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sind nur die fruchtbarern Thallandschaften seiner Gebirgsränder als feste Kulturstellen bekannt. Daher besteht die arabische Bevölkerung der Mehrzahl und dem Kerne nach aus Beduinen (s. Tafel »Asiatische Völker«, [* ] Fig. 10), die nomadisch von Viehzucht leben und in zahlreiche zerstreute Stämme zerfallen; der kleinere Teil sind Hadesi (Ansässige), welche in Städten und Landgemeinden unter Imamen wohnen und sich von Ackerbau (als Fellahs) oder vom Handel nähren.
Die Bewohner des Südens und Ostens sind der Abstammung wie der Sprache nach von denen des Nordens verschieden, wenn sie auch beide dem großen semitischen Stamm angehören. Erstere sind die Joktaniden (die Sabäer oder Himjariten des Altertums); ihre Sprache nennen sie selbst Echkili, während die Bewohner des Nordens die Ismaeliten sind, deren Sprache sich zum Koran-Arabisch entwickelte. Sie sind das letzte unter den semitischen Völkern, welche in der Geschichte auftraten, und zeigen in Sprache und Sitte die größten Altertümlichkeiten, so daß der Ismaelit ethnologisch als Urtypus des Semiten gelten kann.
Wie Arabiens Boden gleichartig und stetig ist, so gleicht auch der Araber von heute dem aus Hiobs Zeit. Er ist von mittlerm, hagerm, aber muskulösem Körperbau, welcher das schönste Ebenmaß zeigt. Sein Bedürfnis an Speise und Trank ist gering. Im steten Hader untereinander, vereinigen sich die arabischen Stämme nur wider den fremden Eindringling, sogar wider den Reisenden, wenn diesen nicht das Gastrecht vor ihren Lanzen schützt. Habsüchtig und betrügerisch im Handel und Wandel, aber tapfer und freigebig, voll Stolz, Mut und Freiheitsliebe, dankbar und vor allem gastfrei und treu in Erfüllung des gegebenen Worts (selbst dem Feind gegenüber), ein munterer Gesellschafter, witzig, wohlberedt und voll dichterischer Phantasie, ein warmer Verteidiger seiner Ehre und strenger Rächer jedes Schimpfes, den er nur in Blut abwäscht - hat der heutige Beduine noch alle die Vorzüge und Mangel des Charakters seiner Ahnen vor Jahrtausenden.
Seine Wohnung ist das Zelt;
sein Gerät Kamelsattel und Wasserschlauch;
seine Kleidung ein wollenes Hemd und ein Mantel;
seine Waffen Speer und Schwert, bei manchen auch Helm und Panzer;
seine Speise süße und saure Milch des Kamels, ungesäuertes Brot, Butter, Datteln, Trüffeln;
sein Reichtum das Kamel und das Pferd;
seine Haustiere der Hund und die Katze.
Daß bei einem so einfachen Volk von Industrie kaum die Rede sein kann, liegt auf der Hand. Nicht unbedeutend ist dagegen die kommerzielle Thätigkeit der Araber seit uralter Zeit. Vor Jahrtausenden schon liefen die indischen und persischen Handelsflotten in die Häfen von Katif (Gerra), Aden (Adane) und Mokka ein; Dschidda war und ist jetzt noch der Landungsplatz der afrikanischen Handels- und Pilgerkarawanen. Südarabien liefert jährlich zwischen 50,000 u. 100,000 Ztr. Kaffee, den sogen. Mokkakaffee aus der Provinz Jemen und dem Innern, außerdem Pferde, Datteln, Gummi, Räucherwerk; es bezieht Waffen aus Persien, Stoffe aus Indien und Luxusartikel aus Europa.
Einen einzigen Staat hat Arabien nie gebildet; es bestand zu allen Zeiten wie noch jetzt aus einer Anzahl einzelner Staaten. Bei den Nomadenstämmen finden wir noch die patriarchalische Regierungsform der biblischen Welt. An der Spitze eines Stammes steht gewöhnlich ein Fürst, welcher Imam (Oberpriester), Scherif (Edler), Emir (Befehlshaber), Sultan (König) oder Scheich (Ältester) heißt, aber keineswegs mit orientalischem Despotismus herrscht, vielmehr in der Ausübung seiner Macht durch den Koran, mehr noch durch Sitte und Herkommen wesentlich beschränkt ist.
