Pascha zum Obersten befördert. Arabi Pascha stellte sich an die
Spitze der Nationalpartei, erzwang 1881 die Entlassung der ihr abgeneigten
Minister und die
Berufung einer Notabelnkammer und ward im
Februar 1882 selbst Kriegsminister. Durch die
Schwäche des
Chedive
und die Uneinigkeit der Mächte ermutigt, trat er nun als
Herr inÄgypten
[* 2] auf und beseitigte die europäische
Finanzkontrolle; er verlangte
Ägypten für die Ägypter zurück und strebte sogar selbst nach dem Vizekönigtum. Er widersetzte
sich der
Intervention der
Engländer, was 11. Juli zum
Bombardement von
Alexandria führte, und sammelte ein
Heer, wurde aber bei
Tell el Kebir geschlagen und ergab sich 14. Sept. in
Kairo
[* 3] den Engländern, die ihn nach
Ceylon
[* 4] verbannten.
Litteratur.Die a.
L. ist nicht bloß wegen ihres überaus reichen und mannigfaltigen
Inhalts von höchster
Bedeutung im geistigen Entwickelungsprozeß der Menschheit, sondern sie gewinnt insbesondere darum ein
eigentümliches
Interesse, weil ihre
Blüte
[* 6] in eine Zeit fällt, wo in ganz
Europa
[* 7] noch tiefes
Dunkel herrschte; damals fanden
viele
Wissenschaften nur in ihr eine
Freistätte und gedeihliche
Pflege, deren
Resultate dann auf die Anfänge der abendländischen
Wissenschaft nachdrücklichen Einfluß übten.
Die Geschichte der arabischen Litteratur beginnt
erst ein halbes
Jahrhundert vor
Mohammed. Den ganzen Zeitraum vor
Mohammed nennen
die Araber selbst (wenn auch mehr in religiösem
Sinn) »die
Tage der Unwissenheit«. Daß in
Arabien indes schon frühzeitig
die
Poesie geübt worden sei, läßt schon der
Genius des
Volks und seine Lebensweise erwarten. Die in dem
Glücklichen
Arabien ansässigen
Stämme hatten alles, was die Naturpoesie begünstigt, lebhafte Auffassungsgabe und leidenschaftliche
Empfindung.
Aber auch das mit
Gefahren und
Beschwerden verbundene
Leben in dürren Sandwüsten und unter steten
Fehden der
Stämme mußte
eine männliche und heroische
Dichtkunst wecken, die einen ritterlichen
Geist atmete und in Liebesworten
und Schlachtgesängen sich ergoß. So entstand eine
Poesie, welche in hervorragender
WeiseSache des ganzen
Volks war. Das höchste
Ansehen, welches den erfolgreichen Dichter belohnte, regte den Wetteifer zwischen
Stämmen und Einzelnen an; wer sich begeistert
genug fühlte, um andre Dichter zu besiegen, hing (nach einer schlecht verbürgten, aber charakteristischen
Sage) zu
Mekka sein Gedicht als
Herausforderung an die
Wand derKaaba.
Der Dichter mußte seinen Kritikern
Rede stehen mit
Wort,
Lanze und
Schwert, und nur, wenn er die Tadler besiegte, konnte das
aufgehangene Gedicht die Ehrenstelle an der
Wand derKaaba behaupten. Auf solche Preisgedichte deutete
man die
NamenMoallakât (»aufgehängte«) und Modsahhabat (»vergoldete«,
weil sie mit goldenen
Buchstaben auf
Byssus geschrieben seien). Die Sammlung der
Moallakât enthält sieben Gedichte der vormohammedanischen
Dichter
Amrilkaís, Tárafah, Soheir,
Lebíd,
Antara,
Amru ben Kolthúm, Hárith (vgl. W.Jones, The
Moallakat, Lond. 1784;
Arnold,
SeptemMoallakat, Leipz. 1850;
Ph. Wolff, Muallakat ins Deutsche
[* 8]
übertragen,
Rottweil
[* 9] 1857). Außer diesen
Gedichten sind aus der Zeit vor
Mohammed noch viele zum Teil gleich alte in den
Diwanen (s. unten) einzelner Dichter und
Stämme
und in den beiden
Hamâsa (s. d.) und andern
Anthologien der Araber erhalten, obgleich die meisten erst in das
Jahrhundert nach
Mohammed gehören. Besonders berühmt sind der
Diwan der Hudseiliten (hrsg. von
Kosegarten, Lond. 1854) und die Sammlung der
Diwane der Dichter En-Nâbiga, Tárafah, Alkama,
Antara,
Amrilkaís, Soheir.
Alle diese
Dichtungen setzen ein ziemlich reich entwickeltes
Leben und einen feinen Formensinn voraus (vgl.
