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Umstand, daß die gegenwärtige Meeresfauna und die Küstenflora bei den Landengen und Gebirgssenken an beiden Ozeanen der Hauptsache nach durch dieselben Arten repräsentiert werden, die Vermutung zu rechtfertigen, daß jene Lücken im Gebirge einst Meerengen waren, welche das zentralamerikanische Festland in mehrere langgestreckte Inseln teilten und sowohl von Südamerika [* 2] als von Mexiko [* 3] trennten. Durch spätere vulkanische Durchbrüche trachyt-doleritischer und basaltischer Gesteine [* 4] mögen dann die ehemaligen Meerengen ausgefüllt worden sein, nachdem die verschiedenen Kordilleren mit ihren granitischen Gesteinen und kristallinischen Schiefern als fertiger Gebirgsbau schon geraume Zeit existiert hatten.
Statt eines einzigen Hauptgebirges sind daher mehrere Gebirgssysteme anzunehmen, die durch Depressionen und Gebirgslücken getrennt sind, wo statt eines Kettengebirges nur Hügelgruppen auftreten. Immerhin aber ist im Auge [* 5] zu behalten, daß der Zusammenhang indem großen Rahmen des Kordillerensystems nicht aufgehoben wird durch Unterbrechungen der Kontinuität, wie sie an den Isthmen von Panama [* 6] und Tehuantepec und am untern Colorado und Rio Grande [* 7] eintreten.
Durch seine Kordilleren hat Amerika [* 8] fast überall dieselbe regelmäßige Gestaltung: im W. einen schmalen Küstensaum, dicht daran die steil aufsteigende mächtige Gebirgskette mit den höchsten Erhebungen des Festlands, gegen O. unabsehbare Ebenen;
durch sie bildet sich überall der überschwengliche Wasserreichtum des Kontinents, sie regeln den Gang [* 9] der Luftströmungen, sind somit die Hauptwasser- und Wetterscheide des Erdteils;
an ihren Gehängen sind die verschiedenen Klimagürtel, die verschiedenen floristischen und faunistischen Zonen übereinander gereiht, auf ihren Plateauhöhen erhalten sich noch die Hauptreste der alten Indianerwelt. (Näheres s. unter Kordilleren.)
Unter den isolierten Gebirgsgruppen Südamerikas ist die Sierra Nevada de Santa Marta (s. d.) an Umfang zwar die kleinste, doch trägt sie die höchsten Gipfel des Kontinents außerhalb des Kordillerensystems und erhebt sich steil und schroff aus den Niederungen des Mündungsgebiets des Magdalenenstroms bis in die Schneeregion. Die Küstenketten von Venezuela [* 10] hängen mit der Sierra de las Rosas, dem Endglied der östlichen Kette der Andes von Kolumbien, durch 650-800 m hohe Plateaus zusammen und erfüllen das ganze Litorale zwischen dem See von Maracaybo und dem Golf von Paria (s. Venezuela).
Das dritte isolierte Gebirgssystem Südamerikas ist das von Guayana oder die Sierra Parime (s. d.), eine Erhebung von vorwiegend plateauförmigem Charakter, welche sich gleichsam als eine große Gebirgsinsel zwischen dem Meer, dem Orinoko und dem Amazonenstrom [* 11] ausbreitet. Über einen noch größern Raum breitet sich das vierte isolierte System aus, das Gebirgsland von Brasilien, [* 12] indem es fast ein Sechstel der Oberfläche des Kontinents einnimmt und das große Dreieck [* 13] zwischen dem Rio de la Plata, dem Amazonenstrom und dem Atlantischen Ozean fast ganz ausfüllt (s. Brasilien).