Die Religion des Arabers ist der Islam, der in Arabien entstand und von hier aus im Verein mit seiner Sprache über drei Weltteile sich ausbreitete. Der größte Teil der Einwohner gehört zu den Sunniten, welche außer dem Koran noch die Sunna oder Tradition festhalten; an der Ostküste gibt es viele Schiiten, welche sich lediglich an den Koran halten. Das Wahabitentum (ein reformierter Islam) in Nedschd ist unlängst zu Grunde gegangen. Kadis und Mollas bekleiden in Arabien die richterlichen und geistlichen Würden.
Der Mann darf vier Frauen haben, hat aber gewöhnlich nur eine. Die Heirat ist ein Kauf; Weiber und Töchter der Vornehmen leben im Harem, die Söhne erzieht der Vater. In manchen Gegenden, z. B. in Omân und im östlichen Nedschd, betreiben die Weiber allein die Wirtschaft und den Acker- und Weinbau. Das träge Leben des Mannes wechselt mit den größten Strapazen: er durchzieht die Wüste unter den unsäglichsten Entbehrungen Hunderte von Meilen weit und erträgt Hunger, Durst und die Sonnenglut mit stetem Gleichmut.
Die einzelnen Gebiete Arabiens.
Die alten Geographen unterschieden das Wüste Arabien (Arabia deserta), welches die Sandstriche südlich von Palmyra und Thapsakos umfaßte, und das Glückliche Arabien (Arabia felix), d. h. die ganze Halbinsel jenseit der nördlichen Wüsten; vorzüglich aber verstand man unter letzterm Namen die Küstenländer am Arabischen Meerbusen. Seit Ptolemäos nahm man drei Teile an: das Glückliche, Wüste und Peträische Arabien (Arabia Petraea);
letzteres, nach der Stadt Petra im Edomiterland benannt, umfaßte die Sinaihalbinsel und das Gebirge im O. des Wadi el Araba.
Jetzt ist diese alte und im wesentlichen prinziplose Einteilung mit Recht verlassen, und man zerlegt in die einzelnen Küstenlandschaften: Hidschas, Jemen, Hadramaut, Omân (Maskat), El Ahsa und die innere Plateaulandschaft Nedschd. Der türkische Großherr beansprucht zwar die Oberherrlichkeit über Arabien als ein von Sunniten bewohntes Land, aber nur auf einem beschränkten Gebiet besteht dieselbe thatsächlich.
Das türkische Gebiet (abgesehen von El Ahsa am Persischen Meerbusen, welches unter dem falschen Namen »Nedschd« von den Türken zum Wilajet Basra gerechnet wird) zerfällt in zwei Wilajets: Hidschas und Jemen, und erstreckt sich längs der ganzen Ostküste des Roten Meers (s. Karte »Ägypten« und die Geschichtskarte »Türkisches Reich«) von 13-30° nördl. Br., etwa 200-300 km breit. Gegen O. sind die Grenzen so unbestimmt und je nach der Stärke der türkischen Garnisonen wechselnd, daß es unmöglich ist, Areal und Bevölkerung (nach Helle 1874: 1,134,375 Seelen) oder den augenblicklichen Besitzstand des osmanischen Reichs daselbst mit Sicherheit anzugeben.
