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mohammedanischen Welt, liegen hier auf terrassenartigen Absätzen des Gebirges in oasenartigen Thalschluchten. Ihre Hafenstädte Dschidda und Janbo sind gegenwärtig die wichtigsten Seeplätze dieser Landschaft, welche von den durchziehenden Karawanen ihren Namen (»Durchzug«) erhalten hat. Man kennt etwa 30 unter Imamen (Fürsten) stehende Stämme in Hidschas, von denen mehrere noch von direkten Nachkommen Mohammeds geführt werden; doch haben diese schon früher dem Kalifat von Bagdad, nachher dem Sultanat in Konstantinopel [* 2] die Oberherrlichkeit zugestanden. - Parallel [* 3] mit dem Gebirgszug, der das ganze türkische Arabien durchsetzt, erhebt sich westlich auf der Sinaihalbinsel (dem Peträischen Arabien, politisch nebst Midian zu Ägypten [* 4] gehörig) eine kürzere Kette, die östlich und westlich von einem schmalen Küstenvorland umgeben ist und gegen N. allmählich zum Mittelmeer absinkt.
Das Küstenland besteht größtenteils aus Kalk- und roten Sandsteinschichten; letztere werden häufig von amphibolitischen Massengesteinen (Diorit, Syenit und Porphyr) durchbrochen, bis endlich im südlichen Teil der Halbinsel, ihre Spitze bildend, eine ungeheure Granitmasse emporsteigt: der Dschebel Tur oder Sinai, der von SO. nach NW. sich erstreckt. Diese ganze Halbinsel ist vor wenigen Jahren von englischen Offizieren genauer erforscht worden. Unter den zahlreichen Gipfeln des Sinaigebirges ragen hervor: der Dschebel Musa (Mosesberg, 2248 m), Katharinenberg (2602 m), Dschebel Dschebir (2606 m) und nordwestlich davon Dschebel Serbal (2052 m). Im nordwestlichen Teil der Halbinsel liegen Türkisgruben, welche bereits von den alten Ägyptern ausgebeutet worden sind.
Das ganze Plateau nördlich vom Dschebel et Tih wird der Länge nach von einem Thal, [* 5] Wadi el Arisch, durchzogen, dem einzigen der Halbinsel, welches in das Mittelmeer mündet, aber nur in sehr seltenen Fällen Wasser hat. Die Berge der ganzen Sinaigruppe sind außerordentlich öde, nur hier und da herrscht etwas Vegetation; im N. aber wird das Plateau zur vollkommenen Wüste, die sich bis ans Mittelländische Meer erstreckt. Ungleich bevölkerter muß im Altertum das östliche Gebirge Dschebel Schera gewesen sein, wovon die prächtigen Ruinen der alten Felsenstadt Petra und zahlreiche mit ägyptischen Hieroglyphen bedeckte Monumente Zeugnis ablegen. Jetzt ist in diesem Teil Arabiens Akabah der einzige stadtähnliche Ort; er liegt an der Stelle des alten Älana.
Der südliche Teil der arabischen Westküste, von 20° nördl. Br. bis an die Meerenge Bab el Mandeb, ist die Landschaft Jemen oder das sogen. Glückliche Arabien. Wenn schon in Mekka wenigstens von Zeit zu Zeit der tropische Regen seinen wohlthätigen Einfluß ausübt und in den Thälern eine rasche Vegetation hervorruft, so ist dies weiter südlich in viel reichlicherm Maß der Fall, wiewohl auch in Jemen bisweilen Jahre vergehen, ohne daß ein Tropfen Regen fällt. Hier ist auch der Ursprung jener künstlichen Bewässerungssysteme mit großen Wasserreservoirs und unterirdischen Kanälen, welche die Araber später in die Gestadeländer des Mittelmeers, [* 6] besonders nach Spanien, [* 7] verpflanzten.
