ein Staat, dessen Volks- und Nationalreichtum vorzüglich und wesentlich auf dem
Ackerbau beruht, im Gegensatz zu Handels- und Industriestaaten. Im Gegensatz zu dem frühern Agrikultursystem (s. d.) ist man in
neuerer Zeit mehr und mehr zu der Ansicht gekommen, daß die Unterthanen eines Staats, namentlich eines größern, am besten
gestellt sind, wenn Ackerbau und Industrie in dem betreffenden Land gleichmäßig gepflegt werden. In der
Wirklichkeit kommt es freilich selten (und bei kleinern Staaten wohl nie) vor, daß beide Zweige zu dem Nationalvermögen gleichmäßig
beisteuern. So sind z. B. im Königreich Sachsen Handel und Industrie, in Mecklenburg der Ackerbau vorherrschend.
(lat., »Feldmesser«).
Die römischen Feld- oder Ackervermesser (auch gromatici genannt, von groma, das Meßinstrument) bildeten gegen den Ausgang
der Republik hin eine eigne Korporation und waren in der Kaiserzeit fest angestellte, auch durch hohe Besoldung ausgezeichnete
Regierungsbeamte. Sie besorgten die Vermessung und Katastrierung, die Setzung der Grenzsteine, die Anfertigung
von Grundrissen und Flurregistern. Ihre Disziplin war ein Gemisch geometrischer, juristischer und religiöser Sätze aus der
Augurallehre und wurde in der Kaiserzeit in besondern Schulen gelehrt.
Von der hierher gehörigen Litteratur, die im 1. Jahrh. n. Chr. anhebt und bis ins 6. Jahrh. reicht, ist wenig und dies
Wenige verstümmelt auf uns gekommen. Außer Sextus Julius Frontinus (s. d.) sind von Schriftstellern, von deren Werken sich
Reste erhalten haben, Balbus, der ältere und jüngere Hyginus, Siculus Flaccus, Marcus Junius Nipsus, Innocentius und Agennius
Urbicus zu nennen. Die besten Ausgaben der »Scriptores gromatici« haben Blume, Lachmann und Rudorff (Berl. 1848-52, 2 Bde.)
geliefert.
Vgl. Cantor, Die römischen Agrimensoren (Leipz. 1875);
Stöber, Die römischen Grundsteuervermessungen (Münch.
1877).
L. (Odermennig), Gattung aus der Familie der Rosaceen, ausdauernde Kräuter mit unterbrochen gefiederten Blättern
und ährigen oder traubigen, terminalen Blütenständen. Etwa 20 Arten in gemäßigten Klimaten der nördlichen Erdhälfte
und Südamerikas. Agrimonia Eupatoria L. (Agrimonia officinalis Lam., gemeiner Oder- oder Ackermennig, Leberklette, Steinwurz),
mit bei der Fruchtreife rutenförmig verlängerter, unterbrochener Ähre, auf Rainen, Hügeln, in lichten Wäldern, an Hecken
etc., durch ganz Europa. Das Kraut riecht angenehm, schmeckt gelind zusammenziehend bitterlich, etwas gewürzhaft
und war früher
offizinell. Agrimonia odorata Mill. (wohlriechender Odermennig), in Südeuropa, ist größer als die vorige Art
und wirkt kräftiger.
(griech.), nächtliches Fest des Dionysos Agrionios, namentlich in Orchomenos, welches von Frauen gefeiert wurde.
Lange suchte man den, wie man annahm, zu den Musen entflohenen Gott vergeblich auf; dann folgte ein Mahl, das durch Rätsel gewürzt
war, daher Agrionien auch Sammlungen von Rätseln, Scharaden, Logogriphen bezeichnet. Ein eigentümlicher Gebrauch fand dabei
mit Jungfrauen aus dem Minyergeschlecht statt. Die bei dem Dionysostempel versammelten Jungfrauen flohen, der Priester verfolgte
sie mit einem Schwert und durfte diejenigen, welche er erreichte, töten. Die Sage knüpft diesen Gebrauch an die drei
Töchter des Minyas (Leukippe, Arsippe oder Arsinoe und Alkithoe oder Alkathoe), welche erst Verächterinnen des Dionysos waren
und dann durch ihn in Raserei versetzt und in Fledermäuse verwandelt wurden. In Argos war das Fest der Agrionia mit Sühnungen und
Totendienst verbunden.