Die nördliche Hälfte dieses Gebiets ist die Landschaft Hidschas. Dieselbe besteht aus dem 25-40 km breiten sandigen und dürren Uferland (Tehama) und dahinter ansehnlichen, zum Teil vulkanischen Gebirgen. Auch letztere sind öde und nackt, und nur in den engen Thälern (Wadis) ist Vegetation. Die Meeresküste ist bis zur Meerenge Bab el Mandeb hinab von Sandbänken und Korallenfelsen umsäumt und die Schiffahrt in der Nähe der Ufer höchst gefährlich. Mekka und Medina, die heiligen Städte der
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mohammedanischen Welt, liegen hier auf terrassenartigen Absätzen des Gebirges in oasenartigen Thalschluchten. Ihre Hafenstädte Dschidda und Janbo sind gegenwärtig die wichtigsten Seeplätze dieser Landschaft, welche von den durchziehenden Karawanen ihren Namen (»Durchzug«) erhalten hat. Man kennt etwa 30 unter Imamen (Fürsten) stehende Stämme in Hidschas, von denen mehrere noch von direkten Nachkommen Mohammeds geführt werden; doch haben diese schon früher dem Kalifat von Bagdad, nachher dem Sultanat in Konstantinopel die Oberherrlichkeit zugestanden. - Parallel mit dem Gebirgszug, der das ganze türkische Arabien durchsetzt, erhebt sich westlich auf der Sinaihalbinsel (dem Peträischen Arabien, politisch nebst Midian zu Ägypten gehörig) eine kürzere Kette, die östlich und westlich von einem schmalen Küstenvorland umgeben ist und gegen N. allmählich zum Mittelmeer absinkt.
Das Küstenland besteht größtenteils aus Kalk- und roten Sandsteinschichten; letztere werden häufig von amphibolitischen Massengesteinen (Diorit, Syenit und Porphyr) durchbrochen, bis endlich im südlichen Teil der Halbinsel, ihre Spitze bildend, eine ungeheure Granitmasse emporsteigt: der Dschebel Tur oder Sinai, der von SO. nach NW. sich erstreckt. Diese ganze Halbinsel ist vor wenigen Jahren von englischen Offizieren genauer erforscht worden. Unter den zahlreichen Gipfeln des Sinaigebirges ragen hervor: der Dschebel Musa (Mosesberg, 2248 m), Katharinenberg (2602 m), Dschebel Dschebir (2606 m) und nordwestlich davon Dschebel Serbal (2052 m). Im nordwestlichen Teil der Halbinsel liegen Türkisgruben, welche bereits von den alten Ägyptern ausgebeutet worden sind.
Das ganze Plateau nördlich vom Dschebel et Tih wird der Länge nach von einem Thal, Wadi el Arisch, durchzogen, dem einzigen der Halbinsel, welches in das Mittelmeer mündet, aber nur in sehr seltenen Fällen Wasser hat. Die Berge der ganzen Sinaigruppe sind außerordentlich öde, nur hier und da herrscht etwas Vegetation; im N. aber wird das Plateau zur vollkommenen Wüste, die sich bis ans Mittelländische Meer erstreckt. Ungleich bevölkerter muß im Altertum das östliche Gebirge Dschebel Schera gewesen sein, wovon die prächtigen Ruinen der alten Felsenstadt Petra und zahlreiche mit ägyptischen Hieroglyphen bedeckte Monumente Zeugnis ablegen. Jetzt ist in diesem Teil Arabiens Akabah der einzige stadtähnliche Ort; er liegt an der Stelle des alten Älana.
Der südliche Teil der arabischen Westküste, von 20° nördl. Br. bis an die Meerenge Bab el Mandeb, ist die Landschaft Jemen oder das sogen. Glückliche Arabien. Wenn schon in Mekka wenigstens von Zeit zu Zeit der tropische Regen seinen wohlthätigen Einfluß ausübt und in den Thälern eine rasche Vegetation hervorruft, so ist dies weiter südlich in viel reichlicherm Maß der Fall, wiewohl auch in Jemen bisweilen Jahre vergehen, ohne daß ein Tropfen Regen fällt. Hier ist auch der Ursprung jener künstlichen Bewässerungssysteme mit großen Wasserreservoirs und unterirdischen Kanälen, welche die Araber später in die Gestadeländer des Mittelmeers, besonders nach Spanien, verpflanzten.
