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Alexander zu der Unterwerfung Indiens fort. Gegen Ende 327 brach er mit 120,000 Mann von Baktrien über Alexandreia am Paropamisos nach dem nordwestlichen Indien (Pandschab) auf. Ein Teil des Heers, unter Hephästion und Perdikkas, sollte den Übergang über den Indus vorbereiten; Alexander selbst drang nordöstlich gegen die Aspasier, Guräer und Assakener vor und erreichte nach vielen heftigen Kämpfen den Indus im Frühjahr 326. Er wollte den Strom zu Schiff [* 2] hinabfahren, um sich bei Taxila mit dem andern Teil des Heers zu vereinigen, fand aber eine Brücke [* 3] bereits fertig und empfing eine Gesandtschaft von Taxilas, dem König von Taxila, der ihm reiche Geschenke schickte und ihm seine Residenz übergab.
Poros, der Beherrscher des Gebiets vom Hydaspes bis zum Akesines, hatte sich mit einem großen Heer am jenseitigen Ufer des Hydaspes gelagert, ward aber im Mai 326 nach hartem Kampf trotz seiner Kriegselefanten besiegt und von Alexanders Reitern auf der Flucht eingeholt. Voll Bewunderung für den tapfern greisen Gegner bestätigte der Sieger ihn nicht nur in seiner Herrschaft, sondern erweiterte sogar sein Gebiet und gewann sich dadurch einen zweiten treuen Bundesgenossen.
Dreißig Tage verweilte Alexander noch am Hydaspes unter Opfern und Spielen, gründete auch zwei Städte, Bukephala am westlichen Ufer und Nikäa auf dem östlichen, und rückte dann nach Norden [* 4] in die bevölkerte Gegend der Glausen, über den Akesines nach dem Hyarotes. Der freie indische Stamm der Kathäer wurde unterworfen und sein Land unter die benachbarten Stämme verteilt. Unaufgehalten erreichte das Heer die Ufer des Hyphasis. Dort aber weigerten sich die erschöpften Truppen, Alexander nach dem Gangesgebiet zu folgen.
Alle Bemühungen Alexanders blieben erfolglos; als auch Opferzeichen ungünstig ausfielen, kehrte er nach Errichtung von zwölf hohen turmähnlichen Altären als Denkmälern und Dankzeichen und nach der Feier großer Kampfspiele im Herbst 326 um. Alexander selbst schiffte sich mit 8000 Mann Kerntruppen auf einer Flotte ein; Oberbefehlshaber derselben war Nearchos. Einen andern Teil des Heers führte Krateros am rechten, einen dritten Hephästion am linken Ufer des Hydaspes hinab.
Fast alle Völker ergaben sich freiwillig. Nur die Maller versuchten Widerstand; bei Erstürmung ihrer befestigten Hauptstadt wurde Alexander schwer verwundet. Nach mannigfachen Kämpfen und nach Unterwerfung des Fürsten von Pattala (im Indusdelta) wies der selbst bis zum Indischen Ozean hinabgesegelt war, Nearchos an, mit der Flotte längs der Küste hinzusegeln; er selbst zog mit dem Hauptheer (325) durch das Gebiet der Arbiten in das der Oreiten, befestigte Rambakia und brach gegen Gedrosien auf, dessen Hauptstadt Pura er nach einem mühseligen Marsch von 60 Tagen durch die Wüste unter furchtbaren Entbehrungen und Leiden [* 5] der Soldaten erreichte; das Heer war auf ein Viertel zusammengeschmolzen.
Nach gehaltener Rast brach er nach Karamanien auf, wo Krateros sich mit ihm vereinigte und Mitte Dezember Nearchos glücklich an der Küste landete. Dieser setzte die Fahrt längs der Küste des Persischen Meerbusens zu der Euphrat- und Tigrismündung fort, während Hephästion mit einem großen Teil des Heers die Straße nach Persis an der Küste hin einschlug, Alexander aber mit den berittenen Edelscharen und dem leichten Fußvolk durch das Gebirge über Pasargadä und Persepolis nach Susa durchdrang, wo die Ausschreitungen seiner Statthalter Abhilfe erheischten und auch ein strenges Gericht über sie erging.
