berührt. Die teuern und vergänglichen Karden durch metallene Vorrichtungen zu ersetzen, ist nunmehr fast vollständig gelungen;
doch hat man auch jenen durch Imprägnieren mit Kupfervitriol größere Dauerhaftigkeit verliehen. Die durch das Rauhen hervorgezogenen
Härchen werden nun durch das Scheren in gleicher und geringer Länge abgeschnitten, um eine glatte und feine
Oberfläche hervorzubringen. Man bürstet auf dem trocknen Tuch die Haare gegen den Strich auf und schneidet sie dann mit Schermaschinen
(s. d.), selten noch mit großen Handscheren, auf gleiche Höhe ab. Man kann das Ziel des Rauhens und des Scherens nur durch
einen stufenweisen Gang erreichen und muß daher beide Arbeiten mehrere Male abwechselnd miteinander vornehmen.
Die beim Scheren entstehenden Abfälle (Scherwolle) sind fast staubartig fein, indes kann man aus ihnen und aus den Abfällen
vom Rauhen etwa 20 Proz. Härchen abscheiden, welche gleich Lumpenwolle zu verwenden sind. Man mischt wohl die gesamten Abfälle
mit der Walkflüssigkeit und verfilzt sie so mit der Oberfläche des Lodens, daß das Gewicht der Ware bedeutend
vermehrt und unter geringerm Einlaufen des Tuches mit geringerm Zeitaufwand eine Decke erzeugt wird. Nach dem Scheren werden
die Tuche noch einmal genoppt, dann zusammengelegt und gepreßt.
Sehr häufig werden die Tuche noch vor Beendigung des Rauhens und Scherens dekatiert, d. h. man wickelt
sie, straff angespannt, auf eine hohle, an beiden Seiten offene, in der Mantelfläche fein durchlöcherte Walze, bedeckt sie
mit grober Leinwand, umwindet sie straff mit einem breiten hänfenen Gurt und setzt sie in einem Kasten der Einwirkung von Wasserdampf
aus. Die Wolle erlangt dadurch einen schönen, sehr dauerhaften Glanz, und die Härchen bleiben auch beim
Tragen beständig in gleicher Richtung liegen (das Tuch trägt sich nicht rauh).
Ausgedehnten Gebrauch macht man auch von Bürstenmaschinen, deren Wirkung durch gleichzeitig gegen das Tuch ausströmenden Wasserdampf
unterstützt wird. Beim Pressen legt man zwischen die einzelnen Lagen Glanzpappe und bedeckt den Stoß oben
und unten mit heißen eisernen Platten. Nach 1-2 Tagen wird das Tuch umgelegt und nochmals gepreßt; es erlangt hierdurch einen
sehr starken Glanz, welcher aber gegen Nässe höchst empfindlich und überdies nicht jedermann willkommen ist. Da außerdem
das beim Trocknen auf Spannrahmen sehr ausgereckte Tuch durch Nässe stark einläuft, so krumpt man es vor der
Verarbeitung, um den Preßglanz und die Spannung zu beseitigen. Man taucht es in Wasser und läßt es mäßig ausgespannt trocknen
oder bearbeitet es mit Wasserdampf und preßt es ohne Glanzpappe (Dekatieren). - Kammwollene Zeuge werden je nach ihrer Beschaffenheit
genoppt, gesengt, gewaschen, geschoren, mit Leimwasser gesteift, über Kohlenfeuer getrocknet, gemangelt
oder kalandert, geglättet oder geglänzt und gepreßt. - Seidene Gewebe werden nur in gewissen Fällen appretiert, besonders
überzieht man leichte Tafte und Atlasse auf der Rückseite mit Tragantschleim, trocknet sie schnell und erhöht ihren Glanz
durch Kalandern mit geheizten Metallwalzen. Über Appretur des Papiers und des Leders s. d.
Vgl. Meißner, Der
praktische Appreteur etc. (Leipz. 1875);
Derselbe, Die Maschinen für Appretur etc. (Berl. 1873);
(lat.), im allgemeinen die Genehmigung von seiten einer Behörde zur Ausübung einer Thätigkeit
oder eines
Amtes, daher in der katholischen Kirche auch die Genehmigung und Billigung von Druckschriften religiösen
Inhalts, welche durch das solchen Schriften vorgedruckte »approbatur« ausgedrückt wird.