Jemen, wie alles Küstenland der Halbinsel, zerfällt in ein flaches, sandiges Uferland, welches nur an einigen Stellen, wo es Bewässerung aus den Bergen erhält, fruchtbar ist und vorzüglich Durrahirse und Palmen hervorbringt, und in einen Gebirgsstrich, dessen Höhen bis 2800 m ansteigen. Prächtige, im nördlichen Arabien fast unbekannte Waldungen mit hohen Bäumen (darunter ausgezeichnete Feigenarten) bedecken die Abhänge der Berge, während ihre Gipfel meist nackt hervortreten und in den Thälern und auf den terrassenförmigen Absätzen derselben in Höhen von 500-650 m die Kultur des Kaffeebaums betrieben wird, der hier (namentlich in der Umgegend von Mokka) und jenseit des Roten Meers im südabessinischen Hochland Kaffa seine Heimat hat. Im engsten Sinn wird übrigens unter Jemen nur der südliche Teil der Westküste, namentlich das Gebiet von Sana, verstanden, wo die Tehama breiter sich ausdehnt und der tropische Charakter des Landes am entschiedensten ausgeprägt ist. Das Wilajet Jemen umfaßt die Sandschaks Sana, Hodeida, Assyr und Taïz. Die ansehnlichsten Städte sind: Mokka, Beit el Fakih, Loheia, Sana, Hodeida, Damar im Gebirge und das britische Aden.
Die Landschaft Hadramaut umfaßt die Südküste von Aden bis zum Ras Madrak unter 19° nördl. Br. Baron v. Wrede unternahm 1843 seine denkwürdige, gefahrvolle Reise in Hadramaut, der wir die Kenntnis einer ziemlich bedeutenden Strecke Landes verdanken. Auf ebenes Küstenland folgt mittleres Bergland, dann Hochebenen oder Hochgebirge, welche in einer Entfernung von durchschnittlich 1½ Grad vom Meer ihren nördlichen Abfall erreichen und sich einem Tiefland zusenken, das als Anfang der großen Binnenebene (Gof) gilt. Nur ab und zu erheben sich unmittelbar am Meer hohe vulkanische Felsengebirge. Politisch zerfällt das Land in viele kleine Staaten, deren Sultane mehr oder minder autokratisch herrschen. Unter den Städten sind Makalla und Mirbat an der Küste zu nennen, Schibam, Terim, Korein u. a. im Innern.
Die weit nach O. in den Persischen Golf vorspringende Halbinsel bildet ein eignes Reich, Omân genannt, dessen genauere Kenntnis wir den Reisen des britischen Offiziers Wellsted verdanken. Die Provinz ist ein weites Gebirgsland; fast unmittelbar am Meeresrand erheben sich Bergreihen hinter Bergreihen, welche etwa 75 km von der Küste im Dschebel Achdar eine Höhe von nahe 2000 m erreichen. Urkalk bildet den Kern der hohen Gebirgskette; an ihr lagern in den Vorbergen und am Fuß der niedern Höhenzüge Glimmer- und Thonschiefer, oft von Porphyrmassen durchbrochen. Im W. wird die Gebirgslandschaft von der großen Sandwüste begrenzt.
Die größte Breite des bewohnten Landes beträgt im Durchschnitt 200, die ganze Länge 550 km. Omân hat an den Küsten afrikanische Hitze, so daß das Thermometer nicht selten 40° R. zeigt; gegen das Innere mildert aber das Ansteigen des Bodens die Glut, und auf den Höhen des Achdar sind während der Wintermonate Schnee und Eis nicht unbekannte Erscheinungen. Der Regenniederschlag wird dadurch sehr befördert, daß die vom Meer her durch die Nordostmonsune angetriebenen Wolken an den hohen Zacken der Bergketten aufgehalten werden und sich hier entladen.
Der Eintritt der Regenzeit ist regelmäßig und sicherer als in Jemen; sie dauert vom Oktober bis zum März, in welcher Periode es monatlich 3-4 Tage regnet. Gleichwohl sind die Berghöhen, mit Ausnahme des Dschebel Achdar, waldlos und kahl; auch trocknen die Bergströme während des Sommers ein, und die Kultur kann sich daher nur auf einzelne Oasen erstrecken, in denen Durra und Datteln gedeihen. Die in den Städten und Dörfern lebenden Araber haben feste Sitze und sind wohlgenährter als ihre wandernden Brüder, die mit ihren Herden in den Wüsten
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umherziehen. Hier gebietet der Imam von Maskat als selbständiger Oberherr; doch erstreckt sich seine Macht faktisch nur auf die ansässige Bevölkerung, während sie den Beduinen gegenüber nur nominell ist. Das Gesamtterritorium von Omân zählt nach den neuesten zuverlässigen Mitteilungen ca. 1,600,000 Einw. Hauptstadt ist Maskat; andre Städte sind: Sur, Ibra, Mina in überaus fruchtbarer Oase, Sib, Barka, Sohar, Schardscha.
