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15. Juni zu Paris [* 2] ratifiziert, durch den Frankreich in den Besitz eines beträchtlichen Teils von Oran und des größten Teils der Provinz Algier diesseit des Atlas [* 3] kam. Unterdes zog Damrémont mit 15,000 Mann gegen Konstantine; 10. Okt. begann das Feuer der Belagerer, am 12. fiel Damrémont, von einer Kanonenkugel getroffen. Der Befehlshaber der Artillerie, Generalleutnant Graf Valée, übernahm das Kommando und stürmte 13. Okt. die alte Felsenfeste. General Valée wurde zum Generalgouverneur von Algerien [* 4] ernannt.
Seit der Einnahme von Konstantine wurde das System planloser Kriegführung verlassen und das allmählicher Ausbreitung der französischen Herrschaft nach bestimmtem Plan und auf möglichst friedlichem Weg angenommen, welches gleich an Valée einen entschiedenen Verteidiger fand und die Sicherung der Provinz Konstantine, die fast unblutige Einnahme von Stora, Milah und La Calle (1838 und 1839) sowie die Vernichtung der Macht Achmed Beis zur Folge hatte.
Inzwischen eröffnete Abd el Kader, den Frieden von Tafna brechend, die Feindseligkeiten abermals. Wiederholte Verhandlungen und neue geplante Vereinbarungen blieben resultatlos. Abd el Kader predigte den Söhnen der Wüste überall den »heiligen Krieg« zur Vernichtung der Franzosen. Im November 1839 fielen die Araber über die Niederlassungen der Europäer her, und bis zum 24. Nov. waren die Franzosen und ihre Herrschaft vom platten Land verschwunden und auf die Festungen und festen Lager [* 5] beschränkt.
Erst im folgenden Frühjahr nach Eintreffen der nötigen Verstärkungen konnte Valée den Rachekrieg eröffnen, richtete aber wenig aus. Valée erhielt deshalb den Generalleutnant Bugeaud zum Nachfolger Das von diesem angenommene System, einesteils den Feind durch ununterbrochene Razzias zu ermüden und daneben die Künste der Bestechung spielen zu lassen, andernteils in größern Expeditionen die Macht des Emirs aufzureiben und durch Besetzung und Zerstörung seiner festen Stützpunkte im Innern sein Ansehen zu untergraben und seine Hilfsquellen zu verstopfen, bewirkte glänzende Erfolge. 1841 wurde Mascara besetzt (30. Mai), dann Abd el Kaders letztes Bollwerk, Saida, zerstört (Oktober), und nachdem 1842 (30. Jan.) Tlemsen und (9. Febr.) das feste Tafrua gefallen waren, sah sich der Emir gezwungen, auf marokkanischem Gebiet Zuflucht zu suchen, worauf sich die meisten der ihm bisher anhängenden Stämme ergaben oder sich wenigstens ruhig verhielten. Schon wähnte man, nachdem ein Einfall Abd el Kaders abgeschlagen worden, die Pazifikation beendigt, als plötzlich im Sommer 1842 der Emir von neuem auf dem Kampfplatz erschien, viele Stämme ihm wieder zufielen und bald alles eben Gewonnene wieder in Frage gestellt war. Auch in den folgenden Feldzügen, an denen des Königs vierter Sohn, der Herzog von Aumale, teilnahm (welcher 1843 Abd el Kaders Smalah, d. h. sein bewegliches Lager, durch Überfall nahm), wurde den Franzosen kein entscheidender Erfolg zu teil, da der Emir in Marokko jederzeit nicht bloß eine Zuflucht, sondern auch Unterstützung zu neuen Einfällen in Algerien fand.
