein höchst bedeutender Kopf, verfaßte eine wichtige »Chronologie orientalischer Völker« (hrsg. von Sachau, Leipz. 1876-78; engl. von demselben, Lond. 1879). Die Sprache [* 8] ist meist einfach und schmucklos, bei vielen selbst vernachlässigt, bei andern umgekehrt schwülstig und bombastisch.
Trotz dieser Beschaffenheit der arabischen Geschichtschreibung ist ihr Inhalt wichtig, und für manche Partien ist sie unsre einzige Quelle. Die ersten umfassenden Geschichtschreiber sind Perser; unter ihnen ragt durch gewaltigen Fleiß hervor Tábari (839-923), dessen für die Geschichte des Orients unvergleichlich wichtige Weltgeschichte verloren schien, jetzt aber ziemlich vollständig wieder aufgefunden ist und von einem Verein von Orientalisten unter de Goejes Leitung herausgegeben wird (bisher 13 Halbbde., Leid. 1879-84; einiges war schon ¶
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herausgegeben von Kosegarten, Greifsw. 1831-53, 3 Bde.; der persische Auszug mit französischer Übersetzung von Zotenberg erschien Par. 1867-74, 4 Bde.). Allgemeinere Geschichtswerke lieferten außerdem: der ausgezeichnete Mas'údi (gest. 957) mit seinen »Goldenen Wiesen« (arab. u. franz. von Barbier de Meynard, Par. 1866-77, 9 Bde.);
Ibn al Athír (gest. 1232; hrsg. von Tornberg, Leid. 1851-76, 14 Bde.);
der Christ Abulfáradsch, gewöhnlich Bar-Hebräus (s. d.) genannt, ein geborner Syrer;
Abulfeda (gest. 1331; seine sehr wichtigen »Annalen«, hrsg. von Reiske und Adler, [* 10] Kopenh. 1789-94, 5 Bde., und die dazu gehörige »Historia anteislamica« von Fleischer, Leipz. 1831).
Ein wirklich genialer Kulturhistoriker von philosophischer Bildung und großen Gesichtspunkten ist der Spanier Ibn Chaldún (s. d.). Die ältern Epochen behandeln die Eroberungsgeschichten, so die von Beládsori (gest. 892; hrsg. von de Goeje, Leid. 1866); einen Überblick der Geschichte des Kalifats lieferte Ibn et Tiktaká (früher als Fachreddín bezeichnet; hrsg. von Ahlwardt, Gotha [* 11] 1860). Als Ausgangspunkt der mohammedanischen Geschichte hat das Leben Mohammeds vielfache Darstellung gefunden, am besten nach den Materialien des 768 gestorbenen Ibn Ishák durch Ibn Hischám (gest. 828; hrsg. von Wüstenfeld, Götting. 1858-60, 2 Bde.; deutsch von Weil, Stuttg. 1864, 2 Bde.). Die spezielle Geschichte Arabiens wurde besonders eingehend behandelt in Bezug auf die heiligen Städte, vorzüglich Mekka (vgl. Wüstenfeld, Chroniken der Stadt Mekka, Leipz. 1857-61, 4 Bde.). Unter den dem Islam unterworfenen Ländern haben eine bevorzugte Darstellung Syrien, Ägypten [* 12] und Nordafrika gefunden, das erstere durch Abu Schámah (gest. 1266; vgl. Görgens und Röhricht, Quellenbeiträge zur Geschichte der Kreuzzüge, Bd. 1, Berl. 1879) und Ibn Schíhnah (gest. 1485). Mit Ägypten in seiner mohammedanischen Zeit beschäftigten sich Abd ul Latíf (um 1230; hrsg. von White, Oxf. 1800; franz. von de Sacy, Par. 1810), Makrísi (gest. 1441; »Geschichte der Mamlukensultane«, übersetzt von Quatremère, das. 1837-45; »Geschichte der Kopten«, [* 13] von Wüstenfeld, Götting. 1845); mit den Berbern Ibn Chaldún (s. d.); mit dem maurischen Spanien [* 14] Makkari (gest. 1631; hrsg. von Dozy u. a., Leid. 1855-61; auszugsweise ins Englische [* 15] übersetzt von Pascual de Gayangos, Lond. 1840-43, 2 Bde.). Außerordentlich reich ist die arabische Litteratur an Biographien, sowohl an einzelnen, darunter die des Timur von Ibn Arabschah (s. d.), als auch an Sammelwerken, von denen wir namentlich das von Ibn Challikán (gest. 1282; hrsg. von Wüstenfeld, Götting. 1835-43; übersetzt von de Slane, Par. 1842-71, 4 Bde.) anführen.
Vgl. Wüstenfeld, Die Geschichtschreiber der Araber und ihre Werke (Götting. 1882).
