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Blütezeit gehabt, wird schwerlich jemals ausgemacht werden; daß eine solche aber weit zurückliegt, ergibt sich aus zwei Umständen. Die Urwälder, welche sich innerhalb mancher Umwallungen und Einfriedigungen und auf vielen Mounds [* 2] erheben, weisen auf mindestens 1000 Jahre zurück. Ferner liegen die alten Denkmäler niemals auf den jüngsten Flußterrassen, sondern auf den ältern. Die Hügelbauer führten offenbar dieselben auf, ehe die Flüsse [* 3] im W. sich ihr gegenwärtiges Strombett gegraben hatten. Sie waren in dem weiten Gebiet von Wisconsin bis Florida heimisch, aber nicht etwa auf einer hohen Zivilisationsstufe angelangt, standen vielmehr hinter jener weit zurück, zu welcher die Mexikaner und Peruaner sich emporgearbeitet hatten, während sie die meisten heutigen Indianerstämme der Waldregion wie der Prärien übertrafen.
Eigentümliche Reste einer prähistorischen Bevölkerung [* 4] finden sich in den plateauförmigen Gebirgserhebungen von Colorado, Utah, Neumexiko und Arizona. Inmitten dieses jetzt von Wüsten und Steppen eingenommenen Gebiets fanden die Europäer an zahlreichen Stellen umfangreiche, aus Stein erbaute Stadtansiedelungen vor, zusammengesetzt aus mehrere Stockwerke hohen, geräumigen Häusern, die alle Anzeichen eines hohen Alters an sich trugen. Holmes unterscheidet unter diesen »Pueblos«:
1) die Lowlands oder eigentlichen Pueblos, in mathematisch regelmäßigen Formen aus zugehauenen Steinen oder aus Luftziegeln erbaut, vorwiegend in Flußniederungen in der Nähe des Wassers, doch auch auf schwer zugänglichen Höhen der Sandsteinplateaus und nach Cabeza bisweilen die Stadt Mexiko [* 5] an Größe übertreffend;
2) die Cave-Dwellings oder Höhlenbauten, in natürlichen Höhlungen der
Kreideformation
[* 6] an steil abstürzenden Thalgehängen
in der
Weise angelegt, daß der Zugang dieser
Höhlen durch Steinmauern verschlossen
wurde mit
Auflassung nur einer Öffnung,
die gleichzeitig als
Thür und
Fenster diente. Ähnliche Bauten sind endlich 3) die Cliff-houses oder Riffhäuser,
als befestigte
Plätze an besonders schwer zugänglichen Abstürzen in natürlichen, durch Menschenhand aber später erweiterten
Höhlungen angelegt.
Außer diesen Häusern und Höhlenwohnungen finden sich in jenen Gebieten nicht selten aufrechte Steinkreise nach Art unsrer Cromlechs sowie einzeln stehende, meist runde Türme, offenbar als Wachttürme am Eingang der Cañons und auf isolierten Felsspitzen errichtet. In den Pueblos fand man thönerne, nicht selten bemalte, ja in einigen Fällen sogar mit einer metallischen Glasur und mit erhabenen Verzierungen sowie mit Figuren von Menschen und Tieren (namentlich Vögeln, speziell der Eule) versehene Geschirre, polierte Steinwerkzeuge, Pfeilspitzen aus Feuersteinen, Quetschsteine zum Zerkleinern von Getreide, [* 7] ferner Schmuckgegenstände in Form von Perlen, Muscheln [* 8] aus dem Pazifischen Ozean, Amulette aus Stein etc.
Von metallenen Gegenständen haben sich ausschließlich einige Kupferringe vorgefunden. Als Hinterlassenschaften der alten Bewohner dieser Gegend dürfen die zahlreichen Felsmalereien und Skulpturen angesehen werden, welche in Form von Zeichnungen von Menschen und verschiedenen Tieren die Felswände oder isolierten Steinblöcke bedecken. Zahlreiche derartige Petroglyphen finden sich auch in Kalifornien, Oregon und östlich vom Mississippi, aber auch in Süd- und Mittelamerika, wo dieselben in Guayana, am Orinoko, in Venezuela, [* 9] am Rio Negro, [* 10] in Brasilien, [* 11] in Chile, [* 12] Peru, Kolumbien sowie auf dem Isthmus von Darien und in Nicaragua [* 13] nachgewiesen sind.