Längs der Küste des Persischen Meerbusens erstreckt sich endlich die Landschaft El Ahsa (Hasa), eine überaus heiße, sandige Tehama, welche ebenfalls durch eine Bergkette vom Innern getrennt wird. Hier ist der einzige Wasserlauf Arabiens, welcher das ganze Jahr hindurch Wasser zu haben scheint und das Meer erreicht, der Aslan. Die Landschaft zeichnet sich infolge dieses Wasserreichtums durch Fruchtbarkeit und Mannigfaltigkeit der Erzeugnisse vor andern vorteilhaft aus und erzeugt namentlich vortreffliche Datteln (die besten der Welt). Hauptorte sind Katif und Hofhuf. Politisch ist Ahsa ebenso wie die nördlich gelegene kleine Republik Kueit, welche lebhaften Handel treibt, in letzter Zeit unter türkische Botmäßigkeit gekommen und bildet gegenwärtig ein Sandschak des Wilajets Basra. Zwischen Ahsa und Omân wohnen an der Küste die unabhängigen Stämme der Beni Jas und Dschuasimi. Der Küste gegenüber liegt die durch Perlenfischerei berühmte Inselgruppe Bahreïn.
Im Innern ist jetzt der mächtigste Staat, durch welchen auch die Pilgerkarawanen von Persien nach Mekka ziehen, Dschebel Schammar zwischen 26 und 28° südl. Br., mit der Hauptstadt Hail, während das südlich davon gelegene Nedschd, einst unter den Wahabiten überaus mächtig, in neuester Zeit ganz herabgesunken ist. Nach S. gegen Hadramaut und Omân sowie nordwärts gegen den Euphrat hin dehnen sich große Wüsten aus. Nedschd wird von Bergketten durchzogen, deren kahle Felskuppen einen großen Teil des Jahrs hindurch mit Schnee bedeckt sind.
Die Reisen von Sadlier, Palgrave, Guarmani, Oberst Pelly, Blunt, Doughty etc. haben hier einiges Licht verbreitet. Nedschd ist die wahre Heimat des arabischen Vollblutpferds in seinem schönsten Typus (des Kamsa), das aber nie in den Handel kommt; auch hat es einen ausgezeichneten Schlag fettschwänziger Schafe. Die frühere Hauptstadt der Wahabiten, Dereyia, wurde 1818 von Ibrahim Pascha zerstört und liegt seitdem in Ruinen; gegenwärtige Hauptstadt ist das unfern gelegene Riâd. Andre Städte sind: Schakra, Bereide, Oneise, Charfa, Sadik, Seddus etc. Von der nördlichen Wüste ist der östliche Teil noch am bekanntesten, weil die Karawanen von Bagdad nach Basra ihren Weg hier durch nehmen. In der Nähe des Euphrat ist das Land gut bewässert und fruchtbar. Es verliert hier allmählich den Charakter der Wüste; es hört auf, Arabien zu sein.