Der horizontalen Ausdehnung [* 14] nach nimmt der gebirgige Teil von Südamerika ungefähr 5,616,000 qkm (102,000 QM.) ein, wovon etwa 1,845,000 auf das System der Andes, 6000 auf die Sierra Nevada de Santa Marta, 55,000 auf die Küstenkette von Venezuela, 936,000 auf die Sierra Parime und 2,774,000 auf das Gebirgssystem von Brasilien kommen. Der ganze übrige Teil Südamerikas besteht fast ausschließlich aus weiten, zusammenhängenden Ebenen. In Nordamerika [* 15] gibt es hauptsächlich nur ein System von Gebirgen im O. des Kontinents, welches von der westlichen Kette durch unermeßliche, von dem Mexikanischen Golf bis an das Polarmeer sich ausdehnende Ebenen getrennt ist und mit dem Namen der Appalachen oder Alleghanies (s. d.) bezeichnet wird. Es erstreckt sich, größtenteils den Charakter eines typischen Kettengebirges an sich tragend, in mehreren Parallelketten bei einer mittlern Breite [* 16] von 220-260 km in einer Länge von etwa 1700 km, hat aber nur eine mittlere Kammhöhe von 880 m, während die bedeutendsten Gipfel nur wenig über 2000 m ansteigen.
Die Alleghanies fallen gegen W. und O. sanft und mit breiten Vorstufen ab und werden von zahlreichen Querthälern (z. B. dem des Hudson) durchsetzt. Die nördlichste Fortsetzung derselben (nördlich vom Hudson) sind die Neuenglandgebirge, ein Hochland, welches gegen S. zum Meer, gegen N. zum St. Lorenzstrom und gegen O. zum St. Johnsfluß abfällt und von Bergen [* 17] und Bergzügen überragt wird. Dazu gehören die Green Mountains in Vermont und die White Mountains in New Hampshire. Außerdem liegt noch ein wenig bekanntes und rauhes Bergland in der Halbinsel Labrador, dessen felsige Gipfel jedoch keine bedeutende Höhe zu erreichen scheinen.
Als ein isoliertes Gebirgssystem östlich von den Andes ist endlich noch dasjenige anzusehen, welches sich in der Gruppe der Großen Antillen zwischen Nord- und Südamerika erhebt, in seinen niedrigsten Teilen aber vom Meer bedeckt ist. In ihrem östlichen Teil, auf Puerto Rico, sowie im östlichen Teil von Haïti [* 18] erhebt sich die Bergkette nur zu einer mittlern Höhe von 500 m, in ihrem höchsten Teil aber, der Sierra de Lagunillo auf Puerto Rico, bis zu 1120 m, in dem Bergknoten von Cibao (Pik von Yaque) auf Haïti, bis zu 2955 m, während im westlichen Teil in dem nördlichen Zug die Sierra del Cobre auf Cuba bis 2340 m, in dem südlichen in Jamaica in der Kette der Blue Mountains (von 1520-1980 m Durchschnittshöhe) der Coldridge bis zu 2495 m aufsteigt. Die horizontale Ausdehnung des ganzen gebirgigen Teils von Nordamerika kann auf etwa 8,810,000 qkm (160,000 QM.) angeschlagen werden, wovon etwa 8,259,000 qkm auf das System der nordamerikanischen Kordilleren und 551,000 auf das appalachische System kommen würden. Außerdem sind von dem Flächeninhalt des ganzen Nordamerika für die Hochländer von Labrador und für das arktische Hochland noch etwa 1,377,000 qkm (25,000 QM.) zu rechnen.
Bewässerung.
Östlich von der großen Meridionalgebirgskette breitet sich in derselben Richtung durch den ganzen Kontinent ein System von ausgedehnten Ebenen oder flachen Becken aus, welche alle untereinander zusammenhängen und zwischen den kleinern östlichen Gebirgssystemen an mehreren Stellen bis an den Atlantischen Ozean reichen. In diesen weiten Ebenen gelangt das außerordentlich reiche Netz der Ströme und Seen zu der vollen Entwickelung, die den amerikanischen Kontinent in so vorteilhafter Weise vor andern Erdteilen auszeichnet. »Durch diese reiche Bewässerung wird die in jedem Erdteilinnern vorwaltende Neigung zur Wüstenbildung zurückgedrängt, der Waldwuchs und der Ackerbau begünstigt, die junge Kultur gefördert und der Verkehr erleichtert. Was würde Britisch-Amerika ohne seine Ströme sein! Sie allein ermöglichen den Verkehr in den weiten Regionen des Hudsonsbaigebiets und damit das Vordringen einer auf Jagd und Fischfang ¶
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gegründeten Halbkultur bis in die Länder jenseit des Polarkreises.« Die Wasserscheide zwischen den einzelnen von N. nach S. aufeinander folgenden Becken wird durch Erhebungen des Bodens gebildet, zuweilen so unbedeutenden, daß zur Regenzeit die Gewässer des einen Beckens in die des andern überfließen, ja selbst, wie zwischen dem Becken des Amazonenstroms und dem des Orinoko, eine fortwährende Wasserverbindung durch eine Bifurkation stattfindet. Es sind im ganzen fünf solcher Ebenen oder Becken zu nennen und zwar (von N. nach S.): die Nordhälfte der großen Ebene von Nordamerika, die Becken des Mackenzie-, Nelson- und Missinippiflusses umfassend;
die Südhälfte derselben oder das Becken des Mississippi;
das Becken des untern Orinoko und die Ebenen von Venezuela;
das Becken des Amazonenstroms;
die Ebenen des Rio de la Plata und Patagoniens.
