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von 6611 auf 12,827, und man zählte ca. 517,000 Palmen und 90,000 Obstbäume. In ganz waren 1880 bebaut: 18,310,775 Hektar Landes, davon 1,008,656 Hekt. durch Europäer und 17,302,119 Hekt. durch Eingeborne. Aber ein richtiger Schwung wird sich im Ackerbau wohl schwerlich bemerkbar machen, solange die französischen Kolonisten auf Kosten der andern Nationalitäten stark bevorzugt werden. Dennoch ist Algerien bereits ein Konkurrent auf dem Gebiet der europäischen Brotversorgung geworden. Glänzende Ernten ermöglichten seit 1869 einen doppelten Getreideexport. Nächst Weizen, Gerste, Hafer, Mehl und Leinsamen, von denen 1882 für 38,1 Mill. Frank exportiert wurden, sind es die Olivenpflanzungen, welche die bedeutendste Stelle in der Landeskultur einnehmen und ein Produkt liefern, das mit dem Provenceröl konkurriert (Export 1882: 323,936 Fr.). Einen außerordentlichen Aufschwung hat der Bau von Früchten und feinen Gemüsen in der Umgebung der Stadt Algier genommen, und ein sehr bedeutender Export (1882: 5,004,390 Fr.) von frischen u. trocknen Früchten und Gemüsen versorgt nicht nur Frankreich, sondern in zunehmendem Maß auch England und Deutschland. Der Tabaksbau ist in steter Zunahme und lieferte 1882 Tabak in rohem und verarbeitetem Zustand für 5,043,754 Fr. Dagegen hat der während des amerikanischen Bürgerkriegs in Aufschwung gekommene Baumwollbau sehr nachgelassen. Der Weinbau aber, der ein Produkt von mittlerer Güte liefert, breitet sich auch unter den mohammedanischen Bewohnern immer mehr aus, deckt den Bedarf indes noch nicht. Die Seidenzucht hebt sich und liefert jährlich etwa 2800 kg Seide. Die Waldkultur Algeriens befindet sich bei weitem nicht in dem Zustand, welchen die treffliche Naturbeschaffenheit des Waldbodens erwarten ließe. Es sind hieran vornehmlich die Verwüstungen schuld, welche die Araber dadurch in den Wäldern anrichten, daß sie, um ihrem Vieh ein wenig Weide zu verschaffen, vor der Regenzeit ungeheure Strecken Mittelwald in Brand stecken, damit das Gras dichter und leichter zugänglich werde. Die Waldvegetation ist von Natur außerordentlich reich. Allenthalben finden sich Pinusarten, Eichen, Hainbuchen, Eschen, Zedern, Pistazien-, Mastix-, Johannisbrot-, wilde Olivenbäume, Myrten etc., und eine intelligente Kultur würde daraus die üppigsten Waldbestände erzielen können. Außer den Brenn- und Zimmerhölzern besitzt Algerien besonders zwei in Europa äußerst seltene Bäume, nämlich den süßen Eichelbaum und die Korkeiche, und die algerischen Hochebenen enthalten einen unerschöpflichen Reichtum eines von der europäischen Industrie sehr gesuchten Rohstoffs, des Alfagrases, von welchem 1883 für 12,8 Mill. Fr. ausgeführt wurde. Der gesamte Export von Korkholz (6,65 Mill.), Gerberrinde, Palmenfasern (crin végétal) und Holzarbeiten betrug 26,5 Mill. Fr. Neuerlich hat die Regierung der Waldkultur große Sorgfalt gewidmet. Von fremden eingeführten Bäumen haben sich der riesige australische Gummibaum (Eucalyptus globulus) und der Talgbaum (Stillingia sebifera) besonders bewährt. Der Viehstand vermehrt sich gleichfalls stetig; 1881 zählte