mehr
zusammengesetzten Rohrs, dessen Kontraktionen die Verkürzung mit gleichzeitiger Dickenzunahme oder die Verschmächtigung mit entsprechender Verlängerung [* 2] zur Folge haben. Besondere Bewegungsorgane existieren nur in Form von Saugnäpfen (Blutegel) [* 3] oder von Borsten, welche entweder direkt in der Haut [* 4] stecken, oder auf eignen Höckern, den sogen. Fußstummeln, angebracht sind. Dagegen mangeln wirkliche gegliederte Füße gänzlich. Der Mund liegt am Vorderende des Körpers auf der Bauchseite und führt in einen oft mit kräftigen Kiefern ausgestatteten und als Rüssel vorstülpbaren Schlund; auf diesen folgt der Darm, [* 5] welcher häufig in jedem Segment besondere Blindschläuche besitzt.
Der After befindet sich am hintern Körperende, vielfach auf der Rückenseite. Das Gefäßsystem besteht meist aus zwei Längsstämmen, die am Bauch [* 6] und Rücken verlaufen, kontraktil sein können und durch Quergefäße miteinander verbunden sind. Besondere Respirationsorgane in Gestalt von Kiemen besitzen die meisten Meereswürmer. Das Nervensystem weist ein über dem Schlund gelegenes Gehirn [* 7] und einen Bauchstrang, der in mehr oder weniger scharf geschiedene Ganglien zerfällt, auf.
Von
Sinnesorganen existieren
Augen und bei einzelnen
Gruppen auch Gehörbläschen sowie
Fühler; Polyophthalmus (Vielauge) besitzt
Augen auf den Seiten jedes
Segments, während im allgemeinen die Sehorgane nur am
Kopf angebracht sind. Von kompliziertem
Bau
sind meist die
Exkretionsorgane, welche in jedem
Segment paarweise vorhanden sind und daher auch wohl Segmentalorgane
heißen; sie übernehmen übrigens neben ihrer eigentlichen
Funktion als
Niere auch wohl noch die der Ausführung der Geschlechtsprodukte
(Eier,
[* 8]
Samen)
[* 9] aus dem
Körper.
Die Fortpflanzung ist teils eine ungeschlechtliche, teils eine geschlechtliche. Bei der erstern, welche namentlich kleinere Anneliden betrifft, bildet sich entweder für eine bestimmte Anzahl von Segmenten ein besonderer Kopf, und dann löst sich der junge Wurm [* 10] ohne weiteres ab, oder es sprossen zwischen dem letzten und vorletzten Segment des alten Tiers neue, mit einem Kopfe versehene Segmente, so daß bei Wiederholung dieses Prozesses zuerst eine Kolonie von hintereinander gelagerten Würmern entsteht.
Viele Anneliden sind
Zwitter. Die Ovarien und
Hoden liegen in bestimmten Körperregionen und werden erst zur Zeit
der
Geschlechtsreife umfangreich; bei den
Blutegeln führen sie ihre Erzeugnisse direkt nach außen, während sie bei den meisten
Anneliden sie in die
Leibeshöhle entleeren und von dort durch die
Exkretionsorgane weiter befördern lassen. Die
Entwickelung
erfolgt in einzelnen
Fällen in besondern
Kokons und ist alsdann gewöhnlich eine direkte; gelangen dagegen die
Eier frei in
das
Wasser, so ist eine bedeutende
Metamorphose der
Jungen die
Regel.
Lebendig gebärend sind nur sehr wenige
Arten.
Die Anneliden leben entweder in feuchter
Erde
(Regenwurm), im Schlamm oder im
Wasser. Namentlich reich ist an ihnen
das
Meer. Meist nähren sie sich von tierischer
Kost; einzelne
sind sogar zeitweilig
Parasiten
(Blutegel). Man teilt sie in zwei
große
Klassen: die
Hirudineen oder
Blutegel (s. d.) und die
Chätopoden oder
Borstenwürmer.
Letztere sind durch den
Besitz von
beweglichen
Borsten ausgezeichnet; die meisten
Arten sind getrennten
Geschlechts; in einzelnen
Fällen sind
sich Männchen und Weibchen so unähnlich, daß man sie früher wohl besondern
Gattungen zugeteilt hat.
Nach Maßgabe ihrer Beborstung lassen sie sich in zwei Gruppen bringen, die der Oligochäten (Wenigborster) und Polychäten (Vielborster). Erstere sind Hermaphroditen, ermangeln der Kiemen, Fühler, Fußstummel und Kiefer, besitzen als Augen nur Pigmentflecke, nähren sich meist von Pflanzen und entwickeln sich direkt. Zu ihnen gehört vor allen der Regenwurm (s. d.), ferner aber eine Anzahl ähnlicher in Bächen, Quellen, auch in Brunnen [* 11] lebender kleinerer Würmer.
Die Polychäten sind meist getrennt-geschlechtige Meeresbewohner, besitzen Kiefer, Fußstummel mit zahlreichen Borsten, vielfach auch Kiemen etc., fressen hauptsächlich Tiere und entwickeln sich mit Metamorphose. Die mit Wimpern versehene Larve besteht zunächst nur aus dem Kopf- und dem Aftersegment; später keimen in der Richtung von vorn nach hinten immer direkt vor dem letztgenannten die neuen Segmente hervor, und so streckt sich der Leib mehr und mehr. Besonders deutlich zeigt alle diese Verhältnisse der merkwürdige borstenlose und äußerlich ungegliederte Polygordius, den man als auf niederster Stufe zurückgeblieben ansehen und als Verbindungsglied zwischen den Chätopoden und Gephyreen hinstellen darf. In Bezug auf die Lebensweise sind die Polychäten entweder Röhrenbewohner (Sedentaria oder Tubicolae, s. Röhrenwürmer) oder Schwimmer (Errantia).
Letztere sind nur zeitweilig in dünnen Röhren [* 12] zu finden, bewegen sich hingegen meist frei im Meer, sowohl auf dem Grund als an der Oberfläche, umher und sind gefräßige Räuber. Die Familie der Alciopidae zeichnet sich durch hoch entwickelte Augen aus;
die Aphroditidae oder Seeraupen (s. d.) sind vielfach über und über mit Borsten bedeckt;
die Eunicidae werden zum Teil über 1 m lang und sind mit äußerst kräftigen Kiefern ausgestattet;
bei den Nereïdae (Heteronereïs s. Tafel »Würmer«) tritt zuweilen eine und dieselbe Art unter den verschiedensten Formen auf, die nur durch direkte Beobachtung als zusammengehörig erkannt werden können;
die Syllidae zeigen einen deutlichen Generationswechsel.
Fossil finden sich Anneliden vom Silur an (Nereïtes s. Tafel »Silurformation«); [* 13] am meisten sind Röhren von Röhrenwürmern erhalten geblieben. S. Tafel »Würmer«.
Vgl. Savigny, Système des Annélides (Par. 1826);
Grube, Die Familien der Anneliden (Berl. 1850);
Claparède, Recherches anatomiques sur les Annélides (Genf [* 14] 1861);
Ehlers, Die Borstenwürmer (Leipz. 1864-68);
Semper, Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Tiere (Würzb. 1876);
Hatschek, Studien über Entwickelungsgeschichte [* 15] der Anneliden (Wien [* 16] 1878).