mehr
dasselbe, auf der Oberfläche Europas gleichmäßig ausgebreitet, diese um 6½ m erhöhen würde. Während die Westalpen sich von S. nach N. allmählich mehr und mehr erheben, nimmt die Höhe von den höchsten Punkten aus in östlicher Richtung wieder ab. Vom Montblanc, dem höchsten Berg nicht nur der Alpen, [* 2] sondern ganz Europas (4810 m), bis zu den Quellen der Etsch liegen die Gipfel zwischen 4800 und 2600 m, östlich davon zwischen 4000 und 1600 m; dort beträgt die Kammhöhe der Hauptrücken nicht unter 2600 m, hier sinkt sie bis 2000 m herab, und ähnlich verhält es sich mit der Paßhöhe. Die Ebenen und Thäler, welche die Alpen umgeben, haben sehr verschiedene Meereshöhe. Im W. liegt Valence 104, Lyon [* 3] 174 m, im S. Turin [* 4] 239, Mailand [* 5] 114, Brescia 139, Bassano 149, Udine 108 m, im N. Wien [* 6] 157, Passau [* 7] 279, München [* 8] 520, Konstanz [* 9] 400, Zürich [* 10] 412, Bern [* 11] 540 m hoch; die Ebenen am Nordabhang haben also eine weit bedeutendere Erhebung als die an den übrigen Seiten.
Die Alpenthäler, die von so hervorragender Bedeutung sind, da
sie den größten Teil der
Bevölkerung,
[* 12] gegen 8 Mill. Bewohner,
und der
Kultur des Hochgebirges
in sich schließen, teilt man nach dem
Verhältnis zu den Gebirgszügen, in
denen sie liegen, in
Längen- und Querthäler, nach ihrer
Zusammengehörigkeit und Abhängigkeit voneinander in
Haupt- und
Seitenthäler.
In den Längenthälern, die dem Hauptzug des
Gebirges folgen, zeigen sich die großen Vorzüge, welche den
Bau der
Alpen vor dem aller andern Hochgebirge der
Erde auszeichnen, ganz vorzüglich; sie sind so zahlreich und
ausgedehnt wie verhältnismäßig in keinem andern Hochgebirge, ja von solchem
Umfang, daß sich in einzelnen sogar eigne
Staaten haben entwickeln können.
Ihre
Bildung zeigt eine gewisse Regelmäßigkeit, ja Einförmigkeit; es sind gewöhnlich tiefe, in gerader
Linie sich hinziehende,
breite und von hohen Bergwänden eingeschlossene
Furchen, die mit allmählicher Steigung bis tief in das
Herz des
Gebirges führen. Ist der Thalboden, was nicht selten der
Fall ist, versumpft, so liegen die Dorfschaften mit ihren
Feldern und
Gärten auf den sich häufig längs der
Wände meist gleichförmig hinziehenden höhern
Stufen oder auf den Schutthalden
an den Mündungen der in das Hauptthal einfließenden
Bäche.
Den Typus der Längenthäler in den Alpen zeigen am treuesten das Thal [* 13] des Rhône im Wallis, das Vorderrheinthal und das Engadin, die Thäler der Salza, Enns, Drau, Save und Mur. Die Querthäler, welche mehr oder weniger einen rechten Winkel [* 14] mit der Richtung der Hauptgebirgsmassen bilden, in das Innere derselben eindringen und sie sogar durchschneiden, sind bei weitem großartiger und malerischer als die Längenthäler; sie haben viel steilere Wände, sind voll unregelmäßiger Felsenstürze und meist viel kürzer.
Besonders in den Zentralalpen bestehen sie oft aus einer Reihe stufenartig übereinander gelagerter, oft runder, meist aber länglicher Weitungen, die in frühern Zeiten Seebecken gewesen sind, sich aber mit der Zeit entleert haben. Der Bach, der sie durchströmt, fließt anfangs zwischen flachen Ufern mäßig schnell, gräbt sich aber später immer tiefer in dem Boden ein und tritt endlich in einer durch das Zusammenrücken der begrenzenden Bergwände gebildeten Schlucht, in der er oft schöne Katarakte bildet, in das tiefer liegende Becken ein. In den Weitungen liegen die Dörfer, deren Bewohner meist Viehzucht [* 15] treiben. Beispiele von Querthälern sind die Thäler des Rhône unterhalb Martigny, der Aare, Reuß, [* 16] Linth, des Rheins unterhalb Chur, [* 17] das Gasteiner, Ötz- und Möllthal.
