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wird. Die Häuser Amsterdams (über 40,000 an Zahl) stehen auf eingerammten Pfählen, welche, durch eine weiche Torfschicht von 12-15 m Dicke getrieben, auf festem Sandboden ruhen (daher der Bau unter der Erde nicht selten kostspieliger ist als der über derselben); sie sind von Backsteinen, höchst selten von Quadern aufgeführt. Einzelne Gebäude, selbst die neuern, haben ein mittelalterliches Aussehen; ihre schmale, oft nur zwei Fenster breite Giebelseite ist der Straße zugekehrt; die Dächer sind hoch, spitz, oft gezackt, die Thüren klein und schmal.
Die Hauptstraßen laufen unter sich parallel als Halbbogen, deren Enden sich auf den Meerbusen stützen; gerade Querstraßen schneiden durch; die breitern haben in der Mitte mit Bäumen besetzte Kanäle. Zu den schönsten gehören: die Heerengracht, die Prinsen- und die 45 m breite Keizersgracht. Die ganze Außenseite der eigentlichen Stadt umgibt diesen parallel in weitem Bogen [* 2] der Buitensingel. Einige Hauptstraßen, z. B. Kalverstraat, Nieuwendyk, Doelen-, Sarphati-, Vondel-, Leidsche und Utrechtsche Straat, sind nicht von einer Gracht durchzogen.
Mehrere Kanäle werden jetzt ausgefüllt. Die kleinern Straßen, durch welche keine Kanäle gehen, sind eng und düster. Das Judenviertel, bis vor kurzem ein dichtes, enges Häusergedränge voll Schmutz und durcheinander wimmelnden Verkehrs, beginnt durch Neubauten schon ein moderneres Aussehen zu gewinnen. Unter den zwölf öffentlichen Plätzen sind der Dam, der Mittelpunkt des städtischen Verkehrs (mit einem hohen Denkmal zum Andenken an 1830, errichtet 1856), das Amstelveldt, der Rembrandtsplein, früher Botermarkt (mit Rembrandts Statue, seit 1852), der Thorbeckeplein (mit Thorbeckes Statue), der Frederiksplein (1870 vollendet) und der Leidsche Plein die vorzüglichsten.
Die schönsten Spaziergänge liefert der Vondelspark (15 Hektar), von Privatleuten angelegt und unterhalten. Unter den 44 Kirchen der Stadt (darunter 18 katholische, 2 wallonische, 1 englisch-presbyterianische, 1 englisch-episkopale, 1 für Remonstranten, 1 für Mennoniten, 1 für Quäker, 1 für Jansenisten, 1 griechische, 1 armenische etc.) verdienen besondere Hervorhebung: die Nieuwe Kerk (Katharinenkirche) auf dem Dam, ein schöner spätgotischer Bau (1408-14 in Form einer kreuzförmigen Basilika [* 3] aufgeführt, nach den Bränden von 1421 und 1645 und den Zerstörungen durch die Wiedertäufer restauriert) mit den Grabmälern de Ruyters, van Galens, des Dichters Vondel und des Helden van Speyk (der 1831 vor Antwerpen [* 4] sein Boot in die Luft sprengte) und einer sehr bewunderten Kanzel; ferner die gotische Oude Kerk (Nikolaikirche, aus dem 14. Jahrh.) mit alten Glasmalereien und die Westerkerk mit 90 m hohem Turm. [* 5]
Unter den neun Synagogen ist die dem Tempel [* 6] Salomos nachgebildete der portugiesischen Juden (1670 erbaut) die schönste und größte. An hervorragenden Gebäuden ist Amsterdam [* 7] nicht reich. Das berühmteste und größte ist das ehemalige Rathaus, seit 1808 königliches Palais, auf dem Damplatz, von Jakob van Kampen 1648-55 erbaut. Es steht auf 13,659 eingerammten Masten und bildet ein Viereck [* 8] von 80 m Länge, 63 m Tiefe und 33 m Höhe, in der Mitte mit einem gewölbten Dom geziert, aus dem ein noch 20 m hoher, mit einem vergoldeten Schiff [* 9] gekrönter Turm sich erhebt.
