(Iskanderûn), der einzige türk. Seehafen im nördlichen
Syrien, südlich am
Golf von der nordöstlichsten
Bucht des
Mittelmeers,
[* 2] in sumpfiger
Ebene, ehemals große und reiche Handelsstadt, jetzt ein unbedeutender
Ort mit 1500 Einw.
aber wichtig als Ein- und Ausfuhrhafen für
Aleppo und ganz Nordsyrien.
In dem großen, aber vernachlässigten
Hafen verkehrten 1882: 390
Schiffe
[* 3] von 218,466
Ton. Alexandrette ist
Station französischer, englischer und russischer Dampferlinien. Der
Handel liegt meist in englischen
Händen;
Wert derEinfuhr 1882: 26,1, der Ausfuhr 41,3 Mill.
Frank. Die
Europäer wohnen in dem nahegelegenen reizenden Dorf Bailan. Alexandrette ward von
Alexander d. Gr. zum Andenken an
seinen
Sieg bei
Issos (333
v. Chr.) gegründet, daher
Alexandria ad Issum genannt. Hier Sieg der ägyptischen
TruppenMehemedAlis über die
Türken.
(Alexandreia), eine von
Alexander d. Gr. 331
v. Chr. gegründete und nach ihm benannte Stadt an der
Küste
von Unterägypten, jahrhundertelang eine der glänzendsten Großstädte des
Altertums und als Pflegerin
der
Wissenschaften berühmt. Der
Sage nach hatte dem Eroberer im
Traum ein
Greis die
VerseHomers recitiert:
»Eine der
Inseln liegt in der weit aufwogenden Meerflut
und so die
Lage der zu erbauenden Stadt bestimmt. Sie nahm den sandigen
Streifen zwischen dem
Meer und dem
Strandsee
Mareotis ein und war vom
BaumeisterDeinokrates angelegt. Ihr
Umfang betrug an 19 km. Die vorliegende
InselPharos war
mit dem
Festland durch einen mächtigen, 7 Stadien (1290 m) langen
Damm (Heptastadion) verbunden, welcher den
Hafen in eine westliche (Eunostos) und eine östliche Hälfte (den sogen.
GroßenHafen) teilte. Diese Häfen sind noch die
der jetzigen Stadt Alexandria; das tief und fest begründete Heptastadion ist durch die vom
Meer angeschwemmten
Gerölle und Schuttmassen
zu einer etwa 500 m breiten
Landzunge geworden, die
Kanäle aber, welche die Häfen ehedem verbanden, sind
längst angefüllt.
Auf der Ostspitze der
InselPharos erhob sich, von Sostratos unter
Ptolemäos I. im 3. Jahrh.
v. Chr. erbaut, der berühmte, 160 m
hohe, aus acht
Stockwerken bestehende
Leuchtturm, dessen
Leuchte auf 300 Stadien (50-60 km) den
Schiffen sichtbar war. Das prächtigste
Quartier der Stadt war das sogen. Brucheion oder
Basileia, das den »großen
Hafen« von S. einschloß und
alle zur königlichen
Residenz gehörigen Bauwerke umfaßte. Hier stand das weltberühmte Museion, der
Brennpunkt des geistigen
Lebens für mehrere
Jahrhunderte, mit der großen, angeblich 700,000
Rollen
[* 4] starken
Bibliothek (s. unten, S. 331); weiter nach
der
Küste hin der
Tempel
[* 5] des
Poseidon
[* 6] und das
Theater.
[* 7] Am östlichen Ende des Brucheion ragten die sogen.