Die große Ebene Nordamerikas, östlich von den Rocky Mountains, dehnt sich in ihrem westlichen höhern Teil in der Nähe jenes Gebirges, nur lokal von vereinzelten Bergzügen unterbrochen, vom Golf von Mexiko bis zum Eismeer aus, und die Grenze zwischen ihrem nördlichen und südlichen Teil ist hier lediglich durch die Wasserscheide zwischen den Flüssen bezeichnet, welche auf der einen Seite gegen N. und NO. zum Eismeer und zur Hudsonsbai, auf der andern gegen S. durch den Mississippi zum Golf von Mexiko abfließen.
Diese Wasserscheide liegt ungefähr unter 49° nördl. Br. auf einer sich vom Fuß der Rocky Mountains zwischen dem obern Missouri und dem Saskatschawan gegen O. ungefähr bis zum 99.° westl. L. ausbreitenden Hochebene, welche in der Nähe der Rocky Mountains wahrscheinlich noch eine Meereshöhe von 1600 m besitzt, gegen O. aber in den Landhöhen von Minnesota allmählich absinkt. Weiter östlich sind beide Teile der großen nord amerikanischen Ebene durch eine weite, beckenförmige Einsenkung in dem Plateau, in welchem sie im W. ineinander übergehen, geschieden.
Diese Depression [* 20] zieht sich mit ihrem Nordrand von dem nördlichen Ufer des Obern Sees gerade nach O. und schließt sich westlich vom St. Johnssee dem Bergland von Labrador an, die Wasserscheide zwischen dem Becken der Kanadischen Seen und des St. Lorenz und dem südlichen Teil der Hudsonsbai bildend. Der Südrand der Depression beginnt ebenfalls an den Ufern des Obern Sees, zieht sich südwärts hart an den Ufern des Michigansees bis zu dessen südlichstem Winkel [* 21] hin, von da östlich über die Michiganhalbinsel zum südlichsten Punkte des Eriesees, dessen südlichen Gestaden er in geringer Entfernung bis nahe zum 79.° westl. L. folgt, worauf er in östlicher und nordöstlicher Richtung fortzieht, bis er nahe unter 71° westl. L. auf das Gebirge von Neuengland trifft, durch welches hier wie weiter nach N. durch das Bergland von Labrador diese merkwürdige Einsenkung geschlossen wird.
Nahe ihrem südlichen Rand in ihrem tiefsten, stellenweise weit unter den Meeresspiegel hinabreichenden Teil enthält sie die größten Süßwasserseen der Erde, die Kanadischen Seen, die zusammen eine Fläche einnehmen, welche (253,300 qkm) diejenige Großbritanniens übertrifft. Sie liegen in zwei Terrassen übereinander, der Obere See, 186 m, der Michigan- und Huronsee, 180 m, und der Eriesee, 175 m, auf der obern, der Ontariosee, 76 m ü. M., auf der untern.
Alle sind durch schmale Kanäle miteinander verbunden, wovon aber nur der zwischen dem Huron- und Michigansee, die Straße von Michillimakinak, gut schiffbar ist. Der den Obern See mit dem Huron verbindende Kanal [* 22] hat auf 60 km etwa 10 m Gefälle, in der Mitte aber die Stromschnellen von St. Mary's, welche sich über eine Strecke von etwa 3 km ausdehnen. Die Verbindung zwischen dem Huron- und Eriesee bildet zuerst der Fluß St. Clair, der nur für Boote fahrbar ist, bis zum See St. Clair, darauf der Abfluß desselben, der Detroitfluß.
