mehr
zonenstroms an Ausdehnung [* 2] übertrifft. Mit der Üppigkeit und Fülle der tropischen Vegetation der Uferlandschaften harmoniert diejenige der die Flußkanäle, Sümpfe und Seen bedeckenden Wasserpflanzen [* 3] wie nicht minder der unvergleichliche Reichtum des Stroms an Wassertieren. Delphine und andre Waltiere, Alligatoren, Flußschildkröten, namentlich aber Fische, [* 4] von denen Agassiz über 2000 Arten im A. fand, also fast doppelt soviel, als man im ganzen Atlantischen Ozean kennt, beleben den Riesenstrom und bilden den Gegenstand einer ausgedehnten Jagd und eines außerordentlich ergiebigen Fanges. Bewohnt sind die Ufer bis jetzt noch sparsam, größtenteils von zivilisierten Indianern und Mischlingen derselben; doch sind in neuester Zeit, seitdem Dampfer den Strom befahren, verschiedene neue Ortschaften entstanden. Allerdings bieten namentlich die klimatischen Verhältnisse der Kolonisation dieser Gebiete große Schwierigkeiten.
Die
Schiffahrt auf dem Amazonenstrom
[* 5] ist, da östliche Luftströmungen durch die ganze
Länge des
Thals aufwärts vorherrschen, selbst
für Segelschiffe nicht beschwerlich; für
Dampfboote ist kein andrer
Strom der
Erde so wohlgeeignet wie
der der bis zu den
Kordilleren hinauf eine genügende, durch kein Hindernis gehemmte Fahrtiefe besitzt, und auch in seinen
Nebenflüssen auf weite
Strecken hinauf für große
Schiffe
[* 6] befahrbar ist. Von Bedeutung für den Aufschwung derselben war
der
Vertrag zwischen
Brasilien
[* 7] und
Peru
[* 8] vom durch welchen sich beide
Staaten zur Unterstützung
einer Dampfschiffahrtsgesellschaft auf dem Amazonenstrom verbindlich machten, mehr aber noch, daß von brasilischer
Seite die Schifffahrt auf dem
Strom bis zur peruanischen
Grenze für die Handel
sflaggen aller
Nationen freigegeben wurde.
Bolivia,
[* 9]
Peru und
Kolumbien haben bereits begonnen, ihre Verkehrslinien mit dem Amazonenstromsystem in
Verbindung
zu setzen. Landstraßen und
Eisenbahnen sind in
Angriff genommen und zum Teil schon ausgeführt, um die
Stromschnellen und
Katarakte
der Zuflüsse zu umgehen, den meist schiffbaren Oberlauf derselben mit dem Unterlauf zu verbinden und so Handel
swege bis
ins
Herz jener Weststaaten hinein zu eröffnen. Infolgedessen hat sich der
Verkehr bereits bedeutend gehoben
und geht ohne
Zweifel einem großartigen Aufschwung entgegen, da die Waldungen des Gebiets nicht nur eine wunderbare
Fülle
kostbarer
Produkte enthalten und der jungfräuliche
Boden
Kaffee, Kakao,
Zucker
[* 10] und
Baumwolle
[* 11] in größter
Menge erzeugt, sondern
auch das Andengebiet mit seinen Reichtümern an
Mineralien
[* 12] und
Herden zum größten Teil im Bereich des
Amazonenstroms liegt.
Gegenwärtig bilden noch Waldprodukte, besonders Brasilnüsse, Kautschuk, Sassaparille und Schildkrötenöl (Manteca), neben Erträgnissen des Fischfanges und der Jagd die wichtigsten Exportartikel. Hauptausfuhrhafen für das ganze Flußgebiet ist die brasilische Stadt Pará an der Mündung des Rio [* 13] Pará (Tokantins), die in regelmäßiger Dampfschiffsverbindung mit Liverpool [* 14] und Havre, [* 15] New York und Rio de Janeiro steht. Die Länge der von brasilischen Dampfern befahrenen Wasserwege betrug 1873 bereits 9900 km, und mehr als 50 Dampfschiffe, zum Teil von 1100 Ton. Last (im Besitz mehrerer Gesellschaften), vermitteln gegenwärtig den Verkehr der verschiedenen Ortschaften des Innern mit dem Hafen Pará, woselbst sich die Ein- und Ausfuhrwerte von 1850 bis 1880 von 62 Mill. auf 65 Mill. Mk. vermehrt haben. Als wichtigste Verkehrsader des unermeßlich reichen zentralen Südamerika, [* 16] zugleich als Verbindungsweg des Westens und Ostens des Kontinents ist nach alledem die Bedeutung des Amazonenstroms eine außerordentliche.
Der von Orellana so benannt, weil er ihn von den Indianern am Parástrom Amassona (»Bootzerstörer«) nennen hörte und daraus auf das Vorhandensein von Amazonen in dieser Gegend schloß, wurde 1499 von Vincent Pinzon an seiner Mündung, 1535 von den Spaniern an seiner Quelle [* 17] entdeckt, aber erst 1544 von Orellana zum erstenmal ganz befahren. Im J. 1740 befanden sich an den Ufern des Stroms 40 Missionen mit 12,800 Bewohnern; bald nachher wurden die Jesuiten nach 130jähriger Arbeit aus Südamerika vertrieben, und die Früchte ihrer Bemühungen gingen gänzlich verloren.
Die erste Beschiffung des Stroms, welche auch ein wissenschaftliches Resultat hatte, war die von La Condamine (1743 und 1744). Epochemachend waren Humboldts Fahrt auf dem Amazonenstrom (1799) und in unserm Jahrhundert die Reise von Spix und Martius (1819-20); die Namen Maw (1829), Pöppig (1831-32), Prinz Adalbert von Preußen [* 18] (1842), Graf Castelnau (1846), Herndon (1850), Wallace (1852), Avé-Lallemant (1858), Markham (1859), Bates (1861), Marcoy (1866), Orton (1867), Agassiz (1866-67) u. a. schließen sich ruhmwürdig an. In den Jahren 1862-1864 ließ die brasilische Regierung durch eine besondere astronomisch-nautische Expedition im Anschluß an die französische Küstenaufnahme, die nur bis zur Tapajozmündung stromaufwärts reicht, eine vollständige Stromaufnahme ausführen.
Auch die Erforschung der Seitenströme geht rastlos fort (durch Hartte, Chandleß, Abendroth u. a.).
Vgl.
Terjeira,
Nuevo descubrimiento del
gran
Rio de las
Amazonas
(Madr. 1641, 4 Bde.);
Herndon, Exploration of the valley of the Amazon (Washingt. 1853);
Maury, The Amazon and the Atlantic slopes of South America (das. 1853);
Wallace, Narrative of travels on the Amazon and Rio Negro (Lond. 1853);
Bates, Der Naturforscher am Amazonenstrom (a. d. Engl. Leipz. 1866);
Markham, Expedition into the valley of the Amazonas (Lond. 1859);
Avé-Lallemant, Reise durch Nordbrasilien (Leipz. 1860, 2 Bde.);
Marcoy, Voyage à travers l'Amérique du Sud (Par. 1869);
Agassiz, A journey in Brazil (6. Aufl., Bost. 1868);
Orton, The Andes and the Amazon (3. Aufl., Lond. 1877);
Keller-Leuzinger, Vom Amazonenstrom und Madeira [* 19] (Stuttg. 1875);
Mathew, Up the Amazon and Madeira rivers (Lond. 1879);
Andree, Geographie des Welthandels, Bd. 2 (Leipz. 1872).