Zahlreiche Statuen, Basreliefs und Wandgemälde zieren das Gebäude; die Hauptsäle sind mit Marmor ganz überkleidet, so namentlich der herrliche, aus den Zeiten König Ludwig Napoleons herrührende, 36 m lange, 18 m breite Ratssaal, einer der größten Europas. In der Nähe des Palais steht die 1845 vollendete Börse, ein stattliches Gebäude mit einer von 14 ionischen Säulen [* 10] getragenen Vorhalle, das aber bald einem neuen, viel größern Gebäude Platz machen müßte. Sonst sind noch anzuführen: der Admiralitätshof (der jetzt als Stadthaus dient), das Justizgebäude, das Trippenhuis (worin
[* 1] ^[Abb.: Situationsplan von Amsterdam.] ¶
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sich einstweilen das Reichsmuseum befindet, s. unten), das Postgebäude, das Haus der vormaligen Ostindischen Kompanie, der Palast der Nationalindustrie (Paleis voor Volksvlijt, 1855-64 erbaut) mit 57 m hoher Kuppel und seit 1883 von einer prachtvollen Galerie umgeben. - Amsterdam selbst ist keine eigentliche Festung [* 12] mehr, bildet aber den Mittelpunkt der holländischen Festungslinie und gilt als Hauptreduit des Reichs. Es ist durch eine Reihe detachierter Forts geschützt und kann durch künstliche Überschwemmung völlig unzugänglich gemacht werden.
Den Zugang von Haarlem [* 13] her deckt die Schleuse von Halfwegen, Angriffe von O. her werden durch die Schleuse von Muiden und die Festungen Naarden, Muiden, Weesp, Nieuwesluis u. a. abgewehrt. Die Zahl der Einwohner betrug 361,314 (darunter ungefähr 80,000 Katholiken, 30,000 deutsche und 3200 portugiesische Juden). Im J. 1794 hatte Amsterdam eine Bevölkerung [* 14] von 217,024 Seelen, die 1815 bis auf 180,179 gesunken war; dann hob sich ihre Zahl wieder, und in den letzten Jahrzehnten hat eine regelmäßige Zunahme stattgefunden (1854: 243,304, 1864: 261,455, 1870: 274,931, 1884: s. oben).
Die Zahl der verschiedenartigsten Fabriken und industriellen Etablissements ist bedeutend. Spezialitäten Amsterdams sind: die Diamantschleiferei, welche in so großartigem Maßstab [* 15] nur hier und zwar vorzugsweise von Israeliten betrieben wird (es gibt vier große Schleifereien mit Dampfmaschinen [* 16] und eine Anzahl kleinere);
die Borax- und Kampferraffinerien, die vortrefflichen Schmaltefabriken. Im großen Maßstab wird Zuckerraffinerie (vier großartige Etablissements, deren jedes über 10 Mill. kg verarbeitet), Tabaks- und Zigarrenfabrikation betrieben;
außerdem besitzt Amsterdam mehrere kolossale Bierbrauereien, zahlreiche Sägemühlen, eine Dampfreisschälmühle, die jährlich ca. 10 Mill. kg Reis verarbeitet, Schiffswerften, Maschinenfabriken (am bedeutendsten die königliche und »de Atlas«), [* 17]
zwei Glasbläsereien, ansehnliche Likör-, Schokolade-, Mehl- und Brotfabriken, großartige Eisengießerei [* 18] und Fabrik für astronomische Uhren, Leder-, Seide-, Tapeten- und Wollfabriken, Kattundruckereien, Baumwollspinnereien, Porzellanfabriken, zahlreiche Gold- und Silberschmiede, Juweliere etc.
Hauptthätigkeit ist indessen der Handel, da sich in Amsterdam, zusammen mit Rotterdam, [* 19] der gesamte Verkehr der Niederlande [* 20] konzentriert. Die ganze Nordseite von (am Y) ist in einen einzigen großen Hafen von 12 m Tiefe und mit verschiedenen Docks oder Bassins umgeschaffen, unter denen das Oosterdok und das Westerdok (mit Raum für fast 1000 größere Schiffe) [* 21] die bedeutendsten sind. Dieselben werden vom Y durch starke, 390-520 m lange, erst in neuerer Zeit vollendete Dämme getrennt, welche zugleich den am Meer gelegenen Stadtteil vor Überschwemmungen schützen, denen er sonst bei jeder Sturmflut ausgesetzt war.
Eine bedeutende Veränderung ist übrigens durch die Anlage des neuen Zentralbahnhofs hier hervorgerufen worden, der in der Mitte des südlichen Y-Ufers gelegen ist. Beim Ostende [* 22] des Oosterdoks befinden sich die alte berühmte Reichswerfte (am Reichsdock) und das Matrosenhaus (für unbeschäftigte Matrosen, 1856 erbaut), nahe dabei der Freihafen ('s Ryks Entrepot Dok) mit ungeheuern Magazinen (1828 erbaut, gegen 700 m lang, 14 m breit). Der Schwierigkeit, welche der Schiffahrt früher aus der immer zunehmenden Seichtigkeit des Pampus (der Meerenge, welche das Y oder den Amsterdamer Hafen mit der Zuidersee verband) erwuchs, wurde zunächst (1819-1825) durch Herstellung des großartigen Nordholländischen Kanals (s. d.) abgeholfen. Friert der Kanal [* 23] zu, so wird er aufgesägt, eine Operation, die je 30,000 Fl. kostet. Dieser Kanal ist seit 1876 durch einen kürzern ersetzt, welcher Amsterdam, westlich dem Y folgend, direkt mit der Nordsee verbindet und 1882 einen Verkehr von 4674 Schiffen mit 5,2 Mill. cbm hatte. Vom Y blieb lediglich die Kanallinie bestehen; die übrigen 5000 Hektar sind (wie seiner Zeit das Haarlemer Meer) ausgepumpt.