man 149,048 Pferde, 126,382 Maultiere, 205,422 Esel, 216,535 Kamele, 1,111,955 Rinder, 6,024,895 Schafe, 3,144,048 Ziegen und 60,318 Schweine. Von diesem Viehstand gehörten 10,508,943 Stück den Eingebornen und nur 529,660 den Kolonisten. Das algerische Pferd ist schlank, leicht und nervig, daher hauptsächlich als Renner und zu militärischen Zwecken brauchbar. Bei den Arabern im allgemeinen finden sich nur minder edle Rassen von Pferden; aber seit 1852 hat man angefangen, die arabischen Stämme zur Vermehrung der Pferdezucht zu veranlassen. Zum Transport dienen in Algerien das Kamel, der Esel und das Maultier, denen das trockne und heiße Klima gut bekommt. Schafherden machen den einzigen Reichtum der südlichen, den äußersten Saum der Wüste bewohnenden Stämme aus. Der Hauptmarkt für die Wolle jener Küstenstämme ist Konstantine. Schweine wurden erst seit der französischen Eroberung nach Algerien verpflanzt. Der bedeutende Viehstand gestattet eine ansehnliche Ausfuhr nach Frankreich und den Mittelmeerländern (1882 für 17 Mill. Fr. Rinder und Schafe, für 4,2 Mill. Häute und für 4,1 Mill. Fr. Wolle). Im J. 1879 gründeten Pariser Kaufleute auch eine Gesellschaft zur Aufzucht von Straußen in Algerien In den Sümpfen der Provinz Oran werden viel Blutegel gezüchtet. Die Fischerei der edlen roten Koralle (1882: 1,891,560 Fr.) an der Küste ist von Bedeutung. Der Fischfang an der Küste (jährlich über 5 Mill. Fr. Wert) wird meist von Italienern betrieben. Der mineralische Reichtum Algeriens hat sich durch wissenschaftliche Untersuchungen als sehr bedeutend herausgestellt, obwohl die wirkliche Ausbeute noch bei weitem nicht diesem Reichtum entspricht. Mit Ausnahme von Gold finden sich alle Metalle, namentlich aber Eisen und Kupfer. In der Provinz Algier sind die bedeutendsten Eisen- und Kupferminen die von Muzaia, Sumah, Dschebel, Tmulga, Miliana, Blida und Tenes; in Konstantine die reichen Eisenminen von Ain Mokra, Dschebel Anini, die Blei- und Silbergruben von Kef um Thebul, Bu Taleb, die Antimongruben von El Hammimat, die Quecksilbergruben von Jemappes und Guelma; in Oran die Blei- und Silbergruben von Lella Maghnia und Ghar Rubân, die Eisengruben vom Berg der Löwen, Ain Temuschent und der Tafna. Vorzüglichen Marmor bricht man in allen Provinzen. Mangel an Verkehrsstraßen und die Unmöglichkeit der Verhüttung der Erze an Ort und Stelle verhindern aber einen ergiebigen Abbau, so daß 1881 an 40 Gruben verlassen wurden. In demselben Jahr wertete die Ausfuhr von Eisenerz 9,457,229, von Kupfererz 1,796,580, von Bleierz 1,319,085 Fr. An Schwefel, Porzellan- und Ziegelerde, Bausteinen, Gips etc. ist Überfluß. Auch von Mineralquellen kennt man über 100; die Ruinen von Badebassins und Tempeln, welche man in der Nähe dieser Quellen häufig antrifft, deuten darauf hin, daß schon die Römer die Wirksamkeit derselben gekannt und sie benutzt haben. Am berühmtesten sind in der Provinz Algier die heißen Quellen von Hammam Meluan und Hammam Righa, in der Provinz Oran die heiße Quelle von Bains de la Reine, vor allen aber in Konstantine die von Hammam Meskhutine, deren Hauptstrudel 95° C. hat.
[Handel und Industrie.]