Vgl. Andree, Ethnographische Parallelen und Vergleiche (Stuttg. 1878).
Eine ungleich höhere Entwickelung führen uns die Altertümer der vier großen Kulturkreise vom Hochland von Mexiko hinab bis zum Titicacasee, des toltekisch-mexikanischen, des yucatekischen, des inkaperuanischen und desjenigen der Tschibtscha Cundinamarcas, vor. Zu den wichtigsten Denkmälern dieser Art gehören die beiden Pyramiden bei San Juan de Teotihuacan, im Thal [* 14] von Mexiko, und das Monument von Cholula, eins der ältesten Denkmäler des Landes. Andre Pyramiden merkwürdiger Struktur finden sich zu San Christobal Teohantepec, zu Santa Cruz del Quiche, bei Xochicalco, in Guatasco, bei Cuernavaca und anderwärts.
Ruinen ganzer Städteanlagen (casas piedras) finden sich zu Tusapan, bei Papantla in Veracruz, bei Mapilca in derselben Gegend, zu Tehuantepec, in der Provinz Oajaca, in dem vielfach beschriebenen Palenque und zu Ocosingo in der Provinz Chiapa, zu Copan in Honduras, [* 15] zu La Quemada bei Villa Nueva im S. von Zacatecas, ferner in der Provinz Vera Paz, am Rio Gala. Großartig sind die Monumente zu Uxmal (dem alten Itzalane), zu Jabah, Zayi (Salli), Chichen, Itza, Tuloom u. v. amerikanische O. in Yucatan sowie zu Mitla in Oajaca, welche, obgleich höchst wahrscheinlich älter als die aztekische Herrschaft, doch die amerikanische Kunst in ihrer höchsten Entwickelung zeigen.
Vgl. Kingsborough, Antiquities of Mexico (Lond. 1829, 4 Bde.).
Grundform für die gesamte Architektur Mexikos und des mittlern Amerika [* 16] ist die Pyramide, und zwar tritt dieselbe am kenntlichsten in den religiösen Monumenten, weniger sichtbar in Tempelbauten und Palästen hervor. Die Teokallis (Gotteshäuser), gewissermaßen zu riesiger Größe emporgebaute Altäre, sind stets vierseitige, genau nach den Weltgegenden orientierte, oben abgestumpfte Pyramiden, auf welchen sich häufig noch andre Baulichkeiten erhoben (s. Tafel »Baukunst [* 17] I«, [* 1] Figur 1-3). Sie steigen entweder in einfachen, schiefen Flächen empor, oder erheben sich in mehreren (höchstens acht) großen Absätzen, die entweder besondere Terrassen bilden, oder bloß durch herumlaufende, gewöhnlich verzierte und kassettierte Gurtungen angedeutet werden.
Zur Scheitelfläche führen an einer oder mehreren Seiten breite und steile Treppen; [* 18] bisweilen laufen Treppen oder Aufgänge auch zickzackförmig von einem Absatz zu dem andern. Rings um die Teokallis befanden sich die Wohnungen der Priester und andre für den Götterkultus nötige Räume. Als Schmuck der Wandflächen ist nur geradliniges, wenn auch zum Teil reich und mannigfaltig zusammengesetztes Kassettenwerk, Mäanderzüge, Zickzacks u. dgl., angewendet. In ihrer Hauptform bilden die zu ebener Erde oder auf einfachen Terrassen oder auf den Scheiteln der Teokallis errichteten Gebäude einfache, viereckige Massen mit geradlinig überdeckten Portalen und viereckigen Pfeilerstellungen, über denen sich oft ein friesartiger, reich ornamentierter Aufsatz erhebt.
Die Bedachung ist entweder horizontal oder durch stufenförmig übereinander geschichtete Steinplatten gebildet, daher sie
einen bedeutenden Innenbau vermissen lassen. Die skulpturelle Ausschmückung der Bauten
Mexikos und
Mittelamerikas besteht
in
Reliefs und frei stehenden
Statuen. Eine Anzahl kolos
saler Götzenbilder wurde 1850 von
Squier auf den
Inseln des
Nicaragua-
und Managuasees entdeckt. In neuerer Zeit sind namentlich die
Entdeckungen großartiger Ruinenstädte in
Honduras und
Yucatan
epochemachend gewesen. In
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Honduras enthält Temampua an 300 Gebäude und Pyramiden; Copan erinnert durch seine Monumente an Ägypten, [* 20] seine Bauten sind die ältesten des Landes und waren schon bei Ankunft der Spanier mit einem Sagenkreis umwoben. Riesige Götzenbilder stehen auf hohen Bergen. [* 21] Yucatans Ruinenstädte, Uxmal, Zayi, Labna, Kabah u. a., von denen man bereits 50 kennt, überraschen durch ihre Ausdehnung [* 22] und die Pracht ihrer Paläste, zu deren aufeinander getürmten Terrassen riesige Treppen führen.