Daß die hierfür geforderte Genugthuung verweigert und bei den angeknüpften Verhandlungen Verrat versucht wurde, machte 1844 für Frankreich zur Sicherung Algeriens den Krieg gegen Marokko notwendig. Nach mehrfachen Plänkeleien, in denen Abd el Kader mit seinen Reitern die Vorhut der Marokkaner bildete, griff Bugeaud 14. Aug. das weit ausgedehnte marokkanische Lager an. An den Furten des Flusses Isly begann der Kampf, der trotz des tapfern Widerstands und der überlegenen Reiterei der Marokkaner bereits mittags mit einem entscheidenden Sieg der Franzosen endete. Da gleichzeitig ein französisches Geschwader unter dem Prinzen von Joinville an der marokkanischen Küste erschienen war, Tanger (6. Aug.) und Mogador (10. Aug.) bombardiert und die vor letzterm Hafen liegende Insel (16. Aug.) erobert hatte, so kam unter Vermittelung Englands der Friede zwischen Frankreich und Marokko zu stande, wonach sich der Kaiser von Marokko verpflichtete, Abd el Kader keine Art von Vorschub zu leisten. Aber schon im Frühjahr 1845 stand der unermüdliche Abd el Kader wieder auf algerischem Gebiet. Der Krieg wurde von beiden Seiten mit steigender Grausamkeit geführt. Bugeaud arbeitete gleichzeitig unermüdet an der Verbesserung der algerischen Zustände; er gründete nicht nur militärisch eingerichtete Kolonien, sondern rief auch die Zivilorganisation ins Leben. Im Mai 1847 kehrte er nach Frankreich zurück, worauf General Bedeau provisorisch als Generalgouverneur folgte. Abd el Kader gewann mehrere marokkanische Stämme, kämpfte 1847 glücklich gegen die Marokkaner, bedrohte Fes und schien nach der Herrschaft über Marokko zu streben, als er vom Sultan Abd ur Rahmân (11. Dez.) geschlagen und zum Übertritt auf französisches Gebiet genötigt wurde (21. Dez.). Als er sich aber nach der Wüste zurückziehen wollte, verlegten ihm die Franzosen den Weg, worauf er sich an sie ergab. General Lamoricière führte ihn 24. Dez. zu dem im September zum Generalgouverneur ernannten Herzog von Aumale, der ihn nach Frankreich bringen ließ. Durch die eingeführte neue Verwaltungsordnung trat für jede der drei Provinzen Algier, Oran und Konstantine neben dem Militärgouvernement eine Direktion der Zivilverwaltung mit je einem Konseil unter dem Vorsitz des Direktors in Wirksamkeit.
Die Pariser Februarrevolution aber störte die eben beginnende Entwickelung. An Stelle des Herzogs von Aumale ernannte die provisorische Regierung den General Cavaignac zum Generalgouverneur, welcher eine mildere und liberalere Praxis einführte. Als Cavaignac im Mai als Deputierter für das Departement Lot in die Nationalversammlung trat, wurde Changarnier Generalgouverneur in Algerien. Unter Cavaignacs Einfluß beschloß die Nationalversammlung, daß Algerien französisches Gebiet bleiben und vier Deputierte der Kolonie an den Beratungen über algerische Angelegenheiten teilnehmen sollten.