Vgl. Niebuhr, Beschreibung von Arabien (Kopenh. 1773), und dessen »Reisebeschreibung nach Arabien« (das. 1774-1778, 2 Bde.);
die Reisebeschreibungen von Burckhardt (Lond. 1829; deutsch, Weim. 1830),
dessen »Notes on the Bedouins and Wahabys« (Lond. 1830; deutsch, Weim. 1831), Wellsted (Lond. 1837, 2 Bde.; deutsch, Halle 1842),
Tamisier (Par. 1841, 2 Bde.),
des Grafen Laborde (das. 1830),
Burton (neue Ausg., Lond. 1880; deutsch, Leipz. 1861),
Palgrave (6. Aufl., Lond. 1871; deutsch, Leipz. 1867-68, 2 Bde.), Sadlier (Bombay 1866), Maltzan (»Wallfahrt nach Mekka«, Leipz. 1865, 2 Bde.),
dessen »Reisen in Arabien« (Braunschw. 1873, 2 Bde.) u. a. Eine wissenschaftliche Bearbeitung des reichen Stoffs gab Ritter in seiner »Erdkunde« (Bd. 12 u. 13, Berl. 1846-47).
Geschichte Arabiens.
Als die Ureinwohner Arabiens werden Bajaditen, d. h. untergegangene Stämme, genannt, und zwar unterscheidet die einheimische Tradition der Abstammung nach die von Joktan oder Kahtan, einem Abkömmling Sems, abstammenden Joktaniden und die Mostaraber, die in Ismael, dem Sohn Abrahams, ihren Stammvater verehrten. Die ältere Geschichte Arabiens ist wegen der seltenen und geringfügigen Berührungen, die zwischen diesem Land und der übrigen Welt stattfanden, dunkel.
Den nordwestlichen Teil, Arabia Peträa (nach der Stadt Petra), bewohnten die Idumäer (Edomiter), Nabatäer und Midianiter, das Wüste Arabien die Ismaeliten und Keturäer; in Südarabien bestanden das Reich der Minäer und das der Sabäer mit der glänzenden Hauptstadt Mariaba. An der Südküste saßen die Homeriten und die Chatramotiten mit der Hauptstadt Sabattha, endlich an der Südostküste die Makea und am Persischen Meerbusen die Gerrhäer. Während die Eroberungszüge der Araber zeitweise die Nachbargebiete gefährdeten, wurden sie selbst von den Eroberungszügen der babylonischen und assyrischen, ägyptischen und persischen Herrscher nur vorübergehend und nur im Norden ihres Landes berührt.
Die persischen Könige Kyros und Kambyses ließen den Bewohnern des Peträischen Arabien ihre Selbständigkeit und schlossen sogar Bündnisse mit ihnen. Alexander d. Gr. rüstete sich zu einem Zuge gegen die Araber, ward aber durch seinen Tod an dessen Ausführung verhindert. Während der Kriege der Diadochen fanden arabische Häuptlinge im Norden des Landes Gelegenheit, ihre Herrschaft über die Grenzen Arabiens nach Chaldäa (Irak Arabi) und Syrien auszudehnen, welches sie sich zum Teil unterwarfen, und wo sie mehrere arabische Fürstentümer gründeten.
Dagegen gelang es Antiochos d. Gr. (219 v. Chr.), die Stadt Rabbath Moab zu erobern und mehrere arabische Stämme zu unterwerfen, welche Eroberungen er jedoch wegen der inzwischen mit Ägypten begonnenen Feindseligkeiten (217) wieder aufgeben mußte. Das blühende Peträa zog der Römer Aufmerksamkeit früh auf sich. Einfälle der Nabatäer in das römisch gewordene Syrien dienten ihnen als Vorwand zum Kriege gegen Petra. Pompejus selbst leitete die Expedition, welche die reiche Stadt eroberte und brandschatzte (63). Nachher führte Gabinius, römischer Prokonsul von Syrien, den Arabischen Krieg fort und siegte über mehrere Stämme.
