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so über das Gebirge geschafft werden. Napoleon I. baute und erweiterte sieben Heer- und Fahrstraßen über die Alpen. [* 2] Über den 2010 m hohen Simplonpaß führte er von 1800 bis 1806 mit einem Aufwand von 15 Mill. Mk., um Genf [* 3] und Mailand [* 4] zu verbinden, eine 8,3 m breite, von Brieg [* 5] im Rhônethal bis Domo d'Ossola am Toce 65 km lange Kunststraße;
den seit alten Zeiten als Post- und Heerstraße benutzten, 2098 m hohen Paß [* 6] über den Mont Cenis, welchen schon Catinat 1691 für Geschütze [* 7] praktikabel gemacht hatte, baute er 1802-10 zu einer Straße aus, auf welcher sich bald der lebhafteste Verkehr zwischen Frankreich und Italien [* 8] bewegte;
die
Straße von
Grenoble
[* 9] nach
Aosta, wohl die am fr
ühsten
benutzte zwischen
Gallien und
Italien, welche, 2157 m hoch, den
Kleinen St.
Bernhard überschreitet, machte er wenigstens für
kleinere
Wagen fahrbar;
1802 wurde die Straße über den 1860 m hohen Paß des Mont Genèvre erbaut, einer der niedrigsten Alpenübergänge und seit den Römerzeiten auch von Heeresmassen oftmals überschritten;
weiter führte er Straßen über den Col de Traversette von Mont Dauphin nach Saluzzo, über den Col de l'Argentière in einer Paßhöhe von 1995 m von Gap nach Coni und wandelte die schon erwähnte, zu 1873 m aufsteigende Straße über den Col di Tenda, welche Nizza [* 10] und Turin [* 11] verbindet, fast gänzlich um.
Mit dem Sturz Napoleons erlahmte diese Thätigkeit keineswegs, dieselbe wurde vielmehr durch die darauf folgenden politischen und kommerziellen Umwälzungen aufs lebhafteste angeregt, und die Schweiz [* 12] wetteiferte mit Österreich [* 13] in der Herstellung von Kunststraßen, welche bald Zentral- und Ostpartien der Alpen auf zahlreichen Punkten überbrückten.
Auf Schweizer Gebiet kamen, abgesehen vom Simplon, in rascher Folge (1818-24) Splügen und Bernhardin, St. Gotthard, dann Julier (1824-28) und Maloja (1835-39) sowie verschiedene Detailbauten an den ältern Anlagen, wie der Tunnel [* 14] des Verlornen Loches, Neue Teufelsbrücke u. a. In den Österreichischen Alpen wurde das Stilfser Joch (1820-25) gebahnt, von andern Pässen der Brenner, Radstädter Tauern, Predielpaß, Semmering u. a. 1856-62 erhielt auch der Brünig, eine der ersten Touristenrouten der Schweizer Alpen, seine Straße, unter Mithilfe eines Bundesbeitrags von 400,000 Fr. Zunächst im Interesse der Landesverteidigung beschlossen die eidgenössischen Räte also schon im Zeitalter der ersten Bestrebungen für den Bau von Alpeneisenbahnen, die Bergstraßen Furka und Oberalp, Inbegriffen die kühne Axenstraße (s. Axenberg), mit 1¾ Mill. Fr. zu subventionieren; diese Arbeiten waren 1865 vollendet.
Für den Ausbau seines internen Netzes erhielt Graubünden zugleich einen Bundesbeitrag von 1 Mill. Fr., so daß in den nächsten Jahren auch Bernina-, Albula-, Flüela- und Ofenpaß sowie die Thallinien von Puschlav, Unterengadin, Schyn und (Davoser) Landwasser ihre Straße erhielten. Später folgten noch der Lukmanier, der Pillon und der Schwarzenberg (Belle-Boltigen), sämtlich 1877 vollendet. Noch ist für mehrere andre Pässe eine Fahrstraße in Aussicht genommen, hauptsächlich für die Grimsel und den Pragel (oder den Klausen); allein die Umstände haben den Bau noch nicht erlaubt, und immer noch wartet auch einer der berühmtesten Pässe der Zentralalpen, der Große St. Bernhard, auf eine Kunststraße.
Die neueste Zeit hat sich mit diesen Alpenstraßen nicht begnügt. Sie hat den kühnen Gedanken einer Überschienung des Gebirges mit Geschick und Glück ausgeführt, und die Eisenbahnen, welche über einige der wichtigsten Übergänge geführt worden sind, haben für Verkehr und Handel bereits große Bedeutung erlangt. Der Ruhm des Vorgangs gebührt Österreich, das 1850-54 über den Semmering, über welchen schon seit 1726 eine Kunststraße führte, von Gloggnitz bis Mürzzuschlag mit 16 Viadukten und 15 Tunnels, deren längster 1385 m mißt und 110 m unter der Paßhöhe (980 m) hinzieht, eine Eisenbahn erbaute, welche die Verbindung zwischen Wien [* 15] und Triest [* 16] herstellt, eins der kühnsten und großartigsten Bauwerke der Welt.
