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halten Sklaven und zwar Individuen einer andern Ameisenart. Die rote Ameise, welche ihre Brut nicht selbst zu versorgen vermag, zieht in regelmäßigen Kriegsmärschen aus, um sich aus der Behausung der schwarzgrauen Ameise (Formica fusca und F. cunicularia) durch stürmischen Angriff und harten Kampf Larven und Puppen zu erbeuten. Durch die bereits im Bau befindlichen Sklaven wird dann diese erbeutete Brut wie die einheimische der Herren ernährt und großgezogen.
Aber die Sklavenameisen tragen und nähren auch ihre rötlichen Herren, welche wegen Unvollkommenheit ihrer Freßwerkzeuge sonst verhungern müßten. Bei manchen Arten fehlen die Arbeiter, und Männchen und Weibchen leben mit den Arbeitern einer andern Art in demselben Bau. Auch F. sanguinea geht auf solchen Sklavenraub aus, doch arbeiten deren Arbeiter gleich ihren Sklaven. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in welchen gewisse Arten in ihren drei Formen in den Nestern einer andern Art leben.
Diese sogen. Gastameisen dürften oft nicht im stande sein, in selbständigen Kolonien zu existieren. Die kleine Stenamma Westwoodii lebt ausschließlich in den Nestern von Formica rufa und benimmt sich gegen diese ganz so wie etwa Hunde [* 2] oder Katzen [* 3] gegen die Menschen. Die kleine Solenopsis fugax dagegen, welche kleine Galerien in den Mauern der Ameisenhaufen größerer Arten aushöhlt, raubt letztern die Larven, um sie zu fressen. Öfters geraten Haufen von verschiedenen Arten, ja selbst nahegelegene von derselben Art untereinander in heftige Kriege, welche jeden Morgen erneuert werden, und wobei viele unterliegen, bis entweder ein abkühlender Regen oder das Auswandern des einen Haufens der Fehde ein Ende macht. Vorräte schleppen die in die gemeinsame Wohnung nur wenig und bei uns gar nicht ein, da sie im Winter keiner Nahrung bedürfen.
Die Nahrung der Ameisen besteht aus animalischen und vegetabilischen Stoffen; besonders lieben sie Süßigkeiten, den Honigsaft mancher Pflanzen, der Blatt- und Schildläuse, süßes Obst, Zucker, [* 4] Sirup, Honig u. dgl. Sie wissen diese Gegenstände mit bewunderungswürdigem Scharfsinn aufzufinden und dringen in sorgfältig verwahrte Vorratskammern und schwache Bienenstöcke ein. Außerdem fressen sie Regenwürmer, Raupen und andre kleinere Tiere (Frösche, [* 5] Mäuse etc.), welche man durch sie skelettieren lassen kann, indem man dieselben in durchlöcherte Schachteln legt und diese in einen Ameisenhaufen gräbt. An größere Äser gehen sie ungern, an Getreide [* 6] und ähnliche Sämereien bei uns gar nicht. Mit toten und stinkenden Fischen kann man sie wie mit Petersilie und Kerbel vertreiben. Auch Teer, Thran, Spieköl, Holunderblüten (frisch und getrocknet) sind den Ameisen zuwider.
Die Ameisen sind erklärte Feinde fast der ganzen übrigen Insektenwelt; lebende wie tote Kerfe schleppen sie in ihr Nest und fressen sie bis auf die harte Haut [* 7] oder Schale auf. Nur zu gunsten einiger Arten machen sie eine Ausnahme. So hegen sie für die Blattläuse (Aphis) eine ganz besondere Freundschaft, indem sie den Honigsaft, den dieselben aus dem Hinterleib absondern, aufsaugen und, um die Absonderung desselben zu befördern, sie sanft mit den Fühlern streicheln und klopfen (Milchkühe der Ameisen). Von abgestorbenen Zweigen nehmen sie dieselben behutsam ab, um sie auf saftreiche zu versetzen, und im Spätsommer bringen sie dieselben unter die Erde an die Wurzeln der Gewächse.