Nadeln der Kleopatra
[* 8] empor, zwei schlanke
Obelisken aus dem 16. Jahrh.
v. Chr., von denen der eine seit 1878 in
London,
[* 9] der andre
seit 1880 in
New York sich befindet. Im S. des Brucheions stand das prunkvolle Gymnasion mit 200 m langen
Säulenhallen und ostwärts davon, vor dem Kanoposthor, der große
Hippodrom (die
Rennbahn). Im
SW. der Stadt lag das Serapeion,
nächst dem
Kapitol in
Rom
[* 10] das prachtvollste Gebäude seiner Art in der damals bekannten
Welt (mit einer zweiten wertvollen
Bibliothek von 200,000Rollen), in dessen weiten
Räumen zu Anfang des 4. Jahrh.
n. Chr. ein römischer
Präfekt,
Pompejus, zu
Ehren des
KaisersDiokletian eine imposante
Säule errichtete, die noch heute, gewöhnlich
Pompejussäule
benannt
mitten unter Schutthügeln aufrecht steht, ein riesenhafter
Monolith aus rotem
Granit von 20 m
Höhe und 2½ m
Durchmesser.
Sie gehört zur korinthischen
Ordnung und erreicht mit
Fußgestell und
Knauf
[* 11] eine Gesamthöhe von fast 32 m.
Auf ihr wurden auf
Napoleons I. Befehl die
Namen der beim
Sturm auf die Stadt gebliebenen französischen
Soldaten eingezeichnet,
die an ihrem
Fuß beerdigt liegen. Den
Mittelpunkt der gesamten Stadt bildete der ungeheure Platz, auf
dem sich die beiden über 30 m breiten Hauptstraßen Alexandrias rechtwinkelig schnitten;
Reihen großer Schutthaufen, einzelne
Säulen
[* 12] und zahlreiche
Zisternen deuten noch jetzt den
Lauf dieser Hauptstraßen an. Im W. lag die große (unterirdische) Gräberstadt
(Nekropolis), bis zu dem sogen.
Bade der
Kleopatra sich erstreckend.
DieHunderte der noch immer vorhandenen
Zisternen zeugen noch heute von der
Größe des alten
Alexandrien.
Unter den aufgetürmten Schuttmassen mögen noch ansehnliche Reste der großen Vorzeit verborgen liegen; mit vielen der alten
Marmor- und Granitwerke hat sich
Rom ausgestattet und nachmals Byzanz, über andre flutet das
Meer. Bei der Besitznahme der
Römer
[* 13] zählte Alexandria nahezu eine
Million Einwohner, und ein seltsames Gemisch von Völkern war hier zusammengedrängt: Griechen
(die
Mehrzahl), Ägypter und zahlreiche
Juden;
daneben Leute aus allen Gegenden der damals bekannten
Welt,
Schwarze und
Weiße,
die der
Handel oder die
Sklaverei hierher führte, endlich als Befehlende
Römer.
Das jetzige Alexandria (arab.
Iskanderieh, s. beifolgenden Stadtplan), Haupthafen und erste Handelsstadt
Ägyptens, ist nächst
Kairo
[* 14] die größte und blühendste Stadt des
Landes, nimmt aber nur etwa ein Drittel von dem
Raum des alten Alexandria ein, nämlich die
frühere
InselPharos und die sie mit dem
Festland verbindende
Landzunge (das alte Heptastadion). Zu beiden
Seiten der letztern liegen die beiden Häfen: westlich der alte oder afrikanische, östlich der neue oder asiatische
Hafen,
beide jetzt allen
Nationen offen stehend, während bis Anfang dieses
Jahrhunderts die fremden christlichen
Schiffe nur in den
nicht hinlänglich sichern neuenHafen einlaufen durften. Alexandria ist keine eigentlich orientalische Stadt,
es bildet ein Gemisch von
Orient und
Occident, wobei jedoch der europäische
Charakter mehr und mehr zur Geltung gelangt.
Die
Straßen des ältern (türkischen) Stadtteils sind ungepflastert, im
Winter daher äußerst schmutzig, fast ungangbar,
die
Häuser entweder aus
Backsteinen und rotemLehm oder aus weißem
Sandstein mit
Mörtel gebaut, zwei, höchstens
drei
Stockwerke hoch, mit flachen Dächern, die
Thüren nach der
Straße zu verschlossen, die
Fenster vergittert. Die mehr in
die
Augen fallenden Gebäude, wie der
Palast des
Chedive, das Zollhaus, das Marinearsenal u. a., sind sämtlich Werke
MehemedAlis.