Nun galt es, die Verschmelzung des Abend- und Morgenlands zu vollziehen, und um sie zu fördern, vermählte sich Alexander selbst neben Roxane noch mit des Dareios ältester Tochter, Stateira; gegen 80 seiner Großen und über 1000 andre Mazedonier vermählte er mit Perserinnen. Indem er mit 20,000 Talenten die Schulden der Soldaten bezahlte, hoffte er sie für sein Vorhaben zu gewinnen. Als aber 30,000 Barbaren auf makedonische Weise bewaffnet und eingeübt und in gleichen Rang mit den Makedoniern gestellt wurden, erregte das den bittersten Groll der Makedonier, der 324 während einer Heerschau bei der Stadt Opis am Tigris zum Ausbruch kam.
Als Alexander die Veteranen und Gebrechlichen in die Heimat zu entlassen befahl, riefen die Mazedonier ihm zu, er möge fortan mit seinen jungen Barbaren und dem Vater Ammon [* 6] in den Krieg ziehen. Da trat Alexander im heftigsten Zorn in die Mitte der tobenden Aufrührer und ließ 13 ergreifen und zum Tod führen. Er selbst zog sich in die Königsburg zu Opis zurück und behandelte die barbarischen Truppen ganz so wie bisher die makedonischen. Dadurch betroffen, baten die Mazedonier bald reuig um Verzeihung und erhielten sie.
Ein großes Versöhnungsfest wurde gefeiert, der Platz zunächst dem König den Mazedoniern eingeräumt, die Opfer von griechischen und persischen Priestern gemeinsam dargebracht. Dann wurden 10,000 Veteranen ehrenvoll entlassen. Krateros führte sie zurück, um Antipatros' Stelle einzunehmen und letztern mit neuer Mannschaft nach Asien [* 7] zu entbieten. Tief erschütterte der Tod Hephästions in Ekbatana, dem er 323 zu Babylon eine glänzende Leichenfeier veranstaltete.
Nachdem er das wilde Gebirgsvolk der Kossäer vernichtet hatte, kehrte er nach Babylon zurück und sorgte mit Eifer für Hebung [* 8] des Handels und Verkehrs durch Straßen, Entdeckungsreisen, Hafenbauten und Städtegründungen. Insbesondere trug er sich mit dem Plan einer großartigen Kolonisation an der Ostküste des Persischen Golfs und einer Umschiffung Arabiens, um Ägypten [* 9] zur See mit dem Euphratland zu verbinden. Schon war der Tag der Abreise der Flotte unter Nearchos bestimmt, als der König nach einem dem Nearchos gegebenen Abschiedsmahl an einem Fieber erkrankte, dessen Stärke [* 10] von Tag zu Tag zunahm.
Bis zum 7. Tag konnte er baden, bis zum 10. opfern und von seinen Mazedoniern stummen Abschied nehmen. Am folgenden Tage gegen Abend ereilte ihn aber der Tod im Juni 323, im 32. Jahr seines Lebens, nachdem er 12 Jahre 8 Monate das Diadem getragen. Seine einbalsamierte Leiche wurde erst nach zwei Jahren mit unermeßlicher Pracht von Ptolemäos nach Ägypten gebracht und in Memphis bestattet, später aber nach Alexandreia geführt und in einem ihm eigens erbauten Tempel [* 11] beigesetzt, von wo die Engländer den Sarkophag [* 12] 1802 nach London [* 13] schleppten, wo er sich im Britischen Museum befindet (vgl. Clarke, The tomb of Alexander, Lond. 1805). Da A. keinen regierungsfähigen Nachfolger hinterließ, so entbrannte sofort nach seinem Tod unter seinen ehrgeizigen und habgierigen Feldherren der heftigste Zwist, in welchem Alexanders Haus zu Grunde ging und sein Reich zerfiel. Gleichwohl hatten seine großartigen Eroberungen die Folge, daß Vorderasien der griechischen Kultur erschlossen wurde und sich mit der griechischen Welt verschmolz, und daß aus dieser Verschmelzung die Kulturperiode des Hellenismus hervorging.