Die deutsche Gewerbeordnung (§ 29)
versteht unter Approbation die auf Grund eines Nachweises der Befähigung erteilte Genehmigung zum Gewerbebetrieb der Ärzte (Wundärzte,
Augenärzte, Geburtshelfer, Zahnärzte, Tierärzte) und der Apotheker.
in England die vielbestrittene gesetzliche Anerkennung des dem Staat angeblich zustehenden Rechts, das Vermögen der anglikanischen
Kirche in dem fast ganz katholischen Irland, statt bloß zu einer geradezu verschwenderischen Ausstattung
der geistlichen Stellen, zu andern das Landeswohl fördernden Zwecken, besonders auch zu gunsten der sehr dürftig ausgestatteten
katholischen Kirche und der katholischen Schulen, verwenden zu dürfen. Zuerst 1833 durch Althorp beantragt, 1834 durch den
Radikalen Ward erneut, ist die Appropriationsklausel ein Gegenstand steten Kampfes zwischen Whigs und Tories geblieben, bis endlich
durch die von dem Ministerium Gladstone 1869 zur Annahme gebrachte Bill über Aufhebung der irischen Staatskirche auch die Frage
der Appropriationsklausel erledigt worden ist.
Karl Ferdinand, Naturforscher und Reisender, geb. zu Bunzlau, wandte sich dem Studium der Naturwissenschaften,
namentlich der Botanik, zu und wurde 1849 auf Humboldts Empfehlung von Friedrich Wilhelm IV. als Naturforscher
nach Venezuela entsendet. Nachdem er die Wildnisse dieses Landes zehn Jahre lang forschend durchzogen und darauf ein Jahr zur
Erholung in der Heimat zugebracht hatte, begab er sich nach Britisch-Guayana, das er als Botaniker im Auftrag der englischen
Regierung eifrig durchforschte, bereiste darauf einen Teil Brasiliens, den Rio Branco und Rio Negro, brachte
monatelang bei den Indianern zu und befuhr den Amazonenstrom bis Tabatinga an der Grenze Perus.
Gelegentlich eines Besuchs in der Heimat (1868-71) veröffentlichte er über seine Reisen eine Reihe von Aufsätzen in Zeitschriften
(»Ausland«, »Globus« etc.) und schrieb ein größeres Werk: »Unter
den Tropen« (Jena 1871, 2 Bde.), das die günstigste Aufnahme fand. Im J. 1871 abermals nach Guayana zurückgekehrt,
verunglückte er auf seiner ersten Reise ins Innere durch Schwefelsäure (Juli 1872). Seine letzten Publikationen waren Aufsätze
über die Indianer in Britisch-Guayana.
1) Feodor, Graf von, einer der einflußreichsten und bedeutendsten Männer in der Umgebung
Peters d. Gr., geb. 1661 aus einem Adelsgeschlecht tatarischen
Ursprungs, ward, von Peter
mehr
zum Generaladmiral ernannt, der eigentliche Schöpfer der russischen Marine. Im schwedischen Krieg schlug er den schwedischen
General Lübeker in Ingermanland, eroberte 1710 Wiborg in Karelien und befehligte während des von Karl XII. angefachten Türkenkriegs
auf dem Schwarzen Meer. Dann leitete er 1713 bei dem Angriff auf Finnland mit Glück und Erfolg die Unternehmungen
von der Seeseite her und nötigte Schweden zum Abschluß des Friedens von Nystad, durch welchen Rußland zum festen Besitz der
Ostseeprovinzen gelangte.
Nachdem er noch den Zaren auf dessen Feldzug gegen die Völker am Kaspischen Meer und gegen Persien begleitet hatte, starb er Zweimal
(1715 und 1718) in Untersuchungen wegen Veruntreuungen, die von höhern Beamten verübt worden, verwickelt
und schuldig befunden, war er vom Zaren gegen ein ansehnliches Lösegeld begnadigt worden. Obgleich ein Gegner von Peters Reformbestrebungen
und diesem als solcher bekannt, war er doch einer der vertrautesten Ratgeber desselben.
2) Stephan Feodorowitsch, Graf von, Verwandter des vorigen, geb. 1702, focht unter Münnich gegen die Türken,
stieg rasch zum General empor und war einer der eifrigsten Gegner der preußischen Partei sowie des Grafen Lestocq am russischen
Hof. Im J. 1757 erhielt er als Feldmarschall den Oberbefehl über das in Preußen einfallende Heer, mit dem er 30. Aug. bei
Großjägersdorf siegte. Trotz dieses Siegs ging er auf die Nachricht von einer schweren Erkrankung der Kaiserin nach Rußland
zurück, um im Fall ihres Todes im Sinn und Geiste des Thronerben Peter (III.) gehandelt zu haben, welcher die Interessen Friedrichs
II. vertrat. Da Elisabeth aber wieder genas, so wurde Bestuschew verurteilt und verbannt, Apraxin aber unter
der Anklage, von Friedrich II. bestochen zu sein, vor ein Kriegsgericht gestellt, vor dessen Entscheidung er im August 1758 im
Gefängnis starb. Sein Leben beschrieb Bantysch-Kamenskij in den »Biographien der russischen Feldmarschälle« (Petersb. 1840-41, 4 Bde.).