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Papierfabrikation. [* 2] Ausfuhr wie Einfuhr haben sich stetig gehoben. Der wirkliche Wert der gesamten Einfuhr betrug 1882: 411,9 Mill., der der Ausfuhr 150 Mill. Fr. Von diesem wirklichen Wert muß der »offizielle« (nach einem Tarif berechnete) wohl unterschieden werden; nach letzterm sind alle Zahlen bedeutend kleiner. Die Handelsflotte Algeriens, die sich meist mit Küstenschiffahrt beschäftigt, bestand 1880 aus 1451 Schiffen, wovon 1138 für Fischerei. [* 3] Außer Algier sind die besuchtesten Häfen: Bone, Philippeville, Bougie, Scherschel, Tenes, Mostaganem, Oran und Nemours (Dschema Rhasuat).
Der
Verkehr der Küstenstädte nach dem Innern ist durch den Mangel schiffbarer
Flüsse
[* 4] und guter Landstraßen sehr erschwert.
Von den französischen Häfen sind es vornehmlich
Marseille,
[* 5]
Cette und
Toulon,
[* 6] welche am meisten den Seeverkehr
mit
Frankreich vermitteln. Seit 1851 besteht in
Algier die Banque de l'Algérie
, seit 1852 auch eine Handelsbörse, deren
Zweck
lediglich der ist, die wirklichen
Kurse der am Platz verkauften
Waren in offizieller und authentischer
Weise festzustellen.
Die Industrie Algeriens befindet sich natürlich der europäischen gegenüber in einem Zustand der Unterordnung, und noch geraume Zeit wird die Gewinnung und Verarbeitung der Metalle der einzige Industriezweig Algeriens bleiben, wie es auch im Interesse des Landes nur zu wünschen ist, daß die Bewohner sich vorläufig auf die Ausbeutung des Bodens beschränken und ihre Kräfte nicht in weniger naturwüchsigen Industriezweigen vergeuden. Die industrielle Thätigkeit, welche im Mittelalter bedeutender war, beschränkt sich jetzt in den Ortschaften des Tell und in den Küstenstädten fast ausschließlich auf Bereitung von Maroquin, Teppich-, Musselin- und Seidenweberei.
Für die Bewohner der Sahara waren von alters her das Weben [* 7] wollener Gewänder, die Kultur des Dattelbaums und der Vertrieb dieser Erzeugnisse die Hauptquellen des Erwerbs. Die Kabylen der Gebirge treiben Ackerbau und Viehzucht, [* 8] daneben Wollweberei, Holzschnitzerei, Mattenflechten etc., auch etwas Bergbau, [* 9] namentlich auf Eisen, [* 10] welches sie teils zu Ackergerätschaften, teils zu Waffen [* 11] verarbeiten. Fast bei allen diesen Stämmen finden sich Mühlen [* 12] und Ölpressen. Bei der europäischen Bevölkerung [* 13] hat sich eine nennenswerte Industrie noch nicht entwickeln können.
Für den innern Verkehr hat die Regierung durch Herrichtung von Straßen manches gethan, namentlich in der Nähe der Küste, deren Gebiet schon geraume Zeit von feindlichen Stämmen gesäubert ist. Im Innern ist in dieser Beziehung aber noch viel zu thun; hier ist teilweise auch die Abneigung der Eingebornen zu überwinden. Die Gesamtlänge aller National-, Departements- und Vizinalstraßen betrug 1879: 9281 km. Die wichtigste Kunststraße ist die, welche die Städte Medea, Blida, Bufarik und Duera mit Algier verbindet.
Die erste Eisenbahn wurde 1862 von Algier bis Blida eröffnet. Das algerische Eisenbahnnetz wird nach einem einheitlichen Plan angelegt. Diesem gemäß soll in erster Linie eine die Küste entlang laufende Bahn von der östlichen Grenze des Landes bis zur westlichen hergestellt werden; dann sollen Zweigbahnen die Hauptbahn mit den westlichen Hafenplätzen verbinden und im ganzen zehn Bahnstrecken ausgeführt werden. Ende 1882 waren 1571 km im Betrieb (Hauptlinien: Algier-Oran und Bone-Konstantine); die Einnahmen betrugen 1883: 21,7 Mill. Fr. Alle Hauptorte der Unterdivisionen sind mit der Divisionshauptstadt und diese Hauptstädte wieder mit Algier durch Telegraphen [* 14] verbunden;
Ende 1881 waren 5832 km Linien (13,885 km Drähte) im Betrieb.