Ahlwardt, Über
Poesie und
Poetik der Araber, Gotha
[* 10] 1856;
Nöldeke, Beiträge zur Kenntnis der
Poesie der alten Araber, Hannov. 1864). Neben und mit der
Dichtkunst, gleichwie diese aber
nur durch mündliche
Überlieferung fortgepflanzt, blühten das Sprichwort und die Sagengeschichte der
Stämme.
Eine andre
Richtung nahm das Geistesleben der Araber durch
Mohammed.
SeinKoran, der sich der Form nach an
die Reimprosa anschloß, in welcher schon früher allerhand
Sprüche religiöser
Weisheit überliefert wurden, stellte sich
in mehr als einer Beziehung in direkten
Gegensatz zu den bisherigen
Anschauungen der Araber.
Alles wurde nun religiösen
Gesichtspunkten
untergeordnet, und wenn auch das freie, obwohl einseitige Geistesleben der Araber sich nicht vollkommen unterdrücken
ließ, so mußten seine Äußerungen zunächst sich doch in jenem
Rahmen halten und größtenteils mit dem heiligen
Buch in
Verbindung treten. So wurde nicht allein die der alten
Poesie nahestehende
Sprache
[* 11] desselben maßgebend für alle spätere Litteraturübung,
sondern der
Koran erzeugt und bedingt zunächst ausschließlich die
Entwickelung der wissenschaftlichenTriebe,
neben welcher die
Poesie, vorläufig noch in den alten Geleisen, hergeht.
Mit der Unterwerfung und
Bekehrung der vom Atlantischen
Ozean bis hinter den
Oxus sitzenden Völkermassen haben die Araber auch
ihre
Sprache bis zu einem gewissen
Grade diesen Völkern aufgedrängt. Der
Koran durfte, damit nicht die
Authentie des göttlichen
Wortes leide, in keine fremde
Sprache übersetzt werden; ihn zu verstehen, mußte der persische Mohammedaner
Arabisch lernen. Seine dunkeln
Stellen, seine
Anspielungen auf bestimmte Verhältnisse oder
Thatsachen konnte man nur in ihrem
richtigen
Sinn erfassen, wenn man sich an diejenigen wandte, welche dem
Propheten bei Lebzeiten nahegestanden hatten, in seinen
Ideen lebten, seiner Äußerungen sich erinnerten, und deren
Berichte nun eifrig gesammelt und gesichtet
wurden (Traditionslitteratur). So entstand die wissenschaftliche Bearbeitung der
Grammatik, so die Koranwissenschaften, aus
welchen dann die gesamte übrige wissenschaftliche Litteratur hervorging, indem die heilige Geschichte allmählich die Profangeschichte
in sich aufnahm, die Koranerklärung sich zur
Dogmatik einerseits, zur
Jurisprudenz anderseits erweiterte;
denn
bürgerliches Gesetzbuch nicht weniger als Religionsnorm ist das göttliche
Wort dem
Moslem wie dem
Juden.
waren, von der Engherzigkeit des mohammedanischen Dogmas und der Einseitigkeit des spezifisch arabischen Geistes. Gelang es
auch binnen kurzem der orthodoxen Reaktion, die Bewegung zurückzudämmen, so hatte doch die kurze Freiheit genügt, Wissenszweige
ins Leben zu rufen, für welche innerhalb des strengen Islam eigentlich kein Platz war: die Naturwissenschaften und
vor allen die Philosophie. Beide waren bis dahin ausschließlich von Syrern gepflegt worden, welche die Schriften griechischer
Philosophen und Ärzte kannten und studierten (s. Syrische Litteratur).
Unter den Abbassiden nun fing man an, diese Werke aus dem Syrischen in die allgemeine Litteratursprache des mohammedanischen
Orients, das Arabische, zu übersetzen. Gleichzeitig wurden durch persische Vermittelung ähnliche
Verbindungen mit Indien angeknüpft, und dem Eifer, mit welchem man dem Fremden Eingang verschaffte, entsprach die Energie der
eignen Thätigkeit, welche bei den ältern Abbassiden, vor allen bei Al Mamun (813-833), die wirksamste Förderung fand. Er
ließ eine große Bibliothek sammeln, an welcher er Gelehrte anstellte, gründete eine Sternwarte
[* 15] und unterstützte
überhaupt in jeder Weise die verschiedenartigen wissenschaftlichen Bestrebungen, welche sich an jene Übersetzungen anknüpften
und die zwar nur in einzelnen FällenNeues geschaffen, jedenfalls aber die Errungenschaften des klassischen Altertums erhalten
und für das Mittelalter fruchtbar gemacht haben. Dieses rege geistige Leben ging auch dann nicht ganz
unter, als im 10. Jahrh. die Macht der Kalifen durch die EmirAl Omrah und die Zersplitterung ihres Reichs sehr abnahm und die
Einkünfte zu den Unterstützungen der Gelehrten und gelehrten Anstalten nicht mehr hinreichten.
