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in der Kalifornischen Wüste nähren sich monatelang von Heuschrecken [* 2] und andern Insekten, [* 3] welche sie trocknen und, mit Sämereien vermischt, zu Kuchen verbacken. In Südamerika [* 4] ist auf den Pampas das europäische Rind [* 5] zum Teil verwildert; dort wandelten sich Indianerstämme und spanische Hirten (Gauchos) allmählich in Nomaden um. Mit wunderbarer Leichtigkeit haben die Indianer sich den Gebrauch der Rosse für Kriegs- und Raubzüge angeeignet; manche Stämme sind wahre Reitervölker geworden, so in Südamerika im Gran Chaco [* 6] und in Paraguay, [* 7] in Patagonien und Brasilien, [* 8] ebenso in Nordamerika [* 9] zwischen dem Mississippi und den Rocky Mountains, wo sich besonders die Apatschen und Komantschen durch ihre Keckheit und Gewandtheit zu Roß auszeichnen.
Diesen wilden Stämmen standen, wie schon erwähnt, auch indianische Kulturvölker und blühende Staaten gegenüber, wie die der Hochlande Mittelamerikas, die der Hochebenen von Bogotá und von Peru, [* 10] Staaten mit einer zahlreichen ackerbautreibenden Bevölkerung, [* 11] mit scharf ausgeprägten Regierungsformen und ausgebildeten religiösen Systemen, mit Rechtsbestimmungen, die von einem vielfach verschlungenen bürgerlichen Verkehr zeugten, mit Teilung der Arbeit und einem Gewerbfleiß, welche die Eroberer in Erstaunen versetzten.
Die Bewohner dieser Staaten kannten manchen Luxus, trugen fein gewebte und dauerhaft gefärbte Kleider aus einheimischer Baumwolle, [* 12] hatten allgemein anerkannte Tauschmittel, verstanden sich auf die Bearbeitung der Metalle (das Eisen [* 13] ausgenommen), hatten große, mit prachtvollen Tempeln und Palästen gezierte Städte, kannten eine sinnreiche Bilderschrift und waren mit den Erscheinungen des gestirnten Himmels keineswegs unbekannt. Diese Zivilisation Amerikas ist durch die europäischen Eroberer zu Grunde gerichtet, die Indianer wurden durch sie in ihrem innersten Leben gebrochen.
Von den alten Kulturstaaten sind längst nur noch steinerne Trümmer übrig; die Paläste im Reich der Inka [* 14] sind in Schutt und Staub zerfallen, die Kaiserburgen der Azteken dem Boden gleich gemacht, die Teokallis (Tempel) [* 15] haben christlichen Kirchen weichen müssen. Ebenso wie in Mexiko [* 16] und Peru die Reiche der Azteken und der Inka, ist das merkwürdige Reich der Muysca auf dem Hochland von Bogotá zu Grunde gegangen, und kaum eine Sage deutet an, von wem einst die großen Prachtstädte in Chiapas und Yucatan erbaut wurden (vgl. Amerikanische Altertümer).
Die Nachkommen jener mehr oder weniger zivilisierten Völker Amerikas bewohnen vornehmlich die westlichen, den Südseeküsten benachbarten Teile der Neuen Welt, nämlich die Tafelländer und Gebirgslandschaften Mittel- und Südamerikas und die dazu gehörigen Küstenländer. Die Eroberung des Bodens änderte in den sozialen Zuständen dieser Völker verhältnismäßig wenig, indem der Wechsel ihrer Beherrscher und selbst die Einführung des Christentums keinen wesentlich umgestaltenden Einfluß auf ihre Sprache, [* 17] Sitten, Lebensweise und bürgerlichen Zustände ausübten.
Auch ist ihnen die Berührung mit den Europäern bei weitem nicht so nachteilig gewesen wie den unzivilisierten Stämmen Nordamerikas. Sie sind durch spanische Härte und Grausamkeit nicht in dem Maß dezimiert worden, wie man gewöhnlich annimmt; vielmehr hat sich nach dem Ende der Eroberungskriege und seit Einführung der Negersklaverei, durch welche die Indianer zum Teil der zwangsweise auferlegten Grubenarbeiten enthoben wurden, die Zahl der Eingebornen von ungemischtem Blut in gleichem Grad vermehrt wie die der übrigen Einwohnerklassen, und es ist daher in Mexiko, Zentralamerika, [* 18] Ecuador, Peru und Bolivia auf dem flachen Lande die indianische Bevölkerung über die meist auf die wenigen großen Städte beschränkte kreolische bei weitem überwiegend.
