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1803 besetzt hielten, unterstützt, ihre alte Macht wiederzugewinnen. Durch den Abzug der Engländer verloren sie ihre Hauptstütze, boten aber dennoch der Pforte Trotz und ermordeten deren Statthalter Aali Pascha, wurden aber von den Albanesen aus Kairo [* 2] vertrieben. Chosrew Pascha, der, als Privatmann zu Alexandria lebend, hierbei sehr thätig gewesen war, erhielt darauf 1804 die Statthalterschaft, wurde aber bald durch die Ränke Mehemed Alis, des Befehlshabers des Albanesenkorps, verdrängt.
Neueste Zeit.
Mit der Wirksamkeit Mehemed Alis (s. d.) als Statthalters (1805) beginnt eine neue Epoche in der Geschichte Ägyptens. Seine erste erfolgreiche That war die Vernichtung der Mamelucken, seine zweite die Organisation eines regelmäßigen Heers und die Herstellung einer Flotte zur Durchführung seiner ehrgeizigen Pläne. Dem entsprechend verfolgte eigentlich seine ganze Regierung die eine Tendenz, durch Anwendung europäischer Regierungskünste den Despotismus auf das höchste zu steigern.
Nachdem er fast sämtliche Ländereien des Nilthals in seinen Besitz gebracht hatte, konnte er die Landbauern nach Gutdünken ausbeuten. Gegen die unglücklichen Fellahs brachte er ein geregeltes System der Aussaugung in Anwendung und unterwarf sie der rücksichtslosesten Konskription für das Heer. Maßlos war auch der Steuerdruck. Bis auf den trocknen Kuhmist und das Stroh, das kümmerliche Brennmaterial des Fellahs, herab wurde alles besteuert; von jedem Palmbaum mußte eine bestimmte Abgabe entrichtet werden.
Besteuert wurden auch alle Fabrikate von den Palmen, [* 3] die Barken, das Vieh jeder Art. Die Kopfsteuer betrug jährlich 700,000 Beutel, [* 4] etwa 8¼ Mill. Mk., und zwar war durch das System der Solidarität der Steuerzahler der Regierung stets der volle Betrag dieser Steuern gesichert. Zu diesem allen kam nun noch das Handels- und Monopolsystem. Dasselbe ging aus der altorientalischen Gewohnheit hervor, die Steuern durch Naturallieferungen zu ersetzen, und wurde bis 1833 in solchem Umfange geübt, daß die Regierung dem Fellah seine ganze Ernte [* 5] um von ihr selbst festgesetzte Preise abkaufte und ihm dann um höhern Preis so viel wieder verkaufte, als er zum Lebensunterhalt und zur Aussaat brauchte.
Seit 1833 nahm die Regierung nur noch so viel, als die Steuern betrugen; doch wurde nun, abgesehen von der noch fortbestehenden Willkür bei Bestimmung des Preises, dem Fellah von der Regierung vorgeschrieben, wieviel Getreide, [* 6] Baumwolle [* 7] etc. er bauen sollte. Der größte Teil seiner Felder war für den Indigo- und Baumwollbau bestimmt, wofür die Regierung sich ein Monopol ausbedungen hatte, und die ganze Ernte mußte eingeliefert werden, um dann vom Pascha zu von ihm selbst festgesetzten Preisen verkauft zu werden.
Sind auch die Verdienste Mehemed Alis um die Fabrikation von Seide, [* 8] Baumwolle und Indigo [* 9] nur zweifelhafter Natur, so blieben doch seine umfangreichen Damm- und Kanalbauten ein Geschenk von höchstem Wert für Ägypten [* 10] Als er 1805 die Zügel der Regierung ergriff, hatte Ägypten nicht mehr als 2,500,000 Morgen (Feddans) urbares Land, 1840 aber bereits 6,500,000 Morgen. Gleich groß war die Sorge des Paschas für Ordnung und Sicherheit im Innern. Mehemed Ali setzte sich ferner über die gewohnte Intoleranz hinweg; er berief Christen zu den höchsten Stellen, schickte junge Araber und Türken zur Ausbildung nach Europa [* 11] und gründete Schulen und Institute aller Art. Hierauf schritt er zu einer durchgreifenden Reform der öffentlichen Verwaltung.