Die Alpenthäler haben ihre
jetzige Gestalt erst durch die Einwirkung des
Wassers erlangt. Die
Bäche und
Flüsse
[* 18] erhalten ihren
Wasserreichtum mehr aus den ausgedehnten
Feldern des ewigen
Schnees
(Firns) in den
Mulden der Schneeregion
und von den sich weit herabziehenden
Gletschern
(Schnee
[* 19] und
Eis
[* 20] bedecken eine
Fläche von etwa 3300 qkm) als aus den äußerst
zahlreichen
Quellen. Hieraus erklärt es sich, weshalb die aus
Gletschern abfließenden Alpenströme gerade
im
Sommer bei der größten
Hitze am wasserreichsten sind, im
Gegensatz zu den bloß von
Quellen ernährten
Flüssen.
In den Kalkalpen sind dagegen die Höhen nicht selten arm an Wasser, das durch Spalten und Risse in höhlenartige Räume im Innern der Berge eindringt, um später in starken Quellen am Fuß der Höhen wieder hervorzubrechen. Aus den Bächen in den hoch gelegenen Thälern entstehen tiefer unten Flüsse, welche das Wasser in die Ebene hinausführen. Während sie in den obern Teilen gewöhnlich starken Fall haben, schleichen sie in den Thalweitungen oft langsam dahin und bilden große Sümpfe.
Der von den kleinern
Flüssen fortgeführte
Kies und Schutt wird beim Eintreten in größere
Thäler oder in die
Ebenen in oft
bedeutenden Schutthalden abgesetzt, die in den häufig stark versumpften
Thälern die
Anlage von Dörfern und den Anbau ermöglichen.
Charakteristisch für das Flußsystem der Alpen ist die strahlenförmige Ausbreitung der Wasserläufe.
So kommen vom St.
Gotthard außer der
Reuß drei
Flüsse, der
Rhein, der
Rhône und der Tessin,
herab, die ihre
Wasser beziehentlich der
Nordsee, dem
Mittelmeer und dem Adriatischen
Meer zuführen.
Zwei andre Flüsse, die zwar nicht vom St. Gotthard selbst, aber doch ganz in der Nähe entspringen, sind die Aare, der Hauptzufluß des Rheins, und der Inn, der, obwohl bedeutender als die Donau, doch nach der Verbindung mit derselben zu gunsten der letztern auf seinen Namen verzichten muß. Also fünf Flüsse, die nach vier Meeren hin von einer Alpengruppe ausstrahlen. Den Flußgebieten des Rheins, des Rhône, der Donau und des Po und damit der Nordsee, dem Mittelmeer, dem Schwarzen und dem Adriatischen Meer gehören fast alle Alpenflüsse an. Von Seen befinden sich im Innern des Hochgebirges nur unbedeutende; von desto größerer Wichtigkeit sind die am südlichen wie am nördlichen Abhang an den Ausgängen der großen Thäler liegenden sehr tiefen Seebecken (Lago Maggiore, Comer und Gardasee, Genfer, Züricher und Bodensee, Chiem-, Traun-, Attersee etc.), welche den sie durchfließenden Gebirgsströmen als Läuterungsbecken dienen, in denen diese allen Schutt absetzen. Während sie im obern Teil von hohen Bergwänden umschlossen sind, öffnen sie sich unten in die Ebene, indem sie so die Schönheiten und Vorzüge der Natur des Gebirges und der Ebene vereinigen. Manche Becken sind jetzt durch die Ablagerungen der Gebirgsflüsse ausgefüllt.