In den übrigen Ländern der Neuen Welt, in ganz Nordamerika, außer Mexiko, und in den Europa [* 19] zugekehrten Ländern Südamerikas, fanden die Europäer jene sogen. Wilden vor, Nomaden und Jägervölker ohne staatliche Einrichtungen. In Nordamerika, wo diese Indianerstämme fast nur von dem Ertrag der Jagd lebten und daher zu ihrem Unterhalt weiterer Strecken Landes bedurften, brach sich die Herrschaft der Europäer zwar weit langsamer Bahn als unter der halbzivilisierten Bevölkerung; allein nach und nach machten sich jene durch Kauf, List und Gewalt zu ausschließlichen Eigentümern der schönsten Teile des nordamerikanischen Kontinents, während die eingeborne Rasse ihrer ergiebigsten Jagdreviere beraubt und immer weiter in die westlichern unwirtlichern Regionen zurückgedrängt ward. (Näheres über die Indianer Nordamerikas s. Indianer.) In Südamerika ist die Eroberung des Landes durch die Weißen den unzivilisierten Urbewohnern viel weniger nachteilig gewesen.
Der Grund davon liegt teils darin, daß im tropischen [* 20] der Indianer keineswegs ausschließlich von der Jagd lebt, sondern Maniok und Pisang baut und daher nur eines kleinen Stücks Land zu seiner Ernährung bedarf, teils darin, daß hier verschiedene religiöse Gesellschaften, namentlich die Jesuiten, die Zivilisation der Eingebornen in die Hand [* 21] nahmen und durch ihre Missionsthätigkeit dieselben nicht nur vor gänzlicher Unterdrückung schützten, sondern ihnen auch noch mehr Neigung zu ansässigem Leben und friedlicher Beschäftigung mit Ackerbau, später auch mit Industrie, beizubringen wußten.
Ein Teil dieser Indianer hat sich Sitten und Sprache der Weißen angeeignet, doch den Rassecharakter bewahrt (Indios reducidos). Infolge der Vertreibung der Jesuiten und der spätern christlichen Missionäre nach Verwandlung der ehemaligen spanischen Besitzungen in Republiken sanken jedoch zahlreiche halbzivilisierte Völkerstämme Südamerikas wieder völlig in den Zustand der Verwilderung zurück und leben jetzt zerstreut in den Wäldern (Indios bravos). Die Zahl der gesamten Urbevölkerung Amerikas zur Zeit der spanischen Eroberung schätzt man auf 100 Mill.; jetzt dürften davon wenig mehr als 10 Mill. übrig sein.
Was die indianischen oder amerikanischen Sprachen betrifft, deren man über 400 zählt, so weichen sie, wenn sich auch in dem häufig kunstvollen Bau derselben eine gewisse Verwandtschaft zeigt, doch in den Wurzeln außerordentlich voneinander ab und bieten auch mit den übrigen Sprachen der Erde nur sehr wenige Ähnlichkeiten dar. Ihrer vielfachen Zusammensetzungen wegen, in welchen übrigens die größte Regelmäßigkeit und Methode herrscht, bezeichnet man sie nicht unpassend als polysynthetische Sprachen. Es geht diese Synthesis so weit, daß oft einzelne Wörter einen ganzen Satz umfassen, und entsprechend erhalten die Biegungsformen in den Konjugationen und Deklinationen so viel Körper und Accent, daß durch sie sowohl negative, reflexive, kausative und andre Verba als auch Pronominalobjekte ausgedrückt werden. Bei dieser Wortanhäufung wird eine einfache Wortwurzel von dem, was vor und hinter ihr steht, oft völlig begraben, die Wörter verschmelzen nicht ineinander: das zusammengesetzte Wort gleicht einem Mosaik, die Verbindung ist lediglich mechanisch. ¶
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Das Zeitwort ist der herrschende Redeteil, es nimmt Hauptwort, Fürwort und Beiwort in sich auf. Eigentliche Deklinationen sind in manchen Mundarten nicht vorhanden, dagegen aber die Verba stets regelmäßig, genau und vollständig ausgebildet. Die bei weitem größte Anzahl der Wurzelwörter ist, wenn man sie ihrer Zuthaten entledigt, nur ein- oder zweisilbig. Jede eingeschobene Zuthat wird, nach indianischem Ohr, [* 23] dem Wohlklang angepaßt; man beseitigt davon, was diesen beeinträchtigt. Wo zwei Selbstlauter oder Mitlauter zusammenkommen, wird der eine weggeworfen.