Alle diese alten Bauten zeichnen sich im strengen Gegensatz zu den überladenen neuern Denkmälern vorteilhaft aus durch ihre
strenge Einfachheit und ihren Ernst. Ein schönes Beispiel ist der berühmte pyramidale Tempel
[* 23] von Palenque
in Guatemala.
[* 24] Die von H. Berendt aus Danzig
[* 25] 1877 entdeckten Überreste eines Tempels in Santa Lucia de Cotzamalquapan wurden zum
Teil 1881 nach Berlin
[* 26] gebracht; es sind acht das Menschenopfer darstellende Tuffsteine. Steinerne Götzenbilder kommen in den
Ruinen zahlreicher Bauten vor, sowohl kleine Amulette als kolossale
Steinfiguren, wie die Schlangen
[* 27] zu Chichen
Itza mit Köpfen von mehr als 3 m Länge.
Meist sind indessen diese größern Statuen nicht vollständig aus dem Gestein ausgearbeitet, sondern nur in Hautrelief ausgeführt. Die aus einfach kolorierten Umrißlinien bestehenden hieroglyphischen Malereien der Mexikaner sind in demselben Stil gehalten wie ihre Skulptur. Gerätschaften und Waffen [* 28] verschiedenster Art haben sich vorgefunden. Vor allem diente der Obsidian zur Herstellung von Messern, Pfeil- und Lanzenspitzen etc.; auch Serpentin, Marmor, Granit, Sandstein, Nephrit, Gold, [* 29] Silber, Kupfer [* 30] und Bronze [* 31] wurden verarbeitet.
Als Zahlungsmittel dienten Goldstaub in Federkielen, Silber-, Zinn- und Kupferbarren, daneben Kakaobohnen. Außerdem wurde das Gold zu Perlen, Ringen, Halsketten und kleinen Götzenbildern vielfach angewandt. Namentlich in der Nähe des Golfs von Chiriqui hatte die Goldschmiedekunst [* 32] ihre höchste Vollendung erreicht, wie die zahlreichen Funde in den Grabstätten der Nachbarschaft bezeugen. Gefäße und Geschirr wurden aus schwarzem oder rotem Thon hergestellt. Dieselben besitzen nicht selten absichtlich unproportionierte Formen und stellen vielfach tierische und menschliche Figuren dar.
In Südamerika [* 33] treffen wir einen weitern Kulturkreis zunächst bei den Tschibtscha- oder Muiscavölkern auf dem Hochland und in den Thälern von Kolumbien. Reste alter massiver Bauwerke, wahrscheinlich Ruinen alter Tempel, sind auf der Hochebene von Tunja gefunden worden. Doch sind architektonische Reste verhältnismäßig selten, da die Häuser vorwiegend aus Holz [* 34] errichtet wurden. Steinbilder von 1-2,5 m Höhe sind in grotesken Formen aus einem harten Sandstein ausgehauen. Aus dem in den meisten dortigen Flußläufen gefundenen Gold wurden Bildnisse von Menschen, Tieren u. a. in ansprechender Form hergestellt. Hautreliefs mit hieroglyphenartigen Inschriften, so der von Humboldt beschriebene Kalenderstein, scheinen darauf hinzuweisen, daß die Tschibtscha Schriftzeichen besaßen.
Die Savannen von Varinas durchzog eine 38 km lange, aus hohen Dämmen bestehende Straße, an der sich viele Begräbnisstätten befinden; im Gebiet des Orinoko müssen vor den jetzigen sehr rohen Bewohnern Stamme höherer Kultur gewohnt haben, denn wir sehen an den Felswänden riesenhafte Darstellungen von Tieren, planetarische Figuren u. a. Auch auf den Hochebenen Perus und Bolivias deuten die gigantischen Monumente zu Tiahuanaco am Titicacasee auf eine ausgestorbene Urbevölkerung.