In den Pässen, welche die Anfänge der an entgegengesetzten Teilen einer Kette entstehenden Thäler verbinden, zeigen sich die Vorzüge des Baues der Alpen ganz besonders. Bei keinem andern Hochgebirge ist der Unterschied zwischen der Durchschnittshöhe der Kämme und der Gipfel so bedeutend wie bei ihnen; die Folge davon ist die leichte Passage der über die Höhen führenden Straßen. Wenn alle Hochgebirge auf die sie umgebenden ¶
mehr
Landesteile trennend wirken, so ist das bei den Alpen im geringsten Maß der Fall. Die letztern bilden wohl bei ihrer
Höhe und
Breite
[* 22] für Europa
[* 23] eine wichtige Scheide in Bezug auf Klima,
[* 24] Vegetation und Tierwelt, aber die Verbindung der zu beiden Seiten
wohnenden Völker ist stets eine relativ leichte gewesen, ein Verhältnis, das für die ganze Kulturentwickelung
Europas von der größten Bedeutung geworden ist. Schon die alten Römer
[* 25] haben die Gebirgsstraßen so gangbar gemacht, als es
ihre
Verhältnisse forderten; im Mittelalter und in der neuern Zeit waren sie nur Saumpfade, erst seit dem Anfang dieses Jahrhunderts
hat man viele derselben fahrbar gemacht u. Kunststraßen, in neuester Zeit sogar Eisenbahnen gebaut, die
teils über den Kamm fortführen (Brenner, Schober), teils die höchsten Teile desselben in Tunnels durchbrechen (Mont Cenis,
St. Gotthard, Semmering, Arlberg). (S. Alpenstraßen etc. und die Übersicht auf dem Register zur Karte).
Der geologische Bau der Alpen ist zwar in den letzten Jahrzehnten in einzelnen Stücken von zahlreichen Forschern auf das genaueste untersucht worden; über die Bewegung der Erdrinde aber, durch die der gewaltige Bau der Alpen aufgerichtet wurde, ist man trotzdem nicht zu einer allseitig angenommenen Ansicht gelangt. Indessen scheint die Meinung besondere Berücksichtigung zu verdienen, nach welcher das ganze Alpengebirge durch eine horizontal, im allgemeinen von S. her wirkende Kraft [* 26] emporgehoben wurde.
Damit ist zugleich auch die veraltet scheinende Ansicht verlassen, als seien durch das Hervordringen halbstarrer oder flüssiger Massen aus dem Erdinnern die sedimentären Schichten der Erdrinde gehoben und durchbrochen worden und so die mantelförmige Bekleidung eruptiver Gesteine [* 27] durch sedimentäre zu erklären. Entsprechend der angedeuteten Entstehungsursache der Alpen durch einen von S. herkommenden seitlichen Druck, ist auch die Streichungsrichtung des westlichen und nördlichen Saums des Gebirges angeordnet.
Überall, wo dem Stoß ältere Massen entgegenstanden, zeigt sich eine weit mannigfachere Faltung der Schichten als da, wo solche Hindernisse nicht vorhanden waren. Diese Abhängigkeit tritt auch im innern Bau der Ketten hervor. Betrachtet man die Alpen auf einer geologischen Karte, so unterscheidet man deutlich drei verschiedene Zonen: eine mittlere oder Zentralzone und eine nördliche und eine südliche Seitenzone. Die Massen der Zentralzone bestehen überwiegend aus Gneisgranit von verschiedenen Formen, seltener aus echtem Granit und werden von weiten, mantelartig sie umgebenden Lagen von Schiefer (Gneis, Hornblendegesteinen, Glimmerschiefer, namentlich den sogen. grünen und grauen Schiefern) umschlossen, von denen Versteinerungen ergeben haben, daß sie in den östlichen Alpen, zum Teil wenigstens, der silurischen und devonischen, sogar (wie auch im Westteil des Hochgebirges) der Kohlenformation angehören.
Auch sind in den Westalpen bedeutende Höhen der Zentralzone von jurassischen und Kreidegesteinen, ja selbst von Gliedern der eocänen Formation gebildet, wie denn auch manche der die Zentralmassen umgebenden Schiefer metamorphische Bildungen sein mögen. Diese Schiefer sind durch die sie durchdringenden kristallinischen Massen nicht selten auf höchst merkwürdige Weise zusammengedrängt und umgebogen. Die Seitenzonen sind zum größten Teil aus kalkigen Bildungen der sekundären und tertiären Formationen zusammengesetzt, in denen kristallinische Gesteine nur isoliert hervortreten.