Das auffälligste Gebäude ist das auf der ehemaligen Pharosinsel (wahrscheinlich an der
Stelle des alten
Leuchtturms) stehende
Kastell, wo sich auch seit 1842 der neue, 55 m hohe
Leuchtturm erhebt, der auf 30 km sichtbar ist. Die
Stadt ist nach der
See- und Landseite hin durch
Befestigungen verteidigt. Die
Mauer, welche sie umschließt
und durch etwa 100
Türme und
Bastionen flankiert wird, ist die nämliche, welche die Araber nach der Zerstörung des alten
Alexandria errichteten. Das immer mehr wachsende und sich ausdehnende
Quartier der
Franken, in dem alljährlich palastartige Neubauten
entstehen, zumal um den Platz
Mehemed Ali (auch Platz der
Konsuln) mit der
¶
Die Juden haben mehrere Synagogen und die Mohammedaner über 30 Moscheen. Einige reiche europäische Kaufleute haben sich in der
Nähe von Alexandria prächtige Landhäuser gebaut und Parke angelegt, und die Oberbeamten des Chedive fangen an,
diesem Beispiel zu folgen. Der fremden Bevölkerung
[* 17] steht eine mindestens dreimal so starke einheimische, zumeist aus türkischen
und arabischen Elementen gemischte gegenüber, die in armseligen, aus Lehm zusammengekneteten Hütten
[* 18] wohnt, und zu der sich
noch Vertreter der verschiedensten afrikanischen Völkerschaften gesellen.
Die Gesamtzahl der Einwohner wird zu (1883) 208,755 angegeben. Davon kommen
auf die europäische Bevölkerung, welche, Handelsgewinn suchend, sich in Alexandria niedergelassen hat, nahezu 60,000, vorherrschend
Italiener, Griechen und Franzosen (nur etwa 1000 Deutsche).
[* 19] Der Flor der neuen Stadt gründet sich hauptsächlich auf den überseeischen
Export- und Importhandel, welcher hier für ganz Ägypten
[* 20] seinen Sitz hat. Die Hauptgegenstände des Exporthandels
sind gegenwärtig: Baumwolle
[* 21] und Baumwollsamen, Hülsenfrüchte, Ölsamen, Hanf, Indigo,
[* 22] Zucker,
[* 23] Gummi, Opium, Wolle, verschiedene
Droguen etc.;
Hauptgegenstände des Importhandels: europäische Seidenwaren, wollene und baumwollene Stoffe, Leder- und allerlei
Kurzwaren und Luxusgegenstände etc. Die Verkehrsmittel Alexandrias sind so entwickelt wie
nur die irgend eines andern Hafens am Mittelmeer;
Jährlich besuchen über 2000 Schiffe Alexandria. Zwei Telegraphenkabelführen nach Europa.
[* 28] Eine Eisenbahn
führt in östlicher Richtung nach der nahen Sommerfrische Ramle und nach Rosette, eine zweite nach Kairo und Suez, eine dritte
nach El Meks, Mittelpunkt der Arbeiten für die von einem englischen Hause ausgeführten großartigen Hafenanlagen.
Das außerordentlich schnelle Emporkommen Alexandrias unter der jetzigen Regierung ist übrigens großenteils auf Kosten andrer
Plätze bewerkstelligt worden, besonders Rosettes, das in gleichem Verhältnis sank und verarmte.
Der Lebensnerv des heutigen Alexandria ist der Mahmudiehkanal, welcher die Verbindung mit dem Innern unterhält
und zugleich den Zweck hat, die Stadt mit Trinkwasser zu versorgen. Dieses großartige Werk despotischer Willenskraft, 1819 von
Mehemed Ali angelegt und zu Ehren des SultansMahmud benannt, läuft vom alten Hafen zum Nilarm von Rosette in einer Länge von
83,5 km, 30 m breit und 6 m tief. Mit diesem Kanal,
[* 29] an dem anfangs 100,000, später sogar 310,000 Menschen
arbeiteten (20,000 sollen durch Krankheiten und Hunger hingerafft worden sein), steht ein kleinerer von etwa 2728 m Länge, 20 m
Breite
[* 30] und 6 m Tiefe in Verbindung, um beim Anschwellen des Nils das eintretende überflüssige Wasser abzuführen.