Oft aber entführen sie auch die Blattläuse in ihre Nester, um sie wie Haustiere auszunutzen, oder umgeben eine Gesellschaft von Blattläusen mit einem Gehäuse von Erde oder andern Baustoffen, tragen auch ihre Larven in dasselbe oder setzen eine Blattlausgesellschaft durch einen bedeckten Gang [* 8] mit ihrem Nest in Verbindung (stallfütternde Ameisen). Eine Anzahl von Insekten [* 9] sind längere oder kürzere Zeit auf Ameisenhaufen wie auf eine Pfleg- und Versorgungsanstalt angewiesen.
Gegen 300 Insektenarten leben im unentwickelten Zustand in Ameisenhaufen, wie die Larve des Goldkäfers (Cetonia aurata), oder finden sich nur gelegentlich und nicht ausschließlich in Ameisenhaufen, wie manche Kurzflügler [* 10] (Homalota, Tachyporus), während das Dasein andrer ganz an die Ameisen geknüpft ist, insofern sie ausschließlich in deren Haufen leben (Myrmedonia, Lomechusa) und von den Ameisen gepflegt und gefüttert werden. Man will beobachtet haben, daß die Ameisen die Hinterleibsspitze solcher Käfer [* 11] belecken, und schließt daraus, daß sie den Exkrementen derselben nachgehen. Die meisten dieser sogen. Inquilinen oder Myrmekophilen (»Ameisenfreunde«) beherbergt die Waldameise (Formica rufa) und die Holzameise (F. fuliginosa). Über die Beziehung mancher dieser Insekten, welche förmlich wie Haustiere von den Ameisen gehalten werden, zu diesen ist man noch im unklaren. Viele andre Insekten, namentlich die Laufkäfer, [* 12] sind Ameisenfeinde und halten sich in der Nähe der Ameisenhaufen auf, um deren Puppen nachzustellen.
Nutzen und Schade der Ameisen mögen sich im allgemeinen, wenigstens in Deutschland, [* 13] das Gleichgewicht [* 14] halten. Die Ameisen töten eine Menge schädlicher Insekten, namentlich Raupen und Käfer, und werden auch medizinisch benutzt. Dagegen richten sie in der Haus-, Land- und Gartenwirtschaft auch manchen Schaden an, indem sie der Süßigkeit der Speisen und Früchte nachgehen, in Bienenstöcken nicht nur den Honig, sondern selbst die zarten Bienenpuppen verzehren etc. Von Gärtnern sind die kleinen, braunen oder schwarzbraunen Ameisen, welche sich zwischen den Wurzeln der Topfpflanzen (besonders gern in Warmhäusern und Lohbeeten) öfters in außerordentlicher Menge ansiedeln, große Löcher in die Wurzeln fressen und hierdurch sowie durch ihre ätzende Säure die Wurzeln verderben, sehr gefürchtet.
Weit lästiger sind die in den heißen Ländern. Große, rotgelbe Arten dringen in die Wohnungen ein und beunruhigen die Schlafenden in den Betten, während eine kleinere, schwarze Art empfindlich beißt. Die am weitesten verbreitete Formica omnivora wird in Kasan [* 15] häufig zur Landplage. Die Treiberameisen (Anomma arcens Westwood) an der Westküste von Afrika [* 16] leben ohne feste Baue unter Baumwurzeln etc. und ziehen nachts oder bei trüben Tagen auf Beute aus. Sie töten durch ihre Menge selbst große Tiere, indem sie ihren ersten Angriff vornehmlich auf deren Augen richten.
Wenn sie nachts in die Häuser eindringen, fliehen Ratten, Mäuse, Schaben und selbst die Menschen. Die Zuckerameise (Formica saccharivora) hat in Westindien [* 17] ganze Zuckerplantagen vernichtet. Dagegen leben die Eingebornen am Rio Negro [* 18] einen großen Teil des Jahrs von Ameisen, die sie zu einem Teig kneten und in Beuteln aufbewahren, und die dornhalsige Ameise (F. spinicollis) in Amerika [* 19] verfertigt aus Pflanzenwolle eine Art von Filz, der als Zunder benutzt wird. In China [* 20] benutzen die Gärtner eine Ameisenart zum Schutz ihrer Orangerien, um von diesen andre Insekten fern zu halten. Auf Ceylon [* 21] hat man in den Kaffeeplantagen eine Schildlaus durch künstlich angesiedelte Ameisen vertilgt ¶
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man mußte letztere aber wieder beseitigen, weil sie die Kulis zu sehr plagten.