Man findet aus mächtigen Steinblöcken errichtete Bauwerke, die, früher von den höher stehenden Gewässern des Sees bespült, jetzt nach Sinken des letztern landeinwärts gerückt sind, Cyklopenmauern, aus mächtigen Steinen ohne Anwendung von Mörtel so geschickt erbaut, daß kaum die Schneide des Messers in die Fugen einzudringen vermag, große Thore aus Monolithen, aber sämtlich schon zerfallen, als die Inka [* 35] ins Land. kamen. Die Skulpturen aus dieser ältesten Zeit zeigen zwar nur die Umrisse der menschlichen Form, sind aber sorgfältig nach konventionellen Gesetzen behandelt.
Aus der Zeit der Inka stammen die Ruinen eines Inkatempels auf der Insel Titicaca im gleichnamigen See; die Reste des berühmtesten aller Tempel, des Pachacamac, 17 km von Lima; [* 36] die an verschiedenen Orten vorkommenden Gräber und Paläste der Inka. Alle diese Bauten, meist einfache Vierecke von großen behauenen Steinen, mit riesigen Steinplatten gedeckt, charakterisieren sich durch die pyramidale Gestalt der Thür- und Fensteröffnungen, die nicht selten mit großen und schönen Umfassungen geziert sind. In Cuzco, der Residenz der Inka, stand der berühmte Sonnentempel mit seinen Goldreichtümern.
Hier finden sich gleichfalls noch die Ruinen der großen Festung [* 37] von Cuzco, welche, von dreifacher Ringmauer umgeben, die mit Gold- und Silberschmuck ausgestattete Behausung der Inka umschloß. Von Cuzco aus verliefen die in ihren Resten noch erhaltenen Heerstraßen des Inkareichs; vor allen war die nördliche, nach Quito führende, mit Festungen und Herbergen versehene ein Meisterwerk der Baukunst. Diese Straßen verbanden Cuzco mit 300 im Land erbauten Tempeln. - Bei den Skulpturen aus der Zeit der Inka fehlt die künstlerische Ausführung der Altertümer von Mexiko.
Dagegen überragten die Inkaperuaner die nördlichern Völker weitaus in der Bearbeitung der Metalle, vor allem in derjenigen des Goldes. Künstlerisch hergestellte Vasen, [* 38] Figuren der verschiedensten Art, Schmuckgegenstände aus diesem Metall haben sich in den Grab- und Ruinenstädten der Inka vorgefunden, nicht minder keramische Arbeiten, welche sich durch Mannigfaltigkeit und Schönheit der Formen auszeichnen: Tiere, Menschen in den verschiedensten Stellungen, Schiffe [* 39] u. a., namentlich auch bemalte Vasen.
Besonderes Interesse hat noch das Gräberfeld von Ancon, unfern Lima, mit seinen Tausenden von Grabstätten durch die Untersuchungen von Reiß und Stübel (»Das Totenfeld von Ancon«, Berl. 1881 ff.) in Anspruch genommen. Dasselbe ist in einem Areal von etwa 1 qkm in unregelmäßigem Viereck [* 40] von einer jetzt meist von Sand verschütteten Mauer umfriedigt, doch hat es sich später weit über jene Mauer hinaus ausgedehnt. Die einzelnen Gräber sind weder durch Hügel noch sonstige Denkmäler gekennzeichnet, stellen vielmehr einfache, schachtartige Vertiefungen von 2-6 m dar, in welchen der Leichnam, umhüllt von Tüchern, in kauernder Stellung als »Mumienballen« beigesetzt wurde.
Nur bei den Leichen vornehmer Familien sind diese Ballen mit kostbaren Decken und Tüchern umkleidet, welche durch ihr gobelinartiges Gewebe [* 41] und durch die Farbenpracht ihrer mannigfaltigen Muster einzig in ihrer Art dastehen. Die Beigaben bestehen aus allerlei Hausrat: zierlichen, bunt bemalten Spindeln sowie allen zum Spinnen, [* 42] Weben [* 43] und Nähen gehörigen Geräten, welche neben noch unvollendeten Gespinsten fast in allen Gräbern vorkommen. Daneben zeigen sich Waffen, ¶