Alexander wurde schon bei Lebzeiten durch die bildende Kunst verherrlicht wie kein Held des Altertums vor ¶
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ihm. Er selbst soll ein Edikt erlassen haben, daß ihn kein andrer als Apelles malen, kein andrer als Pyrgoteles in Stein schneiden und kein andrer als Lysippos in Erz gießen sollte. Doch spricht die außerordentliche Verbreitung seiner Bilder in der alten Welt dafür, daß dieses Edikt keine Beachtung fand. Von diesen sind jedoch nur wenige auf uns gekommen. Als die seine Züge am treuesten wiedergebende Büste gilt diejenige im Louvre, welche durch die Inschrift gesichert ist.
Ein Kopf im kapitolinischen Museum ist ein Beispiel für die idealisierten Darstellungen seiner Persönlichkeit in Göttergestalt und mit göttlichen Attributen und vielleicht ein Bruchstück einer solchen Statue. Eine in Herculanum gefundene Bronze [* 15] stellt in voller Rüstung [* 16] zu Pferde [* 17] dar. An seinen Namen knüpfen sich eine berühmte Marmorbüste in Florenz, [* 18] der sogen. »sterbende Alexander«, und das größte uns aus dem Altertum erhaltene Mosaik (s. Alexanderschlacht).
Über die bildliche Darstellung Alexanders im Altertum vgl. Müller, Numismatique d'Alexandre-le-Grand (Kopenh. 1855); v. Lützow, Münchener Antiken (Münch. 1861); Stark, Zwei Alexanderköpfe der Sammlung Erbach und des Britischen Museums (Leipz. 1879). Auch die neuere Kunst hat sich viel mit ihm beschäftigt. Unter den ihm und seinen Thaten gewidmeten Darstellungen sind die berühmtesten ein Fresko des Soddoma in der Farnesina zu Rom: [* 19] die Hochzeit Alexanders mit Roxane (auch Gegenstand eines Reliefs von Jerichau im Schloß Christiansborg zu Kopenhagen [* 20] und bei dessen Brand 1884 zerstört), und der Alexanderzug, ein Relief Thorwaldsens (s. d.).
Alexanders Leben und Thaten sind von mehreren seiner Begleiter, wie Onesikritos, Kallisthenes, Anaximenes, Kleitarchos u. a., beschrieben worden. Aus solchen, wohl nicht immer zuverlässigen Geschichtswerken haben Diodor, Curtius und Trogus Pompejus (im Auszug bei Justinus) geschöpft. Arrian und meistens auch Plutarch dagegen folgten den von ihnen allein für glaubwürdig erklärten Erzählungen des Lagiden Ptolemäos und des Aristobulos aus Kassandreia und sind dadurch Hauptquellen für Alexanders Geschichte.
Doch läßt sich aus diesen Werken über Alexander mit einiger Sicherheit nur das Militärische feststellen, die Organisation des Heers sowohl als die Feldzüge, welche durch neuere geographische Forschungen auch in dieser Beziehung aufgeklärt sind. Dagegen fehlt es fast ganz an Material über Alexanders Ideen und Ziele, seine politischen Organisationen und Pläne; die Entwickelung seines Charakters und Geistes während seiner Heldenlaufbahn läßt sich nicht auch nur mit einiger Sicherheit erkennen. Die Fragmente seiner gleichzeitigen Biographen wurden von Geier (»Alexandri M. historiarum scriptores aetate suppares«, Leipz. 1844) und Dübner (in der Ausgabe Arrians, Par. 1846) gesammelt.
Übrigens wurde Alexander auch frühzeitig der Mittelpunkt einer reich gegliederten Sage, die bereits im spätern Altertum, namentlich aber von den mittelalterlichen Dichtern des Abend- wie des Morgenlands mit Vorliebe bearbeitet wurde (s. Alexandersage).
Vgl. Laudien, Über die Quellen zur Geschichte Alexanders d. Gr. (Königsb. 1875);
Fränkel, Die Quellen der Alexanderhistoriker (Bresl. 1883);
Droysen, Geschichte Alexanders d. Gr. (3. Aufl., Gotha [* 21] 1880, mit Karten von Kiepert);
Hertzberg, Die asiatischen Feldzüge Alexanders d. Gr. (2. Aufl., Halle [* 22] 1875);
Zolling, Alexanders Feldzug in Zentralasien [* 23] (2. Aufl., Leipz. 1876);
Lauth, in Ägypten (Münch. 1876).