Der Eriesee steht mit dem Ontariosee durch den Niagarastrom in Verbindung, der 45 km lang ist und ungefähr in der Mitte seines Laufs die berühmten Niagarafälle bildet, in denen sich der Fluß von der obern Terrasse 40 m senkrecht herabstürzt. Obwohl äußerst zahlreiche Flüsse [* 23] sich in diese Seen ergießen, so haben sie doch nur einen Abfluß, durch den St. Lorenz, der dem Ozean nächst dem Amazonenstrom von allen Flüssen der Erde die größte Wassermenge zuführt.
Die Nordhälfte der nordamerikanischen Ebene, die sich im N. der eben bezeichneten Grenzlinie ausbreitet, ist in ihrem südwestlichen Teil am höchsten und sinkt von da an allmählich herab, einerseits gegen O. zum südlichen Teil der Hudsonsbai, anderseits gegen N. zum Eismeer. Die fast nur durch die Richtung der fließenden Gewässer bezeichnete Wasserscheide zieht sich vom Fuß der Rocky Mountains zwischen den Quellen des Saskatschawan- und des Athabascaflusses hin, läuft von dort in nordöstlicher Richtung zum Wollastonsee und darauf nach NNO. zum arktischen Hochland, welches den Winkel zwischen dem nördlichen Teil der Hudsonsbai und dem Arktischen Eismeer ausfüllt.
Die zur Hudsonsbai abfallende Ebene, welche unter 50° nördl. Br. von W. nach O. sich an 2200 km, unter 57° nördl. Br. aber nur etwa noch 740 km weit ausdehnt bei einer größten Breite von nahe an 1480 km, ist im W. eine weite, sandige Prärie, in der Mitte unebenes und felsiges Land voller Seen, im O. niedriges Flachland. Ihre bedeutendsten Flüsse sind der Nelson und der Churchill. Der erstere, in seinem obern Lauf Saskatschewan genannt, entspringt in den Rocky Mountains, fällt in den Winnipegsee, den größten See dieser Ebene, und verläßt diesen unter dem Namen Nelson am Nordwestende, um in die Hudsonsbai zu münden.
Der Churchill oder Missinippi entspringt aus dem Methyesee, nimmt die Gewässer des Deer- und Wollastonsees auf und mündet in dieselbe Bai. Die nördlich zum Eismeer abfallende Ebene, das Becken des Mackenzieflusses, im S. unter 59° nördl. Br. über 750 km breit und von N. nach S. über 1110 km lang, enthält ebenfalls eine große Zahl Seen, worunter der Große Sklaven-, der Große Bären- und der Athabascasee die bedeutendsten sind. Der in seinem südlichen Quellarm, dem Athabasca, aus einem Gebirgssee in den Rocky Mountains entspringende Mackenzie ergießt sich in den Athabascasee, fließt aus diesem unter dem Namen des Sklavenflusses in den Großen Sklavensee und aus diesem endlich als Mackenziefluß gegen NW. in das Nördliche Eismeer.
Die Südhälfte der nordamerikanischen Zentralebene, welche sich zum Mexikanischen Golf hinabsenkt, der Nordhälfte an Größe
ungefähr gleich ist und größtenteils aus dem Becken des Mississippi besteht, umfaßt beinahe ein Fünftel
des ganzen Flächeninhalts von Nordamerika, und zwar nimmt das Flußgebiet des Mississippi ca. 3,150,000 qkm (57,000 QM.) ein,
wird also nur von den Gebieten der beiden südamerika
nischen Riesenströme und des Ob, des größten Asiatischen Stroms, übertroffen.
Den niedrigsten Teil dieser Ebene bildet das Bett
[* 24] des Mississippi, dessen Quellsee nur 512 m ü. M. liegt.
Von den Ufern des Mississippi erhebt sich das Land nach W. und O., nach jener Richtung bei einer
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