Von einer südlichen Nebenzone der Alpen kann jedoch nicht in dem Sinn die Rede sein wie von der nördlichen; denn hier im S. vom Lago Maggiore an östlich lagert zwar eine große Menge tertiärer Gesteine der zentralen Zone vor, aber von einer regelmäßigen Faltung ist nirgends die Rede wie im N. Die konkave Südseite des bogenförmig gestalteten Alpengebiets ist steil abgebrochen und zeigt da, wo wirklich tertiäre Formen vorgelagert sind, andern Charakter als in der nördlichen Seitenzone.
Die Zentralzone ist es, welche ganz besonders den großen Reichtum an seltenen und geschätzten Mineralien, auch an Erzen enthält,
obgleich der Bergbau
[* 28] nur in einigen Teilen derselben Bedeutung erlangt hat; ihr
gehören die in dem ganzen Gebirge verbreiteten
Goldablagerungen sowie die Gänge an, welche Kupfer,
[* 29] Blei,
[* 30] Nickel, Kobalt, vor allem Eisenerze liefern, die
besonders in Steiermark
[* 31] die Veranlassung zu einem wichtigen Bergwerksbetrieb gegeben haben. Was die Nebenzonen betrifft, so
ist in den östlichen Alpen namentlich die Triasformation
[* 32] ausgedehnt verbreitet, während sich davon in den westlichen nicht
viel mehr findet als einige Quarzite (der sogen. Verrucano); sie erhält eine erhöhte Wichtigkeit durch
die Einlagerung von Erzen (besonders Blei), namentlich aber durch die großen Steinsalzlager, von denen die berühmten Salzwerke
von Berchtesgaden, Hallein und des Salzkammerguts abhängen.
In den östlichen Alpen tritt die Juraformation
[* 33] dagegen zurück, welche in den westlichen in ausgezeichneter Weise entwickelt ist
und hier (im Liaskalk) den Grund zu den Salzwerken von Bex geliefert hat; auch die einzelnen Glieder
[* 34] der
Kreideformation
[* 35] sind in den westlichen Alpen viel ausgedehnter verbreitet als in den östlichen. Nicht geringe
Bedeutung besitzen endlich die Gesteine der Eocänformation (des Nummulitenmergels und Sandsteins und des fukoidenreichen Mergels
oder des sogen. Flysch der Schweizer), die besonders längs des ganzen Nordrands des Gebirges eine so hervorragende
Stellung einnehmen, aber auch im Innern der Thäler sich finden und namentlich das Hochland zwischen dem Adriatischen Meer und
der Save zusammensetzen; auch die jüngern Tertiärbildungen finden sich am Rande der Alpen wie in ihren
Thälern, und
besonders tritt darin die Molasse hervor mit der Nagelfluhbildung, die in der Schweiz
[* 36] und im Algäu ihre
höchste Erhebung besitzt.
Diluvialbildungen finden sich besonders in den Thälern und den Ebenen am Fuß des Gebirges; ihnen schließen sich die großen Massen der erratischen Blöcke an, die ohne Zweifel das Resultat einer ausgedehnten Vergletscherung der Ebenen am nördlichen Rande der Alpen und von den Gletschern aus der Zentralzone hierher geführt sind, wie noch jetzt fortwährend durch das eindringende und beim Gefrieren sich ausdehnende Wasser selbst bis zu den höchsten Kämmen und Gipfeln hinauf eine zerstörende Thätigkeit ausgeübt wird, von der die großen Schutthalden in den Thalsohlen und den Mündungen der Bäche, die Lawinen und Bergstürze Zeugnis ablegen. In der südlichen Nebenzone erscheinen noch zwischen den sedimentären Gesteinen zerstreut einzelne ältere, wie Granit, kristallinische Schiefer, vor allen die berühmten Feldspat und Augitporphyre, und mit ihnen verbunden die Dolomite am Luganer See und in Südtirol. Die äußern Formen der einzelnen Teile der Alpen sind nach der Gesteinsbeschaffenheit und Art der Lagerung verschieden. In der Zentralzone ¶