Bei dieser Verkürzung der Silben und dem Einschieben neuer Wurzeln bleibt bei dem Kompositum oft nur ein einziger Buchstabe von dem eingeschobenen Wort, aber dieser eine Buchstabe ist ein ideographisches Zeichen und behält seine volle Bedeutung bei. Naturgemäß sind die Sprachen und Völkerschaften weit weniger zahlreich in den offenen Savannen des Mississippi, wo die Jäger ungehindert umherschweifen konnten, als in den undurchdringlichen Wäldern des Amazonenstroms und Orinoko, in welchen die Horden sich gleichsam verloren und, obgleich räumlich einander nahe, sich dennoch fremd blieben.
Die gebildetsten der amerikanischen Sprachen sind die der Azteken oder Mexikaner, die der Peruaner oder die Quichuasprache und die der Araukaner in Chile. Die aztekische und die Quichuasprache haben sich durch die Eroberungen der mexikanischen Fürsten und der Inkas weit verbreitet, jene über die ganze Hochebene von Anahuac und bis nach Guatemala, [* 24] diese die Andes entlang. Das Araukanische wird in Chile und den patagonischen Andes gesprochen. Die größte Verschiedenheit der Sprachen herrscht in den Gebirgen von Guayana. Weiteres über die amerikanischen Sprachen s. Sprache und Sprachwissenschaft. Im übrigen bedient sich eine nicht geringe Zahl Eingeborner jetzt europäischer Sprachen.
Von den Einwanderern sind zunächst die Neger zu erwähnen. Die Zahl derselben beziffert sich in Amerika auf etwa 10-12 Millionen, wovon 1880 allein 6½ Millionen auf die Vereinigten Staaten [* 25] entfielen. Sie sind durch den afrikanischen Sklavenhandel (seit 1510, lebhafter seit 1517 auf den Rat von Las Casas) zur Plantagenwirtschaft in den tropischen und subtropischen Gegenden eingeführt worden und haben hier der Hauptmasse nach bis in die neueste Zeit noch als Sklaven gelebt.
Nur ein kleiner Teil von ihnen nährte sich als Freigelassene (Emanzipierte) von Land- und Bergbau [* 26] oder von Gewerben. Auf Haïti [* 27] haben sie sich einen eignen Staat gebildet, der später in zwei zerfallen ist. Ein großer Teil der Neger wie auch fast alle Mischlinge sind getauft. Übrigens hat sich diese Rasse in den Vereinigten Staaten von 1789 bis 1860 (also während der Sklaverei) alle zehn Jahre um 28 Proz. (in dem Jahrzehnt von 1870 bis 1880 sogar um 35 Proz.) vermehrt und auf Haïti (also in der Freiheit) von 1793 bis 1868 sogar um etwas mehr, während die Urbevölkerung unter allen Verhältnissen an Zahl stets abgenommen hat. Seit dem Verbot des afrikanischen Sklavenhandels und der Aufhebung der Sklaverei in allen Staaten Amerikas scheint der schwarzen Rasse die Aufgabe vorbehalten zu sein, die Ackerbau treibende und Rohstoff erzeugende freie Bevölkerung des tropischen Amerika zu bilden.