Ein zweites Vaterland hatte die arabische Kultur in Spanien
[* 16] gefunden. Hier wetteiferten die neuen omejjadischen
Kalifen mit den Abbassiden im Orient. Durch ihre Bemühungen begannen Ackerbau, Kunstfleiß und Handel zu blühen, und Spanien
wurde, besonders seit Almóndsir, Abd ur Rahmân III. (912) und Hákem II. (961), ein Hauptsitz der arabischen Litteratur.
Was Bagdad für Asien,
[* 17] war die von Hákem II. gestiftete Universität zu Cordova für den Westen. An dem regen
wissenschaftlichen Leben im arabischen Spanien nahmen auch die Juden teil, und auch für deren Litteratur war Spanien mehrere
Jahrhunderte hindurch der Hauptsitz. Von Spanien aus verbreitete sich der wissenschaftliche Ruhm der Araber über das christliche
Europa, und bald nach 900 reiste man aus Frankreich und andern europäischen Ländern dahin, um bei den
Arabern hauptsächlich Mathematik und Medizin zu studieren. Gebrochen wurde die Blüte der arabischen Litteratur in Europa mit
dem FallCordovas 1236.
Bemerkenswert ist, daß das eigentliche Arabien von diesem wissenschaftlichen Leben wenig oder gar nicht berührt ward.
Die
unvermischten Nationalaraber, welche dort, von dem Verkehr mit den unterworfenen Völkerschaften durch
ihre Wüsten abgeschnitten, ihren Sitten und Gewohnheiten treu blieben, haben ihre alte Unwissenheit durch das ganze Mittelalter
beibehalten, und es ist niemals aus den Augen zu lassen, daß diearabische Litteratur seit der Abbassidenzeit keineswegs die Litteratur
der Araber, sondern die Litteratur der orientalischen Völker ist, welche sich in wissenschaftlichen Schriften
des Arabischen fast ebenso ausschließlich bedienten wie das mittelalterliche Abendland des Lateinischen.
Mit dem 14. und 15. Jahrh. geht die Blüte der arabischen Litteratur zu Ende, und die ganze neuere Zeit hat nur zwei große
Gelehrte aufzuweisen, den überaus vielseitigen Sojuti im 15. und den Polyhistor und Bibliographen Hadschi Chalfa
zu Konstantinopel
[* 20] im 17. Jahrh., der, freilich ohne eigne Originalität, die ganze ältere
Litteratur erfaßte. Außer dem Koran umfaßt das Studium der neuern Araber nur die Grammatik (Nahw), die Tradition (Hadith)
und das Gesetz (Fikh); aber auch hierin sind nur die Scheichs und Muftis wohlunterrichtet. Indes läßt die
Einführung der Buchdruckerkunst und der Lithographie in verschiedene mohammedanische Kulturkreise ein neues Litteraturleben
erwarten, und in Syrien, Ägypten, Nordafrika zeigt sich bereits eine regere litterarische Thätigkeit.
Den ersten Platz unter den besondern Fächern der arabischen Litteratur nimmt die Poesie (Schi'r) ein, deren
erste Blüte in die Zeit kurz vor Mohammed fällt. Der Gegenstand der meisten Gedichte jener Periode sind die individuellen
Erlebnisse der Dichter. Jede merkwürdige That, jede empfangene Wohlthat, jede überstandene Gefahr, jedes genossene oder
ersehnte Liebesglück ward durch ein Gedicht gefeiert. Der äußern Form nach gab und gibt es unter den
Arabern nur eine Art der Poesie, die mit den abendländischen Formen nichts Gemeinschaftliches und einen selten mit erzählenden
Elementen versetzten lyrischen Charakter hat.
Jeder Vers (Beit, »Haus, Zelt«) zerfällt in zwei Halbverse (Misrá, »Thürflügel«) von
gleichem Metrum, die Verse haben gleichen Endreim (Káfiah), und auch das Versmaß geht ohne Abwechselung
oder Strophenbildung durch das ganze Gedicht durch. Der Einteilungsgrund der arabischen Gedichte ist die Länge. Von den kürzern
heißen die 7-14 Beit langen Ghasele; sie sind meist erotischen Inhalts. Gedichte von mehr als 30, doch selten über 100 Beit
heißen Kaside (Kaçídah); in ihnen werden stets mehrere, zum Teil an bestimmte Reihenfolge gebundene
Gegenstände (Liebesklagen, Lobsprüche, Preis des eignen oder fremden Ruhms) in eine oft sehr äußerliche Verbindung gebracht.
Einen andern Einteilungsgrund kann man dem Reim entnehmen, nach welchem ein Gedicht z. B. Lamíjah heißt, wenn es auf den
Buchstaben l gereimt ist. Eine Sammlung von Gedichten Eines Verfassers heißt Diwán (»Register«). Über
die arabische Metrik haben gehandelt: Freytag, Darstellung der arabischen Verskunst (Bonn
[* 21] 1830);
Coupry, Traité de versification
arabe (Leipz. 1875);