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beitragen solle. Die Landesvertretung wies die hierauf bezügliche Vorlage, als dem Interesse des Landes nachteilig, beharrlich zurück, und erst 1872 kam die Auseinandersetzung des herzoglichen Hauses mit dem Land in betreff des Domanialbesitzes zu stande. Auf Herzog Leopold Friedrich folgte sein Sohn Leopold Friedrich.
[A.-Bernburg.]
Christian I. (gest. 1630) war der Stifter der jüngern Bernburgischen Linie. Ihm folgten 1630 seine Söhne Christian II. (gest. 1656) und Friedrich (gest. 1670), von denen letzterer bei der Teilung 1635 Harzgerode nebst dem sogen. Harzbezirk erhielt und Stifter der Linie Bernburg-Harzgerode wurde. Mit seinem Sohn Wilhelm erlosch 1709 die Linie Bernburg-Harzgerode wieder, und ihre Besitzungen fielen an Bernburg [* 2] zurück. Hier folgte auf Christian II. Viktor Amadeus, der 1677 die Primogenitur einführte.
Als er 1718 starb, erhob sich zwischen seinen beiden Söhnen Karl Friedrich und Leberecht ein Streit über Harzgerode, der durch Österreichs Vermittelung dahin geschlichtet wurde, daß Karl Friedrich als der Erstgeborne Harzgerode erhalten, Leberecht aber mit einer Abfindungssumme von 18,000 Thlr. und dem Amt Hoym und einigen andern Gütern, diese wie jenes unter der Landeshoheit Bernburgs, entschädigt werden sollte. So wurde Leberecht der Stifter der Nebenlinie Bernburg-Hoym, welche sich später, nachdem sie die Herrschaften Schaumburg und Holzapfel im Nassauischen erworben, Anhalt-Bernburg-Schaumburg-Hoym nannte und 1812 erlosch, worauf die anhaltischen Besitzungen derselben an die Hauptlinie Bernburg zurückfielen.
Die Hauptlinie Bernburg wurde von Viktor Amadeus' ältestem Sohn, Karl Friedrich (1718-21), fortgepflanzt. Ihm folgte sein Sohn Viktor Friedrich (1721-65), diesem Friedrich Albrecht (1765-96), der, wie sein Vater, das Wohl des Landes sich sehr angelegen sein ließ. Unter der Regierung seines Sohns und Nachfolgers Alexius Friedrich Christian (1796-1834) wurden die bernburgischen Lande durch den Anfall des dritten Teils von Zerbst [* 3] vergrößert. Bei der körperlichen und geistigen Schwäche seines Sohns und Nachfolgers Alexander Karl (1834-63) hatte er demselben einen Geheimen Konferenzrat zur Seite und an die Spitze der Geschäfte gestellt. Im J. 1848 glaubte der Konferenzrat am klügsten zu handeln, wenn er selbst den Wünschen des Volks, die sich in zahllosen Petitionen und Beschwerden äußerten, entgegenkäme, und erließ 3. Mai eine provisorische Verordnung, wonach der Konferenzrat selbst in die Stellung eines konstitutionellen verantwortlichen Ministeriums der künftigen Ständeversammlung gegenüber eintrat. Am 5. Juli erschien der langersehnte Verfassungsentwurf, auf Grund dessen der Zusammentritt der Volksvertreter auf den 31. Juli festgesetzt wurde.
Als aber die Verfassung (31. Okt.) zu stande gekommen war und dem Herzog zur Sanktion übergeben werden sollte, versagte dieser von Quedlinburg [* 4] aus, wohin er sich begeben, seine Zustimmung. Zugleich erfolgte die Entlassung des bisherigen Ministeriums und die Ernennung v. Krosigks zum interimistischen Staatsminister. Der Landtag wandte sich darauf an den Erzherzog-Reichsverweser um Sendung eines Reichskommissars. Als solcher kam (16. Nov.) der Appellationsgerichtsrat v. Ammon [* 5] aus Köln, [* 6] worauf auch der Herzog nach Ballenstedt zurückkehrte. Am 29. Nov. faßte der Landtag mit 18 Stimmen gegen eine den Beschluß, daß wegen der eigentümlichen Verhältnisse in der herzoglichen Familie der Herzog von Anhalt-Dessau die Regentschaft des Landes, dessen Selbständigkeit unbeschadet, übernehmen und sofort die Verfassung sanktionieren solle. Doch wurde 14. Dez. der Landtag aufgelöst und zugleich eine oktroyierte Verfassung veröffentlicht, deren Revision dem nächsten ordentlichen Landtag vorbehalten wurde. Als die Wahlen zu diesem letztern, die auf den angesetzt waren, ein für das Ministerium ungünstiges Resultat brachten und dieses aus eigner Machtvollkommenheit eine Wahl für ungültig erklärte und eine Neuwahl anordnete, gab solches Verfahren Veranlassung zu einem blutigen Zusammenstoß 16. März in Bernburg. Die bernburgische Regierung war die erste, die sich 9. Juni von der Reichsverfassung lossagte und dem Dreikönigsbündnis anschloß. Die Revision der oktroyierten Verfassung war Ende Februar 1850 beendet, und 15. Mai wurde letztere zugleich mit einem neuen Wahlgesetz und einer Gemeinde- und Kreisordnung publiziert. Der im Juli einberufene außerordentliche Landtag geriet mit der Regierung wieder in Konflikt und wurde deshalb 1. Sept. aufgelöst. Nachdem auf Grund des Bundesbeschlusses vom eine weitere Revision der Verfassung vorgenommen worden war, nahm der Landtag die von den zwei anhaltischen Regierungen gemeinsam festgestellte Vorlage in betreff der vom Bundestag aus empfohlenen Gesamtverfassung der anhaltischen Lande an und beschloß damit seine Sonderexistenz. 1855 machte es der fortdauernde Schwächezustand des Herzogs notwendig, daß der Herzogin Friederike die Mitregentschaft übertragen wurde. Als Herzog Alexander Karl ohne Erben starb, fiel das Land kraft des Erbvertrags von 1665 an Anhalt-Dessau-Köthen, dessen Herzog Leopold Friedrich 30. Aug. den Titel eines »Herzogs von Anhalt« [* 7] annahm.