Die Schlacht bei Actium, welche die Macht des Antonius vernichtete, rettete Peträa zunächst vor gänzlicher Unterjochung. Erst als Augustus als Imperator über Rom herrschte, wurde der Plan zur Unterwerfung Arabiens wieder aufgenommen. Der Prokurator von Ägypten, Älius Gallus, unternahm sogar (24 v. Chr.) einen allerdings erfolglosen Kriegszug gegen das Reich der Sabäer. Erst 105 n. Chr. drangen die Römer unter Trajan wieder tief in das Land ein. Peträa, Gerasa und andre Städte wurden zu der römischen Provinz Palaestina tertia geschlagen; doch blieb auch jetzt der größere Teil Arabiens, die südliche Halbinsel, frei vom römischen Joch. Seit dieser Zeit verscholl das verwüstete Petra, und an seiner Stelle ward Bostra Metropole und zugleich Hauptsitz des Handels mit Indien und Mesopotamien. An den Grenzen der römischen Provinz dauerten die Kämpfe inzwischen
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fast ununterbrochen fort, und die Römer wurden ihres Besitzes nie froh. Nur die nördlichen Stämme blieben in einer gewissen Abhängigkeit von den römischen Kaisern, und ihre Fürsten wurden als deren Statthalter angesehen. Doch bald nach Trajans Tod fand Rom für gut, Arabien bis auf die Striche am Jordan zu verlassen und sich mit einem nur nominellen Oberhoheitsrecht zu begnügen. Später bestand Kaiser Aurelian harte Grenzkämpfe mit den Arabern. Jemen ward in vorübergehenden Kriegszügen von den Königen von Äthiopien heimgesucht, und gegen die Landenge von Suez hin, zu Sarbut el Kadem, zeugen hieroglyphenbedeckte Gräber von Ansiedelungen der Ägypter; aber festen Fuß faßte keiner dieser fremden Eindringlinge.
Stets blieben indessen die arabischen Völker zerstreut und zerspalteten und zerfleischten einander Jahrhunderte hindurch in innern Kämpfen, während welcher besonders das mittlere Hochland (Nedschd) der Schauplatz jener ritterlichen, von den arabischen Dichtern vielfach besungenen Fehden war. In das 4. Jahrh. fällt die Eroberung Jemens durch Aizana, König von Abessinien, und die Einführung des Christentums in Jemen. Die frühsten arabischen Christen waren meist Arianer; erst später wanderten katholische Christen ein.
Bald wandten sich auch viele der im orthodoxen Morgenland verfolgten christlichen Häretiker, besonders Nestorianer und Monophysiten, nach Arabien. Auch die Juden siedelten sich seit Jerusalems Zerstörung in Menge in Arabien an und machten, namentlich in Jemen, Proselyten. Im Innern von Hidschas erhob sich damals der Stamm der Koreischiten. Durch Verschwägerung mit den Chosaiten vergrößerten sie ihre Macht, und Seid, mit dem Beinamen Koßa, Eidam des Chosaiten Huleil, riß die Schlüsselhut der Kaaba (s. d.) an sich. Der Herrschaft über Mekka bemächtigte er sich durch Gewalt. Er war der Ahnherr Mohammeds.
Die neue und große Ära der arabischen Geschichte beginnt mit der Stiftung und Verbreitung des islamitischen Glaubens. Mohammed, der Stifter desselben, sammelte die zerstreuten arabischen Stämme zu gemeinsamen Bestrebungen, und so übernimmt dies Volk auf ein paar Jahrhunderte eine sehr bedeutungsvolle Mission in der Weltgeschichte. Siegreich aus seinen bisher nicht überschrittenen Grenzen hervortretend, gründete es Reiche in drei Weltteilen (s. Kalifen).
In den einzelnen Landschaften Arabiens selbst bestanden während der Herrschaft der Kalifen mehrere alte Stammdynastien fort, so in Hidschas die Dynastien Ochaisar, Haschim und Kotade, welch letztere noch jetzt in Mekka herrscht. In Jemen herrschten nacheinander seit dem 9. Jahrh. die Dynastien der Zijaditen, Nedschahiten und Salihiten, die gegen das Ende des 12. Jahrh. durch die Ejubiden verdrängt wurden. Auf sie folgten die Resuliden (1231) und dann die Tahiriten, welche sich bis auf die osmanische Eroberung hielten.