Algerien bildet seit 1851 mit Frankreich ein einziges Zollgebiet. Am meisten sind Frankreich, Spanien und England bei der Ein- und Ausfuhr beteiligt. Frankreich führt in Algerien vornehmlich gewebte Stoffe aller Art, Wein, Branntwein, Zucker und Modeartikel, von seinen übrigen Kolonien Cerealien und Kaffee ein. Es bezieht dagegen von Algerien Olivenöl, Rohleder, Holz, Wolle und Tabak. Spanien liefert Früchte und Öle und bezieht gewebte Stoffe; England liefert Steinkohlen, Eisen und Metallwaren und bezieht Cerealien, Schlachtvieh und neuerlich viel Espartogras (Alfa) zur
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Papierfabrikation. Ausfuhr wie Einfuhr haben sich stetig gehoben. Der wirkliche Wert der gesamten Einfuhr betrug 1882: 411,9 Mill., der der Ausfuhr 150 Mill. Fr. Von diesem wirklichen Wert muß der »offizielle« (nach einem Tarif berechnete) wohl unterschieden werden; nach letzterm sind alle Zahlen bedeutend kleiner. Die Handelsflotte Algeriens, die sich meist mit Küstenschiffahrt beschäftigt, bestand 1880 aus 1451 Schiffen, wovon 1138 für Fischerei. Außer Algier sind die besuchtesten Häfen: Bone, Philippeville, Bougie, Scherschel, Tenes, Mostaganem, Oran und Nemours (Dschema Rhasuat). Der Verkehr der Küstenstädte nach dem Innern ist durch den Mangel schiffbarer Flüsse und guter Landstraßen sehr erschwert. Von den französischen Häfen sind es vornehmlich Marseille, Cette und Toulon, welche am meisten den Seeverkehr mit Frankreich vermitteln. Seit 1851 besteht in Algier die Banque de l'Algérie, seit 1852 auch eine Handelsbörse, deren Zweck lediglich der ist, die wirklichen Kurse der am Platz verkauften Waren in offizieller und authentischer Weise festzustellen. Die Industrie Algeriens befindet sich natürlich der europäischen gegenüber in einem Zustand der Unterordnung, und noch geraume Zeit wird die Gewinnung und Verarbeitung der Metalle der einzige Industriezweig Algeriens bleiben, wie es auch im Interesse des Landes nur zu wünschen ist, daß die Bewohner sich vorläufig auf die Ausbeutung des Bodens beschränken und ihre Kräfte nicht in weniger naturwüchsigen Industriezweigen vergeuden. Die industrielle Thätigkeit, welche im Mittelalter bedeutender war, beschränkt sich jetzt in den Ortschaften des Tell und in den Küstenstädten fast ausschließlich auf Bereitung von Maroquin, Teppich-, Musselin- und Seidenweberei. Für die Bewohner der Sahara waren von alters her das Weben wollener Gewänder, die Kultur des Dattelbaums und der Vertrieb dieser Erzeugnisse die Hauptquellen des Erwerbs. Die Kabylen der Gebirge treiben Ackerbau und Viehzucht, daneben Wollweberei, Holzschnitzerei, Mattenflechten etc., auch etwas Bergbau, namentlich auf Eisen, welches sie teils zu Ackergerätschaften, teils zu Waffen verarbeiten. Fast bei allen diesen Stämmen finden sich Mühlen und Ölpressen. Bei der europäischen Bevölkerung hat sich eine nennenswerte Industrie noch nicht entwickeln können.
Für den innern Verkehr hat die Regierung durch Herrichtung von Straßen manches gethan, namentlich in der Nähe der Küste, deren Gebiet schon geraume Zeit von feindlichen Stämmen gesäubert ist. Im Innern ist in dieser Beziehung aber noch viel zu thun; hier ist teilweise auch die Abneigung der Eingebornen zu überwinden. Die Gesamtlänge aller National-, Departements- und Vizinalstraßen betrug 1879: 9281 km. Die wichtigste Kunststraße ist die, welche die Städte Medea, Blida, Bufarik und Duera mit Algier verbindet. Die erste Eisenbahn wurde 1862 von Algier bis Blida eröffnet. Das algerische Eisenbahnnetz wird nach einem einheitlichen Plan angelegt. Diesem gemäß soll in erster Linie eine die Küste entlang laufende Bahn von der östlichen Grenze des Landes bis zur westlichen hergestellt werden; dann sollen Zweigbahnen die Hauptbahn mit den westlichen Hafenplätzen verbinden und im ganzen zehn Bahnstrecken ausgeführt werden. Ende 1882 waren 1571 km im Betrieb (Hauptlinien: Algier-Oran und Bone-Konstantine); die Einnahmen betrugen 1883: 21,7 Mill. Fr. Alle Hauptorte der Unterdivisionen sind mit der Divisionshauptstadt und diese Hauptstädte wieder mit Algier durch Telegraphen verbunden; Ende 1881 waren 5832 km Linien (13,885 km Drähte) im Betrieb. Ein unterseeisches Telegraphenkabel verbindet seit 1879 Marseille direkt mit Algier. Gegenwärtig bestehen Dampfschiffsverbindungen zwischen Marseille und Oran, Marseille und Algier (in 1½ Tagen), Marseille und Stora, Toulon und Algier. Außerdem versehen Dampfschiffe den Küstendienst von Tanger in Marokko bis Tunis, Tripolis und Alexandria. Der Schiffsverkehr betrug 1882: 5469 Schiffe von 1,940,465 Ton., davon 2260 französische von 1,226,607 T. und nur 15 deutsche von 10,732 T. Für Hafenbauten bei Oran, Algier, Philippeville, Bone wurden in neun Jahren 27 Mill. Fr. verausgabt.