Doch wird dasselbe noch übertroffen von der 1867 vollendeten Brennerbahn, welche, abweichend von andern großen Gebirgsbahnen, die Paßhöhe nicht mittels eines Tunnels, sondern im Freien überschreitet und zwar in einer Höhe von 1367 m. Von Innsbruck [* 17] nach Bozen [* 18] führend, zählt sie bei einer Länge von 122,5 km 22 Tunnels (der längste 855 m). Zwischen diese beiden Bahnen ist seit 1872 die von St. Valentin über Leoben und Villach nach Laibach [* 19] führende österreichische Kronprinz Rudolf-Bahn getreten als ein dritter Übergang über die Österreichischen Alpen.
Fast gleichzeitig mit der
Brennerbahn wurde im westlichen Alpengebiet ein nicht minder großartiges Riesenwerk begonnen. Unterstützt
von fr
anzösischem
Geld, unternahm
Italien den
Bau einer
Bahn über den
Mont Cenis und vollendete denselben 1871. Die
Bahn erklimmt von
Chambéry aus den
Col de
Fréjus bis zu einer
Höhe von 1294 m (1600 m unter seiner Gipfelhöhe), durchbohrt
ihn dann in einem 13,45 km langen
Tunnel, um jenseits nach
Susa zu führen. Diese
Bahn wurde sogleich nach
ihrer Vollendung von der größten Wichtigkeit, nicht nur, weil sie die direkteste
Verbindung zwischen
Frankreich und
Italien
herstellt, sondern vor allem als
Glied der
[* 20] sogen. Überlandroute, welche von
London
[* 21] über
Paris
[* 22] und
Lyon
[* 23] nach
Brindisi zum Anschluß
an die großen Dampferlinien nach
Indien,
Ostasien und
Australien
[* 24] sowie auch an die das
Mittelmeer durchschneidenden
kleinern führt.
Großartig wie alle diese
Arbeiten aber sind, so werden sie doch sämtlich weit übertroffen durch die 1872 begonnene und 1882 vollendete
Gotthardbahn, ein Bahnnetz, dessen Hauptlinie von Immensee am
Zuger See bis Dirinella (italienische
Grenze), unweit
Pino am
Lago Maggiore,
175,7 km lang, die Zentralalpen von N. nach S. durchzieht, zwischen
Göschenen und
Airolo den St. Gotthardpaß
mittels eines 14,9 km langen
Tunnels unterfährt und den Kanton Tessin
[* 25] mit den deutschen
Kantonen der
Schweiz, also
Italien mit
Deutschland,
[* 26] Holland,
Belgien
[* 27] und Nordfr
ankreich auf kürzestem Weg verbindet.
Sie macht
Genua
[* 28] zum Transitwelthafen für den
Verkehr Mitteleuropas mit den asiatischen Hauptplätzen,
mit den Hafenstädten der europäischen und asiatischen Türkei
[* 29] und den La
Plata-Staaten. Während so die
Gotthardbahn ihren
Vorgängern eine bedeutende
Konkurrenz zu bereiten im stande ist, erwuchs ihr selber eine Konkurrentin in der im
September 1884 eröffneten
Arlbergbahn, die 135,8 km lange
Linie von
Innsbruck nach
Bludenz, welche den
Arlberg in 1310 m
Seehöhe in
einem 10,270 m langen
Tunnel durchbricht. Diese
Bahn wird für die
Schweiz, Südwestdeutschland und Nordfr
ankreich eine bedeutend
abgekürzte
Verbindung herstellen mit den adriatischen Seehäfen
Venedig,
[* 30]
Triest und
Fiume
[* 31] sowie mit Südungarn,
Serbien,
[* 32]
Rumänien.
Endlich ist noch ein Schienenweg zu erwähnen, der freilich die
¶
mehr
Alpen mehr umgeht, als überschreitet: die sogen. Cornichebahn, welche von Nizza am Meeresufer entlang durch eine Reihe von Tunnels nach Genua führt.
Die volkswirtschaftliche Bedeutung der über die Alpen führenden Straßen ist mit der Entwickelung des gesamten Verkehrs enorm gestiegen. Während sie in frühen Zeiten nur dazu dienten, die ungeheuern von der Natur gezogenen Grenzwälle zu überschreiten, welche jahrhundertelang die germanischen und romanischen Völker trennten, sind sie heute die Schlußglieder geworden in den großen Verkehrsringen, welche sich um den Erdball legen. Dazu haben sie sich namentlich gestaltet, seitdem das Mittelmeerbecken sich wiederum durch einen kräftig erblühenden Handel neu belebte und der Verkehr nach Indien, China [* 34] und Australien sich mehr und mehr von dem langwierigen Weg um die Südspitze Afrikas abwandte und seine Richtung über Ägypten [* 35] nahm.
Für Deutschland können sie von außerordentlicher Wichtigkeit werden, wenn genügende Tariferleichterungen seinen südlichen Teilen gestatten, für die Verschiffung ihrer Produkte die Häfen Triest, Venedig und Genua zu wählen, statt, wie bislang, an die weit langwierigern Routen gebunden zu sein, welche die deutschen Nordseehäfen sowie die nächstgelegenen Häfen Belgiens, Frankreichs und Englands einzuschlagen haben.
Vgl. Memminger, Die Alpenbahnen und deren Bedeutung für Deutschland und Österreich (2. Aufl., Zür. 1878).
Ausführlicheres über die einzelnen Bahnen enthalten die betreffenden Artikel. S. Karte »Alpen« und die am Schluß des Registers zu derselben abgedruckte »Übersicht der Hauptalpenübergänge«.