Der Krieg gegen die Stämme dauerte inzwischen fort, und wiederholte Aufstände hielten die französische Armee unausgesetzt in Atem. Im September wurde General Charron Generalgouverneur. Um die Bevölkerung [* 6] in Algerien zu vermehren, wurden seit September 1848 einige Kolonien von Arbeitern aus Paris dahin geführt, welche jedoch nicht gedeihen wollten. Die schon früher beschlossene Deportation Verurteilter nach Algerien kam seit dem Staatsstreich vom zur Ausführung, indem Lambessa neben Cayenne zur Deportationskolonie bestimmt wurde. In den folgenden Jahren machte namentlich Kabylien die Aufbietung bedeutenderer Streitkräfte nötig. 1851 erhoben sich fast alle Gebirgsstämme zwischen Dschidschelli, Philippeville und Milah. Auf einer der kühnsten und gefahrvollsten Expeditionen besiegte General Saint-Arnaud innerhalb 80 Tagen sämtliche empörten ¶
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Stämme in nicht weniger als 20 Treffen und 6 geordneten Schlachten. [* 8] Nach dem Staatsstreich vom ernannte Ludwig Napoleon den General Randon zum Generalgouverneur, der diesen Posten bis Ende August 1858 innehatte und sich um Befestigung und Ausdehnung [* 9] der französischen Herrschaft sehr verdient machte. Im Dezember 1852 wurde die Oase Laghuat im Süden Algeriens in Besitz genommen, und um dieselbe Zeit stellte sich der mächtige Stamm der Beni Mzab unter französischen Schutz. 1853 und 1854 wurden wieder erfolgreiche Expeditionen gegen die Kabylen unternommen und die Oasenlandschaften von Tuggurt und Wadi Suf besetzt, in den folgenden Jahren aber auch die Uled Sidi Scheich und die Oase Wargla der französischen Herrschaft unterworfen.
Die Feldzüge von 1856 und 1857 vollendeten die Bezwingung der Kabylen, so daß seitdem die Grenze des französischen Gebiets bis an den Rand der Sahara vorgeschoben war. Durch die Dekrete vom 24. Juni und wurde die Kolonie unter ein Ministerium für Algerien und die Kolonien gestellt, dessen Chef der Prinz Napoleon, dann der Graf von Chasseloup-Laubat ward, das aber schon durch Dekret vom wieder aufgehoben und durch ein Militärgouvernement ersetzt wurde.
Dieses erhielt Marschall Pélissier, dem ein Vizegouverneur, ein Generaldirektor für Zivilgeschäfte, ein Ministerium für Justiz-, Schul- und Kirchenwesen sowie ein Konseil von 30 Mitgliedern zur Beratung des Budgets an die Seite gestellt wurde. Nach dem Tod Pélissiers (Mai 1864) trat der Marschall Mac Mahon (September) an dessen Stelle. Die Schwierigkeiten waren gerade damals wieder besonders groß; allgemeine Gärung, offene, nur zum Teil niedergeworfene Aufstände ließen eine Krisis fürchten.
Der Grund lag in der drückenden materiellen und sozialen Lage der unter französischer Herrschaft stehenden Stämme, welche die militärischen Obrigkeiten, die sogen. bureaux arabes, durchaus nicht zu behandeln verstanden. Der Mangel an Verkehrswegen, der französische Schutzzoll auf die Produkte der Kolonie, die Formalitäten und Schreibereien der Büreaukratie bewirkten, daß der Wohlstand der algerischen Bevölkerung eher zurückging, als sich hob. Ende April 1865 entschloß sich daher der Kaiser, die dortigen Verhältnisse aus eigner Anschauung kennen zu lernen.
Durch freundlichen Verkehr mit den Arabern und durch eine vielverheißende Proklamation suchte er der Unzufriedenheit zu begegnen. Seine Gedanken über Algerien brachte der Kaiser durch einen Brief an Mac Mahon im Oktober 1865 vor die Öffentlichkeit. Für Frankreich sollten die Lasten dieser Kolonie verringert, der europäischen Ansiedelung dort ersprießlichere Bahnen angewiesen, Hemmnisse des Verkehrslebens beseitigt, minder lästige und weniger büreaukratische Verwaltungsformen eingeführt werden. Das letztere entsprach der kaiserlichen Proklamation, welche den Arabern in in erhöhtem Maß Teilnahme an der Verwaltung zugesichert hatte. Aber auch jetzt kam man über Experimente und Anläufe nicht hinaus; die Unruhen und Aufstände dauerten fort, bis gegen Ende 1867 eine allgemeine Hungersnot den aufrührerischen Stämmen weitere kriegerische Unternehmungen verleidete.