Auch die Geographie haben die Araber fleißig bearbeitet und stehen in dieser Beziehung über allen Völkern des Mittelalters. Die Eroberungen der Kalifen, die Handelsbeziehungen, welche seit den Abbassiden viele Kaufleute nach Indien, ins Innere von Afrika, [* 16] ja bis nach China [* 17] führten, nicht weniger die als Religionspflicht vorgeschriebenen Pilgerfahrten gaben Anlaß zur Abfassung von Itinerarien und Reisebeschreibungen. Seit mit andern griechischen Wissenschaften auch die Mathematik den Arabern bekannt geworden war, verbanden sie die mathematische Geographie mit der historischen, ohne jedoch darin über Ptolemäos hinauszugehen, nach welchem sie die Länge und Breite [* 18] der Orte bestimmten.
Die den Handschriften beigegebenen Karten sind mangelhaft, aber in hohem Grad wichtig. Von den Verfassern von Reiseberichten, welche durch oft reiches kulturgeschichtliches Material noch heute wichtig sind, nennen wir: Ibn Fodhlan (gest. 921; Nachrichten von den Wolga-Bulgaren, hrsg. von Frähn, Petersb. 1823), Al Berúni (s. oben; Notizen über Indien, vgl. Reinaud, Fragments rel. à l'Inde, Par. 1845), Ibn Dschobair (1145-1217; Beschreibung seiner Pilgerreise, hrsg. von Wright, Leid. 1852), Ibn Batuta (gest. 1377, bis China vordringend; hrsg. von Defrémery und Sanguinetti, Par. 1853-59, 4 Bde.). Aus solchen konkreten Beobachtungen wie den durch die Bedürfnisse der Staatsverwaltung erforderten Aufzeichnungen mußten in Verbindung mit der griechischen Astronomie bald geographische Lehrbücher entstehen. Die ersten Routenverzeichnisse (vgl. Sprenger, Die Post- und Reiserouten des Orients, Heft 1, Leipz. 1864) genügten nicht mehr, und so entstanden die umfassendern Werke von Ibn Chordádbeh (zwischen 854-874; arab. u. franz. von Barbier de Meynard, Par. 1865), Al Istachri, dessen um 950 gemachte Umarbeitung von Al Balchîs (gest. 934) Werk durch Ibn Haukal um 976 erweitert wurde, Mukáddasi (richtiger Mákdisi, 985; diese drei hrsg. von de Goeje, »Biblioth. geogr. arab.«, Leid. 1870-79, 4 Bde.), Edrisi (um 1152; hrsg. von Dozy und de Goeje, das. 1866; franz. von Jaubert, Par. 1836-40, 2 Bde.), Kaswíni (gest. 1283; dessen Kosmographie hat Wüstenfeld, Götting. 1848-49, 2 Bde., herausgegeben und Ethé zu übersetzen begonnen, Leipz. 1869, Teil 1), Abulfedá (gest. 1331; Ausg. von Reinaud und de Slane, Par. 1840; von Schier, Dresd. 1842-45; eine Übersetzung hat Reinaud, Par. 1848, begonnen). Abu Obeid el Bekri (gest. 1094) trug ein geographisches Wörterbuch zusammen (hrsg. von Wüstenfeld, Götting. 1876, 2 Bde.); erschöpfender ist das von Jakút (gest. 1229; hrsg. von Wüstenfeld, Leipz. 1866-73, 6 Bde.).
Philosophische Litteratur.
Das Studium der Philosophie ging bei den Arabern teils von den natürlichen dogmatischen Zweifeln und den nie ganz getilgten Resten des Heidentums (besonders des persischen), teils von den Griechen aus, deren Werke zum großen Teil unter den abbassidischen Kalifen in die arabische Sprache übersetzt wurden. Sie hielten sich vornehmlich an die Aristotelische und nebenher an die Platonische Philosophie. Da sie insbesondere die neuplatonischen Erklärungsschriften zu Aristoteles benutzten, erscheint ihre Auffassung der Aristotelischen Lehre [* 19] durch neuplatonische Zuthaten modifiziert, und einige arabische Philosophen können geradezu als Neuplatoniker bezeichnet werden. Zu einer wahrhaft philosophischen Forschung erhoben sich zwar die Araber nicht; aber sie haben das große Verdienst, der Philosophie eine Freistätte geboten, insbesondere auch, ihrer Neigung zum Schematisieren folgend, die Logik als eine einheitliche Wissenschaft dargestellt zu haben.
Durch die Autorität des Korans wurde die Stellung der arabischen Philosophen zum Islam eine ähnliche wie die der Philosophie zum Christentum, und es bildete sich neben einer von der Religion ziemlich unabhängigen, freilich durchaus innerhalb der philosophischen Schule bleibenden Verehrung und Kommentierung der großen griechischen Philosophen eine arabische Scholastik (vgl. Ritter, Über unsre Kenntnis der arabischen Philosophie, Götting. 1844). Wie die Scholastiker, teilten sich auch die arabischen Philosophen in zwei Hauptsekten, von welchen die eine sich mehr an Aristoteles, die andre mehr an Platon anschloß. Die zu ¶