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vielfach abweichend von dem römischen Recht (25. Lebensjahr) bestimmt, so in Preußen [* 2] auf das 24., später auf das 21., in Bayern, [* 3] Baden, [* 4] Hessen, [* 5] Belgien [* 6] und Frankreich auf das 21., in Hamburg [* 7] für das männliche Geschlecht auf das 22., in Österreich, [* 8] Oldenburg [* 9] und Bern [* 10] auf das 24., in Sachsen [* 11] auf das 21. Lebensjahr. Für das Deutsche Reich [* 12] ist nunmehr durch Reichsgesetz vom der Endtermin der Minderjährigkeit und der Beginn der Großjährigkeit allgemein auf das vollendete 21. Lebensjahr festgesetzt. Es kann jedoch durch landesherrliches Reskript auch vor erreichtem Volljährigkeitsalter eine Majorennisierung oder Großjährigkeitserklärung (Jahrgebung, venia aetatis) aus besonders triftigen Gründen erfolgen.
Nicht berührt werden durch jene reichsgesetzliche Bestimmung diejenigen hausverfassungsmäßigen und landesgesetzlichen Bestimmungen, welche den Beginn der Großjährigkeit (und damit der Regierungsfähigkeit) der Landesherren und der Mitglieder der landesherrlichen Familien sowie der fürstlichen Familie Hohenzollern [* 13] bestimmen. Als solche ist z. B. in Bayern, Braunschweig, [* 14] Oldenburg, Preußen, Sachsen und Württemberg das vollendete 18., in Mecklenburg [* 15] das vollendete 19. Lebensjahr bestimmt.
Besondere Vorschriften gelten ferner bezüglich der Ehemündigkeit, welche nach dem deutschen Personenstandsgesetz vom bei dem männlichen Geschlecht mit dem vollendeten 20. und bei dem weiblichen mit dem vollendeten 16. Lebensjahr eintritt. Dispensationen sind zulässig. Eheliche Kinder bedürfen, solange der Sohn das 25., die Tochter das 24. Lebensjahr nicht vollendet haben, der Einwilligung des Vaters, nach dem Tode des letztern der Einwilligung der Mutter und, wenn sie minderjährig sind, auch der des Vormunds.
Sind beide Eltern verstorben, so bedürfen Minderjährige der Einwilligung des Vormunds. Uneheliche Kinder werden wie vaterlose eheliche behandelt. Aber auch sonst nimmt die Gesetzgebung vielfach auf das Alter Rücksicht, so in Ansehung der Fähigkeit, einen Eid zu leisten (Eidesmündigkeit), welche nach den neuen deutschen Justizgesetzen bei Minderjährigen mit dem vollendeten 16. Lebensjahr eintritt, ferner bei der Verpflichtung zum Kriegsdienst, welche im Deutschen Reich in der Regel mit dem 1. Januar desjenigen Kalenderjahrs beginnt, in welchem der Wehrpflichtige das 20. Lebensjahr vollendet, sowie bei der Fähigkeit zum Amt eines Schöffen oder Geschworenen (30. Lebensjahr), ferner bei der aktiven und passiven Wahlfähigkeit, die z. B. für den deutschen Reichstag mit dem vollendeten 25. Lebensjahr beginnt, bei der Befugnis zur Ablehnung gewisser öffentlicher Ämter und zur Ablehnung von Vormundschaften, welche in der Regel 60jährigen Personen zusteht, etc. Im Gewerbewesen sind für jugendliche Arbeiter besondere Normen gegeben.
Die deutsche Gewerbeordnung faßt unter dieser Bezeichnung Kinder von 12 bis 14 und junge Leute von 14 bis 16 Jahren zusammen. Aber auch für Arbeiter von 16 bis 21 Jahren bestehen besondere Vorschriften, namentlich der Arbeitsbuchzwang (vgl. Gewerbeordnung, § 107 ff., § 135 ff.). Auch im Strafrecht ist das von besonderer Bedeutung. Hier gilt namentlich die Jugend als ein Strafmilderungsgrund, ja es kann sogar gegen Kinder unter 12 Jahren nach den meisten Strafgesetzgebungen ein strafrechtliches Verfahren gar nicht stattfinden.
Nach dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 55) kann jedoch ein noch nicht zwölfjähriger Verbrecher in eine Erziehungs- oder sonstige Besserungsanstalt untergebracht, auch können gegen ihn andre zur Besserung und Beaufsichtigung geeignete Maßregeln ergriffen werden. Verbrecher, welche zwar das 12., nicht aber das 18. Lebensjahr zur Zeit der That vollendet hatten (jugendliche Verbrecher), sind freizusprechen, wenn sie bei Begehung der strafbaren Handlung die zur Erkenntnis ihrer Strafbarkeit erforderliche Einsicht nicht besaßen.
Auch soll gegen jugendliche Verbrecher nie auf Todesstrafe oder Zuchthausstrafe und überhaupt stets auf eine geringere Strafart und Strafdauer als Erwachsenen gegenüber erkannt werden. Ebensowenig darf das Erkenntnis auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder auf Polizeiaufsicht lauten. In besonders leichten Fällen kann bei Vergehen und Übertretungen jugendlicher Personen das Urteil sogar nur auf Verweis lauten (deutsches Strafgesetzbuch, § 56 f.).
Vgl. W. Wackernagel, Die Lebensalter (Bas. 1862).