Ein unterseeisches Telegraphenkabel verbindet seit 1879 Marseille direkt mit Algier. Gegenwärtig bestehen Dampfschiffsverbindungen zwischen Marseille und Oran, Marseille und Algier (in 1½ Tagen), Marseille und Stora, Toulon und Algier. Außerdem versehen Dampfschiffe den Küstendienst von Tanger in Marokko [* 15] bis Tunis, Tripolis und Alexandria. Der Schiffsverkehr betrug 1882: 5469 Schiffe [* 16] von 1,940,465 Ton., davon 2260 französische von 1,226,607 T. und nur 15 deutsche von 10,732 T. Für Hafenbauten bei Oran, Algier, Philippeville, Bone wurden in neun Jahren 27 Mill. Fr. verausgabt.
Nach nunmehr 40jährigen Kolonisationsbestrebungen ist die allgemeine Lage Algeriens eine keineswegs günstige. Die ganze Besitzung kostet Frankreich mehr, als sie einträgt; die Ausgaben (1883: 38,3 Mill. Fr.) übersteigen beständig die Einnahmen (34,6 Mill. Fr.), wozu noch die Kosten für das Heer u. a. kommen, so daß das Mutterland fortwährend beizusteuern hat. Alle Zivilisationsversuche gegenüber den auf ihre intolerante Religion gestützten Eingebornen waren vergeblich.
Jene in den
Städten haben die schlechten
Sitten der
Franzosen angenommen, ohne sich im geringsten christlichen
Grundsätzen zugänglich zu zeigen. Auf das Land ist die
Zivilisation noch gar nicht vorgedrungen; dort lebt der Araber wie
früher in seinem
Zelt und haßt den
Christen. Seit undenklichen
Zeiten hat das Arabervolk sich abgesondert erhalten, weil es
von seiner eignen Vortrefflichkeit überzeugt ist; es weiß, daß es den französischen
Bajonetten nicht
widerstehen kann, erhebt sich aber doch bei jeder Gelegenheit wider
Gesetz und
Ordnung. Die phantastischen
Ideen
Napoleons III.,
aus Algerien
ein arabisches
Reich
(Empire arabe) zu bilden, wie er gelegentlich seines Besuchs in der
Kolonie 1863 hervorhob, haben
keine Aussicht auf Erfüllung.
Vgl. das offizielle Werk
»Exploration de l'Algérie
pendant les années 1840-42« (Par. 1844, 31 Bde.),
die jährlich erscheinenden
»Exposés de la situation de l'Algérie«
, die »Statistique générale
de l'Algérie«
(das. 1882);
Berbrugger, L'Algérie
(das. 1842-1845, 3 Bde.);
Fillias,
Géographie de l'Algérie
(3. Aufl.,
Algier 1874);
Soleillet, L'Afrique occidentale: Algérie etc. (Par. 1877);
Gaffarel, L'Algérie; histoire, géographie, mœurs (das. 1883, Bd. 1);
Bécquet und Simon, L'Algérie.
Gouvernement, administration, législation (das. 1883, 3 Bde.); Niox, Algérie. Géographie physique (das. 1884);
v. Maltzan, Drei Jahre im Nordwesten von Afrika [* 17] (2. Aufl., Leipz. 1868, 4 Bde.);
Hirsch, [* 18] Reise in das Innere von Algerien (Berl. 1861);
Petzhold, Streifzüge in Frankreich und Algerien (Dresd. 1869);
Rasch, Nach Algier und den Oasen von Siban (2. Aufl., das. 1875, 2 Bde.);
Gaskell, Algerien wie es ist (a. d. Engl., Wien [* 19] 1877);
Piesse, Itinéraire de l'Algérie (Par. 1879);
Schwarz, Algerien nach 50 Jahren französischer Herrschaft (Leipz. 1881). -
Karten. Carte topographique de l'Algérie publiée par le dépôt de la guerre, 1:50,000, seit 1884 im Erscheinen; Carte de l'Algérie, 1876, 1: 800,000.