Nach nunmehr 40jährigen Kolonisationsbestrebungen ist die allgemeine Lage Algeriens eine keineswegs günstige. Die ganze Besitzung kostet Frankreich mehr, als sie einträgt; die Ausgaben (1883: 38,3 Mill. Fr.) übersteigen beständig die Einnahmen (34,6 Mill. Fr.), wozu noch die Kosten für das Heer u. a. kommen, so daß das Mutterland fortwährend beizusteuern hat. Alle Zivilisationsversuche gegenüber den auf ihre intolerante Religion gestützten Eingebornen waren vergeblich. Jene in den Städten haben die schlechten Sitten der Franzosen angenommen, ohne sich im geringsten christlichen Grundsätzen zugänglich zu zeigen. Auf das Land ist die Zivilisation noch gar nicht vorgedrungen; dort lebt der Araber wie früher in seinem Zelt und haßt den Christen. Seit undenklichen Zeiten hat das Arabervolk sich abgesondert erhalten, weil es von seiner eignen Vortrefflichkeit überzeugt ist; es weiß, daß es den französischen Bajonetten nicht widerstehen kann, erhebt sich aber doch bei jeder Gelegenheit wider Gesetz und Ordnung. Die phantastischen Ideen Napoleons III., aus Algerien ein arabisches Reich (Empire arabe) zu bilden, wie er gelegentlich seines Besuchs in der Kolonie 1863 hervorhob, haben keine Aussicht auf Erfüllung.
Vgl. das offizielle Werk »Exploration de l'Algérie pendant les années 1840-42« (Par. 1844, 31 Bde.), die jährlich erscheinenden »Exposés de la situation de l'Algérie«, die »Statistique générale de l'Algérie« (das. 1882); Berbrugger, L'Algérie (das. 1842-1845, 3 Bde.); Fillias, Géographie de l'Algérie (3. Aufl., Algier 1874); Soleillet, L'Afrique occidentale: Algérie etc. (Par. 1877); Gaffarel, L'Algérie; histoire, géographie, mœurs (das. 1883, Bd. 1); Bécquet und Simon, L'Algérie. Gouvernement, administration, législation (das. 1883, 3 Bde.); Niox, Algérie. Géographie physique (das. 1884); v. Maltzan, Drei Jahre im Nordwesten von Afrika (2. Aufl., Leipz. 1868, 4 Bde.); Hirsch, Reise in das Innere von Algerien (Berl. 1861); Petzhold, Streifzüge in Frankreich und Algerien (Dresd. 1869); Rasch, Nach Algier und den Oasen von Siban (2. Aufl., das. 1875, 2 Bde.); Gaskell, Algerien wie es ist (a. d. Engl., Wien 1877); Piesse, Itinéraire de l'Algérie (Par. 1879); Schwarz, Algerien nach 50 Jahren französischer Herrschaft (Leipz. 1881). -
Karten. Carte topographique de l'Algérie publiée par le dépôt de la guerre, 1:50,000, seit 1884 im Erscheinen; Carte de l'Algérie, 1876, 1: 800,000.
Geschichte.
Im Altertum war der östliche Teil des heutigen von Numidiern, der westliche von Mauren bewohnt. Nach der Eroberung durch die Römer gehörte jener zur Provinz Afrika und bildete seit Konstantin d. Gr. die Provinz Numidien, dieser die