Die Amsterdamer Börse ist die erste Warenbörse
des Kontinents und vermöge des kolossalen Privatvermögens
eine der bedeutendsten Fondsbörsen
, hauptsächlich für den effektiven Umsatz in Staatspapieren, vornehmlich holländischen,
österreichischen und russischen. Sie übt besonders durch ihre früher halbjährigen, jetzt zweimonatlichen Auktionen von
Javakaffee einen für halb Europa
[* 24] maßgebenden Einfluß aus. Ein Teil der Kolonialwaren lagert in Rotterdam
und Middelburg, Dordrecht
[* 25] und Schiedam, die Hauptmasse aber in Amsterdam. Die Bedingungen für die zur Auktion kommenden Waren macht die
Maatschappij, die 1824 begründete holländisch-ostindische Handelsgesellschaft (de Nederlandsche Handelmaatschappij, mit 36 Mill.
Fl. Aktienkapital), durch den Druck bekannt und zwar für jeden Artikel in einem besondern Blatt,
[* 26] wobei nicht
nur das abzugebende Quantum genau bestimmt, sondern auch eine spezielle Beschreibung der Sorten mit ungefährer Taxation veröffentlicht
wird. Im J. 1882 wurden durch die Gesellschaft hier und in Rotterdam für 40,2 Mill. Fl. Waren verkauft (Kaffee 32, Zinn 5,6 Mill.
Fl.). Im J. 1882 trafen an Kaffee aus Ostindien
[* 27] 711,454 Ballen (à 95¼ kg) in Amsterdam ein; auf den Auktionen der
Handelmaatschappij zu Amsterdam wurden 491,000 Ballen verkauft.
Auch Zucker [* 28] und Reis, Muskaten, Macis und Nelken, ferner Zinn (aus Bangka, Billiton und neuerdings Australien) [* 29] erscheinen als bedeutende Artikel; im übrigen noch Petroleum, Leinöl, Bauholz, im größten Maßstab Getreide. [* 30] Von der Bedeutung einzelner dieser Branchen erhält man einen annähernden Begriff, wenn man erwägt, daß der Zuckerexport von Holländisch-Ostindien dem Markt von Amsterdam zugeht. Im J. 1882 betrug die Zufuhr an Zucker aus den Kolonien 27 Mill. kg, die Ausfuhr von Kolonialzucker 14¼ Mill. kg, an raffiniertem Zucker 63 Mill. kg. An Reis wurden 1882: 991,000 Ballen, an Baumwolle [* 31] 1881: 77,250 Ballen importiert;
an Getreide und Sämereien wurden 1882: 147,826 Last (à ca. 2 Ton.) verwogen. An Petroleum wurden nur 187,569 Barrels eingeführt.
Die Zahl der eingelaufenen Schiffe betrug 1882: 1702 mit ca. 1,700,000 T., die der ausgelaufenen 1595 mit 1,623,000 T. Die Handelsflotte von Amsterdam zählte 1883: 128 Schiffe von 125,534 T., darunter 46 Dampfer von 77,239 T. In das Binnenland gehen die Waren auf der Amstel und Vecht über Utrecht [* 32] zum Rhein und zur Waal oder über Gouda nach Rotterdam;
Eisenbahnen gehen in derselben Richtung und führen sonst nach Haarlem oder über Amersfoort nach Zütphen und Salzbergen.
Außer der Nederlandsche Handelmaatschappij gibt es in Amsterdam eine Westindische Handelsgesellschaft, verschiedene große Aktiengesellschaften für Assekuranz, industrielle oder merkantile Zwecke. Unter den zahlreichen Handelsinstituten steht die Niederländische [* 33] Bank, welche (1824 an Stelle der altberühmten Girobank neugegründet und bis 1884 privilegiert) mit einem Kapital von 15 Mill. Fl. als Diskonto-, Wechsel-, Leih-, Depositen- und Zettelbank arbeitet, obenan. Ferner haben ihren Sitz in Amsterdam die Niederländisch- ¶