Man teilt die in fünf Gruppen: Drüsenameisen, deren in den Gliedern nicht eingeschnürter Hinterleib an einem eingliederigen, schuppentragenden Stiel sitzt;
Zangenameisen mit derselben Hinterleibsbildung, einem Wehrstachel und bei den Weibchen mit in den Einlenkungsstellen sich berührenden Kinnbacken;
Stachelameisen mit Giftstachel, eingliederigem Stiel und einer Einschnürung zwischen erstem und zweitem Hinterleibsring;
Blindameisen mit Giftstachel und eingliederigem Stiel, Weibchen und Arbeiter augenlos;
Knotenameisen mit Giftstachel und zweigliederigem Hinterleibsstiel. Zu den Drüsenameisen gehört die Roßameise (Camponotus herculaneus L.), fast ganz schwarz, an den Beinen und an einem Teil der Brust bräunlich, am Hinterleib schwach grau behaart, mit gelbspitzigen Flügeln, die Männchen und Arbeiterinnen sind 9-11, die Weibchen 17 mm lang;
findet sich in Europa, [* 23] Ostsibirien, Nordamerika [* 24] von der Ebene bis zu den höchsten Alpen [* 25] und lebt in den Gängen kranker Waldbäume.
Die Wald- oder Hügelameise (gemeine rote Ameise, Formica rufa L., s. Tafel »Hautflügler«), [* 26]
mit fast herzförmiger Schuppe des Hinterleibsstiels, braunrotem, beborstetem Thorax mit schwärzlichen Flecken oder (Männchen) ganz braunschwarz, etwas aschgrau schimmernd, 4-6 (Arbeiterinnen), 9,5 (Weibchen) oder 11 (Männchen) mm lang, in Europa, Asien, [* 27] Nordamerika, unsre gemeinste Art; in Wäldern, besonders Nadelwäldern, wo sie bis 125 cm hohe, kegelförmige Haufen von allerlei Baumabgängen über ihren Nestern aufhäuft. Sie ist sehr mutig, beißt sich mit ihren Kiefern wütend in das Fleisch dessen ein, der sie stört, und krümmt dabei den Leib so nach unten und vorn, daß sie ein Tröpfchen ihrer ätzenden, stark riechenden Säure in die Wunde spritzen kann.
Ihre Vermehrung ist besonders in trocknen und warmen Jahren sehr stark, ihr Nutzen für die Wälder durch Vertilgung der Raupen von großer Bedeutung, weshalb es auch an vielen Orten verboten ist, sie zu stören. Von dieser Ameisenart werden besonders die Puppen (Ameiseneier) zu Vogelfutter gesammelt; auch bereitet man aus ihr den Ameisenspiritus, Ameisenbäder etc. Rot gefärbte, hierher gehörige Arten sind: F. sanguinea Latr. mit unten in der Mitte ausgerandetem Kopfschild, blutrotem Kopf und Thorax und schwarzem, wegen der Behaarung gräulich schimmerndem Hinterleib, 6-10 mm lang, häufig in Wäldern, bildet kleinere Haufen und hält als Sklaven die Arbeiter von F. fusca, F. cunicularia, seltener von Lasius alienus.
Die Holzameise (L. fuliginosus Latr.), glänzend schwarz, mit sehr dickem Kopf, welcher breiter als der Thorax und hinten weit ausgebuchtet ist, rotbraunen Fühlern, Beinen und Hinterleibsstiel, 4-5 mm lang, eine der gemeinsten Arten, in alten Baumstrünken, auch unter Steinen und Moos nistend; L. fuscus Latr., braunschwarz mit grauen Seitenhärchen, braunroten Beinen und Fühlern und etwas borstigem Thorax, 5-6 (Arbeiterinnen) und 9 (Weibchen und Männchen) mm lang, überall häufig, unter Steinen, in alten Baumstämmen nistend; L. niger Latr., dunkelbraun, oft ganz schwarz, mit oft rötlich durchschimmerndem Thorax, kurz anliegend behaartem Hinterleib und braunen Fühlern und Beinen, 3-4 (Männchen und Arbeiterinnen) und 9 (Weibchen) mm lang, die gemeinste Art, allenthalben an Wegen, auf Feldern, Wiesen, in Wäldern, in der Erde, unter Steinen, in Baumstrünken etc. nistend;
L. flavus L., dunkler oder heller gelb, mit langen, dünnen Borsten besetzt;
beim Weibchen sind Kopf und Thorax dunkler, Basis und Spitze des Hinterleibs rötlichgelb und Hinterleibsringe am Rand rötlichgelb durchschimmernd;
Männchen und Arbeiterinnen sind 2-2,8 mm, Weibchen 9 mm lang, sie lebt hauptsächlich von dem Honigsaft gewisser Wurzelläuse, die sie in ihrem Nest beherbergt, und über deren Brut sie sorgsam wacht.