Jemen, wie alles Küstenland der Halbinsel, zerfällt in ein flaches, sandiges Uferland, welches nur an einigen Stellen, wo es Bewässerung aus den Bergen [* 8] erhält, fruchtbar ist und vorzüglich Durrahirse und Palmen [* 9] hervorbringt, und in einen Gebirgsstrich, dessen Höhen bis 2800 m ansteigen. Prächtige, im nördlichen Arabien fast unbekannte Waldungen mit hohen Bäumen (darunter ausgezeichnete Feigenarten) bedecken die Abhänge der Berge, während ihre Gipfel meist nackt hervortreten und in den Thälern und auf den terrassenförmigen Absätzen derselben in Höhen von 500-650 m die Kultur des Kaffeebaums betrieben wird, der hier (namentlich in der Umgegend von Mokka) und jenseit des Roten Meers im südabessinischen Hochland Kaffa seine Heimat hat. Im engsten Sinn wird übrigens unter Jemen nur der südliche Teil der Westküste, namentlich das Gebiet von Sana, verstanden, wo die Tehama breiter sich ausdehnt und der tropische Charakter des Landes am entschiedensten ausgeprägt ist. Das Wilajet Jemen umfaßt die Sandschaks Sana, Hodeida, Assyr und Taïz. Die ansehnlichsten Städte sind: Mokka, Beit el Fakih, Loheia, Sana, Hodeida, Damar im Gebirge und das britische Aden. [* 10]
Die Landschaft Hadramaut umfaßt die Südküste von Aden bis zum Ras Madrak unter 19° nördl. Br. Baron v. Wrede unternahm 1843 seine denkwürdige, gefahrvolle Reise in Hadramaut, der wir die Kenntnis einer ziemlich bedeutenden Strecke Landes verdanken. Auf ebenes Küstenland folgt mittleres Bergland, dann Hochebenen oder Hochgebirge, welche in einer Entfernung von durchschnittlich 1½ Grad vom Meer ihren nördlichen Abfall erreichen und sich einem Tiefland zusenken, das als Anfang der großen Binnenebene (Gof) gilt. Nur ab und zu erheben sich unmittelbar am Meer hohe vulkanische Felsengebirge. Politisch zerfällt das Land in viele kleine Staaten, deren Sultane mehr oder minder autokratisch herrschen. Unter den Städten sind Makalla und Mirbat an der Küste zu nennen, Schibam, Terim, Korein u. a. im Innern.
Die weit nach O. in den Persischen Golf vorspringende Halbinsel bildet ein eignes Reich, Omân genannt, dessen genauere Kenntnis wir den Reisen des britischen Offiziers Wellsted verdanken. Die Provinz ist ein weites Gebirgsland; fast unmittelbar am Meeresrand erheben sich Bergreihen hinter Bergreihen, welche etwa 75 km von der Küste im Dschebel Achdar eine Höhe von nahe 2000 m erreichen. Urkalk bildet den Kern der hohen Gebirgskette; an ihr lagern in den Vorbergen und am Fuß der niedern Höhenzüge Glimmer- und Thonschiefer, oft von Porphyrmassen durchbrochen. Im W. wird die Gebirgslandschaft von der großen Sandwüste begrenzt.
Die größte Breite [* 11] des bewohnten Landes beträgt im Durchschnitt 200, die ganze Länge 550 km. Omân hat an den Küsten afrikanische Hitze, so daß das Thermometer [* 12] nicht selten 40° R. zeigt; gegen das Innere mildert aber das Ansteigen des Bodens die Glut, und auf den Höhen des Achdar sind während der Wintermonate Schnee [* 13] und Eis [* 14] nicht unbekannte Erscheinungen. Der Regenniederschlag wird dadurch sehr befördert, daß die vom Meer her durch die Nordostmonsune angetriebenen Wolken an den hohen Zacken der Bergketten aufgehalten werden und sich hier entladen.
Der Eintritt der Regenzeit ist regelmäßig und sicherer als in Jemen; sie dauert vom Oktober bis zum März, in welcher Periode es monatlich 3-4 Tage regnet. Gleichwohl sind die Berghöhen, mit Ausnahme des Dschebel Achdar, waldlos und kahl; auch trocknen die Bergströme während des Sommers ein, und die Kultur kann sich daher nur auf einzelne Oasen erstrecken, in denen Durra und Datteln gedeihen. Die in den Städten und Dörfern lebenden Araber haben feste Sitze und sind wohlgenährter als ihre wandernden Brüder, die mit ihren Herden in den Wüsten ¶
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umherziehen. Hier gebietet der Imam von Maskat als selbständiger Oberherr; doch erstreckt sich seine Macht faktisch nur auf die ansässige Bevölkerung, [* 16] während sie den Beduinen gegenüber nur nominell ist. Das Gesamtterritorium von Omân zählt nach den neuesten zuverlässigen Mitteilungen ca. 1,600,000 Einw. Hauptstadt ist Maskat; andre Städte sind: Sur, Ibra, Mina in überaus fruchtbarer Oase, Sib, Barka, Sohar, Schardscha.