Eine Notabelnversammlung wurde 1829 nach Kairo berufen, um Vorschläge der Regierung über die Verwaltung zu beraten. Zu den Maßregeln, die durch diese Versammlung hervorgerufen wurden, gehörte namentlich die Einführung von Verwaltungsräten in den 16 Provinzen, welche aus öffentlichen Beamten bestanden und über die Angelegenheiten des gemeinen Wohls sich zu beraten hatten. Durch die neue Ordnung wurde einiges System in das Verwaltungswesen gebracht.
Auch nach außen wuchs Ägyptens Macht. Durch glückliche Expeditionen seines Adoptivsohns Ibrahim Pascha machte sich Mehemed Ali seit 1816 einen Teil von Arabien (die Landschaft Hidschas mit den heiligen Städten Mekka und Medina) sowie die Länder am obern Nil (Nubien, Senaar, Kordofan) zinspflichtig. Im Kampf gegen das aufständische Griechenland [* 12] wurde die ägyptische Flotte bei Navarino vernichtet. Um eine neue imposante Seemacht herzustellen, mußte das Land seine letzten Kräfte aufbieten.
Händel mit dem Pascha von Akka gaben dem Pascha willkommene Veranlassung, mit Heeresmacht in Syrien einzurücken, und im Lauf eines Jahrs eroberte Ibrahim Pascha (1831) die ganze Provinz. Durch die Intervention Rußlands zu gunsten des Sultans mußte aber Mehemed Ali in den Frieden von Kutahia willigen, der ihm zwar nicht volle Unabhängigkeit, aber doch den erblichen Besitz Ägyptens und den lebenslänglichen Syriens gab. In einem neuen Krieg (1839) sah sich Mehemed Ali nach dem Sieg von Nisib (24. Juni) und dem Übergang der türkischen Flotte zur ägyptischen am Ziel seiner ehrgeizigen Bestrebungen. Aber Rußland und England brachten die Londoner Quadrupelallianz vom zu stande, in der sich die beiden genannten Mächte mit Österreich [* 13] und Preußen [* 14] zur gemeinschaftlichen Intervention zu gunsten des Sultans verpflichteten. Frankreich beobachtete eine dem Pascha günstige Politik, welche Absonderung einen europäischen Krieg in Aussicht stellte. Inzwischen erschien ein britisch-österreichisch-türkisches Geschwader an der syrischen Küste und begann die Beschießung der dortigen festen Plätze. Von Frankreich im Stiche gelassen und plötzlich von Kleinmut befallen, zog Mehemed Ali seine Kriegsmacht, ohne daß ein entscheidender Kampf stattgefunden, aus Syrien zurück und unterwarf sich dem Sultan völlig. Durch einen unter Vermittelung der Großmächte im Februar 1841 zwischen dem Sultan und Mehemed Ali abgeschlossenen Vertrag wurde das Verhältnis Ägyptens zur Pforte neu geregelt. Hiernach sollte den männlichen Deszendenten des Paschas nach dem Rechte der Erstgeburt die erbliche Herrschaft über Ägypten mit Einschluß der Erwerbungen am obern Nil verbleiben; doch sollten die Administrativgesetze des Landes mit denen der übrigen Provinzen in Einklang gebracht, die Abgaben im Namen und unter Zustimmung des Sultans erhoben, sämtliche von der Pforte mit dem Ausland geschlossenen Traktate auch für Ägypten gültig sein und der von dem Pascha jährlich zu entrichtende Tribut (vorläufig ein Dritteil der Jahreseinkünfte) pünktlich bezahlt werden. Auch mußte sich der Pascha zu einer Reduktion seines Heers auf 18,000 Mann verstehen, die Ernennung der höhern Offiziere vom Obersten an dem Sultan überlassen und versprechen, zur Vermehrung des Heers sowie zum Bau von Kriegsschiffen die Genehmigung des Sultans einzuholen.