Die zu den Knotenameisen gehörende rote Ameise (Myrmica rubra Latr.) ist braunrot, am ersten Hinterleibssegment in der Mitte dunkelbraun; der querrunzelige Thorax ist bei den Arbeiterinnen mit ziemlich langen und spitzigen, bei den Weibchen mit kurzen und breiten Dornen und bei den Männchen mit zwei Beulen besetzt; bei letztern ist die Spitze des Hinterleibs rotbraun. Die Arbeiterinnen sind 4, die Männchen und Weibchen 5-6 mm lang. Diese überall gemeine Art lebt in Wäldern, Gärten, unter Steinen, Rasen etc. nistend.
Die Rasenameise (Tetramorium caespitum Latr.) ist von sehr veränderlicher Färbung, meist braun, das Männchen schwarz, an Körper und Beinen mit gelben Borsten besetzt. Die Arbeiterinnen sind 2-4, die Männchen und Weibchen 4-7 mm lang. Auch diese Art ist gemein und findet sich an denselben Orten wie die vorige. Die ackerbautreibende Ameise (Myrmica molificans Darw.) in Texas schützt ihren Bau durch einen bis 50 cm hohen Ringwall, reinigt und ebnet das den Wall umgebende Land bis auf 1 m Entfernung und läßt hier keine Pflanze aufkommen als ein Gras, Aristida oligantha, pflegt dasselbe mit steter Sorgfalt und erntet die reifen Körner, welche in einem Teil des Baues von den Spelzen gereinigt und dann fortgepackt werden.
Dringt Regen bis zu dem Vorrat, so werden die Körner an einem sonnigen Tag ins Freie gebracht, bis sie trocken sind. Manche Beobachter behaupten, daß das Gras von den Ameisen auch ausgesäet werde; jedenfalls beseitigen sie die Stoppeln und reinigen den Boden, der das Ansehen eines schönen Pflasters erhält. Bei der Honigameise [* 28] (Myrmecocystus melliger) in Mexiko, [* 29] Texas, Colorado gibt es drei Klassen von Arbeitern, von denen einzelne Individuen durch die andern Arbeiter mit Honig so stark angefüllt werden, daß sie kugelrund anschwellen und ihr Leib oft größer wird als eine Erbse.
Diesen Honig sammeln die Arbeiter nachts aus Honiggallen der Zwergeiche. Die angefüllten Ameisen hängen fast unbeweglich an der Decke [* 30] der Vorratskammern der unterirdischen Nester und werden als lebende Vorratstöpfe behandelt, aus welchen Arbeiter, Männchen und Weibchen nach Bedarf Honig entnehmen. Der Honig ist wohlschmeckend und wird auch von den Indianern gegessen. Die Zug- oder Besuchsameise (Atta cephalotes L.), kastanienbraun, mit vier Dornspitzen am Bruststück, sehr großem Kopf, 26, das Weibchen über 39 mm lang, findet sich in ganz Südamerika, [* 31] baut 2,5 m hohe und sehr umfangreiche Haufen und schneidet aus den Blättern der Kaffee- und Orangenbäume kreisrunde, groschengroße Stücke heraus, mit welchen sie die Gänge in ihren Wohnungen überwölbt. Sie kommt auch in großen Scharen in die Wohnungen und plündert alles, was sie für sich verwerten kann, namentlich Süßigkeiten und Mandioka. Dabei frißt sie auch Insekten und vertilgt also einen Teil des in den Häusern befindlichen Ungeziefers. Daß aber letzteres der Hauptzweck ihrer Besuche sei, ist ein Irrtum.
Vgl. Huber, Recherches sur les mœurs des fourmis indigènes (Genf [* 32] 1810);
Latreille, Histoire naturelle des fourmis (Par. 1802);
Förster, ¶