2) Alexander Sevērus (»der Strenge«),
römischer Kaiser von 222 bis 235 n. Chr., vollständig Marcus Aurelius Alexander Severus, vor seiner Thronbesteigung Alexianus, 208 zu Akka in Syrien geboren, von seiner christenfreundlichen Mutter Julia Mammäa sorgfältig erzogen, wurde von seinem Verwandten, Kaiser Heliogabalus, auf Verlangen des Volks 221 adoptiert und nach dessen Ermordung 222 zum Kaiser ausgerufen. Er war, als er die Herrschaft antrat, erst 14 Jahre alt und wurde daher anfangs ganz von seiner einsichtigen Mutter geleitet, die auch später einen bedeutenden Einfluß auf ihn behauptete; er selbst entwickelte immer mehr einen wohlwollenden und verständigen, jedoch von Schwäche nicht ganz freien Charakter, wie er es denn geschehen ließ, daß sein Ratgeber, der berühmte Jurist Ulpianus, 228 in einem Aufstand der Prätorianer ermordet wurde. Er war eifrig bemüht, sowohl der Zügellosigkeit der Soldaten als der herrschenden Unsittlichkeit der Bevölkerung [* 24] zu steuern, und setzte für letztern Zweck 14 Konsularen als Curatores urbis (Stadtaufseher) ein, welche für die Erhaltung der öffentlichen Ordnung und Anständigkeit zu sorgen hatten. In den Jahren 231-233 führte er, jedoch ohne bedeutenden Erfolg, Krieg gegen den neuen Perserkönig, Artaxerxes; 234 begab er sich nach Gallien, wo er 235 in der Nähe von Mainz [* 25] in einem Aufstand der Truppen ermordet wurde. Von den christlichen Schriftstellern wird noch besonders gerühmt, daß er sich gegen die Christen wohlwollend bewiesen habe.
3) Oströmischer Kaiser, Sohn des Basilios I., folgte seinem ältern Bruder, Leo VI., 912 als Vormund für dessen unmündigen Sohn Konstantin VII., Porphyrogennetos, starb aber schon 913.
Päpste.
4) Alexander I., röm. Bischof 109-119, starb als Märtyrer.
5) Alexander II., Papst 1061-73, vorher Anselm aus Baggio, war ein eifriger Anhänger der cluniacensischen Reform und einer der Führer der Pataria in Mailand, [* 26] wurde dann Bischof von Lucca [* 27] und als der erste allein von den Kardinälen, ohne Zuziehung der weltlichen Macht, gewählte Papst auf Hildebrands Betrieb auf den päpstlichen Thron [* 28] erhoben. Deshalb stellte die kaiserliche Partei den Bischof Cadalus von Parma [* 29] als Honorius II. zum Gegenpapst auf. Von diesem 1062 mit kaiserlicher Hilfe verjagt, wurde Alexander mit Hilfe der Normannen in seine Herrschaft in Rom wieder eingesetzt.
Alexanders Streben war, durch gänzliche Befreiung der Kirche von der weltlichen Macht die päpstliche Suprematie zu vollenden und die streng asketische Richtung in der Kirche zur Herrschaft zu bringen. Heinrichs IV. Verlangen nach Scheidung von seiner Gemahlin Bertha bot dazu Gelegenheit: der Kardinal Damiani nötigte Heinrich 1069 zur Rücknahme seines Gesuchs. Als bald darauf Sachsen [* 30] und Thüringer in Rom gegen Heinrich IV. wegen Tyrannei und Verkaufs der Ämter Klage erhoben, lud den Kaiser zur Verantwortung nach Rom, starb aber gleich danach Die Steigerung der Papstmacht unter ihm war mehr das Verdienst seines Kanzlers Hildebrand. Alexander selbst verdient den Ruhm eines gelehrten und streng sittlichen Kirchenfürsten.
6) Alexander III., Papst 1159-81, vorher als Kardinal Roland von Siena Kanzler Hadrians IV., ein eifriger Vertreter der Hierarchie, beleidigte schon 1157 auf dem Reichstag zu Besançon [* 31] den Kaiser Friedrich I. durch seine Anmaßung und wurde ¶