2) Marcus Vipsanius Agrippa, Freund, Feldherr und Schwiegersohn des Kaisers Augustus, war 63 v. Chr. geboren und stand, obwohl nicht
von vornehmer Abkunft, mit dem jungen Oktavian auf sehr vertrautem Fuß. Er war dem Erben Cäsars im Streben nach der Oberherrschaft
mit Rat und That förderlich. Im J. 38 beruhigte er Gallien, besiegte 36 den Sextus Pompejus zur See bei Naulochos
in Sizilien und führte bei Aktion (31) die Flotte Oktavians zum Sieg. Augustus übertrug ihm die höchsten Ehrenstellen und vermählte
ihm nach des Marcellus Tod seine Tochter Julia.
Mit Augustus war Agrippa zweimal Konsul und that viel für die Verschönerung der Hauptstadt; Bäder, Wasserleitungen
und Wege trugen seinen Namen. Später stellte er in den empörten Provinzen, in Gallien, Spanien und Pannonien, die Ruhe wieder
her und verpflanzte die Ubier auf das linke Rheinufer. Er starb 12 v. Chr. mit dem Ruhm eines einsichtigen und thatkräftigen
Staatsmanns und Feldherrn und eines eifrigen Freundes der Künste. Agrippas Tochter aus seiner ersten Ehe,
Vipsania, wurde später Gemahlin des Tiberius; mit der Julia zeugte er drei Söhne, C. Cäsar, L. Cäsar und Agrippa Postumus, und zwei
Töchter, Agrippina, später Gemahlin des Germanicus, und Julia. Seine Biographie schrieben Frandsen (Altona 1836)
und Motte (Gent 1872).
vonNettesheim, Heinrich Cornelius, Schriftsteller, Arzt, Philosoph und berühmter Schwarzkünstler des 16. Jahrh.,
geb. zu Köln, führte ein abenteuerliches Leben, im Verlauf dessen er, wegen seines Lobes der Kabbala verfolgt und
verketzert, im Heer Kaiser Maximilians Hauptmann und Ritter, in Pavia Doktor der Rechte und der Medizin, Leibarzt
der Mutter König Franz' I. von Frankreich, jedoch, weil er Luthers Partei gegen die Mönche genommen hatte, abermals von diesen
angefochten und zur Flucht genötigt wurde, worauf er in Grenoble starb. Als Philosoph hat sich Agrippa von Nettesheim hauptsächlich
durch seine Schrift »De vanitate scientiarum« (1530),
in welcher er die Wissenschaft für trügerische Vorspiegelung
der Schlange und den schlichten Glauben an das Wort Gottes als einzigen Weg zur Wahrheit erklärt, sowie durch sein Hauptwerk:
»De occulta philosophia« (zuerst Köln 1510,
mehr
umgearbeitet 1533), bekannt gemacht, in welchem seine Platonisch-christliche Theosophie niedergelegt ist. Dieser zufolge hat
Gott aus nichts und im All drei von demselben umschlossene Welten, das Reich der Elemente, das Reich der Gestirne und das Reich
der Engel, geschaffen, die untereinander in solchem Zusammenhang stehen, daß die höhere von der niedern
abgebildet und diese durch die Kraft der allen gemeinsamen und alles durchdringenden Weltseele von jener beherrscht wird.
In der Kunst, sich in den Besitz der Kräfte der höhern Welt zu setzen und durch diese die niedere zu beherrschen, besteht die
Magie oder die vollkommenste Wissenschaft, erhabenste Philosophie und vollendetste Weisheit, welche als Herrschaft
über die irdischen Dinge natürliche, über die Gestirnwelt himmlische und über die Geister- oder Dämonenwelt religiöse
Magie ist. Seine Schriften erschienen zu Lyon 1550, 2 Bde. (deutsch, Stuttg.
1856).
Vgl. H. Morley, Life of Cornelius Agrippa von Nettesheim (Lond. 1856, 2 Bde.).