Geschichte.
Im Altertum war der östliche Teil des heutigen von Numidiern, der westliche von Mauren bewohnt. Nach der Eroberung durch die Römer [* 20] gehörte jener zur Provinz Afrika und bildete seit Konstantin d. Gr. die Provinz Numidien, dieser die ¶
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Provinz Mauretania Cäsariensis, von der noch später die Provinz Mauretania Sitifensis abgetrennt wurde. Die Provinz befand sich unter den römischen Kaisern im blühendsten Zustand und hatte viele volkreiche Städte, allein 123 Bischofsitze. Aber durch die verwüstenden Einfälle erst der Vandalen, dann der Araber sank das nördliche Afrika in die alte Barbarei zurück, und unter den Arabern erhob sich Algerien nicht wieder zu der frühern Blüte. [* 22] Um 935 gründete der arabische Fürst Zeiri auf der Stelle der karthagischen Pflanzstadt, später römischen Veteranenkolonie Icosium die Stadt Al Dschesair, das jetzige Algier.
Seine Nachkommen herrschten im Land bis 1148, nach ihnen bis 1269 die Almohaden von Marokko. Dann zerfiel das Land in mehrere kleinere Gebiete. Zu dem bedeutendsten, dem Königreich Tlemsen, unter den Zizaniden, gehörte Algier. Die Vertreibung der Mauren und Juden aus Spanien [* 23] (1492) führte Nordafrika eine Menge neuer Ansiedler zu; diese aber waren Erbfeinde der Christen, und Seeräuberei wurde ihr Hauptgewerbe. Schon Ferdinand der Katholische zog gegen sie, nahm 1509 Oran und Bugia und 1510 die Stadt Algier selbst, wo er vor dem Hafen ein Kastell errichtete, um das Raubnest zu überwachen.
Gegen die Spanier rief der Emir der Mitidscha, Selim Eutemi, den türkischen Piratenhäuptling Horuk Barbarossa zu Hilfe, der 1515 in Algerien landete und sich nach Ermordung Selim Eutemis zum Herrscher von Algerien machte, dann auch die Sultane von Tenes und Tlemsen ihrer Gebiete beraubte, aber 1518 auf einem Streifzug gegen einen Beduinenstamm fiel. Der von den algerischen Korsaren hierauf zum Sultan ausgerufene Bruder Horuks, Chaireddin Barbarossa, stellte 1519 sein Reich unter die Lehnshoheit der Pforte, wurde Pascha und erhielt türkische Hilfstruppen, mit denen er die Spanier aus ihrem Inselfort vertrieb; er verband dieses durch einen Damm mit Algier, dessen Hafen dadurch sehr verbessert wurde.
Chaireddin eroberte auch Tunis und wurde an der Spitze seiner Piratenschiffe der Schrecken der Christen im Mittelmeer. Kaiser Karl V. unternahm eine große Expedition gegen Algerien und landete mit einer Flotte von 370 Segeln und 30,000 Mann, mußte aber, nachdem furchtbares Unwetter sein Lager [* 24] und viele Schiffe zerstört hatte, nach schweren Verlusten abziehen. So dauerten die Raubzüge der algerischen Korsaren im Mittelmeer fort. Dieselben erweiterten ihre Macht auch im Innern und eroberten noch vor dem Ende des 16. Jahrh. alles westlich gelegene Land bis zur Grenze von Marokko, außer dem spanischen Oran.
Damals hatten die algerischen Korsaren oft über 200 Schiffe in See, und ihre Raubzüge erstreckten sich in den Atlantischen Ozean hinaus. Im J. 1600 erlangten die türkischen Janitscharen das Recht, einen Dei aus ihrer Mitte zu wählen, der neben dem Pascha stehen und ihr Befehlshaber sein sollte. Seitdem kam es oft zu innern Kämpfen. Mehrere Angriffe, welche die Engländer 1655 und mit den Holländern 1669 und 1670 auf Algerien machten, blieben ohne Resultat. Erst Ludwig XIV. von Frankreich trat energischer gegen die Piraten auf. Am beschoß Admiral Duquesne Algier ziemlich erfolglos.