Trotz der seitdem eingetretenen Ruhe war die algerische Frage für Frankreich noch ungelöst, als die Ereignisse des Jahrs 1870 hereinbrachen. An die Stelle Mac Mahons trat als interimistischer Generalgouverneur der General Durieu. Die französische Regierung sah sich genötigt, einen großen Teil der afrikanischen Truppen seit Mitte Juli im Kriege gegen Deutschland [* 10] zu verwenden. Schon dies rief Bewegungen unter den Stämmen des Südens hervor. Der Sturz Napoleons und die Einsetzung einer republikanischen Regierung aber mußten auch die politischen Verhältnisse der Kolonie erschüttern.
Das Verlangen der europäischen Bewohner nach bürgerlichen Freiheiten und Abschaffung der Militärregierung fand bei dem republikanischen Regiment geneigtes Gehör. [* 11] Es erfolgte die Einsetzung eines Zivilgouverneurs mit drei Präfekten für die Provinzen und die Krëierung eines jährlich im Oktober zu berufenden Komitees zur Beratung des Budgets. Durieu wurde abberufen und ein Zivilgouverneur ernannt. Dessen ungeachtet dauerte die Gärung fort. Eine offene Empörung des Stammes der Uled Sidi Scheich im Süden der Provinz Oran wurde nicht völlig unterdrückt.
Aber erst im April 1871 nahm der Aufstand im Süden von Algerien größere Dimensionen an; die europäischen Ansiedler flohen massenweise von dem flachen Land in die Städte, der Scheich El Haddad suchte ganz Mittelkabylien zum Aufstand zu bringen, und seine Emissäre schweiften bis an die Grenze von Tunis. Eine Zeitlang schien der Besitzstand der Franzosen in Algerien ernstlich bedroht, bis es dem neuen Generalgouverneur, Admiral de Gueydon, unter schweren Kämpfen 1872 gelang, die französische Herrschaft im frühern Umfang wiederherzustellen.
Wenn auch die drei algerischen Departements Deputierte in die französische Volksvertretung wählten, so ward doch auch von der republikanischen Regierung zunächst kein Zivilgouverneur wieder ernannt, vielmehr 1873 General Chanzy, einer der tüchtigsten Generale, mit der obersten Gewalt in Algerien betraut. Doch wurde demselben 1875 ein Conseil supérieur, aus Zivilbeamten bestehend, beigegeben. 1879 schienen die Zustande hinlänglich befestigt, um den Wünschen der europäischen Bevölkerung entsprechen und wiederum einen Zivilgouverneur, Albert Grévy, einsetzen zu können, dessen Gewalt sich übrigens bloß auf den Küstenstrich, ein Neuntel des algerischen Gebiets, beschränkte; die Stämme der Araber und Berber blieben unter militärischer Gewalt, die sie wenigstens im Zaum hielt, wenn sie dieselben auch nicht mit der französischen Herrschaft versöhnen konnte. Als daher Frankreich 1881 den Feldzug gegen Tunis begann und Algerien zeitweilig von Truppen entblößte, erhob sich im Westen ein kühner Häuptling, Bu Amema, und fügte durch kühne Streifzüge und Überfälle (z. B. auf Saida) den Franzosen und den europäischen Kolonisten empfindliche Verluste zu. Man sah sich daher nach Grévys Rücktritt wieder zur Verstärkung [* 12] der militärischen Gewalt genötigt.
Vgl. Mac Carthy, Algeria Romana (Par. 1857);
Boissière, L'Algérie romaine (2. Aufl., das. 1883, 2 Bde.);
Fillias, Histoire de la conquête et de la colonisation de l'Algérie, 1830-60 (das. 1860);
Heim, Geschichte der Kriege in Algier (Königsb. 1861, 2 Bde.);
Ault-Dumesnil, Relation de l'expédition d'Afrique en 1830 et de la conquête d'Alger (2. Aufl., Par. 1869; enthält auch die frühere Geschichte des Landes);
Nettement, Histoire de la conquête d'Alger (2. Aufl., das. 1871);
Rousset, La conquête d'Alger (das. 1879).