An Stelle der Zisternen, von denen es noch über 1000 geben soll, ist seit 1860 eine aus dem Kanal Moharrem Bei (einem Zweig
des Mahmudiehkanals) gespeiste Wasserleitung
[* 31] getreten, deren Wasser in der trocknen Jahreszeit jedoch kaum
brauchbar ist.
Das Klima
[* 32] Alexandrias ist im ganzen gesund, und selbst im Sommer ist die Hitze, durch den Seewind gekühlt,
nicht drückend; selten steigt das Thermometer
[* 33] auf 26° C. Der vorherrschende Wind ist der Nordwind; im Winter regnet es fast
täglich. Alexandria ist der Sitz eines Gouverneurs, eines koptischen Patriarchen, seit 1876 eines internationalen Appellhofs, der
Marine- und Handelsanstalten sowie der Marine- und Militärschulen und der fremden Konsuln. AlleEuropäer
genießen vollkommene Gewerbe- und Steuerfreiheit und Schutz von den ägyptischen Behörden.
Die Garnison besteht aus 2-3000 Mann Kerntruppen. Die Eröffnung desSuezkanals und damit des Konkurrenzhafens Port Said hat
keineswegs, wie man befürchtete, nachteilig auf die Blüte
[* 34] der Stadt gewirkt, die im Gegenteil sich noch
mehr gehoben hat und den seit dem amerikanischen Bürgerkrieg so bedeutend gewordenen ägyptischen Baumwollhandel monopolisiert.
Vgl. Franceschi, Volkswirtschaftliche Studien über Alexandria und das untere Nilthal (Wien
[* 35] 1874).
Geschichte. Was der große Makedonier mit der Gründung Alexandrias gewollt, führten die ihm nachfolgenden Beherrscher Ägyptens
teilweise aus. Die Ptolemäer wählten zur Hauptstadt ihres neuen Reichs, und unter ihrer Regierung hob
es sich zu einer der blühendsten Städte des Altertums empor, groß durch Handel wie keine, als Sitz der Wissenschaften berühmter
als alle, aber auch als Sitz einer durch überschwenglichen Reichtum genährten grenzenlosen Sittenlosigkeit und Üppigkeit
berüchtigt.
Die wissenschaftliche Bedeutung Alexandrias machte es auch zu einem Hauptsitz des Christentums; die heftigsten Kämpfe zwischen
diesem und dem Heidentum und zwischen den christlichen Parteien schädigten die Blüte der Stadt. In diesen Kämpfen ging 389 n. Chr.
mit dem Serapeion auch der Rest der Bibliothek zu Grunde. Vernichtet wurde aber Alexandria als Hauptstadt Ägyptens
und herrschender Handelsplatz durch die Araber, welche unter FührungAmrus die Stadt nach 14monatlicher tapferer Verteidigung
durch griechische Truppen im Dezember 641 eroberten.
Die Festungswerke wurden geschleift; der größte Teil der Stadt blieb zwar verschont, erhob sich aber nicht wieder zu
der frühern Größe. Als das Kalifat selbst in Verfall geriet, erklärte sich der StatthalterAchmed 868 für unabhängig und
gründete die Dynastie der Tuluniden, welche aber nach kurzer Dauer (908) Mahadi, dem Fatimiden, Platz machen mußte. Da beide
Dynastien Kairo zur Residenz wählten, kam Alexandria mehr und mehr herab. Im J. 1171 wurde die fatimidische Herrschaft
von Saladin gestürzt, dessen Nachfolger ihrerseits 1250 durch die Mamelucken verdrängt wurden. Unter solchem Herrenwechsel
kam Alexandria durch Belagerung und Plünderung wiederholt in große Bedrängnis. Genuesen und Venezianer, die es zum Hauptstapelplatz
des
¶