Durch den Sturz des Kalifats löst sich die Geschichte Arabiens vollends in Spezialgeschichten der einzelnen Landschaften auf. In den nördlichen Teilen breitete sich die türkische Macht immer weiter aus, während sich im Süden die Fürsten länger selbständig erhielten. Die Dynastie der Tahiriten wurde durch den Emir Bersebai 1517 gestürzt. Die von Schems Eddin gestiftete Dynastie der Zeidi behauptete sich in den Gebirgen Jemens. Schems Eddin nahm den Titel Imam an. Um ihn sammelten sich die mit der türkischen Herrschaft Unzufriedenen. Im J. 1567 brach der Aufstand gegen die türkische Herrschaft von neuem unter Leitung der Zeidi aus; die meisten festen Plätze bis auf Zebid wurden von den Empörern erobert, und ihr Anführer Mutaher ließ sich schon zum Kalifen ausrufen.
Ein türkisches Heer unterwarf zwar 1570 Jemen wieder; aber bald traten die Bewohner der ganzen Westküste von Arabien zusammen, um das türkische Joch abzuschütteln. Mekka wurde den Türken entrissen, und ihre Heere kämpften überall unglücklich. Selbst als Mekka 1631 von den Türken wiedererobert wurde, behauptete Jemen seine Unabhängigkeit; die Türken mußten es der Herrschaft der Zeidi überlassen, die als Imame die Landschaft regierten. Um 1740 erhob sich im Innern Arabiens die Sekte der Wahabiten (s. d.), deren Stifter Abd ul Wahâb den Islam auf seine ursprüngliche Reinheit zurückzuführen suchte. In meist glücklichen Kämpfen behaupteten sie sich lange gegen den Sultan und den ägyptischen Vizekönig Mehemed Ali, der seinen Einfluß und seine Macht in Arabien fester zu begründen suchte, seine kriegerischen Unternehmungen zur Eroberung des Landes 1835 und 1837 jedoch scheitern sehen mußte.
Nur Mokka und der Bezirk Taif östlich von Dschidda waren bis 1840 seinem Schwert unterworfen. Aber trotz eines hier unterhaltenen Heers von 28,000 Mann konnte er seine Zwangsherrschaft doch nur mühsam aufrecht erhalten, und als ihn der Krieg in Syrien mit dem Sultan zwang, seine Kriegsmacht in Arabien zu schwächen, war es auch mit seiner Herrschaft dahin. Schon 1839 war er genötigt, mehrere besetzte Landstriche aufzugeben. Das Diktat der europäischen Mächte endlich (der Traktat zur Pazifikation des Orients im Juli 1841) gab das von ihm beanspruchte Hüteramt der heiligen Städte an den Sultan zurück, und seitdem herrschen in Arabien außer den Türken nur die Engländer in Aden (seit 1837).
Die Geschichte Arabiens vor Mohammed ist von Marigny, Pococke, Sacy, Rühle v. Lilienstern, Krehl (»Über die Religion der vorislamitischen Araber«, Leipz. 1863) und namentlich von Forster in seiner »Historical geography of Arabia« (Lond. 1844, 2 Bde.),
von Sprenger in der »Alten Geographie Arabiens« (Bern 1875) und von Caussin de Perceval in dem »Essai sur l'histoire des Arabes avant l'islamisme« (Par. 1847-49, 3 Bde.) bearbeitet worden. Die spätere islamitische Geschichte behandeln die Arbeiten von Schultens, Rasmussen, Cardonne, Dozy, Hammer-Purgstall, Crichton, Sedillot, Müller, Flügel (»Geschichte der Araber«, 2. Aufl., Leipz. 1864),
besonders aber Weil in der »Geschichte Mohammeds« (Stuttg. 1843),
der »Geschichte der Kalifen« (das. 1846-62, 5 Bde.) und der »Geschichte der islamitischen Völker von Mohammed bis zur Zeit des Sultans Selim« (das. 1866).
Vgl. auch J. ^[Julius] Braun, Gemälde der mohammedanischen Welt (Leipz. 1870);
Arabien v. Kremer, Geschichte der herrschenden Ideen des Islam (das. 1868);
Derselbe, Kulturgeschichte des Orients unter den Kalifen (Wien 1875-1876, 2 Bde.);
Wüstenfeld, Die Wohnsitze und Wanderungen der arabischen Stämme (Götting. 1869);
Avril, L'Arabie contemporaine (Par. 1868);
Zehme, Arabien und die Araber seit 100 Jahren (Halle 1875).