Längs der Küste des Persischen Meerbusens erstreckt sich endlich die Landschaft El Ahsa (Hasa), eine überaus heiße, sandige Tehama, welche ebenfalls durch eine Bergkette vom Innern getrennt wird. Hier ist der einzige Wasserlauf Arabiens, welcher das ganze Jahr hindurch Wasser zu haben scheint und das Meer erreicht, der Aslan. Die Landschaft zeichnet sich infolge dieses Wasserreichtums durch Fruchtbarkeit und Mannigfaltigkeit der Erzeugnisse vor andern vorteilhaft aus und erzeugt namentlich vortreffliche Datteln (die besten der Welt). Hauptorte sind Katif und Hofhuf. Politisch ist Ahsa ebenso wie die nördlich gelegene kleine Republik Kueit, welche lebhaften Handel treibt, in letzter Zeit unter türkische Botmäßigkeit gekommen und bildet gegenwärtig ein Sandschak des Wilajets Basra. Zwischen Ahsa und Omân wohnen an der Küste die unabhängigen Stämme der Beni Jas und Dschuasimi. Der Küste gegenüber liegt die durch Perlenfischerei berühmte Inselgruppe Bahreïn.
Im Innern ist jetzt der mächtigste Staat, durch welchen auch die Pilgerkarawanen von Persien [* 17] nach Mekka ziehen, Dschebel Schammar zwischen 26 und 28° südl. Br., mit der Hauptstadt Hail, während das südlich davon gelegene Nedschd, einst unter den Wahabiten überaus mächtig, in neuester Zeit ganz herabgesunken ist. Nach S. gegen Hadramaut und Omân sowie nordwärts gegen den Euphrat hin dehnen sich große Wüsten aus. Nedschd wird von Bergketten durchzogen, deren kahle Felskuppen einen großen Teil des Jahrs hindurch mit Schnee bedeckt sind.
Die Reisen von Sadlier, Palgrave, Guarmani, Oberst Pelly, Blunt, Doughty etc. haben hier einiges Licht [* 18] verbreitet. Nedschd ist die wahre Heimat des arabischen Vollblutpferds in seinem schönsten Typus (des Kamsa), das aber nie in den Handel kommt; auch hat es einen ausgezeichneten Schlag fettschwänziger Schafe. [* 19] Die frühere Hauptstadt der Wahabiten, Dereyia, wurde 1818 von Ibrahim Pascha zerstört und liegt seitdem in Ruinen; gegenwärtige Hauptstadt ist das unfern gelegene Riâd. Andre Städte sind: Schakra, Bereide, Oneise, Charfa, Sadik, Seddus etc. Von der nördlichen Wüste ist der östliche Teil noch am bekanntesten, weil die Karawanen von Bagdad nach Basra ihren Weg hier durch nehmen. In der Nähe des Euphrat ist das Land gut bewässert und fruchtbar. Es verliert hier allmählich den Charakter der Wüste; es hört auf, Arabien zu sein.
Vgl. Niebuhr, Beschreibung von Arabien (Kopenh. 1773), und dessen »Reisebeschreibung nach Arabien« (das. 1774-1778, 2 Bde.);
die Reisebeschreibungen von Burckhardt (Lond. 1829; deutsch, Weim. 1830),
dessen »Notes on the Bedouins and Wahabys« (Lond. 1830; deutsch, Weim. 1831), Wellsted (Lond. 1837, 2 Bde.; deutsch, Halle [* 20] 1842),
Tamisier (Par. 1841, 2 Bde.),
des Grafen Laborde (das. 1830),
Burton (neue Ausg., Lond. 1880; deutsch, Leipz. 1861),
Palgrave (6. Aufl., Lond. 1871; deutsch, Leipz. 1867-68, 2 Bde.), Sadlier (Bombay [* 21] 1866), Maltzan (»Wallfahrt nach Mekka«, Leipz. 1865, 2 Bde.),
dessen »Reisen in Arabien« (Braunschw. 1873, 2 Bde.) u. a. Eine wissenschaftliche Bearbeitung des reichen Stoffs gab Ritter in seiner »Erdkunde« [* 22] (Bd. 12 u. 13, Berl. 1846-47).