Die mittelländische, weiße Rasse hat in Amerika nur die romanische und germanische Völkerfamilie zu Vertretern und zwar die erstere vorzugsweise in Zentral- und Südamerika, die letztere vorwiegend in Nordamerika (mit ca. 48 Mill.). Unter den Germanen sind die Angelsachsen überwiegend vertreten, nämlich mit mehr als ⅔ hinsichtlich der Abstammung und mit über ¾ hinsichtlich der Sprache. Die deutsch redende Bevölkerung schlägt man zu 7-8 Mill. an, sie ist infolge der massenhaften deutschen Einwanderung in stetem Steigen begriffen, obschon immer ein nicht unbedeutender Teil derselben (man rechnet ⅓) von der englisch redenden Bevölkerung absorbiert wird. Von den andern Staaten haben besonders Südbrasilien, die Argentinische Republik, [* 28] Chile wie auch Kanada deutsche Niederlassungen. Ungünstigere Aussichten hat die romanische Bevölkerung Amerikas, welche sich wohl überall vermehrt, aber nirgends die durchschnittliche europäische Bevölkerungszunahme (1¼ Proz. jährlich) zeigt, sondern weit weniger.
Über die Zusammensetzung der Bevölkerung nach den einzelnen Rassen (in Millionen) gibt folgende Tabelle Auskunft:
Ländergruppen | Weiße | Amerikaner | Mischlinge beider | Neger, Mulatten etc. |
---|---|---|---|---|
1) Britisch-Nordamerika u. Vereinigte Staaten | 47¾ | ½ | ? | 6 ⅔ |
2) Mexiko und Zentralamerika | 1¾ | 6 | 4¼ | 1/10 |
3) Westindien, Venezuela, Guayana, Brasilien | 3 | 1 1/5 | 1 | 12½ |
4) Westküste Südamerikas u. La Plata-Staaten | 4¾ | 2 1/3 | 7¼ | ½ |
Zusammen rund: | 57 | 10 | 12½ | 20 |
Was die Religion betrifft, so ist jetzt (mit Ausnahme etwa des größtenteils noch von heidnischen Eskimo bewohnten Grönland etc.) in allen Ländern Amerikas das Christentum eingeführt. In ganz Nordamerika sowie in allen englischen und holländischen Kolonien ist der Protestantismus vorherrschend, während in Mexiko, in den französischen und spanischen Besitzungen die katholische Kirche vorwiegt, ja bis vor nicht langer Zeit die allein herrschende und allein erlaubte Religionsform war.
Durch Einführung der religiösen Toleranz und durch Einwanderung hat sich gegenwärtig auch in diesen Ländern ein nicht unbedeutendes nichtkatholisches Bevölkerungselement gebildet. Die jüdische Bevölkerung beschränkt sich fast allein auf die Vereinigten Staaten und die europäischen Kolonien; sie erreicht in ganz Amerika kaum 1 Mill. Die Indianer leben noch zum großen Teil in ihren ursprünglichen religiösen Anschauungen. (Vgl. die statistische Übersicht und Karte bei Art. [* 29] »Bevölkerung«.)
Staatliche Einteilung.
Die selbständigen Staaten Amerikas sind bis auf eine einzige Monarchie (Brasilien) sämtlich Republiken. Was die Kolonien europäischer Staaten in Amerika betrifft, so hat Großbritannien [* 30] den in jeder Hinsicht bedeutendsten Besitz daselbst. Ihm gehören im N. Ober- und Unterkanada, Neubraunschweig, Neuschottland, die Prinz Edward-Inseln, Neufundland, das Hudsonsbaigebiet, Britisch-Columbia und die Vancouverinsel, ferner die Bermudas, die Bahamainseln;
von den Kleinen Antillen: Trinidad, Tobago, Grenada, St. Vincent, Barbados, Santa Lucia, Dominica, Antigua, Barbuda, Anguilla, St. Christoph (St. Kitts), Nevis und Montserrat;
von den Jungferninseln: Virgingorda (Spanishtown), Tortola und Anegada;
die große Antilleninsel Jamaica, die Caymansinseln, die Turks- und Caicosinseln;
Honduras [* 31] oder Belize auf der Halbinsel Yucatan;
ein Teil von Guayana (Demerara und Berbice) und die Falklandinseln.
England zunächt ^[richtig: zunächst] steht Spanien, [* 32] das noch die Inseln Cuba und Puerto Rico besitzt, und ¶