Nach der syrischen Katastrophe warf sich Mehemed Ali mit ganzer Energie auf die Landeskultur und ¶
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führte ein riesiges Unternehmen, den Bau eines großen Nildamms, der den Flußlauf korrigierte und dem Ackerbau viele Tausend Acker Landes gewann, durch. Seine letzte Thätigkeit bezog sich auf die englische Überlandstraße und die Durchstechung des Isthmus von Suez (s. Suezkanal). Aber die Anzeichen von Geisteszerrüttung, die schon früher hervorgetreten, nahmen immer mehr überhand, so daß sein Adoptivsohn Ibrahim Pascha ihn von allem Verkehr abschloß und mit Genehmigung der Pforte (Juli 1848) die Regierung übernahm. Trotz seiner Schwäche überlebte der Vater den Sohn, der der Lungenschwindsucht erlag. Am folgte ihm der alte Pascha ins Grab nach, schmerzlich betrauert von den Bewohnern der Hauptstadt und allen, die unter seinem Aussaugungssystem nicht gelitten oder sich wohl gar bereichert hatten.
Nach der Erbfolgeordnung folgte der älteste männliche Sproß des Hauses, Abbas Pascha, Mehemed Alis Enkel, als Pascha. Er reduzierte die Marine auf das gebührende Maß, setzte die unverhältnismäßigen Gehalte der hohen Beamten auf ein Drittteil herab, beseitigte das Monopolwesen, legte den großen Grundpachtern das Handwerk und befreite dadurch die Masse der Landbebauer von willkürlichen Erpressungen und den Staatsschatz von indirekter Beraubung. Er suchte auf dem Weg friedlichen Verkehrs mit den innerafrikanischen Territorien die materielle und geistige Macht des Landes zu erweitern.
Mit der Pforte stand er sehr gut und erhielt bei Beginn des Krimkriegs mehrere bisher verweigerte Forderungen bewilligt, wie das Recht über Leben und Tod in seinem Land auf Lebenszeit und die unbeschränkte Autorität über alle Glieder [* 16] der Familie Mehemed Alis. Seitdem erwies er sich der Pforte stets gefällig, wie er namentlich den Sultan in dem bald darauf beginnenden Kriege gegen Rußland mit Truppen, Schiffen und Getreidelieferungen wirksam unterstützte. Als er plötzlich starb, folgte ihm nach der Senioratsordnung Said Pascha, der sechste Sohn Mehemed Alis.
Dem ihm vorausgehenden Ruf eines der europäischen Bildung warm zugethanen, wohlwollenden und aufgeklärten Mannes entsprachen Regierungsmaßregeln wie die Freigebung des Baumwoll- und Getreidehandels und das Verbot des Sklavenhandels. Für die Finanzverwaltung führte er eine Kontrolle ein, und seine persönlichen Ausgaben schied er von denen der Staatsverwaltung. Der Verwirklichung des Suezkanal-Projektes wandte er trotz der Anstrengungen Englands zur Vereitelung dieses Unternehmens und der Verweigerung der Zustimmung von seiten der Pforte eifriges Interesse und eine Teilnahme zu, welche seine finanziellen Kräfte überstieg.
Dadurch sowie durch seine Baulust, seine kostspieligen Reisen in die Hauptstädte Europas und seine maßlose Freigebigkeit belastete er das Land mit drückenden Schulden. Er starb und hatte seinen Neffen Ismail Pascha, einen Sohn Ibrahim Paschas, zum Nachfolger. Im allgemeinen bekannte sich dieser zu den Grundsätzen seines Vorgängers. Mit Eifer betrieb er den Bau des Suezkanals, der bei der von England beeinflußten Pforte auf Schwierigkeiten stieß.