Geschichte Arabiens.
Als die Ureinwohner Arabiens werden Bajaditen, d. h. untergegangene Stämme, genannt, und zwar unterscheidet die einheimische Tradition der Abstammung nach die von Joktan oder Kahtan, einem Abkömmling Sems, abstammenden Joktaniden und die Mostaraber, die in Ismael, dem Sohn Abrahams, ihren Stammvater verehrten. Die ältere Geschichte Arabiens ist wegen der seltenen und geringfügigen Berührungen, die zwischen diesem Land und der übrigen Welt stattfanden, dunkel.
Den nordwestlichen Teil, Arabia Peträa (nach der Stadt Petra), bewohnten die Idumäer (Edomiter), Nabatäer und Midianiter, das Wüste Arabien die Ismaeliten und Keturäer; in Südarabien bestanden das Reich der Minäer und das der Sabäer mit der glänzenden Hauptstadt Mariaba. An der Südküste saßen die Homeriten und die Chatramotiten mit der Hauptstadt Sabattha, endlich an der Südostküste die Makea und am Persischen Meerbusen die Gerrhäer. Während die Eroberungszüge der Araber zeitweise die Nachbargebiete gefährdeten, wurden sie selbst von den Eroberungszügen der babylonischen und assyrischen, ägyptischen und persischen Herrscher nur vorübergehend und nur im Norden [* 23] ihres Landes berührt.
Die persischen Könige Kyros und Kambyses ließen den Bewohnern des Peträischen Arabien ihre Selbständigkeit und schlossen sogar Bündnisse mit ihnen. Alexander d. Gr. rüstete sich zu einem Zuge gegen die Araber, ward aber durch seinen Tod an dessen Ausführung verhindert. Während der Kriege der Diadochen fanden arabische Häuptlinge im Norden des Landes Gelegenheit, ihre Herrschaft über die Grenzen [* 24] Arabiens nach Chaldäa (Irak Arabi) und Syrien auszudehnen, welches sie sich zum Teil unterwarfen, und wo sie mehrere arabische Fürstentümer gründeten.
Dagegen gelang es Antiochos d. Gr. (219 v. Chr.), die Stadt Rabbath Moab zu erobern und mehrere arabische Stämme zu unterwerfen, welche Eroberungen er jedoch wegen der inzwischen mit Ägypten begonnenen Feindseligkeiten (217) wieder aufgeben mußte. Das blühende Peträa zog der Römer [* 25] Aufmerksamkeit früh auf sich. Einfälle der Nabatäer in das römisch gewordene Syrien dienten ihnen als Vorwand zum Kriege gegen Petra. Pompejus selbst leitete die Expedition, welche die reiche Stadt eroberte und brandschatzte (63). Nachher führte Gabinius, römischer Prokonsul von Syrien, den Arabischen Krieg fort und siegte über mehrere Stämme.
Die Schlacht bei Actium, welche die Macht des Antonius vernichtete, rettete Peträa zunächst vor gänzlicher Unterjochung. Erst als Augustus als Imperator über Rom [* 26] herrschte, wurde der Plan zur Unterwerfung Arabiens wieder aufgenommen. Der Prokurator von Ägypten, Älius Gallus, unternahm sogar (24 v. Chr.) einen allerdings erfolglosen Kriegszug gegen das Reich der Sabäer. Erst 105 n. Chr. drangen die Römer unter Trajan wieder tief in das Land ein. Peträa, Gerasa und andre Städte wurden zu der römischen Provinz Palaestina tertia geschlagen; doch blieb auch jetzt der größere Teil Arabiens, die südliche Halbinsel, frei vom römischen Joch. Seit dieser Zeit verscholl das verwüstete Petra, und an seiner Stelle ward Bostra Metropole und zugleich Hauptsitz des Handels mit Indien und Mesopotamien. An den Grenzen der römischen Provinz dauerten die Kämpfe inzwischen ¶