[A.-Köthen.]
Als Ludwig, der Stifter der Linie Anhalt-Köthen, einer der Gründer der Fruchtbringenden Gesellschaft, 1650 starb, hatte er seinen unmündigen Sohn Wilhelm Ludwig zum Nachfolger. Nach dessen kinderlosem Absterben 1665 fiel das Land an die Söhne Augusts von Plötzkau, des bei der Teilung abgefundenen dritten Sohns Joachim Ernsts, die Prinzen Leberecht und Emanuel. Leberecht starb schon 1669 kinderlos, Emanuel 1670, und diesem folgte sein nachgeborner Sohn Emanuel Leberecht, der erst 1692 die Regierung antrat und schon 1704 starb. Er hatte seine Söhne Leopold (gest. 1728) und August Ludwig (gest. 1755) zu Erben.
Des letztern Sohn und Nachfolger Karl Georg Leberecht, kaiserlicher Feldmarschall, fiel im Kriege gegen die Türken zu Semlin 1789. Ihm folgte sein Sohn August Christian Friedrich, der ebenfalls kaiserlicher Feldmarschall war. Ein großer Verehrer Napoleons, suchte er seit 1810 in seinem Ländchen alles auf französischem Fuß einzurichten. Er teilte dasselbe in zwei Departements, bildete einen Staatsrat, führte den Code Napoleon ein und stiftete 1811 einen Verdienstorden.
Alle diese Schöpfungen hörten bei seinem Tod (1812) wieder auf. Sein Nachfolger war der unmündige Sohn seines Bruders Ludwig, mit dem 1818 die Linie erlosch. Seine ungeregelte Finanzwirtschaft, Soldatenspielerei und Jagdleidenschaft hatten die Schulden des Landes auf 2 Mill. Thlr. gesteigert, was zur Folge hatte, daß unter Vermittelung Kursachsens die Finanzverwaltung der Hauptsache nach unter ständische Leitung gestellt ward. Das Land fiel darauf an Ferdinand, einen Sprößling der Linie Anhalt-Köthen-Pleß. Diese war von dem Vater des eben erwähnten Ferdinand Friedrich Erdmann, dem ¶
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zweiten Sohn des Herzogs August Ludwig, nach Erwerbung der Herrschaft Pleß in Oberschlesien 1765 als Sekundogenitur gestiftet worden. Ferdinand trat 1825 nebst seiner Gemahlin in Paris [* 9] zur katholischen Kirche über und führte die Barmherzigen Brüder und die Jesuiten in Köthen [* 10] ein. Ihm folgte 1830 sein Bruder Heinrich, der bisher die Sekundogenitur Anhalt-Köthen-Pleß innegehabt hatte. Diese ging nun wieder auf den jüngern Bruder, Ludwig, über, der aber selbst 1841 kinderlos starb.
Herzog Heinrich trat hierauf das Fürstentum Pleß dem nächsten Fideikommißerben, dem Grafen von Hochberg-Fürstenstein, gegen eine lebenslängliche Rente von 30,000 Thlr. ab. Die völlige Zerrüttung der finanziellen Angelegenheiten des Herzogtums, welche 1845 an den Tag kam (die Staatsschuld bezifferte sich auf 4,323,249 Thlr.), ist ihm nicht zur Last zu legen, sondern datierte aus frühern Zeiten. Die Agnaten und Preußen [* 11] nahmen sich der Sache an, und einem preußischen Beamten, der in köthensche Dienste [* 12] trat, v. Goßler, gelang es, wenigstens finanzielle Ordnung einzuführen, wie er sich auch als Minister Vertrauen im Land erwarb.
Der Herzog starb ohne Leibeserben worauf der Herzog von Anhalt-Dessau als Senior für die beiden andern Linien von Anhalt-Köthen Besitz ergriff und es auf Grund des abgeschlossenen Vertrags mit Anhalt-Dessau vereinigte.
Vgl. Beckmann, Historie des Fürstentums Anhalt (Wittenb. 1710, 7 Tle.);
Stenzel, Handbuch der anhaltischen Geschichte (Dessau [* 13] 1820);
G. Krause, Urkunden, Aktenstücke und Briefe zur Geschichte der anhaltischen Lande und ihrer Fürsten unter dem Druck des Dreißigjährigen Kriegs (Leipz. 1862-66, 5 Bde.);
in kürzerer Fassung: Heine, Geschichte des Landes Anhalt und seiner Fürsten (Köthen 1866);
Siebigk, Das Herzogtum Anhalt. Historisch, geographisch und statistisch dargestellt (Dessau 1867).