Endlich rief er Napoleons III. Vermittelung an. Dieser trat im August 1864 mit einer Entscheidung hervor, welche die dringendsten Beschwerden der Pforte abstellte, auch den Forderungen Ägyptens der Kanalgesellschaft gegenüber mehrfach zur Anerkennung verhalf, anderseits aber den Fortgang des Kanalbaus sicherte, Ägypten freilich mit enormen Geldopfern belastete. Zu deren Aufbringung gedachte der Pascha sich eines Scheinkonstitutionalismus zu bedienen. Am trat wiederum eine ägyptische Notabelnversammlung, aus 75 Mitgliedern aller Nationen bestehend, zusammen, um über Reform des Gerichtswesens, der Fronen etc. zu beraten, natürlich eine ganz wertlose Form.
Mit großen Opfern erlangte Ismail Pascha von der Pforte eine Änderung der Thronfolgeordnung, wonach die Herrschaft in direkter Linie forterben sollte, so daß die Brüder Ismail Paschas, namentlich der ihm verhaßte Fazyl Pascha, ihres Rechts beraubt und sein Sohn Tewfik Pascha präsumtiver Nachfolger wurde. Die Bedrängnis der Pforte durch den anfangs glücklichen Aufstand Kretas 1867 benutzte der Pascha, um derselben neue Zugeständnisse abzunötigen, namentlich eine Erhöhung seines Ranges, insofern er nicht mehr Wali, d. h. Statthalter, sondern Chedive, d. h. Vizekönig, heißen sollte.
Unabhängigkeitspläne waren unverkennbar, das zeigten das Wachstum der Flotte und die Vermehrung des Heers. Damit stand auch die Reise Ismail Paschas nach Europa und sein Besuch an den Höfen von Paris, [* 17] London, [* 18] Wien [* 19] und Brüssel [* 20] in Zusammenhang, angeblich, um die Fürsten Europas persönlich zu der bevorstehenden Eröffnung des Suezkanals einzuladen. Gegen dieses selbständige Verfahren sowie gegen die mit den Großmächten angeknüpften Verhandlungen über Aufhebung der Konsulargerichtsbarkeit und Neutralisierung des Suezkanals schritt aber die Pforte 1869 ein und erlangte die Auslieferung der Panzerschiffe [* 21] und Zündnadelgewehre sowie die Reduktion des Heers auf 30,000 Mann.
Ferner sollte der Chedive keine neuen Steuern ausschreiben, die Steuern überhaupt nur im Namen des Sultans erheben, ohne dessen Zustimmung keine Anleihen aufnehmen und sich des selbständigen Verkehrs mit den auswärtigen Mächten enthalten; die Antwort des Chedive (7. Nov.) fiel ungenügend aus, aber die gerade stattfindende feierliche Eröffnung des Suezkanals (16.-18. Nov.) und die Anwesenheit vieler fremder Fürstlichkeiten in Ägypten hielten den drohenden Bruch noch etwas hin.
Trotz der Vermittelungsversuche Englands und Frankreichs erklärte die Pforte (29. Nov.), daß Ismail Pascha, wenn er nicht gehorche, als abgesetzt anzusehen sei. Zu einem Krieg aber hatte der Chedive um so weniger Lust, als er von keiner Seite, selbst von Frankreich nicht, Hilfe hoffen durfte; so erklärte er denn, daß er fernerhin ohne Erlaubnis der Pforte keine neuen Steuern auflegen, keine Anleihen abschließen, sein Heer nicht über die vertragsmäßig festgesetzte Zahl vermehren, die Panzerschiffe ausliefern und keine selbständige Vertretung im Ausland halten wolle. Am wurde der diese Satzungen verkündende großherrliche Ferman in Kairo verkündet.
Nach dem Tode des Großwesirs Aali Pascha des entschiedensten Gegners Ismails, erlangte dieser bei einem Besuch in Konstantinopel [* 22] (Juni 1872) durch Bestechung die Zustimmung der Pforte zur Abschaffung der Konsulargerichtsbarkeit und zur Justizreform nach europäischem Muster sowie einen neuen Ferman vom worin ihm sämtliche Privilegien des Fermans vom welche 1869 suspendiert worden waren, aufs neue gewährt, die Erlaubnis, ohne vorhergehendes Ansuchen Anleihen machen zu dürfen, erteilt und noch andre Zugeständnisse ¶