Ein zweites Bombardement richtete zwar in der Stadt Schaden an, hatte aber sonst auch keine Wirkung. Aber 1687 wurde Algier unter Marschall d'Estrées bombardiert und größtenteils in Asche gelegt. Gleichwohl erlangte Frankreich nur einen zweifelhaften Frieden. Im J. 1708 ging Oran, die letzte Besitzung der Spanier an der Küste Algeriens, an den Dei Ibrahim verloren. Dessen Nachfolger Baba Ali machte sich von der Pforte thatsächlich unabhängig und entrichtete keinen Tribut mehr nach Konstantinopel. [* 25] Algerien bildete seitdem eine Soldatenrepublik unter dem von den Janitscharen gewählten Dei, diesem zur Seite stand ein Diwan oder Staatsrat aus 60 der vornehmsten Beamten. 1732 eroberten die Spanier Oran und Mers el Kebir wieder und behielten diese Plätze bis 1791. Ihre letzte große Expedition gegen Algerien (1775) scheiterte völlig. So trotzte das Raubnest den christlichen Mächten nach wie vor und machte sich die schwächern tributär.
Nur während der Kriege zwischen Frankreich und England zu Ende des vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts hielt die Anwesenheit großer Kriegsflotten im Mittelmeer die Korsaren im Zaum. Nach dem Friedensschluß von 1814 begann das alte Unwesen wieder. Zwar schritten nun die Vereinigten Staaten [* 26] von Nordamerika [* 27] ein. Der amerikanische Kommodore Decatur schlug bei Cartagena die algerische Flotte und erzwang die Unverletzlichkeit der Unionsflagge. Als darauf der Dei die Mannschaft von 359 italienischen Schiffen, welche die Erlaubnis zum Korallenfischen für Geld erlangt hatten und unter britischer Flagge in Bone lagen, überfallen und niedermetzeln ließ, erzwang eine englisch-niederländische Flotte unter Admiral Exmouth 28. Aug. durch ein Bombardement von Algier die Freilassung von 1211 Christensklaven sowie das Versprechen, von der Seeräuberei abzulassen.
Aber schon 1817 wagten sich algerische Seeräuber wieder bis in die Nordsee und nahmen Schiffe der Mächte weg, welche ihnen nicht Tribut und Geschenke bewilligt hatten. So zahlte noch 1829 das Königreich beider Sizilien [* 28] jährlich 24,000 Piaster Tribut, und zu Ähnlichem hatten sich Portugal, Toscana, Sardinien, [* 29] Schweden [* 30] und Dänemark [* 31] verstehen müssen; selbst England bequemte sich, bei jedem Konsulwechsel ein Geschenk von 600 Pfd. Sterl. zu machen. Österreich [* 32] war durch Vermittelung der Pforte von Tribut und Konsulargeschenken frei. Hannover [* 33] und Bremen [* 34] zahlten ansehnliche Gratifikationen, und die Schiffe der übrigen Staaten waren den algerischen Korsaren preisgegeben. Die Gefangenen verfielen nach wie vor der Sklaverei, und alle Vorstellungen der christlichen Mächte blieben unbeachtet.
Um sich von den Janitscharen, die 1817 den Dei Omar ermordet hatten, zu befreien, verlegte dessen Nachfolger Ali seine Residenz in die Citadelle (Kasba), bemächtigte sich daselbst des heiligen Schatzes und gewann damit die Mauren und Neger, mit deren Hilfe er die Janitscharen im Zaum hielt. Ihm folgte im Februar 1818 Husein, unter welchem das moslemische Regiment in Algerien infolge eines Konflikts mit Frankreich sein Ende erreichte. Wiederholte Verletzungen der französischen Flagge und 1823 eine solche der Wohnung des französischen Konsularagenten hatten schon eine feindliche Spannung erzeugt, als noch ein Streitpunkt hinzukam, indem der Dei von Frankreich die Zahlung einer hohen Summe, welche dies für 1798 während der ägyptischen Expedition von algerischen Juden geliefertes Getreide [* 35] schuldig sei, verlangte. Ein hierauf bezüglicher Brief des Deis an den König von Frankreich blieb ohne Antwort. Als nun am Beiramfest 1827 der Dei die Konsuln empfing, fragte er den französischen Konsul Deval nach der Ursache dieses Stillschweigens. Dieser antwortete beleidigend, der König von ¶